LVwG-601469/4/FP
Linz, 11.08.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von P N, geb. x, D, L, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Nietzschestraße 33, 4021 Linz, vom 26. April 2016, GZ. VStV/916300085741/2016, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 iVm § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Straferkenntnis vom 26. April 2016 warf die belangte Behörde dem Beschwerdeführer (Bf) 5 Fakten (2x fehlende Fahrtrichtungsanzeige gem. § 11 Abs 2 StVO; 2x Fahrstreifenwechsel ohne sich zu überzeugen, dass dieser ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer möglich ist gem. § 11 Abs 1 StVO; Überfahren der Sperrlinie, § 9 Abs 1 StVO) vor und verhängte jeweils aufgrund des § 99 Abs 3 lit a StVO 5 einzelne Geldstrafen iHv von zusammengerechnet 370 Euro zuzüglich eines Verfahrenskostenbeitrages von 37 Euro.
Das Straferkenntnis wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch bei der Post hinterlegt und ab dem 28. April 2016 bei der zuständigen Postdienststelle zur Abholung bereitgehalten. Eine Verständigung wurde in den Briefkasten eingelegt.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2016 mahnte die belangte Behörde den verhängten Betrag ein.
I.2. Am 11. Juli 2016 erschien der Bf bei der belangten Behörde und gab folgende Beschwerde zu Protokoll:
„Gegen das Straferkenntnis unter obiger Zahl vom 26. April 2016 erhebe ich Beschwerde, weil ich mich aus folgenden Gründen nicht schuldig fühle
Ich möchte Beschwerde gegen das Straferkenntnis erheben, da ich diese Übertretungen nicht begangen habe. Nur weil eine Privatperson das anzeigt, heißt das nicht, dass ich das auch tatsächlich gemacht habe.
Außerdem habe ich die Zeugenniederschrift nie zugestellt bekommen. Somit konnte ich mich auch nicht rechtfertigen.
Ich bitte Sie erneut, das Strafverfahren gegen mich einzustellen.“
I.3. Mit Schreiben vom 13. Juli 2016 legte die belangte Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakt zur Entscheidung vor, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.
I.4. In am 20. Juli 2016 versandtem Schreiben und dem Bf spätestens am 27. Juli 2016 zugestelltem Schreiben führte das Verwaltungsgericht wie folgt aus:
„In obiger Angelegenheit haben Sie am 11. Juli 2016 Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 26. April 2016 erhoben.
Das Straferkenntnis wurde Ihnen laut im Akt einliegendem Rückschein am 28. April 2016 zugestellt, eine Verständigung in den Briefkasten eingelegt, sodass die vierwöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde (§ 7 Abs 4 VwGVG) mit Ablauf des 26. Mai 2016 endete und die Beschwerde unter diesen Umständen als verspätet zu werten wäre.
Der gegenständliche Rückschein macht als öffentliche Urkunde vollen Beweis. Er hat die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich (Verwaltungsgerichtshof vom 8. Juli 2004, 2002/07/0033). Diese Vermutung ist widerlegbar. Wird ein Zustellmangel behauptet, so ist diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vergleiche etwa VwGH vom 11. Mai 1990, 89/18/0165).
Ihnen wird daher Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens, einlangend bei Gericht, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten und Beweismittel zu benennen.“
I.5. Bis zum Entscheidungszeitpunkt äußerte sich der Bf nicht.
II.1. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt.
Gem. § 44 Abs 2 VwGVG entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung, weil die Beschwerde des Bf zurückzuweisen ist.
II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T steht fest:
Die belangte Behörde hat am 26. April 2016 das bekämpfte Straferkenntnis an den Bf verfasst.
Da der Bf an seiner Adresse nicht angetroffen wurde, wurde das Poststück bei der Postdienststelle 4036 hinterlegt und ab dem 28. April 2016 zur Abholung bereitgehalten (Beginn der Abholfrist). Eine Verständigung wurde in den Briefkasten eingelegt. (Straferkenntnis, Rückschein)
Der Bf behob das Schriftstück. (Keine Retournierung an die belangte Behörde).
Am 30. Juni 2016 fertigte die belangte Behörde eine Mahnung an den Bf ab. (Mahnung)
Der Bf erschien am 11. Juli 2016 bei der belangten Behörde und gab die unter I.2. dargestellte Beschwerde zu Protokoll.
II.3. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, insbesondere den in Klammern angegebenen Beweismitteln und, im Hinblick auf die Zustellung des bezughabenden Straferkenntnisses, aus dem ausgefüllten Rückschein. Der Postrückschein ist als Zustellnachweis eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat (zu den rechtlichen Folgen weiter unten). Der Rückschein macht insofern vollen Beweis und führt zu einer Umkehr der Beweislast im Hinblick auf den Nachweis der Unrichtigkeit des durch die Urkunde bezeugten Vorganges (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, § 47 AVG, S 553 ff; VwGH 21. Oktober 1994, 94/11/0132).
Der Bf hat nicht auf das gerichtliche Schreiben, mit welchem ihm ein Verspätungsvorhalt gemacht wurde reagiert. Er hat keinerlei Vorbringen erstattet, welches die Annahme zuließe, dass ihm das Straferkenntnis nicht zugekommen ist oder ein Mangel in der Zustellung stattgefunden hat. Davon ist auch schon deshalb nicht auszugehen, da dieses nicht an die belangte Behörde retourniert wurde und vom Bf deshalb übernommen worden sein muss. Schließlich erhob er auch Beschwerde.
III. Rechtliche Beurteilung
III.1. Rechtliche Grundlagen:
§ 7 Abs. 1 VwGVG lautet:
§ 17 Zustellgesetz lautet:
III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
Das ggst. Straferkenntnis wurde dem Bf am 28. April 2016 durch Hinterlegung bei der Postdienststelle 4036 zugestellt. Die Abholfrist begann am gleichen Tag zu laufen. Dass der Zusteller davon ausging, dass der Bf sich regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, ergibt sich schon aus dem vorliegenden Rückschein, der diesen Umstand bezeugt. Es gibt keine Hinweise im Akt, und hat dies der Bf auch nicht vorgebracht, dass er sich im relevanten Zeitraum nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hätte.
Der vollen Beweis liefernde Rückschein ergibt, dass der Zusteller einen Verständigungsnachweis in die Abgabeeinrichtung bei der Wohnung des Bf (Abgabestelle im Sinne des § 2 Z 4 ZustG) einlegte.
Der Bf holte das Poststück offensichtlich ab weil es nicht an die belangte Behörde retourniert wurde.
Der Zustellvorgang lief daher gesetzgemäß ab und liegt kein Zustellmangel vor.
Der Bf bringt in seiner Beschwerde nur in der Sache vor.
Auf die Aufforderung des Verwaltungsgerichtes (Verspätungsvorhalt), ein geeignetes Vorbringen zu erstatten und Beweise zu benennen, hat der Bf nicht reagiert. Er hat diese laut Rückschein übernommen (der Rückschein trägt die Unterschrift des Bf, das Zustelldatum fehlt jedoch. Der Rückschein langte am 28. Juli 2016 an das Verwaltungsgericht zurück, sodass das Schriftstück spätestens am 27. Juli 2016 zugestellt worden sein muss).
Es ergibt sich daher, dass die Zustellung gemäß § 17 Abs. 3 ZustG am
28. April 2016 bewirkt war und die nicht verlängerbare, gesetzliche Beschwerdefrist von 4 Wochen mit Ablauf des 26. Mai 2016 endete.
Die am 11. Juli 2016 bei der Behörde eingebrachte Beschwerde war sohin jedenfalls verspätet.
IV. Die vorliegende Beschwerde war deshalb gemäß § 7 Abs. 4 iVm § 31 VwGVG wegen Verspätung zurückzuweisen.
V. Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Für den Bf ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß § 25a Abs.4 VwGG ex lege ausgeschlossen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
P o h l