LVwG-500097/7/Kü/KHu
Linz, 29.04.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Herrn Ing. K H, vertreten durch die X S & P, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 6. Oktober 2014, GZ: 0047322/2012, betreffend eine Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. März 2015,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die X GmbH mit dem Sitz in X, X, durch die X X GmbH, X, X, ersetzt wird.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 100 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) vom 6. Oktober 2014, GZ: 0047322/2012, wurde über den Beschwerdeführer (Bf) wegen der Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs. 2 Z 11 iVm § 52 Abs. 5 und § 43 Abs. 1 Z 1-6 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) iVm Auflagenpunkt B 5) des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. April 2011, GZ: UR-2011-4546/11-Kb/Sch, eine Geldstrafe von 500 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden verhängt.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
„Der Beschuldigte, Herr Ing. K H, hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH, X, nach § 9 VStG folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:
Die X GmbH mit dem Sitz in X, X, hat am 8.10.2012 die mobile Brecheranlage K x, x, Baujahr 2011, auf der Liegenschaft in X, GSt.Nr. X KG X, betrieben, ohne dabei die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15.04.2011, GZ UR-2011-4546/11-Kb/Sch, unter Punkt B)5 angeführte Auflage, dass ‚der Standort der mobilen Behandlungsanlage zu schützenswerten Nachbarbereichen (bewohnte Nachbarobjekte und Bereiche im Freien, die für den ständigen Aufenthalt von Personen geeignet sind) einen Abstand von mindestens 200 m bei freier Schallausbreitung aufweisen muss‘ einzuhalten, indem die Entfernung vom Aufstellungsort der mobilen Brecheranlage auf der Liegenschaft GStNr. X KG X zur Wohnadresse X, X, Liegenschaft GSt.Nr. X KG X, rd. 60 m betrug.“
Begründend wurde zunächst auf die schriftliche Äußerung des Bf, wonach zwar der Abstand von 200 m unterschritten, aber Gebäudeaußenmauern und Erdwälle als Staub- und Lärmschutz genutzt worden seien, verwiesen. Ferner wurde das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen der Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht des Amtes der Oö. Landesregierung, Herrn Ing. S, wortwörtlich wiedergegeben. Dieses lautet wie folgt:
„Es wurden von der Behörde schon einige Erhebungen durchgeführt. So wurde ermittelt, dass die Entfernung vom Aufstellungsort der mobilen Brechanlage auf der Liegenschaft GSt. Nr. X KG X, bis zur Liegenschaft X, GSt. Nr. X, KG X, (X, X) rd. 60 m beträgt. Von einem Vertreter der Firma X wurde in einem E-Mail vom 10. Oktober 2012 Folgendes kundgetan: ‚Nach der Entrümpelung des Innenraumes folgte der Abbruch der Dachhaut sowie das Entfernen des Dachstuhls. Im Anschluss wurden die Rückwand und die Innenmauern mit dem Bagger abgerissen und aufgehäuft. Das aufgehäufte Material wurde im Anschluss gebrochen. Die Außenmauer sowie die Sträucher zur X blieben während der Brecherarbeiten noch stehen und dienten somit als Staubschutz als auch als Lärmschutz.‘ Diese beschriebenen Tätigkeiten widerspiegeln sich teilweise in der übermittelten Fotodokumentation.
Es ist auf diesen Fotos die zunächst nicht abgebrochene Außenwand zur X hin erkennbar, sowie die Aufschüttungen des abgebrochenen Materials. In der Folge sind nur mehr Materialaufschüttungen (unbehandeltes sowie behandeltes Material) erkennbar. Ausgehend vom Wohnobjekt, in dem die Beschwerdeführerin wohnt, wurde hinter dieser Außenwand bzw. diesen Materialaufschüttungen die mobile Behandlungsanlage betrieben.
Entscheidend für die Frage in Bezug auf die Auflagenerfüllung ist, ob diese Maßnahmen geeignet waren, ausreichend abstandkompensierend zu wirken. Basis der schalltechnischen Beurteilung ist die Einhaltung eines Immissionsgrenzwertes von 60 dB in schützenswerten Bereichen. Schützenswerte Bereiche sind bewohnte Nachbarobjekte und Bereiche im Freien, die für den ständigen Aufenthalt von Personen geeignet sind. Als solcher ist jedenfalls der gegenständliche Nachbarbereich einzustufen. Ausgehend von den betriebsbedingten Schallemissionen ergibt sich zur Einhaltung des Immissionsgrenzwertes bei freier Schallausbreitung ein gewisser Mindestabstand. Bei der gegenständlichen mobilen Behandlungsanlage ergab sich dieser Abstand mit 200 m, ausgehend von einem maßgeblichen Schallleistungspegel von LW,A = 114 dB. Bei nicht freien Schallausbreitungsbedingungen kann grundsätzlich ein geringerer Abstand gewählt werden, jedoch ist dabei immer die Einhaltung des Immissionsgrenzwertes zu gewährleisten. Wie vorstehend ausgeführt hat der Abstand ca. 60 m betragen. Ausgehend vom maßgeblichen Schallleistungspegel von LW,A = 114 dB errechnet sich über diesem Abstand bei freier Schallausbreitung ein Immissionspegel von rd. Lp,A = 70 dB. Daraus folgt, dass die Schallminderungsmaßnahmen (abstandskompensierende Maßnahmen) eine Schirmwirkung von rd. 10 dB erzielen müssen.
Die vorliegenden Fotos zeigen eine Außenwand ohne Fenster, d.h. mit großen unverschlossenen Maueröffnungen. Dahinter ist noch eine Materialaufschüttung erkennbar, die in südöstlicher Richtung mit geringer Höhe beginnend in nordwestlicher Richtung ansteigend verläuft. Wie diese Fotos zeigen, besteht aber trotz dieser Maßnahmen nahezu freie Schallausbreitung vom gegenüberliegenden Gebäude, in dem die Beschwerdeführerin wohnt. Bei diesem Gebäude handelt es sich um ein mehrgeschossiges Haus. Der Schutz des Nachbarn ist nicht auf ein bestimmtes Niveau (zB 3 m über Boden) beschränkt, sondern es ist der tatsächlich vorhandene Wohn- und Aufenthaltsbereich zu schützen. Dazu gehören selbstverständlich auch Wohnbereiche in Obergeschoßen. Die gesetzten Maßnahmen sind im gegenständlichen Fall nicht geeignet, insbesondere für die Obergeschoßbereiche des relevanten Gebäudes, eine Schallminderungswirkung von 10 dB zu erzielen. Damit ist aus schalltechnischer Sicht die relevante Bescheidauflage Nummer 5. als nicht eingehalten anzusehen.“
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass eine nahezu freie Schallausbreitung zum gegenüberliegenden Gebäude gegeben gewesen sei und hierbei dem Gutachten des Amtssachverständigen gefolgt werden könne. Die gesetzten Maßnahmen seien nicht geeignet gewesen, eine Schallminderungswirkung von 10 dB zu erzielen. Der Beschuldigte habe diese Verwaltungsübertretung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH nach § 9 Abs. 1 VStG zu vertreten. Seine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten sei erst am 11. Oktober 2012, somit nach dem gegenständlichen Tatzeitpunkt am
8. Oktober 2012, erfolgt. Damit sei der Tatbestand der Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.
Hinsichtlich der Schuldfrage wurde darauf verwiesen, dass ein Ungehorsamsdelikt vorliege und ein Schuldentlastungsbeweis nicht erbracht worden sei. Strafmildernd sei die Unbescholtenheit gewertet worden, straferschwerend sei kein Umstand gewesen. Das Nettoeinkommen sei auf 1.300 Euro geschätzt worden und es sei vom Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen worden. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass sich die Strafe im untersten Bereich des Strafrahmens befinde, dass damit aber gerade noch das Auslangen gefunden habe werden können.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde vom
5. November 2014, in der beantragt wurde, das Landesverwaltungsgericht möge das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG eine Ermahnung erteilen sowie in eventu die verhängte Strafe unter Anwendung des § 20 VStG herabsetzen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Straferkenntnis das Gutachten des Amtssachverständigen zu entnehmen sei, welches jedoch nur auf Basis von Lichtbildern erstellt worden sei. Die Behörde hätte jedoch Schallmessungen und eine weitere umfangreiche Befundaufnahme durch einen beeideten Sachverständigen durchführen müssen. Ferner sei der Bf schon alleine deshalb nicht zu bestrafen, weil die gegenständliche Baustelle nicht von der X GmbH, sondern von der X X GmbH betrieben worden sei. Sollte gegen den Auflagenbescheid verstoßen worden sein, habe dies damit jedenfalls nicht der Bf als verantwortlicher Beauftragter der X GmbH zu verantworten. Des Weiteren wurde vorgebracht, dass die Beschreibung der zur Last gelegten Tat weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung noch einem anderen Behördenhandeln innerhalb der Frist des § 81 AWG 2002 ausreichend erfolgt sei, weshalb es mittlerweile zum Eintritt der Verfolgungsverjährung gekommen sei.
Im Übrigen hätte die Behörde anerkennen müssen, dass sich der Bf redlich darum bemüht habe, sämtliche erforderlichen Schritte zu setzen, um sich rechtstreu zu verhalten. Die belangte Behörde hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG vorlägen und der Bf nicht zu bestrafen sei. In eventu hätte die Mindeststrafe gemäß § 20 VStG zumindest zur Hälfte unterschritten werden müssen.
3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz legte die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 19. November 2014, eingelangt am 24. November 2014, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vor. Dieses entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. März 2015. Danach steht folgender Sachverhalt fest:
Die verfahrensgegenständliche mobile Brecheranlage des Typs K
X, X, Baujahr 2011, steht im Eigentum der X GmbH. Die Anlage wurde (zumindest) am 8. Oktober 2012 auf dem Grundstück Nr. X, KG X, in der X betrieben, wo es zur Abtragung eines Gebäudes kam. Die gegenständliche Baustelle stand unter der Verantwortung der X X GmbH. Der Brecher wurde zu diesem Zweck von der X GmbH an die X X GmbH vermietet, weshalb letztere zum Tatzeitpunkt als Betreiberin des gegenständlichen Brechers fungierte.
Der Brecher wurde im dicht besiedelten X Stadtgebiet eingesetzt, was eine Unterschreitung des Abstandes von 200 m zur umliegenden Wohnbebauung bedingte. Insbesondere wurde zum gegenüberliegenden mehrstöckigen Wohngebäude in der X in X, Grundstück Nr. X, KG X, ein Abstand von bloß rund 60 m eingehalten.
Zur Abschirmung des Brechers wurden zunächst die straßenseitige Außenwand des abzutragenden Gebäudes, jedoch ohne Fenster, d.h. mit großen unverschlossenen Maueröffnungen, sowie Materialaufschüttungen herangezogen. Im weiteren Verlauf der Abtragung - jedenfalls am 8. Oktober 2012 - war jedoch auch die genannte Mauer nicht mehr vorhanden. Damit bestand insbesondere zu den in den Obergeschoßen liegenden Wohnungen des gegenüberliegenden Gebäudes eine ungehinderte Schallausbreitung.
Die X X GmbH ist im Besitz einer Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln von Abfällen, speziell bezogen auf Baustellenabfälle. Herr Ing. K H und Frau Mag. U H waren zum Tatzeitpunkt handelsrechtliche Geschäftsführer sowohl der X X GmbH als auch der X GmbH. Die Bestellung von Herrn Ing. H zum verantwortlichen Beauftragten für beide Unternehmen erfolgte mit Urkunden vom
11. Oktober 2012.
2. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich im Wesentlichen widerspruchsfrei aus den aufgenommenen Beweismitteln, insbesondere aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Zu der in der Beschwerde bestrittenen Frage der freien Schallausbreitung wird auf das im Akt einliegende und unter I. 1. wortwörtlich wiedergegebene schlüssige Gutachten des Amtssachverständigen der Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht des Amtes der Oö. Landesregierung, Herrn Ing. S, sowie Punkt IV. 3. dieses Erkenntnisses verwiesen.
III. Rechtslage:
§ 79 Abs. 2 AWG 2002 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung
BGBl. I 102/2002 idF BGBl. I 9/2011 (im Folgenden nur: AWG 2002) lautet auszugsweise:
„10. Abschnitt
Schlussbestimmungen
Strafhöhe
§ 79. (1) [...]
(2) Wer
[...]
14. bei der Aufstellung oder dem Betrieb einer mobilen Behandlungsanlage die gemäß
§ 52 Abs. 5 vorgeschriebenen Auflagen, Befristungen oder Bedingungen nicht einhält oder eine mobile Behandlungsanlage entgegen § 53 Abs. 1 oder Abs. 3 aufstellt oder betreibt,
[...]
begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 bis 7 270 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1 800 € bedroht.“
Der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. April 2011, GZ: UR-2011-4546/11-Kb/Sch, betreffend die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung der mobilen Behandlungsanlage - Brecheranlage K X, X, Baujahr 2011 - enthält unter Spruchpunkt II. Nebenbestimmungen. Punkt B) Lärmschutztechnische Auflagen lautet auszugsweise wie folgt:
„[...]
5. Der Standort der mobilen Behandlungsanlage muss zu schützenswerten Nachbarbereichen (bewohnte Nachbarobjekte und Bereiche im Freien, die für den ständigen Aufenthalt von Personen geeignet sind) einen Abstand von mindestens 200 m bei freier Schallausbreitung aufweisen.
6. Zu besonders schützenswerten Nachbarbereichen (Kurzonen, Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten) ist ein Abstand von mindestens 600 m bei freier Schallausbreitung einzuhalten.
[...]“
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
1. Einleitend ist bloß kursorisch darauf hinzuweisen, dass die vom Bf behaupteten Mängel der Sachverhaltsfeststellung im verwaltungsbehördlichen Verfahren durch das vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durchgeführte Ermittlungsverfahren obsolet geworden sind. Insbesondere wurde dem Bf die Möglichkeit eingeräumt, seine Interessen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu vertreten.
2. Auch kann nicht der Ansicht des Bf gefolgt werden, dass die Umschreibung der vorgeworfenen Tat in der Verfolgungshandlung der belangten Behörde bzw. im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses unzureichend wäre. Im konkreten Fall zeigt sich nämlich, dass der als verletzt inkriminierte Auflagenpunkt B) 5 nicht nur ziffernmäßig bezeichnet, sondern auch wortwörtlich wiedergegeben wurde. Demnach muss „der Standort der mobilen Behandlungsanlage zu schützenswerten Nachbarbereichen (bewohnte Nachbarobjekte und Bereiche im Freien, die für den ständigen Aufenthalt von Personen geeignet sind) einen Abstand von mindestens 200 m bei freier Schallausbreitung aufweisen“. Sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im Straferkenntnis wird die Tat so hinreichend umschrieben, dass der Bf in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. VwGH Ro 2014/10/0106, Zl. 08.10.2014 mwN.). Aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles ist für das Gericht nicht zweifelhaft, dass die dem Bf vorgeworfene Tat von Anfang an in dem beschriebenen Sinn ausreichend konkretisiert war. Es ist nämlich jedenfalls ersichtlich, dass die Unterschreitung des Abstandes von 200 m zwischen dem gegenständlichen Brecher und Wohnbebauung - in concreto wird ein Abstand von 60 m vorgeworfen - bei freier Schallausbreitung am 8. Oktober 2012 unter näherer Bezeichnung der betroffenen Grundstücke verfahrensgegenständlich ist. Tathandlung, Tatort und Tatzeit sind damit hinreichend definiert.
3. Was die vom Bf vorgebrachte Mangelhaftigkeit des Gutachtens betrifft, ist ihm entgegenzuhalten:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde einen Sachverständigen beizuziehen, wenn sie dies zur Erforschung der materiellen Wahrheit für erforderlich erachtet. Die Beiziehung ist dann erforderlich, wenn beweisbedürftige und maßgebliche Sachverhaltsfragen zu klären sind, deren Beantwortung nicht schon aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung, sondern nur aufgrund besonderer Fachkenntnisse und Erfahrungen möglich ist. Ist der Sachverhalt hingegen schon für einen Laien einsichtig, kann sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens erübrigen (vgl. etwa VwGH 28.02.2012,
Zl. 2011/09/0021 mwN; vgl. ferner die ausführliche Darstellung von Judikatur und Literatur in Hengstschläger/Leeb AVG II § 52 AVG Rz 9 f).
Im gegenständlichen Fall ist zunächst beachtlich, dass der bereits wörtlich wiedergegebene Auflagenpunkt B) 5 nicht auf eine bestimmte Dezibel-Anzahl abstellt. Entscheidend ist vielmehr bloß, ob sich der von der Brecheranlage verursachte Schall frei ausbreiten kann, wenn der Abstand von 200 m zu bewohnten Nachbarobjekten unterschritten wird.
Alleine schon aufgrund der Bebauungssituation im Umfeld der gegenständlichen Baustelle im Stadtgebiet von X kam es zu einer offenkundigen und deutlichen Unterschreitung des im Bescheid vorgesehenen Abstandes von 200 m, was auch auf der im Akt einliegenden Fotodokumentation klar ersichtlich ist. Es ist deutlich erkennbar, dass die Brecheranlage unmittelbar von Wohngebäuden umgeben war, wobei die belangte Behörde in ihrem Straferkenntnis auf die gegenüberliegende Wohnbebauung Bedacht genommen hat. Dieser Abstand zum auf der anderen Straßenseite gelegenen Haus wurde mit rund 60 m beziffert, was sich bei Einsichtnahme in DORIS-Orthofotos (Digitales Oberösterreichisches Raum-Informationssystem, http://doris.ooe.gv.at) als plausibel darstellt.
Aus den im Akt einliegenden Unterlagen, in die die Vertreter des Bf in der öffentlichen mündlichen Verhandlung Einsicht nahmen, zeigt sich ferner, dass zwar während eines Teiles des Abbruchfortschrittes eine Außenmauer des abzutragenden Gebäudes sowie Materialaufschüttungen vorhanden waren, die
- wie vom Bf in seiner schriftlichen Einlassung gegenüber der belangten Behörde dargetan - zur Verminderung der Schallausbreitung eingesetzt werden sollten. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme kann jedoch zunächst schon deshalb bezweifelt werden, weil die angesprochene Außenmauer keine Fenster mehr hatte und daher große offene Wanddurchbrüche aufwies. Der von der belangten Behörde konsultierte Amtssachverständige führte hierzu aus, dass trotz dieser Maßnahmen eine nahezu freie Schallausbreitung zum auf der anderen Straßenseite liegenden Gebäude gegeben sei. Aus diesem Grund sei aus schalltechnischer Sicht die Bescheidauflage 5. als nicht eingehalten anzusehen.
Von besonderer Relevanz ist im gegenständlichen Fall der Umstand, dass die noch existierende Außenmauer sowie die Materialaufschüttung nur eine Höhe von wenigen Metern aufwiesen und von den im Obergeschoß des gegenüberliegenden Gebäudes befindlichen Wohnungen offensichtlich eine ungehinderte Sichtverbindung zu der Brecheranlage bestand. Entscheidend kann es jedoch nicht sein, bloß in den Erdgeschoßwohnungen der umliegenden Gebäude eine zumutbare Lärmbelastung sicherzustellen, sondern es ist zu gewährleisten, dass die bewohnten Nachbargebäude insgesamt geschützt sind. Auch der Amtssachverständige hat insbesondere die Schallsituation für die in den Obergeschoßen liegenden Wohnungen herausgearbeitet. Ferner ist auch beachtlich, dass die angesprochene Außenmauer nur während eines Teiles des Einsatzes der Brecheranlage vorhanden war und damit im Verlauf der Arbeiten auch diese Schallschutzmaßnahme entfiel.
Aufgrund der Umstände des gegenständlichen Falles - die bloß für einen Teil der Arbeiten vorhandene Außenmauer mit zahlreichen Durchbrüchen, Materialaufschüttungen mit maximal wenigen Metern Höhe und freie Sichtverbindung von den gegenüberliegenden Wohnungen zur Brecheranlage - ist der Umstand der freien Schallausbreitung zum betreffenden Wohngebäude derart offensichtlich, dass die vom Bf beantragte weitere Einholung von Gutachten nicht erforderlich ist. Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem schon relevierten Umstand, dass eine exakte Schalldruckpegelbestimmung nicht geboten ist und damit aus Schallmessungen nicht mehr Sachverhaltssubstrat gewonnen werden könnte; unabhängig davon würde dabei auch die im Tatzeitpunkt vorhandene Situation ohnedies nicht mehr gegeben sein.
Der vom Bf dargetanen Mangelhaftigkeit des Gutachtens kann aufgrund dieser Überlegungen nicht gefolgt werden.
Im Ergebnis liegt damit ein Verstoß gegen die Bescheidauflage B) 5 vor.
4. Auch das Vorbringen des Bf, dass nicht die X GmbH, sondern die X X GmbH den gegenständlichen Brecher betrieben habe, und der Bf daher im Ergebnis nicht mehr belangt werden könne, führt nicht zum Erfolg:
4.1. Zwar geht das Gericht aufgrund der vorgelegten Unterlagen entsprechend dem Vorbringen des Bf davon aus, dass der Brecher auf der gegenständlichen Baustelle von der X X GmbH betrieben wurde. Zum Zeitpunkt der Tathandlung war der Bf jedoch - jeweils neben Frau Mag. U H - handelsrechtlicher Geschäftsführer sowohl der X GmbH als auch der X X GmbH.
4.2. Aus der Frage, ob der Bf nun als Geschäftsführer der einen oder der anderen Gesellschaft belangt wird, kann für den Bf nichts gewonnen werden: Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Zuordnung der dem Beschwerdeführer ad personam konkret vorgeworfenen Verwaltungsübertretung zu einer anderen von ihm vertretenen Gesellschaft von der Beschwerdeinstanz anders vorgenommen werden als von der Behörde erster Instanz. Zwar hat sich die Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs. 2 VStG auf alle Tatbestandselemente der durch die vorgeworfene Tat verletzten Verwaltungsvorschrift zu beziehen, doch gehört die Frage, in welcher Eigenschaft der Beschuldigte die Tat begangen hat, etwa als verantwortliches Organ einer juristischen Person im Sinn des § 9 Abs. 1 VStG oder als verantwortlicher Beauftragter im Sinn des § 9 Abs. 2 leg. cit., nicht dazu, weil sie nicht Tatbestandselement des § 79 Abs. 2
Z 14 AWG 2002 ist. Ist aber bereits die Frage der rechtlichen Eigenschaft des Beschuldigten im oben aufgezeigten Sinn irrelevant, dann umso mehr die Frage, welcher von mehreren vom Bf vertretenen juristischen Personen im konkreten Fall die Tat zuzurechnen ist (so explizit VwGH 25.03.2010, Zl. 2008/09/0203 mwN; VwGH 29.06.1995, Zl. 94/07/0178).
4.3. Gemäß § 9 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Kommt es zu keiner Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten, kommt es - ungeachtet einer allfälligen internen Aufgabenverteilung - zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit aller Geschäftsführer (vgl. etwa VwGH 27.03.2008, Zl. 2007/07/0129 mwN). Mangels Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten, unterliegt er als zur Außenvertretung berufenes Organ der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit. Im Übrigen war nach den vorliegenden Urkunden ohnedies intendiert, den Bf zum verantwortlichen Beauftragten sowohl für die X GmbH als auch die X X GmbH zu bestellen, wenngleich dies erst nach der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erfolgte.
4.4. Damit war der Spruch - entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und ohne mit der Verjährungsbestimmung des § 31 Abs. 1 VStG in Konflikt zu geraten - insofern abzuändern, als der Bf als Geschäftsführer der X X GmbH belangt wird.
5. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 79 Abs. 2 AWG 2002 über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog. „Ungehorsamsdelikt“). Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).
Im konkreten Fall werden jedoch keine diesbezüglich tauglichen Gründe vorgelegt. Vom Bf wäre nämlich zu erwarten gewesen, effektive organisatorische Maßnahmen zu treffen, die die Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen hintan halten (vgl. zuletzt etwa VwGH 10.12.2014, Zl. 2012/02/0102 zum wirksamen Kontrollsystem). Inwieweit sich der Bf „redlich darum bemüht“ hätte, „sämtliche erforderlichen Schritte zu setzen, um sich rechtstreu zu verhalten“, wurde von ihm nicht näher erläutert. So ist nicht ersichtlich, ob und welche Maßnahmen der Bf getroffen hat, welche Kontrollen eingerichtet wurden und wie das Funktionieren des Kontrollsystems sichergestellt wurde. Damit kann ihm im Ergebnis zumindest ein fahrlässiges Verhalten zur Last gelegt werden.
6. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
Gleichsam wie auch die belangte Behörde war bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass es sich um das erstmalige ordnungswidrige Handeln des Bf handelt und keine straferschwerenden Umstände ersichtlich sind. Zudem ist nur von einem fahrlässigen Verhalten des Bf auszugehen. Die vom Bf begehrte Anwendung des § 45 Abs. 1 VStG scheidet jedoch aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb.
Was die vom Bf begehrte Unterschreitung der Mindeststrafe „zumindest“ zur Hälfte betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass gemäß § 20 VStG die Mindeststrafe maximal bis zur Hälfte unterschritten werden kann. Die Mindeststrafe für gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft Tätige beträgt gemäß § 79 Abs. 2 AWG 2002 1.800 Euro, wobei diese Qualifikation auf die X X GmbH zutrifft. Die tatsächlich verhängte Geldstrafe in Höhe von 500 Euro unterschreitet die Mindeststrafe damit bereits über die Hälfte. Aufgrund des im Verwaltungsstrafverfahrens beachtlichen Verschlechterungsverbotes (§ 42 VwGVG) war zwar keine höhere Strafe zu verhängen, eine weitere Reduzierung der Geldstrafe kam jedoch nicht mehr in Betracht.
V. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinn des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger
Beachte:
Die Revisionen wurde zurückgewiesen.
VwGH vom 29. Oktober 2015, Zl.: Ra 2015/07/0110 bis 0111-3