LVwG-600872/12/SE

Linz, 22.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Sigrid Ellmer über die Beschwerde von Herrn M H, vom 25. März 2015 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 3.  März 2015 GZ. VerkR96-2983-2015, wegen Abgabe einer falschen Lenkerauskunft

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG  wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

II.      Gemäß  § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshof- gesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (in Fogle: belangte Behörde) vom 3.  März 2015, GZ. VerkR96-2983-2015, wurde Herr M H, (in Folge: Beschwerdeführer) belangt, weil er am 29. Dezember 2014 in der Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gem. § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortlicher der H GmbH, Transporte und Lagerlogistik trotz schriftlicher Aufforderung der belangten Behörde insofern nicht Auskunft darüber erteilt hat, wer das Fahrzeug mit dem Kennzeichen x am 3. Juni 2014 um 7:52 Uhr gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann, zumal er eine falsche Lenkerauskunft erteilt habe.  

 

Der Beschwerdeführer habe daher eine Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG begangen, weshalb gegen ihn, gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von 320 Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe von 64 Stunden, verhängt wurde.

 

I. 2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der  Beschwerde.

 

In seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass er irrtümlich eine falsche Lenkerauskunft erteilt habe, weil er aus Versehen den Lenker vom 3. Juli 2014 und nicht den Lenker vom 3. Juni 2014 bekannt gegeben habe.

 

Der Beschwerdeführer gab in der Beschwerde unter Vorlage des Ausdruckes des digitalen Tachografen vom 3. Juni 2014 den Lenker samt Geburtsdatum und Adresse an.  

 

I. 3. Die belangte Behörde legte die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 23. April 2015, eingelangt am 12. Mai 2015, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vor (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2  VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

I. 4. Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2016 anberaumt. Die belangte Behörde und der Beschwerdeführer teilten vorab mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen können.

 

In der Folge wurde die mündliche Verhandlung für 10. Februar 2016 anberaumt. Die belangte Behörde teilte abermals mit, dass sie daran aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen könne.

 

I. 5. Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben vom 25. und 29. Jänner 2016 aufgefordert, auch einen Beweis -Ausdruck des digitalen Tachografen des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen x  vom 3. Juli 2014- dafür vorzulegen, sein angeführtes Versehen bestätigen zu können.

 

I. 6. Mit Schreiben vom 27. Jänner 2016 und 4. Februar 2016 teilte er mit, dass das Fahrzeug x über einen digitalen Tachografen verfüge. Die Software zum Auslesen und Auswerten der Daten werde ihm von der Firma D S & Service GMBH&Co.KG., geliefert. Weder die Daten noch der Ausdruck seien vom Anwender manipulierbar.

 

Entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr müssten die digitalen Daten für ein Jahr archiviert und nach diesem Jahr gelöscht werden. Die Daten vom 3. Juli 2014 seien daher nicht mehr vorhanden.

 

I. 7. Am 10. Februar 2016 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Nachdem nach Aufruf der Rechtssache niemand erschienen ist, wurde die mündliche Verhandlung für 15 Minuten unterbrochen und dann fortgesetzt. Da in der Zwischenzeit der Beschwerdeführer nicht erschienen ist, wurde die mündliche Verhandlung geschlossen.

 

II.            1. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2016.  

 

II. 2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 24. November 2014 als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit strafrechtlicher Verantwortlicher der H GmbH, Transporte und Lagerlogistik, bekannt zu geben, wer am 3. Juni 2014 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen x um 7:52 Uhr gelenkt hat.

Der Beschwerdeführer gab Name und Geburtsdatum von einem seiner Fahrer mit Schreiben vom 2. Dezember 2014, eingelangt bei der belangten Behörde am 10. Dezember 2014 an.  Diese Lenkerauskunft stellte sich als falsch heraus.

Der Beschwerdeführer hat irrtümlich eine falsche Lenkerauskunft erteilt, weil er aus Versehen den Tatzeitpunkt verwechselte. Er hat den Lenker, der am 3. Juli 2014 das Fahrzeug x gelenkt hat bekanntgegeben und nicht vom 3. Juni 2014. Dies hat er in der Beschwerde vom 25. März 2015, bei der belangten Behörde eingelangt am 31. März 2015, auch richtiggestellt.

 

II. 3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem abgeführten Ermittlungsverfahren.

Dazu ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer noch vor Ablauf der einjährigen Verfolgungsfrist (3. Juni 2015) hinsichtlich des vorgeworfenen Mautvergehens die Daten des Fahrers, der am 3. Juni 2014 das gegenständliche Fahrzeug gelenkt hat, bekanntgegeben hat. Dies zeigt, dass er nicht die Absicht hatte, mit der falschen Lenkerauskunft die Strafverfolgung des tatsächlichen Lenkers zu vereiteln.

Der Beschwerdeführer zeigte sich von sich aus sehr bemüht, die Angelegenheit aufzuklären und hat auf jede Aufforderung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich unmittelbar reagiert und sämtliche noch vorhandenen Unterlagen zur Verfügung gestellt.

Das Verhalten des Beschwerdeführers hinterließ daher insgesamt einen sehr glaubwürdigen Eindruck, weshalb das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich davon ausgeht, dass er aus einem Versehen (Verwechslung des Datums der Tatzeit) eine falsche Lenkerauskunft erteilte. Überdies gibt es keine Hinweise, insbesondere nicht von der belangten Behörde, dass die mit der Beschwerde ergangene Lenkerauskunft nicht richtig gewesen sei.

 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:  

 

III. 1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen der Kraftfahrgesetz 1967 (KFG. 1967), BGBl. Nr. 267/1967, in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten:

 

„§ 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

 

[...]

 

(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

[...]

 

§ 134. Strafbestimmungen

 

 

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

[...]“

 

Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. 52/1991, in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lautet:

 

„§ 45. (1) Die Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn       

1.   die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.   der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3.   Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4.   die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5.   die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6.   die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

[...]“

 

III. 2. Der Beschwerdeführer hat am 29. Dezember 2014 eine falsche Lenkerauskunft erteilt. Somit hat er den Tatbestand des § 103 Abs. 2 KFG. 1967 erfüllt.

 

III. 3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Diese Bestimmung trifft für die verfahrensgegenständliche Übertretung zu.

 

Der Beschwerdeführer hat aus Versehen eine falsche Lenkererhebung erteilt, weil er das Datum 3. Juni 2014 mit dem Datum 3. Juli 2014 vertauscht hat. Er hat initiativ alles dargelegt, was für seine Entlastung spricht (vgl. dazu stRsp, zB VwGH vom 20.5.1968, Zl. 0187/67; vom 14. 10. 1976, Zl. 1497/75; vom 19. 1. 1994, Zl. 93/03/0220). Auch einem rechtstreuen und gewissenhaften Menschen hätte dieses Versehen unterlaufen können, weshalb der Beschwerdeführer nicht fahrlässig und damit auch nicht schuldhaft gehandelt hat.  VwGH 95/17/0618 - Erkenntnis (Volltext)

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

IV. Verfahrenskostenbeitrag (zu Spruchpunkt II):

 

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.



V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Sigrid Ellmer