LVwG-150241/11/DM/DC

Linz, 20.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde des J M, wohnhaft in x P, vertreten durch S C & Partner Rechtsanwälte GmbH, E x, x W, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Pinsdorf vom 01.03.2016, GZ: 131/9-2/2012, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass es im Spruch zu lauten hat wie folgt:

„Der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Pinsdorf vom 19.01.2016, GZ: 131/9-2/2012, betreffend Erteilung der Baubewilligung für die Garagenanlage mit Holzlagerraum und Werkstätte mit Projekt für Oberflächenentwässerung auf dem Grundstück Nr. x, KG P, wird aufgehoben.“

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

1. Mit Baubewilligungsantrag vom 19.04.2012 beantragte Herr H S (Bauwerber) die Bewilligung für die Errichtung einer Garagenanlage mit Holzlager und Werkstätte auf dem in seinem Alleineigentum stehenden Grundstück Nr. x, KG P.

 

Nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung am 11.06.2012 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde Pinsdorf (im Folgenden: Bürgermeister) als Baubehörde I. Instanz mit Bescheid vom 04.10.2012, GZ: 131/9-2-2012, dem Antragsteller die Baubewilligung.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Nachbar und Beschwerdeführer J M (im Folgenden: Bf) am 05.11.2012 Berufung, welche vom Gemeinderat der Gemeinde Pinsdorf (im Folgenden: Gemeinderat) als Baubehörde II. Instanz mit Berufungsbescheid vom 13.12.2012 abgewiesen wurde.

 

In der Folge erhob der Bf gegen diese Entscheidung des Gemeinderates das Rechtsmittel der Vorstellung an die Gemeindeaufsichtsbehörde, welche den Berufungsbescheid des Gemeinderates behob und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwies.

 

3. Gegen den im zweiten Rechtsgang erlassenen Berufungsbescheid vom 25.03.2014 erhob der Bf Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

Mit hg. Beschluss vom 12.03.2015, LVwG-150241/6/DM/WP, wurde der Berufungsbescheid des Gemeinderates erneut behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Gemeinderat zurückverwiesen. Begründet wurde dies insbesondere mit dem Vorliegen mangelhafter Projektunterlagen. Ausdrücklich angemerkt wurde:

 

„Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde [Gemeinderat] dem Bauwerber eine entsprechende Projektergänzung aufzutragen haben und diese sodann – allenfalls unter Beiziehung eines Amtssachverständigen – auf die Übereinstimmung mit den baurechtlichen Vorschriften zu prüfen haben. Insbesondere wird die belangte Behörde bzw. der beizuziehende Amtssachverständige die mögliche Beeinträchtigung des Bf zu berücksichtigen haben. Werden von der belangten Behörde einer allenfalls zu erteilenden Baubewilligung Auflagen beigefügt, so wird die belangte Behörde auf die Widerspruchsfreiheit und ausreichende Konkretisierung der Auflagen (VwGH 25.10.1977, 2071/76) zu achten haben.“

 

4. Der ergangene Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich wurde vom Gemeinderat in der Sitzung am 07.05.2015 unter Tagesordnungspunkt 1.6. behandelt. Der Verhandlungsschrift der Gemeinderatssitzung ist nach einer kurzen Erläuterung des Sachverhalts folgende Beschlussfassung zu entnehmen:

 

Antrag

Bürgermeister H stellte den Antrag, der Gemeinderat soll die Beschwerde wieder an den Bürgermeister, als Baubehörde I. Instanz zurückverweisen und dieser soll das Ermittlungsverfahren fortführen.

 

Beschluss

Einstimmig wurde dem Antrag stattgegeben und das Verfahren an die Baubehörde I. Instanz zurückverwiesen.“

 

Eine mündliche Verkündung der Entscheidung gegenüber den Parteien oder eine offizielle schriftliche Ausfertigung ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

 

5. Mit Schreiben vom 19.05.2015 wurde dem Bauwerber ein entsprechender Projektergänzungsauftrag durch die Vizebürgermeisterin der Gemeinde Pinsdorf erteilt.

 

Am 28.08.2015 wurde durch den Bürgermeister eine neuerliche mündliche Verhandlung abgehalten. Wegen der im Zuge dieser Verhandlung durch den Bf vorgebrachten Einwendungen wurden ergänzende Unterlagen und entsprechende Stellungnahmen eingeholt. Das Ergebnis wurde sämtlichen Parteien unter Einräumung einer 14-tägigen Frist zur Abgabe einer Stellungnahme nachweislich zur Kenntnis gebracht. Diese Frist verstrich fruchtlos.

 

6. Mit Bescheid des Bürgermeisters als Baubehörde I. Instanz vom 19.01.2016 wurde dem Bauwerber erneut die Baubewilligung für die Errichtung einer Garagenanlage mit Holzlager und Werkstätte auf dem Grundstück Nr. x, KG P, erteilt.

 

7. Gegen diesen Bescheid des Bürgermeisters erhob der Bf mit Schreiben vom 02.02.2016 Berufung. Der rechtsfreundlich vertretene Bf wendete ein, der berufungsgegenständliche Bewilligungsbescheid sei vom sachlich unzuständigen Bürgermeister erlassen worden, da die gegenständliche Rechtssache mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts zur neuerlichen Verhandlung an den Gemeinderat zurückverwiesen worden sei. Daher sei dieser Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

 

8. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Pinsdorf (belangte Behörde) vom 01.03.2016 wurde die Entscheidung des Bürgermeisters bestätigt und die Berufung des Bf mit folgender Begründung abgewiesen:

 

„[...] Nach erfolgter Rechtsprechung des LVwG vom 12.03.2015 (LVwG-150241/6/DM/WP) und der damit verbundenen Zurückverweisung an die Baubehörde wurde dem Bauwerber im Zuge des damit erforderlichen und ergänzenden Ermittlungsverfahrens die Nachreichung von Projektunterlagen aufgetragen.

Sämtliche Projektunterlagen bestehend aus Einreichplan, Baubeschreibung, Projektierung der Oberflächenwässer (Lageplan, Schnitt, Berechnungsergebnis) und des Technischen Berichts lagen der neuerlich anberaumten Bauverhandlung und den weiteren Ermittlungsverfahren zugrunde. Dabei wurden die angeführten Projektunterlagen begutachtet und ausreichend erörtert. Aufgrund der, im Zuge der Bauverhandlung eingebrachten Stellungnahmen der Parteien wurde seitens der Behörde um eine technische Beurteilung vom Sachverständigen ersucht, welche jedoch aus zeitlichen Gründen nicht mehr am Verhandlungstag erfolgen konnte und außerdem zusätzliche Unterlagen, Angaben bzw. Stellungnahmen des Projektanten sowie der Verwaltung der Oberflächenwässeranlagen erforderte.

Im weiteren Ermittlungsverfahren wurden diese ergänzenden Unterlagen und Stellungnahmen sowie die Beurteilung durch den Sachverständigen allen Parteien rechtzeitig und unter Einhaltung einer angemessenen Frist nachweislich zur Kenntnis gebracht. Im Weiteren wird seitens der Behörde festgestellt, dass diese Einreich- bzw. Projektunterlagen nicht nur dem Amtssachverständigen für seine Beurteilung zugrunde lagen, sondern diese auch auf Übereinstimmung mit den bautechnischen Bestimmungen und Vorschriften geprüft und als ausreichend empfunden wurden. Somit bilden diese Unterlagen nicht nur einen integrierenden Bestandteil des zu genehmigenden Projekts sondern waren auch für die Bescheiderlassung seitens der Behörde als vollständiges Projekt (Einreichplanoperat) zu qualifizieren.

[...]“

 

Auf das Vorbringen in der Berufung bezüglich Unzuständigkeit des Bürgermeisters geht die belangte Behörde in der Begründung folgendermaßen ein:

 

„Der Gemeinderat der Gemeinde Pinsdorf hat in der Sitzung vom 07.05.2015 einstimmig beschlossen, dass die Angelegenheit und dass damit verbundene Ermittlungsverfahren an den Bürgermeister als Baubehörde I. Instanz zurückverwiesen wird.

Gemäß AVG § 66 (1) können notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens seitens der Berufungsbehörde durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde (Bürgermeister) durchgeführt werden lassen oder aber auch, gemäß (2), wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, kann diese den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverwiesen.

 

Dies war bei ggstl. Verfahren der Fall und ist daher der Bürgermeister der Gemeinde Pinsdorf, als Baubehörde I. Instanz, für die neuerliche Abwicklung samt der damit verbundenen Beweisfindung (Abwicklung des Ermittlungsverfahrens mit Bauverhandlung) und in weiterer Folge der Bescheiderlassung wiederum zuständig gewesen.

[...]“

 

9. Gegen diesen Bescheid richtet sich nun die Beschwerde des Bf vom 24.03.2016. In der Begründung wird vom Bf erneut vorgebracht, dass aufgrund des hg. Beschlusses vom 12.03.2015 der Gemeinderat sachlich zuständig wäre und der Bewilligungsbescheid vom 19.01.2016 von einem sachlich unzuständigen Bürgermeister erlassen worden sei. In der Beschwerde wird ausgeführt:

 

„[...] Eine solche „Delegierung“ der Entscheidungsrechte an eine untergeordnete Behörde durch internen – nach außen nicht wirksamen – Gemeinderatsbeschluss kennt das Verwaltungsverfahren nicht. Auch wenn die Durchführung der notwendigen Ermittlungen durch den Bürgermeister zulässig gewesen wäre, hätte dieser nicht selbst entscheiden dürfen, sondern die Angelegenheit nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen dem Gemeinderat als zuständige Baubehörde zur Entscheidung vorlegen müssen (§ 66 Abs 1 AVG). Auch ein Vorgehen nach § 66 Abs 2 AVG – Zurückverweisung an den Bürgermeister zur neuerlichen Entscheidung – wäre überhaupt unzulässig gewesen, da eine solche Vorgehensweise einen wirksamen Bescheid vorausgesetzt hätte, welcher im konkreten Fall aber bereits durch den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts vom 12.03.2015 aufgehoben wurde.“

 

Weiters wird unter Anführung höchstgerichtlicher Judikatur festgehalten, dass eine Entscheidung, die durch eine sachlich unzuständige Behörde getroffen wurde, den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belaste. Da der Gemeinderat der Gemeinde Pinsdorf die gegenständliche Unzuständigkeit des Bürgermeisters nicht aufgegriffen habe, habe er den Berufungsbescheid vom 01.01.2016 [unzweifelhaft gemeint 01.03.2016] mit Rechtswidrigkeit belastet.

 

Aus diesen angeführten Gründen beantragte der Bf, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge den angefochtenen Bescheid vom 01.03.2016 aufheben und die Angelegenheit zur Durchführung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens bzw. neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen.

 

 

II.            Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde. Daraus hat sich der unter I. dargelegte Sachverhalt widerspruchsfrei ergeben. Weitere Ermittlungsschritte konnten unterbleiben, da keine weitere Klärung des in diesem Verfahren gegenständlichen Sachverhalts zu erwarten war.

 

 

III.           Maßgebliche Rechtslage:

 

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid […] auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z. 3 und 4) […] zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Gemäß § 66 Abs. 1 AVG hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen.

 

Laut § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, für den Fall, dass der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch die §§ 27 und 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG normierten Prüfungsumfang durch seine gemäß § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

1. Durch die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 12.03.2015, LVwG-150241/6DM/WP, wurde der damaligen Beschwerde gegen den Berufungsbescheid vom 25.03.2014 Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wurde behoben und die Angelegenheit wurde zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen. Dadurch begründete sich die (neuerliche) Entscheidungszuständigkeit des Gemeinderates über die infolge Aufhebung des Berufungsbescheides vom 25.03.2014 wieder offene Berufung des Bf vom 05.11.2012 gegen den Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters vom 04.10.2012, unter Bindung an die rechtliche Beurteilung des hg. Beschlusses vom 12.03.2015 (vgl. VwGH 21.01.2016, Ra 2015/12/0048).

 

Nun vertritt der Gemeinderat jedoch die Ansicht, er habe die Angelegenheit und damit die Entscheidungszuständigkeit an den Bürgermeister gemäß § 66 Abs. 2 AVG zulässigerweise zurückverwiesen. Der Bf bringt im Beschwerdeschreiben im Wesentlichen vor, der Bescheid des Bürgermeisters vom 19.01.2016 sei wegen sachlicher Unzuständigkeit rechtswidrig und da diese Unzuständigkeit vom Gemeinderat im Berufungsbescheid vom 01.03.2016 nicht aufgegriffen wurde, sei auch diese Entscheidung mit Rechtswidrigkeit belastet.

 

2. Grundsätzlich ist ein Vorgehen nach § 66 Abs. 2 AVG, also eine Behebung des erstinstanzlichen Bescheides und eine Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung, nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen möglich.

Die Verfahrensparteien haben einen Rechtsanspruch darauf, dass die Berufungsbehörde nur dann von der Ermächtigung zur Zurückverweisung Gebrauch macht, wenn auch die gesetzlich dafür vorgegebenen Voraussetzungen erfüllt sind; durch die unrichtige Anwendung des § 66 Abs 2 AVG werden sie in ihrem Recht auf Sachentscheidung durch die Berufungsbehörde verletzt (vgl. VwGH 21.03.1994, 94/10/0043; 28.02.2006, 2003/06/0035). Daher hat die Behörde über das Vorgehen nach § 66 Abs. 2 AVG mittels verfahrensrechtlichem Bescheid zu entscheiden (vgl. VwGH 10.04.2003, 2002/18/0228; 08.09.2005, 2005/18/0545). Dieser Bescheid muss neben der Zurückverweisung auch die Behebung des angefochtenen Bescheides enthalten (vgl. VwGH 15.11.1999, 96/10/0068) und es bedarf einer Begründung, warum die Fortsetzung des Verfahrens nicht durch die Berufungsbehörde, sondern nur im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung durch die Behörde erster Instanz vorgenommen werden kann (VwGH 22.05.1984, 84/07/0012; 11.09.2003, 2002/07/0006).

 

Erlassen ist ein Bescheid regelmäßig mit seiner Zustellung, allenfalls mit seiner Verkündung. Dies gilt auch für die Bescheiderlassung durch Kollegialbehörden. Entscheidend für die Erlassung eines Bescheides einer Kollegialbehörde ist daher nicht etwa der Zeitpunkt der Beschlussfassung, welche für sich allein noch keine Rechtswirkungen nach außen entfaltet, sondern der Zeitpunkt der Zustellung/Verkündung des Bescheides (VwGH 28.10.2008, 2008/05/0097).

 

Zwar hat der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 07.05.2015 einen entsprechenden Zurückverweisungsbeschluss getroffen, diesem kommt jedoch mangels mündlicher Verkündung oder schriftlicher Ausfertigung mit Zustellung an die Parteien keine Bescheidqualität zu. Es handelt sich bei diesem Beschluss des Gemeinderates lediglich um die innere Willensbildung des Kollegialorgans, welche für die Erlassung eines Bescheides nicht ausschlaggebend ist (vgl. VwGH 26.06.2013, 2011/05/0121). Folge dessen ist im Beschwerdefall von der belangten Behörde überhaupt kein verfahrensrechtlicher Bescheid erlassen worden.

 

Abgesehen vom fehlenden verfahrensrechtlichen Bescheid des Gemeinderates hätte es für ein rechtmäßiges Vorgehen nach § 66 Abs. 2 AVG auch der Behebung des angefochtenen Bescheides bedurft. Durch diesen verfahrensrechtlichen Bescheid können nur beide Entscheidungen – die Behebung und die Zurückverweisung – gleichzeitig (uno actu) getroffen werden. Es handelt sich um ein eine Einheit bildendes Vorgehen der Behörde, durch das die Angelegenheit wieder in den Stand vor dem Ergehen der bekämpften Entscheidung rückversetzt wird, weshalb eine Behebung ohne Rückverweisung oder diese ohne Behebung nicht zulässig ist (siehe Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 66 Rz 23 [Stand 1.1.2014, rdb.at] mit Judikaturhinweisen).

 

Der Bf irrt, wenn er vorbringt, dass es aufgrund des hg. Beschlusses vom 12.03.2015 keinen Bescheid mehr zu beheben gäbe und daher eine Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Gemeinderat überhaupt unzulässig gewesen sei. Wie unter IV. 1. ausgeführt, hatte der hg. Beschluss vom 12.03.2012 zur Folge, dass die Entscheidungszuständigkeit des Gemeinderates über die Berufung gegen den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters vom 04.10.2012 neuerlich begründet wurde. Somit wäre der Bürgermeisterbescheid vom 04.10.2012 als angefochtener Bescheid zu beheben gewesen. Eine solche Behebung wurde weder in der Verhandlungsschrift des Gemeinderates vom 07.05.2015, noch an anderer Stelle im Verwaltungsakt der belangte Behörde zum Thema gemacht.

 

Dem zur Folge kam es zu keiner rechtmäßigen Zurückverweisung der Angelegenheit vom Gemeinderat an den Bürgermeister. Der Gemeinderat blieb - entgegen seiner Ansicht - für die Entscheidung über die offene Berufung des Bf vom 05.11.2012 gegen den Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters vom 04.10.2012 sachlich zuständig.

 

3. Im Ergebnis ist der Baubewilligungsbescheid vom 19.01.2016 somit vom sachlich unzuständigen Bürgermeister erlassen worden, weshalb der Gemeinderat als die vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde diesen Bescheid des Bürgermeisters vom 19.01.2016 wegen Unzuständigkeit aufheben hätte müssen. Da sie dies unterlassen und die Berufung des Bf vom 02.02.2016 abgewiesen hat, hat sie den nun angefochtenen Bescheid vom 01.03.2016 mit Rechtswidrigkeit belastet.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Das Verfahren tritt somit in die Lage zurück, in der es sich nach der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 12.03.2015, LVwG-150241/6/DM/WP, befunden hat. D.h., der Gemeinderat hat über die noch offene Berufung des Bf vom 05.11.2012 – unter Bindung an die rechtliche Beurteilung der hg. Entscheidung vom 12.03.2015 – zu entscheiden, wobei das vom Bürgermeister in der Zwischenzeit durchgeführte Ermittlungsverfahren der Entscheidung des Gemeinderates natürlich zugrunde gelegt werden kann (vgl. § 66 Abs. 1 AVG).

 

 

V.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die in der Begründung zitierten Judikate des Verwaltungsgerichtshofes). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter