LVwG-550417/36/SE
Linz, 18.07.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Sigrid Ellmer über die Beschwerde von Herrn Ing. M P, x, R, nunmehr vertreten durch B∙B∙M∙R R, x, L, vom 31. Dezember 2014, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2. Dezember 2014, GZ: N10-379-2014, wegen naturschutzrechtlicher Untersagung betreffend Errichtung eines Auszugshauses
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz-VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2. Dezember 2014, GZ: N10-379-2014, aufgehoben.
II. Die Ausführung des von Herrn Ing. M P, x, R, am 8. Oktober 2014 angezeigten Vorhabens wird gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz unter Zugrundelegung der kennzeichneten Projektunterlagen sowie unter nachstehenden Auflagen, Bedingungen und Befristungen zur Kenntnis genommen:
1. An der nordöstlichen Seite des Auszugshauses ist eine dichte, insgesamt mindestens dreireihige Bepflanzung mit einheimischen Sträuchern und Bäumen durchzuführen.
2. Der bestehende lineare Gehölzzug im Westen des Auszugshauses ist mit einheimischen Sträuchern und Bäumen zu verdichten.
3. Der Übergang bzw. der Außenbereich der Bepflanzung ist mit Sträuchern wie Holunder, Haselnuss, roter Hartriegel, Weißdorn, etc. zu versehen.
4. Die Innenseite der Bepflanzung bzw. der Gartenbereich ist mit hochstämmigen Obstbäumen wie Apfel, Birne, etc. zu versehen.
5. Der Bezirkshauptmannschaft Gmunden ist die der Baubehörde vorzulegende Fertigstellungsanzeige des Auszugshauses abschriftlich zur Kenntnis zu bringen.
6. Die Durchführung der vorgeschriebenen Bepflanzungen ist der Bezirkshauptmannschaft Gmunden spätestens 1 Jahr nach Anzeige der Fertigstellung des Auszugshauses unaufgefordert schriftlich, mit Vorlage einer aussagekräftigen Fotodokumentation anzuzeigen.
III. Gemäß § 17 VwGVG iVm § 77 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird Herr Ing. M P, x, R, verpflichtet, nachstehende Verfahrenskosten zu tragen:
Verwaltungsabgabe gemäß §§ 1 bis 3 Oö. Verwaltungs-
abgabengesetz 1974 iVm Tarifpost 96 lit. a der
Oö. Landesverwaltungsabgabenverordnung 2011
idF LGBl. Nr. 136/2015 für die Prüfung der Anzeige
gemäß § 6 Oö. NSchG 2001 ..................................... 70,00 Euro
Kommissionsgebühren gemäß §§ 1 und 3 Abs. 1 der
Oö. Landes-Kommissionsgebührenverordnung 2013 -
Oö. LKommGebV 2013 für den Lokalaugenschein des
Amtssachverständigen am 26. Jänner 2016
für 2 halbe Stunden (á 20,40 Euro) .................... 40,80 Euro
und für die mündliche Verhandlung am 11. April 2016
für 5 halbe Stunden (á 20,40 Euro) ....................... 306,00 Euro
zusammen somit: ................................................... 416,80 Euro
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2. Dezember 2014, GZ: N10-379-2014, wurde Herrn Ing. M P, x, R, nunmehr vertreten durch B∙B∙M∙R R, x, L, (im Folgenden: Beschwerdeführer), die Ausführung des von ihm angezeigten Vorhabens auf dem Grundstück Nr. x, KG A, G R, ein Auszugshaus zu errichten, untersagt, weil das angezeigte Vorhaben den öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz zuwider läuft. Die Entscheidung wurde von der belangten Behörde zusammenfassend wie folgt begründet:
Durch die Errichtung des Auszughauses sei die Störwirkung als so hoch einzuschätzen, dass es als massiver negativer Eingriff in das Landschaftsbild zu werten und mit dem Gesetzesauftrag zur Erhaltung des Landschaftsbildes nicht in Einklang zu bringen sei. Es entstehe keine optische Einheit der Bebauung, sondern im Gegenteil der Eindruck eines abgesetzten, neuzeitlichen Wohnhauses im landwirtschaftlich genutzten Areal. Es komme dem -hinsichtlich der Lage und Gestalt dominant und auffällig auftretenden- Baukörper auch eine relativ hohe Gewichtung hinsichtlich der Eingriffswirkung im Landschaftsbild zu, nah- und fernwirksam werde sich das Landschaftsbild ästhetisch nachteilig verändern. Die primäre Eingriffswirkung entstehe durch die Errichtung des Wohngebäudes in der offenen Kulturlandschaft. Das gegenständliche Vorhaben liege, wie aus den eingereichten Unterlagen ersichtlich, beinahe zur Gänze im privaten Interesse. Auch ein öffentliches Interesse hinsichtlich der bestehenden Gasleitung (Gefahrenzone; öffentliches Interesse des Energieversorger; sichere Bauführung) sei nicht geeignet die Interessenabwägung zu Gunsten des Anzeigenden zu entscheiden. Die ins Treffen geführten öffentlichen und privaten Interessen des Antragstellers würden gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht überwiegen bzw. seien zumindest nicht gleichwertig.
I. 2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde (eingelangt am 31. Dezember 2014) und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides in eventu die naturschutzrechtliche Bewilligung unter Vorschreibung von Auflagen zu erteilen. Im Wesentlichen wurde begründend Folgendes vorgebracht:
Es sei dem Beschwerdeführer nur eine Frist von ca. 10 Tagen zur Verfügung gestanden, um dem naturschutzfachlichen Gutachten vom 17. November 2014 entgegentreten zu können, weshalb nur eine kurze architektonische Stellungnahme vorgelegt werden konnte. Weiters habe die belangte Behörde betreffend Interessenabwägung die vom Verwaltungsgerichtshof zu Recht eingeforderte Wertung und Gegenüberstellung der einerseits privaten und öffentlichen Interessen am Vorhaben und andererseits der öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz. Es sei nach § 6 Abs. 3 Oö. NSchG 2001 ausreichend, die privaten oder dem Landschaftsschutz widerstreitenden öffentlichen Interessen lediglich glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer plane im Jahr 2019 die Landwirtschaft an seinen Sohn zu übergeben, weshalb ein Auszugshaus benötigt werde um eine reibungslose Hofübergabe sicherzustellen. Überdies sei die Einhaltung eines erhöhten Sicherheitsabstandes von der über die Liegenschaft geführten Gasfernleitung im Interesse der Öffentlichkeit aus Gründen der Sicherheit der Energieversorgung ebenso angezeigt, wie aus dem privaten und öffentlichen Interessen der Sicherheit bei der Bauführung. Die belangte Behörde habe unterlassen, den rechtserheblichen Sachverhalt diesbezüglich ordnungsgemäß zu ermitteln. Zudem habe sich die Amtssachverständige nicht damit auseinandergesetzt, ob es zu einer neuen Prägung des Landschaftsbildes kommen würde. Es sei nicht festgestellt worden, ob tatsächlich durch den Eingriff ein maßgebender Einfluss auf das Landschaftsbild vorliege. Weiters habe die Amtssachverständige sich in keiner Weise mit den bereits bestehenden anspruchsvollen architektonischen Projekten im Nahbereich auseinandergesetzt.
Der Beschwerdeführer habe nach Erlassung des angefochtenen Bescheids ein architektonisches Gutachten zur Frage der Beeinflussung des Landschaftsbildes durch das gegenständliche Bauvorhaben eingeholt. In diesem Gutachten sei ausgeführt, dass das geplante Vorhaben kein Eingriff in den bestehenden Landschaftsraum sei. Die begleitende Bepflanzung und die Dimensionen des Projekts würden eine sinnvolle Einfügung in den Bestand erlauben. Es erfolge keine maßgebliche Veränderung und keine Störung des Landschaftsbildes durch die Struktur einer Streusiedlung mit differenziertem Wechsel zwischen Ackerflächen, Waldstücken, Gehölzzeilen und Gebäuden.
I. 3. Mit Schreiben vom 12. Jänner 2015, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt am 14. Jänner 2015, wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt von der belangten Behörde zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG).
Die belangte Behörde führte in ihrem Vorlageschreiben zusammengefasst aus, dass eine Verlängerung der gesetzten Stellungnahmefrist zu Gunsten des Beschwerdeführers nicht möglich gewesen sei, weil eine gesetzliche 8-Wochen-Frist einzuhalten war. Das vorgelegte architektonische Gutachten vom 29. Dezember 2014 sei nicht geeignet, das der Entscheidung der belangten Behörde zu Grunde gelegte naturschutzfachliche Gutachten in Zweifel zu ziehen. Die gerügten Mängel seien durch die Beschwerde bereits saniert, da ein vollständiges Gutachten eines Privatsachverständigen vorgelegt worden sei. Eine Beschwerdevorentscheidung sei deshalb nicht getroffen worden, da nach Sanierung des Parteiengehörs die inhaltliche Entscheidung wieder bestätigt worden wäre.
I. 4. In weiterer Folge hat der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde ein abgeändertes Projekt zur Vorbegutachtung eingereicht. Der damalige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ersuchte daher mehrmals die erkennende Richterin, mit der Bearbeitung des gegenständlichen Beschwerdefalles solange zuzuwarten, bis ein Ergebnis der Vorprüfung des abgeänderten Projekts vorliege.
Am 19. Juni 2015 erhielt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich von der belangten Behörde die Information, dass nunmehr ein vollständiger Antrag auf Vorbegutachtung samt neuen Plandarstellungen vom Beschwerdeführer eingegangen sei.
Am 18. September 2015 teilte der damalige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers telefonisch mit, dass das „Alternativprojekt“ bei der Vorbegutachtung negativ beurteilt worden sei und deshalb die Beschwerde nicht zurückgezogen werde.
I. 5. Aufgrund des Beschwerdevorbringens sah sich das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich veranlasst, einen naturschutzfachlichen Amtssachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zu konkret vorgegebenen Beweisthemen beizuziehen. Der Gutachtensauftrag erfolgte am 5. Oktober 2015.
I. 6. Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2015, eingelangt am 11. Dezember 2015, gab der Beschwerdeführer einen Vertreterwechsel bekannt und stellte einen Ablehnungsantrag gemäß § 7 iVm § 53 AVG hinsichtlich des vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beigezogenen und beauftragten Amtssachverständigen.
Der Ablehnungsantrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Vorgesetzte des beigezogenen Amtssachverständigen der Bruder des Beschwerdeführers sei. Zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Bruder bestehe schon seit längerer Zeit kein persönlicher Kontakt und deshalb könne das Verhältnis als „getrübt“ bezeichnet werden.
Im naturschutzbehördlichen Anzeigeverfahren habe sich der zunächst bestellte Amtssachverständige unter ausdrücklichem Hinweis auf dessen direkten Vorgesetzten, dem Bruder des Beschwerdeführers, für befangen erklärt und die Behandlung abgelehnt.
Da auch der nunmehr beigezogene Amtssachverständige als Leiter des B L Mitarbeiter der Abteilung U, B u A des A O L und somit der Bruder des Beschwerdeführers als Leiter dieser Abteilung direkter Vorgesetzter sei, läge jedenfalls auch hier eine Befangenheit vor. Ein Ablehnungsantrag sei daher berechtigt.
Der Bruder des Beschwerdeführers nehme eine wesentliche Führungsposition im A L ein und deshalb würde für sämtliche Sachverständige, welche in einem Dienstverhältnis zum L O oder eine Gebietskörperschaft des L O stehen, ein Grund vorliegen, welcher die Unbefangenheit dieser Sachverständigen in Zweifel stelle.
Es wurde daher der Antrag gestellt, eine Person als Sachverständigen auszuwählen, welche in keinem Dienstverhältnis zum L O und einer Gebietskörperschaft des L O steht. Es wurde auf die Liste der Gerichtssachverständigen verwiesen und wurden konkret drei Personen vorgeschlagen.
I. 7. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat mit Beschluss vom 21. Dezember 2015, GZ: LVwG-550417/13/SE, den Ablehnungsantrag als unzulässig mit nachstehender Begründung zurückgewiesen:
„Den Parteien kommt aufgrund der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers kein Recht zur Ablehnung von Amtssachverständigen zu (vgl. dazu VwGH vom 17.9.2009, Zl. 2009/07/0005). Dafür ist nach § 53 Abs. 1 AVG auf amtliche Sachverständige § 7 AVG anzuwenden. Sie haben sich demnach der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung u. a. dann zu veranlassen, „wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unabhängigkeit in Zweifel zu ziehen“ (vgl. dazu Attlmayr, Walzel von Wiesentreu, Sachverständigenrecht, Rz 3.046). Die Befangenheit von Amtssachverständigen ist von Amts wegen wahrzunehmen.
Der Beschwerdeführer wendet ein, dass der beauftragte Amtssachverständige deshalb befangen sei, weil der Bruder des Beschwerdeführers der Vorgesetzte des Amtssachverständigen ist und im naturschutzbehördlichen Verfahren der beigezogene Amtssachverständige sich genau aus diesem Grund selbst für befangen erklärt habe.
Dazu ist festzuhalten, dass nicht alle Amtssachverständigen, deren unmittelbar Vorgesetzter der Bruder des Beschwerdeführers ist, automatisch befangen sein müssen, nur weil ein Kollege sich persönlich als für befangen erklärt. Die Einbindung des Amtssachverständigen in die Amtshierarchie bzw. die Zugehörigkeit zur zuständigen oder einer anderen Behörde und die damit einhergehende grundsätzliche Weisungsbindung ist ein wesentliches Kennzeichen des Amtssachverständigen. Dies vermag für sich allein keine Befangenheit zu begründen (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 53 Rz 5,6).
Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass zwischen ihm und seinem Bruder schon längere Zeit kein Kontakt mehr bestehe, gibt keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Amtssachverständigen zu zweifeln. Zudem können nur eindeutige Hinweise, dass ein Amtssachverständiger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen (vgl. VwGH vom 29.4.2013, Zl. 2013/16/0045).
Überdies ist festzuhalten, dass seine allein auf seiner fachlichen Qualifikation beruhende Begutachtung keinem Weisungsrecht unterliegt (vgl. dazu VwGH vom 19.5.2014, Zl. 2013/09/0054).
Es liegen somit keine sonstigen wichtigen Gründe vor, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit des vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beigezogenen Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz in Zweifel zu ziehen.
Der gegenständliche Ablehnungsantrag war mangels eines Rechtes auf Ablehnung eines Amtssachverständigen als unzulässig zurückzuweisen.“
I. 8. Der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz hat nach Durchführung eines Lokalaugenscheines am 26. Jänner 2016 auszugsweise folgendes Gutachten vom 3. März 2016 abgegeben:
„GUTACHTEN
zum Projekt Errichtung eines Auszugshauses auf dem Grundstk. Nr. x,
KG A, G R,
Bauherr Ing. M P, x, R
[...]
A Grundlagen des Gutachtens
I. Auftraggeber
[...]
II. Gegenstand des Gutachtens
[...]
III. Grundlagen der Beurteilung
1. Auftragsschreiben von [...] vom Oö. Landesverwaltungsgericht vom 05.10.2015 (Geschäftszeichen: LVwG-550417/9/SE/RR)
2. Schriftverkehr in gebundener Form mit folgendem Inhalt It. Aktenverzeichnis
ONr. 1 - 23 zu GZ: N10-379-2014, BH-GM
3. Begründung in gebundener Form samt Impressum von Ing. M P und T P
4. Gutachten in gebundener Form zur Vorlage bei der Baubehörde gemäß § 30 (5) Co. RÜG 1994 erstellt durch Ing. Mag. M R, x, L, vom 26. Juni 2011
5. Raumplanerisches Gutachten in gebundener Form erstellt durch ARCH DI C R, x, M vom 22.12.2014 (im Aktenverzeichnis des Landesverwaltungsgerichtshofes nicht angeführt)
6. Forschungsbericht 285 „Zu den Risiken des Transports flüssiger und gasförmiger Energieträger in Pipelines" von R K, C K, J L, Berlin 2009
IV. Ortsaugenschein
Am 26. Jänner 2016 wurde ein Lokalaugenschein am gegenständlichen Grundstück durchgeführt und im Anschluss daran der Beurteilungsbereich eruiert. In weiterer Folge wurden Fotos (F1 - F24) angefertigt, welche als Beilage A dem Gutachten angehängt werden.
Die gegebenen Witterungsverhältnisse, es lagen eine Bewölkung und weitgehend apere Grundflächen vor, ließen eine ausreichende naturschutzfachliche Prüfung zu.
V. Sachverhaltsdarstellung
[...]
B Befund
1. Allgemeines
Entsprechend den vorliegenden Einreichunterlagen beabsichtigt der Berufungswerber die Errichtung eines Auszugshauses auf dem Grundstück Nr. x, KG A.
Das Planungsgebiet ist weitgehend als ebene Fläche zu bezeichnen, weist keine wesentliche Höhendifferenz auf und erstreckt sich in etwa auf der Höhenschicht 442 m ü. A.
Der geplante Wohnbau wird in der südöstlichen Hälfte des handtuchförmigen Grundstückes situiert und weist zur Grundgrenze der Parzelle Nr. x, KG A einen Abstand von rund 30 m auf. Zur bestehenden Bebauung auf diesem Grundstück weist das Vorhaben einen Abstand von rund 48 m auf.
Die Zufahrt zum Wohngebäude soll über eine befestigte Zufahrtsstraße über das Grundstück Nr. x, KG A von der G-straße W aus erfolgen.
Das zweigeschossige Objekt mit einer maximalen projizierten Außenabmessung von rund 18,80 m auf rund 16,60 m besteht im Erdgeschoß aus zwei rechteckförmigen Kuben, die den Wohntrakt und ein im Norden angebautes Carport samt Erschließungsbereich beinhalten. Beide Baukörperteile stehen orthogonal zueinander. Dem Wohntrakt wird im Süden eine um 77 cm vom geplanten Umgebungsniveau aufgeständerte und an das Erdgeschoß angepasste Terrasse vorgelagert, von der aus der geplante Schwimmteich bzw. Wohngarten über eine Außentreppe erschlossen werden soll. Die Einfahrt in das Carport erfolgt von Osten aus. Das Obergeschoß bildet einen gegenüber dem Erdgeschoß um 90° gedrehten rechteckförmigen Wohnbereich, der über dem Carport bzw. dem Erschließungsbereich und teilweise über dem Wohnbereich zu liegen kommt. Durch diese Anordnung ergibt sich über die Geschoße eine kreuzförmig bebaute Grundrissfläche des Bauwerkes wobei das Obergeschoß im Süden eine Auskragung aufweist.
Zur Abdeckung der einzelnen Bauwerkteile gelangen Flachdächer zur Anwendung, die im erdgeschossigen Teil als begehbare Terrassen genutzt werden können. Als maximale Gebäudehöhe werden 6,52 m über dem Erdgeschoßfußboden angegeben.
Die Außenwände sollen im Obergeschoß durch eine Lärchenschalung hergestellt werden. Im Dachterrassenbereich soll umlaufend eine Geländerkonstruktion angebracht werden. Hinsichtlich der Materialität dieser Konstruktion sind im Projekt keine Angaben enthalten. Dies trifft ebenfalls auf die Fassadengestaltung des Erdgeschoßes zu. Nach der Plandarstellung bzw. nach der gewählten Schraffur dürfte es sich um großformatige Wandtafeln handeln. Grundsätzlich wird hinsichtlich der Fassadengestaltung festgestellt, dass diese bis auf die Nordseite durch großflächige Fensteröffnungen bzw. Glaselemente bestimmt werden.
Aufgefallen ist bei der Durchsicht der Pläne, dass die Zuordnung in den Ansichtsdarstellungen nicht korrekt erfolgte und offensichtlich fälschlicherweise bei unterschiedlichen Darstellungen jeweils zweimal die idente Beschriftung verwendet wurde (Süd-Westansicht und Nord-Ostansicht). Auf Grund der vorhandenen Grundrisse können die Ansichten jedenfalls korrekt zugeordnet werden und gelten diese für die Beurteilung als ausreichend.
Das Planungsgebiet ist mit der Widmungskategorie Grünland (DORIS Abfrage vom 16.02.2016) belegt und ist mit keiner Sternchensignatur gekennzeichnet. Mit Ausnahme der südöstlich anschließenden Parzelle Nr. x, KG A, die als Bauland der Widmungskategorie Dorfgebiet gewidmet ist, wird das Planungsareal (dzt. Wiesennutzung) ausschließlich von landwirtschaftlichen Kulturflächen umgeben. Diese Flächen werden augenscheinlich einer intensiven agrarischen Nutzung zugeführt und darauf überwiegend Ackerbau betrieben. Im Zuge des Lokalaugenscheines waren die Felder mit einer Gründüngung bestellt. Lediglich entlang der westlichen Grundgrenze der gegenständlichen Parzelle ist ein Landschaftselement in Form eines linearen Gehölzzuges bestehend aus Laubgehölzen, Sträuchern und Stauden vorhanden.
In der Beilage A dieses Gutachtens wurde der Beurteilungsbereich mit einer roten Umrandung dargestellt. Der Beurteilungsbereich ist jener Bereich, innerhalb dem das geplante Objekt durch den Durchschnittsbetrachter als maßgeblich wahrzunehmen ist. Zur Veranschaulichung wurde eine Fotodokumentation angefertigt, wobei jeweils ein Sichtbezug vom jeweiligen Standpunkt zum Standort des Bauplatzes hergestellt wurde. Dieser Bereich umfasst den südlichen Siedlungsrand der in einem Abstand von rund 220 m nördlich des Planungsgrundstückes gelegenen Siedlung A (Fotos Nr. F11, F10, F 8, F9) und erstreckt sich in weiterer Folge im Uhrzeigersinn in Richtung Osten entlang der G-straße A (Fotos Nr. F16, F18, F17). Mit zunehmend südlicher Richtung kommt es durch das bestehende Objekt auf dem Grundstück Nr. x, KG A (landwirtschaftliches Anwesen) zu einer Sichtverschattung und ragt der Beurteilungsbereich erst im Süden bis an die L (G-straße) in etwa auf die Höhe des Anwesens x, R (Fotos Nr. F15, F14, F13 ). Von dort erstreckt sich der Beurteilungsbereich entlang dieser Straße bis etwa 150 m vor das Siedlungsgebiet W (Foto Nr. F12). Aus diesem Blickwinkel wird die Sicht durch den vorerst erwähnten linearen Gehölzstreifen bei Belaubung der Bäume (jahreszeitlich bedingt) teilweise eingeschränkt. In weiterer Folge zweigt der Beurteilungsbereich geradlinig in nordöstlicher Richtung hin zum Siedlungsrand von A, dem sogenannten Ausgangspunkt, ab (Foto Nr. F6). Hierbei erstreckt sich der Bereich entlang einer Waldfläche, die südwestlich dieser Siedlung liegt und dem G-hauptort vorgelagert ist.
Im Zuge des Lokalaugenscheines ist aufgefallen, dass die Baufläche im Winter gerade aus südwestlicher Richtung kommend auf Grund der Topografie über sehr weite Distanzen eingesehen werden kann. Als Beispiel wird hierbei die Perspektive aus dem 1 Kilometer entfernten Anwesen x, G R angeführt (Foto Nr. F19). Von einer Aufnahme dieses Bereiches zum Beurteilungsbereich wird auf Grund der großen Distanz und der Tatsache, dass das Objekt im Landschaftsbild eine sehr untergeordnete Rolle spielt, Abstand genommen. Zur Veranschaulichung des rund 20 ha großen Beurteilungsbereiches wurde eine Fotodokumentation erstellt. Überdies wurden zur Verdeutlichung des Sichtbezuges zur Baufläche bzw. zum Nachbarobjekt weitere Aufnahmen angefertigt (Fotos Nr. F4, F5, F7, F20, F21, F22, F23, F24). Der jeweilige Standpunkt und die Blickrichtung sind in der Beilage A ersichtlich.
Die Fotos Nr. F1, F2 und F3 zeigen die Baufläche und ist dabei ersichtlich, dass auf dem Grundstück bereits Streifenfundamente mit Fundamenterde im Ausmaß von rund 7 m x 7 m und einer mittig angeordneten Teilung errichtet wurden. Diese Fundamente sind zum Teil eingewachsen.
Aus der Untersuchung des Beurteilungsbereiches geht hervor, dass sich die Großräumigkeit daraus ergibt, dass einerseits das Gelände als ziemlich eben zu bezeichnen ist und im Allgemeinen wenig bewegt ist. Andererseits weist der Beurteilungsbereich mit Ausnahme der auf dem Grundstück Nr. x KG A befindlichen Gebäude keine bauliche Vorbelastung auf. Die nächstgelegenen Wohnobjekte in den Ortschaften weisen eine Entfernung von rund 230 m zum beantragten Baufeld auf. Diese Abstände lassen keine Zuordenbarkeit zum geplanten Objekt zu.
Die bestehende südöstlich liegende Liegenschaft besteht aus einem bogenförmigen Wohngebäude mit einer steilen Pultdachabdeckung sowie einem schräg dazu im Norden ausgerichteten rechteckförmigen Gebäude, das im Vergleich zum Hauptgebäude augenscheinlich, wenn auch in diesem in der Südostfassade große Glasflächen integriert sind, eine untergeordnete Bedeutung aufweisen dürfte (Fotos Nr. F20 und F24). Nordwestlich befindet sich ein über mindestens 2 Geschoße ragendes Holzgebäude, das einen kleinen annähernd quadratischen Grundriss aufweist und mit einem Satteldach abgedeckt ist. An den Außenwänden aus Holz springen zum Teil kleine balkonähnliche Bauteile hervor (Fotos Nr. F1 und F24). Nördlich, westlich und östlich dieser Baukörper befinden sich einige hochstämmige Obstbäume. Auch ist eine Zuordenbarkeit des Auszugshauses zu dieser Liegenschaft auf Grund der deutlich abgesetzten Lage (rund 48 m abgesetzt) nicht möglich.
2. Rechtliche Grundlage
[...]
Gebäude: überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene Bauwerke, die von Personen betreten werden können;
Diesbezüglich wird das Wohnhaus inklusive Carports beurteilt. Im Lageplan ist südöstlich des Wohnhauses ein Rechteck mit einer rotbraunen Farbgebung dargestellt. Ob es sich dabei um ein Bauwerk oder Gebäude oder Schutzdach handelt, kann mangels der fehlenden Darstellung in den Grundrissplänen bzw. Ansichten nicht eruiert werden und fließt in die Beurteilung nicht ein.
[...]
Grundlage bietet der Einreichplan samt den relevanten Ansichtsplänen.
[...]
Landschaftsbild: Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und In der Luft;
Diesbezüglich wird festgehalten, dass als Beurteilungsbereich jener Bereich gewählt wurde innerhalb dem das geplante Objekt durch den Durchschnittsbetrachter als maßgeblich wahrzunehmen ist. Die Vogelperspektive, von der aus sich ein weitaus größerer Beurteilungsbereich ergeben würde, wurde nicht untersucht.
[...]
C Gutachten
Auf Grund der rechtlichen Rahmenbedingungen und der tatsächlichen Gegebenheiten wird nachstehend zu folgenden Fragen gutachterlich Stellung genommen:
Frage 1: Befinden sich die im angefochtenen Bescheid unter I. des Spruches angeführten Maßnahmen (im Folgenden kurz „Maßnahmen") im Grünland und außerhalb einer geschlossenen Ortschaft oder auf einer Grundfläche mit Sternchensignatur?
Ja, die Maßnahmen befinden sich im Grünland und sind mit keiner Sternchensignatur im Flächenwidmungsplan gekennzeichnet.
Eine geschlossene Ortschaft liegt nicht vor. Das Areal weist keine größere Ansammlung an Bauten auf und befindet sich lediglich im Abstand von rund 48 m südöstlich des geplanten Standortes die nächste Bebauung (Wohnhaus samt landwirtschaftlichem Gebäude). Diese Anlage ist jedenfalls als Einzelansiedelung zu werten.
Frage 2: Erfüllen die gegenständlichen Objekte die Kriterien des Gebäude-begriffes gemäß § 2 Oö. Bautechnikgesetz 2013 (überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene Bauwerke, die von Personen betreten werden können)?
Ja, gem. § 2 Oö. Bautechnikgesetz 2013 erfüllt das Objekt den Gebäudebegriff. Das Gebäude dient einerseits zur Wohnnutzung und andererseits als Carport und kann von Personen betreten werden. Zudem handelt es sich um ein überwiegend umschlossenes Bauwerk.
Frage 3. a) bis 3. c):
a) Werden durch die Maßnahmen
- der Naturhaushalt (§ 3 Z 10 Oö. NSchG 2001) und/oder
- die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz und Tierarten (welche Arten, Gefährdungsgrad, Bedeutung für den konkreten Standort) geschädigt und/oder
- der Erholungswert der Landschaft (konkrete Erholungsfunktion des gegenständlichen Landschaftsraumes oder Eignung des Landschaftsraumes, Erholungsressource oder Erholungsreserve) beeinträchtigt und/oder
- das Landschaftsbild gestört (§ 3 Z 2 Oö. NSchG 2001). Beschreiben Sie bitte das Landschaftsbild mit und ohne geplanten Vorhaben!) Setzen Sie dann die sich ergebenden unterschiedlichen Landschaftsbilder zueinander in Beziehung! Stellen Sie fest, ob bereits Eingriffe vorgenommen wurden! Konsenslose Eingriffe sind nicht in die Beurteilung einzubeziehen, jedoch darzustellen, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderlaufen? Stellen Sie auch die Intensität der Schädigungen, Beeinträchtigungen bzw. Störungen dar.
b) Ist die Schädigung, Beeinträchtigung oder Störung der unter 3. a) genannten Schutzgüter so erheblich, sodass das Ziel des Oö. NSchG 2001, die heimische Natur und Landschaft in ihren Lebens- und Erscheinungsformen zu erhalten (öffentliches Interesse am Natur- und Landschaftsschutz), beeinträchtigt wird?
c) Bei Bejahung von Frage 3. b) stellen Sie bitte eingehend das Gewicht dieser Schädigung, Beeinträchtigung oder Störung dar!
Offensichtlich handelt es sich beim gegenständlichen Grundstück sowie bei dem überwiegenden Teil der umliegenden Grundstücke um Böden mit guter Bonität und werden daher diese einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung in Form von Ackerbau zugeführt. Bei den gegenständlichen Grundflächen handelt es sich augenscheinlich um keine ökologisch wertvollen Flächen. Lt. DORIS (Abfrage vom 16.02.2016) werden auch keine ausgewiesenen Schutzgebiete berührt.
Auch konnte im Zuge des Lokalaugenscheines nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Bauareal um Grundflächen handelt, die einen Übergangsbereich zwischen zwei verschiedenen Ökosystemen darstellen. Bei derartigen Systemen spricht man von sogenannten Ökotonen, die sich im Allgemeinen durch artenreiche aneinanderstoßende Lebensräume auszeichnen und naturschutzfachlich bzw. ökologisch als wertvolle Nischen mit vielfältigen ökologischen Funktionen gelten.
Diesbezüglich wird festgehalten, dass durch eine Bebauung keine nachteiligen Auswirkungen auf den Naturhaushalt und die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz und Tierarten auftreten werden.
Hinsichtlich des Erholungswertes der Landschaft muss festgestellt werden, dass sich der Beurteilungsbereich rund 700 m südöstlich des Gemeindehauptortes befindet und bis an die nördliche Siedlung A ragt. Sind auch keine Erholungsanlagen oder Wanderwegnetze im Beurteilungsbereich bekannt, so gelten Waldenklaven und deren Waldrandzonen grundsätzlich als beliebtes Naherholungsgebiet, noch dazu wenn sie sich wie im gegenständlichen Fall im Nahbereich zum Gemeindehauptort befinden. Unmittelbar negative Auswirkungen in ökologischer Hinsicht auf diese Zonen sind durch eine Bebauung des Areals nicht zu entarten, sondern wird durch eine Bebauung vielmehr eine gravierende Störung des Landschaftsbildes verursacht. Wie aus dem Beurteilungsbereich ableitbar, handelt es sich um einen mit Ausnahme des bestehenden Objektes südöstlich des geplanten Standortes weitgehend unbelasteten Naturteilraum.
Für die Beurteilung von Bauvorhaben im Grünland wird der qualitative ästhetische Funktionsverlust über die Eingriffserheblichkeit in dem jeweiligen landschaftlichen Umfeld definiert. Die Eingriffserheblichkeit wird dabei aus dem Wirkungszusammenhang zwischen landschaftsästhetischer Wertigkeit (Sensibilität) und der durch das Vorhaben bedingten Eingriffsintensität abgeleitet.
Die Sensibilität wird als umso höher angenommen, je höher die Dichte und Vielfalt von natürlichen Landschaftselementen im betrachteten Landschaftsteilraum ist. Eine ausgeprägte Überprägung und Versiegelung durch Baulandnutzung und Infrastruktur wird als wertmindernd, eine Ausstattung der Landschaft mit Einrichtungen der erholungsspezifischen Infrastruktur als wertgebend berücksichtigt (Erholungswert).
Die Eingriffsintensität resultiert im Wesentlichen aus den Eigenschaften des Standortes und des Vorhabens.
Für die Feststellung der Eingriffserheblichkeit sind beide Faktoren zu werten, wobei jeweils die Unterteilung in einer vierstufigen Skala erfolgt (gering, mittel, hoch, sehr hoch), und im Anschluss daran zusammenzuführen.
Zur Veranschaulichung kann die unten stehende Tabelle herangezogen werden:
Ermittlung der Sensibilität:
Die Landschaft im Beurteilungsbereich weist großteils eine landwirtschaftliche Nutzung auf und kennzeichnet sich durch ihre Weitläufigkeit und Offenheit. In der Urmappe (lt. DORIS) ist erkennbar, dass sich in der Vergangenheit die Bewirtschaftungsform maßgeblich geändert hat und die ursprüngliche Kleinstrukturiertheit der Landschaft aufgegeben wurde. Vereinzelt wird der Beurteilungsbereich dabei mit Landschaftselementen in überwiegend linearer Ausformung durchzogen. Im Bereich der Siedlungen und Dörfer sind noch Reste der früher obstbaumreichen Kulturlandschaft erkennbar. Eine bauliche Vorbelastung in Form von Bauwerken aber auch im Landschaftsbild erkennbaren oberirdisch geführten Freileitungen oder infrastrukturellen Anlagen, wie z. B. hochrangige Straßen, ist bis auf die südöstlich liegende Liegenschaft nicht vorhanden, sodass von einem nahezu unberührten Naturteilraum gesprochen werden kann. Die vorhandene Liegenschaft stellt bereits derzeit einen erheblichen Eingriff im Landschaftsbild dar, da diese völlig abgesetzt von den übrigen Siedlungsgebieten errichtet wurde und eine solitäre Stellung im Landschaftsbild einnimmt. Zusätzlich weist der bestehende Baukörper eine für den ländlichen Raum unübliche Bauform auf, durch diese die Eingriffsintensität in einem ausschließlich agrarisch genutzten Raum durchaus für einen Betrachter im öffentlichen Raum verstärkt wird.
Die Eigenart der Landschaft im Beurteilungsbereich als auch im umgebenden Naturteilraum liegt auch darin, dass im Großen und Ganzen von einem geringen Zersiedelungsgrad gesprochen werden kann und sich die Bebauung meist in dörflichen Strukturen abspielt. In Summe betrachtet kann daher von einem Gebiet ausgegangen werden, das eine hohe Sensibilität aufweist.
Ermittlung der Eingriffsintensität:
Durch die topografischen Gegebenheiten weist der Standort eine erhebliche Fernwirksamkeit auf. Dies geht auch aus der Größe des Beurteilungsbereiches hervor. Die Zuordenbarkeit zu Siedlungsräumen geschweige denn zu baulichen Anlagen im Nahbereich fehlt zur Gänze und muss daher von einer Alleinlage ohne jeglichen visuellen Verband mit anderen Gebäuden gesprochen werden. Auch wird mit dem Gebäude von der vorhandenen G-straße abgerückt und ist nur durch eine lange Zufahrtsstraße, welche über eine zweite Parzelle führt, aufgeschlossen.
Die Aufnahmen zeigen den Gebäudebestand und die landschaftliche Umgebung. In den Aufnahmen sind die benachbarten Landschaftsräume in ihrer Schönheit zu erkennen und ist daraus ersichtlich, dass jedes geplante Gebäude innerhalb des Beurteilungsbereiches außerordentliche Wirkung auf das umgebende Landschaftsbild ausüben wird. Diese Tatsache wird dadurch verstärkt, dass sich zwar die einzelnen Geschoße durch eine baukörperliche Klarheit auszeichnen, jedoch die kreuzweise Überlagerung inklusive den Auskragungen und dem Glasflächenanteil eine erhebliche Wirkung im Landschaftsbild verursachen. Zudem ist im Allgemeinen die gewählte Formensprache als strukturfremd zu bezeichnen und wendet sich auch deutlich von der bestehenden Liegenschaft ab.
Hinzu kommt, dass dem Baukörper im Südwesten eine großzügige Terrasse samt großflächigem Schwimmteich vorgelagert werden soll. Die Terrasse soll dabei aufgeständert werden und über das Umgebungsniveau ragen, wodurch die Eingriffswirkung nochmals in der sonst weitgehend ebenen Landschaft verstärkt wird. Trotz der geplanten Gartengestaltung mittels einzelnen Bäumen und einer Blumenwiese wird es zu einer großen anthropogenen Flächeninanspruchnahme kommen, die zu einer starken künstlichen Überformung der Landschaft führt, die bis dato im Beurteilungsbereich nicht gegeben ist.
Zudem muss auch festgestellt werden, dass durch die Errichtung den allgemein gültigen Grundsätzen des Natur- und Landschaftsschutz zur Vermeidung einer Zersiedelung widersprochen wird. Im gegenständlichen Fall verstärkt sich dieser Eindruck bereits allein durch die Tatsache, dass das Gebäude von der vorbeiführenden Straße abgerückt wird und sich die geplante Bebauung in Verbindung mit dem Baubestand zeilenartig und orthogonal zur Erschließungsstraße ausgerichtet in den reinen agrarischen Kulturraum erstreckt, sodass durchaus der Effekt der Zerschneidung der Landschaft auftritt. Aus diesen Überlegungen heraus muss das Maß der Eingriffsintensität als sehr hoch eingestuft werden.
Bei der Verknüpfung beider Parameter analog zur oben dargestellten Tabelle ergibt sich, dass in Summe von einer sehr hohen Eingriffserheblichkeit ausgegangen werden muss und die Ziele des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 beeinträchtigt werden.
Frage 3. d): Wären Auflagen, Bedingungen oder Befristungen notwendig, um Schädigungen, Beeinträchtigungen bzw. Störungen auszuschließen oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken? Wenn ja, bitte ich Sie um eine konkrete Formulierung dieser Nebenbestimmungen.
Da durch das gegenständliche Vorhaben die primäre Eingriffswirkung auf Grund der Standortwahl resultiert (offene Kulturlandschaft, deutlich abgesetzte Lage), kann die Störwirkung nicht durch Maßnahmen bzw. Auflagen, Bedingungen oder Befristungen entschärft werden, damit den Zielsetzungen des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 entsprochen werden könnte.
Zusammenfassung:
Durch das geplante Vorhaben sind negative Auswirkungen auf das Landschaftsbild zu erwarten und kann im Grunde das naturschutzfachliche Gutachten vom 17. November 2014 von [...] (Geschäftszeichen N10-379-2014) bestätigt werden.“
I. 9. Das Gutachten des Amtssachverständigen wurde dem Beschwerdeführer sowie der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG in Wahrung des Parteiengehörs mit Schreiben vom 8. März 2016 zur Kenntnis gebracht und ihnen gleichzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Der Beschwerdeführer legte einen Auszug aus dem Planungsprojekt „A Gewerbegebiet P zur W-autobahn x L O (L), Fassung vom 19.6.2013, und das Gutachten „Sachverständigengutachten, Zur Beurteilung der Eingriffswirkung eines Auszugshauses auf das Landschaftsbild, gem. OÖ.NSCHG“, verfasst von Frau DI Dr. O L, allgemein beeidete gerichtliche Sachverständige für Landschaftsgestaltung, Bodenschutz & Landschaftspflege (Landschaftsökologie), Ökologie und Naturschutz, vor.
In seiner Stellungnahme führte der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, dass das Gutachten nicht schlüssig sei, weil es zur Tabelle der Sensibilitätsermittlung keine Quellenangabe und keine referenzierende Wertermittlung gäbe. Weiters erfahre die Wahrnahme des Landschaftsraumes keine funktionale Störung und auch die Eignung der Landschaft zur Erholungsnutzung sowie die Kulturlandschaftsidentität würden nicht beeinträchtigt. Es zeige sich aber sogar auf einem vom Amtssachverständigen beigefügten Foto, dass eine Starkstrom-Freileitung vorhanden sei.
Ferner liege seit 2013 ein A vor. Dieses sei wesentlich zu berücksichtigen. Bei dieser Spange werde mit 900 Fahrzeugen pro Tag gerechnet. Der Abstand des gegenständlichen Grundstückes betrage zur geplanten Trasse lediglich 60 bis 70 Meter.
Es werde negiert, dass die Siedlungsränder durch sehr markante, zeitgemäße (individueller Baustil) Wohngebäude geprägt seien sowie dass auch das Hauptgebäude eine unübliche Bauform im ländlichen Raum aufweise.
Für das Obergeschoss des Haupthauses sei eine Holzbeplankung vorgesehen. Der Landschaftsraum sei praktisch vollständig anthropogen überformt. Die Gehölzpflanzungen würden einen landschaftlichen Einbindungseffekt erzielen. Durch die Erhaltung des Heckenzuges sowie des Baumbestandes habe der Beschwerdeführer Störungen des Landschaftsbildes hintangehalten.
Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten vom 6. April 2016 lautet auszugsweise wie folgt:
„Sachverständigengutachten
Zur Beurteilung der Eingriffswirkung eines Auszugshauses
auf das Landschaftsbild
gem. OÖ.NSCHG
[...]
Landschaftsbild und Raumgliederung
[...]
Insgesamt handelt es sich um ein Landschaftsbild, das einer intensiven anthropogenen Überformung unterlegen ist und somit nur mehr rudimentär naturnahe Landschaftselemente aufweist.
Erholungsfunktion
Intensive, weit gehend ausgeräumte Agrarlandschaften wie im vorliegenden Fall, weisen keinen überregionalen Erholungswert auf. Die spiegelt sich auch im geringen Freizeitangebot (Wanderwege, Aussichtspunkte) wieder. Es ist zunächst nur von einem minimalen Erholungswert der Kulturlandschaft für die ortsansässige Bevölkerung (Spaziergänge, Radausfahrten, u.ä. im Wohnumfeld) auszugehen.
Sichtbeziehungen
[...]
Von Standort 1, der am Anwesen vorbeiführenden Straße von W nach A, zeigt sich der geplante Bauplatz als zweiseitig sichtgeschützter Bereich. Durch die Lage hinter dem Hauptgebäude mit hochstämmigen Obstbäumen ist er von der Straße aus erst sehr weit im Osten einsehbar.
Von Standort 2 (gemeint ist Standort 3), südlich der Ortschaft W an der L fällt der Blick auf das bestehende Hauptgebäude. Markant in Erscheinung tritt dabei aber auch der dominante Landschaftsbild prägende Heckenzug. Der Baumbestand hinter dem Haus überragt dieses einerseits und lenkt andererseits den Blick im dahinterliegenden Landschaftsbereich. Unterhalb des Kronenbereiches zeigt sich der durchscheinende Horizont. Etwas weiter nördlich ist der Heckenzug auch bereits im Winterzustand so dicht, dass ein Durchblick nicht mehr möglich ist.
Von Standort 3 (gemeint ist Standort 2), an der Straße von der Ortschaft A nach R ist eine Sichtverbindung zum gegenständlichen Areal nicht möglich, da die Ortsbebauung und anschließend ein kleinflächiges Waldstück dazwischen liegt.
Von Standort 4, im Bereich des südöstlichen Ausläufers der L scheinen im Winterzustand die Bebauung in der Ortschaft A und die landwirtschaftlichen Kulturen durch die Hecke. In belaubtem Zustand bildet die Hecke jedoch eine vollständige Abschirmung zur dahinterliegenden Landschaft.
Die im Naturschutzverfahren ebenso relevante Luftperspektive zeigt die anthropogene Überprägung der Landschaft. Land- und forstwirtschaftliche Intensivnutzung, Verkehrsinfrastruktur und Siedlungsareale sind die bestimmenden Landschaftsmerkmale.
Wahrnahme des Landschaftsbildes
Das Landschaftsbild ist jenes Bild, das sich der Mensch von einer Landschaft aufgrund verschiedener Einflüsse und Prägungen macht. Es handelt sich dabei um eine natürliche Ressource, die dem Wertewandel der Gesellschaft unterliegt. Als Maßstab für das Landschaftsbild dient der Gestaltreichtum einer Landschaft. Dieser definiert sich aus seiner Reliefenergie, der Vielfalt, der räumlichen Anordnung und dem Wechsel der landschaftlichen Strukturelemente (Randeffekte).
Naturnahe Aktivitäten wie Spazierengehen oder Baden in offenen Gewässern, aber auch Naturbeobachtungen, aber auch naturferne Landschaftsnutzungen wie Verkehrsteilnahme, stellen unterschiedliche Ansprüche an die Landschaft. Für alle diese unterschiedlichen Aktivitäten wird aber das visuelle Erleben von Landschaft gleich eingestuft. [...]
Häufig wird die „Wahrnehmung des Landschaftsbildes“ dem Teilbereich des Sehens zugeordnet. Tatsächlich werden jedoch drei Wahrnehmungsebenen (Gareis-Grahmann, 1993) angesprochen:
Räumliche Orientierung und Steuerung der eigenen Fortbewegung - dies sind Anbindungs- und Verbindungsfunktion, Einbindungsfunktion (Abschätzung von Entfernungen), Gliederungsfunktion (ob und wie gelangt man an einen bestimmten Ort). Das Bedürfnis nach Schönheit, Ordnung und Harmonie wird angesprochen.
Erkennen von Gegenständen und Verzeichnissen in ihrer Bedeutung für das Handeln - diese stützt sich auf die Funktion des Raumes für den Naturhaushalt (Warenannahme von Bildbotschaften die ökologische Qualität vermitteln), sowie seine kulturhistorische Funktion (die Geschichte des Raumes und die Lebensweise der Menschen wird wahrgenommen).
Steuerung der sozialen Kommunikation - dies ist die Erlebnisraumfunktion (Begehbarkeit/Zugänglichkeit, Vielfältigkeit), die Beziehung Raumfunktion (Blickachsen) und die Lebensraumfunktion (hier werden auch indirekte Störfaktoren wie Geruch und Lärm wahrgenommen)
Angewandt auf das projektgegenständliche Gebiet werden die Wahrnehmungsebenen basierend auf den vorab dargestellten Sichtbeziehungen analysiert.
Ø Räumliche Orientierung und Steuerung der eigenen Fortbewegung: hier wirken sich Randeffekte besonders aus. Markanteste Randeffekte innerhalb des Landschaftsausschnittes, welche Orientierung im Raum ermöglichen, sind die Siedlungs- und Waldränder. Die Ebene der Agrarlandschaft wird dadurch immer wieder unterbrochen und ermöglicht Orientierung im Landschaftsraum. Zu diesen Elementen zählt aber auch das Bestandsgebäude, ebenso wie die begleitende Gehölzkulisse mit Bäumen und Sträuchern. Landschaftserlebnis ist, aufgrund der Straßenerschließung problemlos möglich.
Ø Erkennen von Gegenständen und Ereignissen in ihrer Bedeutung für das Handeln: Die Kulturlandschaft signalisiert klar die nutzungsbedingte Landschaftsentwicklung. Überwiegend anthropogene, aber auch natürliche Elemente fungieren als Identifikation der Raumnutzung. So werden die Siedlungen als landschaftsentkoppelt, individuell geprägte Wohnbereiche wahrgenommen. Die Agrarlandschaft signalisiert intensive Bodennutzung. Die naturnahen Gehölzstrukturen, aber auch die Obstbaumwiesen vermitteln ökologische Qualität, lenken den Blick auf sich und beruhigen ihn.
Ø Steuerung der sozialen Kommunikation: Die Erlebnisraumfunktion einer Landschaft kann nur durch Begehbarkeit, Befahrbarkeit und Bespielbarkeit zum Tragen kommen. Von besonderer Aktivität für Erholungssuchende sind nach Angaben mehrerer Autoren Randeffekte, dass sie als Leitlinien fungieren (vgl. dazu Gareis-Grahmann, S. 60). Dazu zählen einerseits die bereits angeführten Siedlungs- und Waldränder, aber auch die Straßen. Die Zugänglichkeit des Landschaftsraumes aufgrund der Erschließung und der Wohngebietswidmungen ist gut, der Erholungswert wie bereits angeführt gering. Ein wichtiger Faktor ist auch die Vielfalt der Landschaft. Diese ist im zu beurteilenden Landschaftsausschnitt gering. Die gegenständliche Liegenschaft wirkt hier eindeutig als bereicherndes Element. Soziale Kommunikation ist Landschaftsraum aufgrund der intensiven Landnutzung und fehlender Freizeitinfrastruktur kaum möglich.
[...]
Gutachten
[...]
Auswirkungen der Errichtung des Auszugshauses auf das Landschaftsbild
Die Beurteilung funktionaler Störungen des Orts- und Landschaftsbildes erfolgt ausgehend von den vorhandenen Sichtbeziehungen im gegenständlichen Landschaftsausschnitt.
Der Begriff Landschaftsbild ist definiert als die „mental verarbeitete Summe aller sinnlichen Empfindungen der realen Landschaftsgestalt von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und aus der Luft“ (Naturschutz-Begriffsdefinitionen, VwGH-Erkenntnis). Es stellt sich somit die Frage, wann es zu einer objektiv nachhaltigen und maßgeblichen Störung des Landschaftsbildes kommt. Denn nicht jede Veränderung der realen Landschaftsgestaltung im Sinne obiger Definition ist automatisch als maßgebliche Störung zu beurteilen.
GAREIS-GRAHMANN (1993) spricht in diesem Zusammenhang von „ästhetischer Stabilität“, d.h. der anzustrebende Zustand eines Landschaftsbildes soll - trotz Errichtung des Vorhabens - weiterhin die Qualität der verschiedenen Wahrnehmungsebenen in gleicher Weise sicherstellen. Andernfalls führt das Vorhaben zur Beeinträchtigung des Landschaftsbildes.
Der gegenständliche Kulturlandschaftsraum ist nur gering mit Grünstrukturen durchsetzt. Sie sind wichtige Leitstrukturen bei der Orientierung im Landschaftsraum. Als Gefährdungspotenzial wird im NaLa die Entfremdung der Wohnbevölkerung von der Landwirtschaft wegen sinkender Anteile der landwirtschaftlichen Bevölkerung genannt. Diesem Argument kann aus fachlicher Sicht auch gefolgt werden, dass Siedlungsentwicklung weitgehend entkoppelt von der Landschaftsentwicklung erfolgt. Unter diesem Aspekt ist die Errichtung des Auszugshauses zu betrachten. Beim gegenständlichen Vorhaben hingegen handelt es sich um ein Bauwerk das ein Ergänzungsobjekt zur landwirtschaftlichen Betriebsstätte im Sinne des Raumordnungsgesetzes darstellt.
Bewertung der Wahrnehmungsebenen bei Projektrealisierung
[...]
Das Vorhaben kann zu folgenden Veränderungen im Landschaftsraum führen:
Starke positive Veränderung
Leichte positive Veränderung
Keine Veränderung
Leichte negative Veränderung
Starke negative Veränderung
Ø Räumliche Orientierung und Steuerung der eigenen Fortbewegung - [...]: die Errichtung des Auszugshauses führt zu keiner ökologischen Veränderung der Bestandssituation. Das Hauptgebäude sowie die begleitenden Bäume und der Heckenzug bleiben im Zuge der Gebäudeerrichtung unbeeinträchtigt. Das Gebäude stellt eine Ergänzung einer Bestandssituation dar. Das Hauptgebäude und die Hecke schirmen das Objekt an zwei Seiten ab. Die Sichtbeziehungen des Landschaftsausschnittes werden dadurch nicht verändert. Da auch derzeit zahlreiche anthropogene Elemente räumliche Orientierung ermöglichen, kann das Gebäude als weitere Orientierungshilfe dienen. Zahlreiche weithin sichtbare Wohngebäude der Siedlungsränder bewirken eine Vertrautheit derartiger Bauwerke in der Landschaft, weshalb keine Störung dieser Wahrnehmungsebene im Landschaftsausschnitt zu erwarten ist. Die Sichtbarkeit des Gebäudes ist nur vom Siedlungsgebiet A und aus nördlicher Richtung vom Waldrand aus gegeben. Durch die Einbettung in die Bestandskulisse kommt es jedoch zu keiner Änderung der räumlichen Orientierung, da Anbindung- und Verbindungsfunktion nicht gestört werden. Diese Wahrnehmungsebene unterliegt somit bei Realisierung des Vorhabens keiner nachteiligen Veränderung, weshalb sich daraus kein maßgeblicher Eingriff gemäß laufender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ableiten lässt.
Ø Erkennen von Gegenständen und Ereignissen in ihrer Bedeutung für das Handeln - [...]:Die Kulturlandschaftskulisse bleibt auch nach Errichtung des Bauwerkes ungestört erhalten und damit auch die damit verbundenen Bildbotschaften. Die agrarische intensive Nutzung wird in keiner Weise gestört. Aus zwei Perspektiven (Standort 1 und 2) werden die bestehenden ökologische Elemente durch das Bauwerk in der Wahrnehmung zwar überlagert, jedoch führen die Dominanz des Bestandsgebäudes und der weiterführende Verlauf des Heckenzuges zu einer Abschwächung, da sich eine Einbettungssituation ergibt. Darüber hinaus ist es als nutzungsbedingtes Objekt identifizierbar und kann in diesem Sinne das Haus auch als Identifikator der Raumnutzung fungieren. Entlang der L (Standort 3 und 4) wird der Neubau aus südlicher Richtung kommend durch das Hauptgebäude und den Obstbaumbestand abgeschirmt. Aus Blickrichtung R wird das Gebäude der Heckenzug etwas überragen, die bisherige Landschaftsstruktur Wetter durch jedoch nicht verändert. Da der Gehölzbestand erhalten bleibt und die Baufläche keinen besonderen ökologischen Wert zeigt, kommt es somit zu keiner Veränderung im Naturhaushalt. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass es zu keiner maßgeblichen Veränderung dieser Wahrnehmungsebene kommt.
Ø Steuerung der sozialen Kommunikation - [...]:Die Begehbarkeit des Landschaftsteilraumes wird nicht eingeschränkt. Die Agrarstruktur bleibt, ebenso wie die Lebensraumfunktion für Organismen, in unveränderter der Weise erhalten, wie dies auch der Regionsbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz feststellte. Die Errichtung des Gebäudes in der geplanten Form führt also zu keinen maßgeblichen Einschränkungen dieser Funktionen. Die Zugänglichkeit der Landschaft bleibt bei Realisierung des Vorhabens unverändert. Das Bauwerk wird aufgrund der zweiseitigen Abschirmung nur im Nahbereich den Blick auf sich ziehen. Im Landschaftsraum werden daher Blickbeziehungen praktisch nicht verändert. Da, wie im Befund ausgeführt, der Landschaftsraum eine hohe Wohnnutzung aufweist, wird das Gebäude, insbesondere in Nachbarschaft zum architektonisch markanten Hauptgebäude, als landschaftstypisches Kulturlandschaftselement wahrgenommen werden. Es ist somit zu erwarten, dass es zu keiner nachteiligen Veränderung der bisherigen sozialen Kommunikation kommt. Die Erholungsfunktion der Landschaft wird durch das Objekt weder beeinträchtigt noch verbessert. Bei Projektrealisierung ist somit zu erwarten, dass es zu keiner Veränderung der Wahrnehmungsebene kommt.
Ästhetisch stabil im Sinne der Methodik, ist ein Landschaftsbild, wenn keine der Wahrnehmungsebenen durch das Vorhaben beeinträchtigt wird und wenn keine der Wahrnehmungsebenen eine Verschlechterung erfährt. Nur bei starker Verschlechterung einer Wahrnehmungsebene oder aber bei leichter Verschlechterung von zwei oder aller Wahrnehmungsebenen ist die ästhetische Stabilität der Landschaft nicht mehr gegeben und das Vorhaben abzulehnen.
Da die Wahrnehmungsebenen durch das Vorhaben keine negative Veränderung erfahren, ist somit von keiner nachteiligen und maßgeblichen Landschaftsbildveränderung auszugehen. Die Wahrnahme des Landschaftsraumes erfährt keine funktionale Störung und auch die Eignung der Landschaft zur Erholungsnutzung, sowie die Kulturlandschaftsidentität werden durch das beantragte Auszugshaus nicht beeinträchtigt.
Das Gutachten des Regionsbeauftragten für Natur und Landschaftsschutz ist somit nicht schlüssig und kann aus fachlicher Sicht nicht nachvollzogen werden. Zur Tabelle der Sensibilitätsermittlung gibt es keine Quellenangabe, aber auch keine referenzierende Wertermittlung. Somit ist die Beurteilung der Sensibilität des gegenständlichen Landschaftsraumes nicht plausibel. Es wird beispielsweise ein nahezu unberührter Naturteilraum festgestellt. Begründet wird dies mit der Tatsache dass keine infrastrukturellen Anlagen vorhanden sind. Auch die nach Aussage des Gutachters für den ländlichen Raum unübliche Bauform des geplanten Gebäudes. Dabei wird jedoch negiert, dass die Siedlungsränder durch sehr markante, zeitgemäße (individueller Baustil) Wohngebäude geprägt sind, und auch das Hauptgebäude bereits eine unübliche Bauform im ländlichen Raum aufweist. Auch die Beurteilung der Eingriffserheblichkeit aufgrund „großer anthropogener Flächeninanspruchnahme“ kann nicht nachvollzogen werden, da der Landschaftsraum praktisch vollständig anthropogen überformt ist. Die einzigen als naturnahe zu bezeichnenden Elemente sind der Heckenzug und die Obstbaumwiesen. Widersprochen werden muss auch der Beantwortung der Frage nach eingriffsmindernden Begleitmaßnahmen. Wie im Gutachten der Unterfertigten dargestellt, würden Gehölzpflanzungen sehr wohl einen landschaftlichen Einbindungseffekt erzielen, da auch der Bestand in diesem Sinne wirksam ist.
Schlussfolgerung
Die Ausführung des Gebäudes muss jedenfalls auch im Zusammenhang mit dem Hautgebäude betrachtet werden. Durch die niveaugleiche Lage des Bauobjektes und die Einbettung in eine Bestandssituation werden Sichtbeziehungen kaum unterbrochen. Der Landschaftsraum weist eine hohe Wohnnutzung auf. Dadurch wird das Gebäude, insbesondere in Nachbarschaft zum architektonisch markanten Hauptgebäude, als Kulturlandschaftselement Wohngebäude wahrgenommen werden. Die Agrarstruktur bleibt, ebenso wie die Lebensraumfunktion für Organismen (Naturhaushalt), in unveränderter Weise erhalten.
Da die Wahrnehmungsebenen durch das Vorhaben keine negative Veränderung erfahren, ist somit von keiner nachteiligen und maßgeblichen Landschaftsbildveränderung auszugehen. Die Wahrnahme des Landschaftsraumes erfährt keine funktionale Störung und auch die Eignung der Landschaft zur Erholungsnutzung, sowie die Kulturlandschaftsidentität werden durch das beantragte Auszugshaus nicht beeinträchtigt.
Im Sinne § 3 (gemeint ist § 1) des OÖ NschG 2001 ist somit zu erwarten, dass durch das Vorhaben eine (gemeint ist keine) Schädigung, Beeinträchtigung oder Störung der Schutzgüter Naturhaushalt, Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten erfolgt und/oder das Landschaftsbild keinesfalls so erheblich gestört werden, dass die heimische Natur- und Landschaft in ihren Lebens- und Erscheinungsformen nachhaltig beeinträchtigt wird.“
I. 10. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat am 11. April 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung samt Lokalaugenschein in R durchgeführt. Im Rahmen derer wurden das Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz und das vom Beschwerdeführer vorgelegte Privatgutachten vom 6. April 2016, erstellt von DI Dr. O L, allgemein beeidete gerichtliche Sachverständige für Landschaftsgestaltung, Bodenschutz & Landschaftspflege (Landschaftsökologie), Ökologie und Naturschutz erörtert.
Der Amtssachverständige führte ergänzend aus, dass es in der Architektur eine Faustregel gäbe, dass ein Gebäude dann noch zuordenbar sei, wenn es im Bereich der Höhe des bestehenden Gebäudes anschließe. Basis für die Bewertung der Sensibilität sei eine Beurteilungsgrundlage von DI K, welche in der Abteilung Naturschutz des Amtes der Oö. Landesregierung weiterentwickelt, jedoch nicht veröffentlicht, wurde.
Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bemängelte die fehlende Quellenangabe der Tabelle der Eingriffsintensität. Da es nur eine verwaltungsinterne Tabelle sei, könne die Objektivität nicht nachvollzogen werden.
Der landwirtschaftliche Betrieb und das Betriebsgebäude seien vom Beschwerdeführer mit Übergabevertrag vom 1. September 2011 an dessen Sohn (geb. x) übergeben worden. Der Übernehmer benötige das bestehende Betriebsgebäude zur Führung des landwirtschaftlichen Betriebes und für eine in Zukunft geplante Familiengründung. Es bestehe daher ein Wesentliches privates Interesse des Beschwerdeführers an der Errichtung des Auszugshauses, welches das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiege.
An der Weiterführung landwirtschaftlicher Betriebe bestehe zur Pflege der Kulturlandschaft ein erhebliches öffentliches Interesse. Die Weiterführung des Betriebes werde mit dem geplanten Auszugshaus erst ermöglicht, es bestehe daher auch ein erhebliches öffentliches Interesse, welches gegenüber dem Interesse des Natur- und Landschaftsschutzes überwiege.
Entsprechend dem Gutachten von DI Dr. O L habe das geplante Bauvorhaben keine nachteilige Eingriffswirkung auf das Landschaftsbild. Gerade beim unbestimmten Gesetzesbegriff der Störung des Landschaftsbildes sei es Aufgabe des Sachverständigen, keine bloß subjektive Bewertung abzugeben, sondern das Gutachten auf objektive nachvollziehbare und veröffentlichte Quellen zu stützen. Es sei nicht schlüssig. Die Sachverständige DI L habe sich in ihrem Gutachten nachvollziehbar und schlüssig auf bestehende einschlägige Literatur bezogen. Der Beschwerde sei Folge zu geben. Überdies würden die öffentlichen und privaten Interessen des Beschwerdeführers am Vorhaben das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen. Es werde insbesondere auf den bereits gestellten Befangenheitsantrag verwiesen, und nochmals festgehalten, dass der Amtssachverständige ein direkter untergebener Mitarbeiter des Bruders des Beschwerdeführers sei. Zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Bruder bestehe kein gutes Einvernehmen. In diesem Verfahren habe sich der Amtssachverständige DI P für befangen erklärt. Es bestünden daher wesentliche Bedenken an der Objektivität des Amtssachverständigen.
Die belangte Behörde wies darauf hin, dass bereits insgesamt vier negative Gutachten vorliegen würden. Das Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen sei schlüssig und nachvollziehbar.
Es wurde die Abweisung der Beschwerde und die Bestätigung des angefochtenen Bescheids beantragt.
I. 11. Mit Schreiben vom 8. Juni 2016 wurde der naturschutzfachliche Amtssachverständige ersucht zu beurteilen, ob im Fall einer für den Beschwerdeführer positiven Interessenabwägung mit Auflagen, Bedingungen und Befristungen die Eingriffswirkung des geplanten Vorhabens gemindert werden kann.
I. 12. Der naturschutzfachliche Amtssachverständige führte dazu im Schreiben vom 30. Juni 2016 auszugsweise Folgendes aus:
„[...]
Zu dieser Beweisfrage wird aus fachlicher Sicht folgende Ergänzung zum Gutachten vom 03. März 2016, Geschäftszeichen BBA-LI-2015-241350/2-Go/Bern abgegeben.
Wie bereits im Gutachten zur Beweisfragenbeantwortung der Frage 3. d) festgestellt, resultiert die Eingriffswirkung vornehmlich aus der Standortwahl für das geplante Wohnhaus, sodass die maßgebliche Störwirkung auch nicht durch die Vorschreibung von Auflagen, Bedingungen oder Befristungen entschärft werden kann.
Eine Minderung der Eingriffswirkung, wenn auch nur in einem sehr geringen Ausmaß, könnte nur durch eine satte Eingrünung des Bauvorhabens durch heimische Laubgehölze und standortgerechte hochstämmige Obstbäume insofern erzielt werden, dass der zu erwartende scharfe Kontrast bzw. Übergang in die landschaftliche Kulturlandschaft abgeschwächt würde.
Als hochsensible Blickachsen stellen sich dabei jene dar, die sich aus der Sicht des öffentlichen Raumes ergeben, wie etwa von der südöstlich vorbeiführenden G-straße W aus nordöstlicher Richtung kommend und der südlich bzw. südwestlich führenden L von beiden Richtungen kommend.
Eine optische Abschirmung des Bauvorhabens mittels dicht gesetzten mehrreihigen (mind. dreireihig, um auch zu unbelaubten Jahreszeiten einen positiven Effekt zu erzielen), autochthonen Sträuchern und Bäumen einerseits nordöstlich des Bauvorhabens bzw. für eine Verdichtung des bestehenden linearen Gehölzzuges im Westen des geplanten Wohnhauses andererseits wäre sinnvoll.
Der Übergangsbereich bzw. der Außenbereich der Bepflanzung sollte mittels Sträuchern (z.B. Holunder, Haselnuss, roter Hartriegel, Weißdorn, ...) versehen werden, wohingegen die Innenseite bzw. der Gartenbereich mittels stammbildenden hochstämmigen Obstbäumen (Apfel, Birne, ...) bepflanzt werden sollten.
Fakt ist, dass durch die gegebene Offenheit der unmittelbar angrenzenden Landschaft sich jedoch im Landschaftsbild der Eindruck einer bestockten Enklave selbst bei dichtem Bewuchs ergeben und sich somit von der Umgebung deutlich abheben wird.“
I. 13. Mit E-Mail vom 1. Juli 2016 wurde dieses ergänzende Gutachten des Amtssachverständigen den Parteien gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und ihnen gleichzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Die belangte Behörde wies in ihrer Stellungnahme vom 5. Juli 2016 darauf hin, dass es vier eindeutig negative Stellungnahmen von Amtssachverständigen gäbe.
In all diesen Begutachtungen werde die Standortwahl in Verbindung mit der erheblichen Fernwirksamkeit als maßgebliches Kriterium für die negative Beurteilung des vorliegenden Vorhabens herangezogen. Das Maß der Eingriffsintensität sei jeweils als sehr hoch eingestuft worden. Die unübliche Bauform und die starke künstliche Überformung trage ihr Übriges zu der sehr hohen Eingriffswirkung bei.
Die Vorschreibung von Auflagen entspräche weder dem Sinn noch dem Zweck des OÖ. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001. Die große(!) Eingriffswirkung würde auch mit der Bepflanzung bestehen bleiben und würde zweitens sich eine derart bestockte Enklave ebenfalls deutlich von der Umgebung abheben. Von einem „geringen Ausmaß“ der Störung wie vom Gesetz für die Vorschreibung von Auflagen gefordert, könne somit nicht ausgegangen werden.
Der VwGH habe in seiner Judikatur ebenfalls ausdrücklich hervorgehoben, dass bei der Beurteilung der Frage einer Störung des Landschaftsbildes Pflanzungen von Bäumen und Sträuchern nicht von ausschlaggebender Bedeutung seien (VwGH vom 9.3.1998, Zl. 95/10/0122).
Die privaten Interessen des Beschwerdeführers würden sich zwar auch aus Sicht der belangten Behörde als nachvollziehbar darstellen, könnten aber hierbei aufgrund der Wertigkeit keinesfalls die öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen bzw. diesen gleichwertig gegenüberstehen. Die Schaffung von weiterem Wohnraum für die Familie P könne auch anders erreicht werden, indem weiterer Wohnraum in den vorhandenen Vierkanthof integriert werde und bei Bedarf dort die Erweiterung des landwirtschaftlichen Nebengebäudes zu überlegen sei.
Auch stelle sich nach Ansicht der belangten Behörde die Widmungskonformität als zweifelhaft dar, da der Neubau nicht im unmittelbaren Nahbereich des land- und forstwirtschaftlichen Hauptgebäudes erfolge und das Grundstück, auf dem das Vorhaben ausgeführt werden soll, auch eine andere Einlagezahl als das bestehende Wohn- und Wirtschaftsgebäude aufweise.
Der Beschwerdeführer führte in seiner Stellungnahme vom 11. Juli 2016 im Wesentlichen aus, dass er sich jedenfalls bei Ausführung des Bauvorhabens zur Bepflanzung, entsprechend dem Vorschlag des Amtssachverständigen, verpflichte und keine Einwände dagegen vorbringe. Überdies habe er bereits entsprechende Maßnahmen (Eingrünung des Bauvorhabens, neu anzulegender Obstgarten, dichte Hecke mit Sträuchern, ...) geplant.
II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme des vorgelegten Verwaltungsaktes, Einholung eines naturschutzfachlichen Gutachtens sowie eines ergänzenden Gutachtens vom 30. Juni 2016, Stellungnahmen der Parteien und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung samt Lokalaugenschein am 11. April 2016 in R.
II. 2. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht fest:
Der landwirtschaftliche Betrieb des Beschwerdeführers und das Betriebsgebäude wurden mit Übergabevertrag vom 1. September 2011 an den Sohn (geb. x) des Beschwerdeführers übergeben.
Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2014 brachte der Beschwerdeführer die naturschutzrechtliche Anzeige über die Errichtung des gegenständlichen Auszugshauses bei der belangten Behörde ein.
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Gst. Nr. x, KG A, das im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen ist und außerhalb einer geschlossenen Ortschaft liegt. Das Areal weist keine größere Ansammlung an Bauten auf und befindet sich im Abstand von rund 48 m südöstlich des geplanten Standortes die nächste (bewilligte) Bebauung (Wohnhaus samt landwirtschaftlichem Gebäude auf Bauland mit Widmungskategorie Dorfgebiet). Die Zufahrt ist über eine befestigte Zufahrtstraße über das Gst. Nr x, KG A, von der G-straße W aus vorgesehen. Die G R bestätigte mit Schreiben vom 8. März 2015 [gemeint 2016] die Übereinstimmung des Auszugshauses mit dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan. Die Baubewilligung wurde mit 4. August 2011 rechtskräftig erteilt.
Das geplante Auszugshaus wird in der südöstlichen Hälfte des langgezogenen rechteckigen Grundstückes situiert und weist zur Grundgrenze des Gst. Nr. x, KG A, einen Abstand von rund 30 m auf. Eine Gasleitung (RAG LI-004 – LI-001) befindet sich wenige Meter von dieser Grundstücksgrenze auf dem gegenständlichen Grundstück. Zwischen dieser Erdgasleitung und dem geplanten Auszugshaus darf ein Mindestabstand von 5 m nie unterschritten werden. Bei Baumpflanzungen ist ein Abstand von 15 m einzuhalten.
Das Auszugshaus soll als zweigeschossiges Objekt mit einer maximal projizierten Außenabmessung von rund 18,8 m auf rund 16,6 m ausgeführt werden und besteht im Erdgeschoss aus zwei rechteckförmigen Kuben, die den Wohntrakt und ein im Norden angebautes Carport samt Erschließungsbereich beinhalten. Beide Baukörperteile stehen orthogonal zueinander. Dem Wohntrakt wird im Süden eine um 77 cm vom geplanten Umgebungsniveau aufgeständerte und an das Erdgeschoß angepasste Terrasse vorgelagert, von der aus der geplante Schwimmteich bzw. Wohngarten über eine Außentreppe erschlossen werden soll. Die Einfahrt in das Carport erfolgt von Osten aus. Das Obergeschoß bildet einen gegenüber dem Erdgeschoß um 90° gedrehten rechteckförmigen Wohnbereich, der über dem Carport bzw. dem Erschließungsbereich und teilweise über dem Wohnbereich zu liegen kommt. Durch diese Anordnung ergibt sich über die Geschoße eine kreuzförmig bebaute Grundrissfläche des Bauwerkes wobei das Obergeschoß im Süden eine Auskragung aufweist.
Zur Abdeckung der einzelnen Bauwerkteile gelangen Flachdächer zur Anwendung, die im erdgeschossigen Teil als begehbare Terrassen genutzt werden können. Die maximale Gebäudehöhe beträgt 6,52 m über dem Erdgeschoßfußboden.
Die Außenwände werden im Obergeschoß durch eine Lärchenschalung hergestellt. Im Dachterrassenbereich wird umlaufend eine Geländerkonstruktion angebracht. Die Fassadengestaltung des Erdgeschoßes erfolgt mit großformatigen Wandtafeln, wobei diese bis auf die Nordseite durch großflächige Fensteröffnungen bzw. Glaselemente bestimmt wird.
Das gegenständliche Grundstück ist weitgehend eine ebene Fläche und wird derzeit als Wiese genutzt. Umgeben wird es ausschließlich von landwirtschaftlichen Kulturflächen mit intensiver agrarischer Nutzung (überwiegend Ackerbau). Entlang der westlichen Grundgrenze ist ein Landschaftselement in Form eines linearen Gehölzzuges, bestehend aus Laubgehölzen, Sträuchern und Stauden, vorhanden. Richtung Südwesten, Nordwesten und Nordosten setzen sich landwirtschaftlich genutzte Flächen weiter fort.
Die bestehende südöstlich liegende Liegenschaft besteht aus einem bogenförmigen Wohngebäude mit einer steilen Pultdachabdeckung sowie einem schräg dazu im Norden ausgerichteten rechteckförmigen Gebäude mit großer Glasfläche Richtung Südosten, das im Vergleich zum Hauptgebäude eine untergeordnete Bedeutung aufweist. Nordwestlich befindet sich ein über mindestens 2 Geschoße ragendes Holzgebäude, das einen kleinen annähernd quadratischen Grundriss aufweist und mit einem Satteldach abgedeckt ist. An den Außenwänden aus Holz springen zum Teil kleine balkonähnliche Bauteile hervor. Nördlich, westlich und östlich dieser Baukörper befinden sich einige hochstämmige Obstbäume.
Mit Ausnahme der Bebauung auf Gst. Nr. x erstrecken sich sowohl nordwestlich der Verbindungsstraße zwischen W und A, als auch südöstlich dieser Straße weiträumig landwirtschaftlich genutzte Flächen. Eine weitere Bebauung existiert in einer Entfernung von ca. 220 m nördlich des Planungsgrundstückes (Siedlung A entlang der Straße zu R zu beiden Seiten). Richtung Süden existiert im Anschluss an die Kreuzung mit der Straße, die R und L verbindet, eine kleine Bebauungsstruktur in W. Nordwestlich besteht der Randbereich der Ortsbebauung von R in einer Entfernung von ca. 470 m.
Es besteht im gegenständlichen Landschaftsraum eine Großräumigkeit, weil einerseits das Gelände als ziemlich eben zu bezeichnen ist und im Allgemeinen wenig bewegt ist. Überdies befinden sich außer den oben genannten Gebäuden keine weiteren baulichen Vorbelastungen. Aufgrund der großen Entfernungen zwischen dem geplanten Vorhaben und den bestehenden Bauwerken ist keine Zuordenbarkeit gegeben.
Der gegenständliche Landschaftsraum weist großteils eine landwirtschaftliche Nutzung auf und kennzeichnet sich durch ihre Weitläufigkeit und Offenheit aus. Vereinzelt bestehen Landschaftselemente in überwiegend linearer Ausformung. Im Bereich der Siedlungen und Dörfer sind noch Reste der früher obstbaumreichen Kulturlandschaft erkennbar. Eine bauliche Vorbelastung besteht unmittelbar zum gegenständlichen Grundstück ausschließlich durch die auf der südöstlichen Liegenschaft befindlichen Bauwerke. Diese Bauwerke sind völlig abgesetzt von den übrigen Siedlungsgebieten errichtet worden und nehmen eine solitäre Stellung im Landschaftsbild ein. Die Eigenart des Landschaftsraumes besteht in einem geringen Zersiedelungsgrad und in dörflichen Strukturen bestehenden Bebauungen. Der gegenständliche Landschaftsraum ist eine weitgehend unbelastete, vereinzelt mit linearen Gehölzen und kleineren Waldenklaven strukturierte Kulturlandschaft. Daraus resultiert eine hohe Sensibilität bzw. Wertigkeit der gegenständlichen Kulturlandschaft.
Durch das Abrücken des geplanten Vorhabens von der vorbeiführenden Straße sowie die zeilenartige und orthogonale Ausrichtung zur Erschließungsstraße in den reinen agrarischen Kulturraum in Verbindung mit dem Baubestand entsteht ein Effekt der Zerschneidung der Landschaft. Die Eingriffswirkung wird durch die kreuzweise Überlagerung inklusive den Auskragungen und dem Glasflächenanteil sowie der aufgeständerten Terrasse in der sonst weitgehend ebenen Landschaft verstärkt.
Das beantragte Vorhaben tritt aus Blickrichtung Norden, Osten und Südosten fernwirksam in Erscheinung. Aus Blickrichtung Südwesten ist die Sicht durch den Gehölzstreifen bei Belaubung der Bäume teilweise eingeschränkt.
Das gegenständliche Grundstück sowie der überwiegende Teil der umliegenden Grundstücke sind Böden mit guter Bonität, die einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung in Form von Ackerbau zugeführt werden. Es handelt sich aber um keine ökologisch wertvollen Flächen. Ausgewiesene Schutzgebiete werden nicht berührt. Es bestehen keine Übergangsbereiche zwischen zwei verschiedenen Ökosystemen mit artenreichen aneinanderstoßenden Lebensräumen. Durch das gegenständliche Vorhaben werden keine nachteiligen Auswirkungen auf den Naturhaushalt und die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten auftreten.
Im gegenständlichen Landschaftsraum befinden sich keine Erholungsanlagen oder Wanderwegnetze. Aufgrund der Nähe, ca. 700 m südöstlich des G-hauptortes, werden die vorhandenen Waldenklaven und Waldrandzonen allgemein als beliebtes Naherholungsgebiet genutzt.
Das private Interesse an der Realisierung des Auszugshauses besteht in der Deckung des Wohnbedarfs, der Notwendigkeit zur Führung und Sicherung des landwirtschaftlichen Betriebes und der Einhaltung der notwendigen Bauabstände zur vorhandenen Gasleitung. Öffentliche Interessen sind die Wahrung einer wirtschaftlich gesunden und leistungsfähigen bäuerlichen Landwirtschaft in einem funktionsfähigen ländlichen Raum und das Vorliegen einer Baubewilligung.
II. 3. Die Ausführungen und Ergebnisse im naturschutzfachlichen Gutachten des Amtssachverständigen (im Folgenden kurz: Gutachten ASV) vom 3. März 2016 und im Gutachten von DI Dr. L vom 6. April 2016 (im Folgenden kurz: Gutachten L) stimmen in den Punkten Beschreibung des Landschaftsraums, Beschreibung des geplanten Vorhabens, Schädigung des Naturhaushalts, Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten sowie Beeinträchtigung des Erholungswerts im Wesentlichen überein. Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff in das Landschaftsbild vorliegt, zeigen sich unterschiedliche Ergebnisse.
Im Gutachten L wird die ästhetische Stabilität des Landschaftsbildes beurteilt. Dabei stützt sich die Gutachterin hinsichtlich Beurteilung des Landschaftsbildes hauptsächlich auf GAREIS-GRAHMANN, F-J.: Landschaftsbild und Umweltverträglichkeitsprüfung: Analyse, Prognose und Bewertung des Schutzgutes „Landschaft“ nach dem UVPG – Erich Schmidt Verlag, Berlin 1993. Danach gibt es drei Wahrnehmungsebenen des Landschaftsbildes:
· Räumliche Orientierung und Steuerung der eigenen Fortbewegung – Anbindungs- und Verbindungsfunktion, Einbindungsfunktion (Abschätzung von Entfernungen), Gliederungsfunktion (ob und wie gelangt man an einen bestimmten Ort); Bedürfnis nach Schönheit, Ordnung und Harmonie wird angesprochen
· Erkennen von Gegenständen und Ereignissen in ihrer Bedeutung für das Handeln – Funktion des Raumes für den Naturhaushalt (Wahrnahme von Bildbotschaften, die ökologische Qualität vermitteln) sowie kulturhistorische Funktion (Geschichte des Raumes und die Lebensweise der Menschen wird wahrgenommen).
· Steuerung der sozialen Kommunikation – Erlebnisraumfunktion (Begehbarkeit/Zugänglichkeit, Vielfältigkeit), Beziehungsraumfunktion (Blickachsen) und Lebensraumfunktion (hier werden auch indirekte Störfaktoren wie Geruch und Lärm wahrgenommen)
Es wird hier von einem sehr weit gefassten Landschafts- bzw. Landschaftsbildbegriff ausgegangen. Bei der Wahrnehmungsebene „Steuerung der sozialen Kommunikation“ finden sich z.B. Messgrößen wie „m2 Kommunikationsräume“, „m2 Wohngebiete“, „Einhaltung der gesundheitlichen Mindestanforderung“ wieder.
Den Bewertungen wie,
· „Da auch derzeit zahlreiche anthropogene Elemente räumliche Orientierung ermöglichen, kann das Gebäude als weitere Orientierungshilfe dienen.
· Es kommt zu keiner Änderung der räumlichen Orientierung, da Anbindungs- und Verbindungsfunktion nicht gestört werden.
· Es ist als nutzungsbedingtes Objekt identifizierbar und kann in diesem Sinne das Haus auch als Identifikator der Raumnutzung fungieren.
· Die gegenständlich vorhandene Liegenschaft wirkt eindeutig als bereicherndes Element, weil die soziale Kommunikation aufgrund der intensiven Landnutzung und fehlender Freizeitinfrastruktur kaum möglich ist.
· Die Begehbarkeit des Landschaftsteilraumes wird nicht eingeschränkt.
· Die Zugänglichkeit der Landschaft bleibt bei Realisierung des Vorhabens unverändert.
· Da der Landschaftsraum eine hohe Wohnnutzung aufweist, wird das Gebäude, insbesondere in Nachbarschaft zum architektonisch markanten Hauptgebäude, als landschaftstypisches Kulturlandschaftselement wahrgenommen werden.“
liegen andere Beurteilungskriterien zu Grunde, als das Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 normiert. Den Beurteilungsrahmen eines Eingriffs in das Landschaftsbild nach dem Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 bilden unter der Prämisse des Schutzes der Natur und der Landschaft die Kriterien Erhaltung, Gestaltung und Pflege heimischer Landschaft zur Sicherung einer angemessenen bestmöglichen Lebensgrundlage für den Menschen; Schutz der Vielfalt, Eigenart, Schönheit und des Erholungswerts der Landschaft sowie der optische Eindruck des Landschaftsbildes.
Der Amtssachverständige hat seinem Gutachten genau diese Kriterien zu Grunde gelegt. Weiters hat er festgestellt, dass die Eingriffsintensität im Wesentlichen aus den Eigenschaften des Standortes und des Vorhabens resultiert.
Dem Einwand des Beschwerdeführers, dass die vom Amtssachverständigen herangezogene Tabelle Intensität/Sensibilität nicht objektiv nachvollziehbar sei, weil es keine Quellenangabe dazu gibt, kann insofern entgegengetreten werden, als der Amtssachverständige die Ermittlung der Sensibilität und der Eingriffsintensität verbal ausführlich beschrieben hat und die Tabelle als ein zusätzliches Mittel der Darstellung anzusehen ist. Das Gutachten des Amtssachverständigen umfasst eine detaillierte, dem Gutachtensauftrag entsprechende Beschreibung des Landschaftsbildes mit und ohne den Eingriff und wurden diese Landschaftsbilder auch zueinander in Beziehung gesetzt.
Das eingeholte naturschutzfachliche Gutachten vom 3. März 2016 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 30. Juni 2016 sind schlüssig, widerspruchsfrei und vollständig aufgebaut sowie für Dritte nachvollziehbar, weshalb das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich diese seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde legt.
Die privaten und öffentlichen Interessen am Vorhaben wurden vom Beschwerdeführer glaubhaft dargelegt.
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die Beschwerde erwogen:
III. 1. Maßgebliche Rechtslage:
Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001, LGBl. 129/2001, i.d.g.F. (Oö. NSchG 2001)
„§ 1
Zielsetzungen und Aufgaben
(1) Dieses Landesgesetz hat zum Ziel, die heimische Natur und Landschaft in ihren Lebens- oder Erscheinungsformen zu erhalten, sie zu gestalten und zu pflegen und dadurch dem Menschen eine ihm angemessene bestmögliche Lebensgrundlage zu sichern (öffentliches Interesse am Natur- und Landschaftsschutz).
(2) Durch dieses Landesgesetz werden insbesondere geschützt:
1. das ungestörte Wirkungsgefüge des Naturhaushaltes (Ablauf natürlicher Entwicklungen);
2. [...]
3. die Vielfalt, Eigenhart, Schönheit und der Erholungswert der Landschaft;
[...]
(4) Im Sinn des Abs. 1 sind Eingriffe in die Natur und Landschaft, wie insbesondere Schädigungen des Naturhaushaltes oder der Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten, Beeinträchtigungen des Erholungswertes der Landschaft und Störungen des Landschaftsbildes nach Maßgabe der näheren Bestimmungen dieses Landesgesetzes verboten. Wenn nach diesem Landesgesetz solche Maßnahmen zulässig sind, sind sie jedenfalls so durchzuführen, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden. Z. 2. Eingriff in das Landschaftsbild: eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert;
§ 3
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Landesgesetzes bedeutet:
[...]
2. Eingriff in das Landschaftsbild: eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert;
[...]
5. geschlossene Ortschaft: ein Gebiet, das durch eine größere Ansammlung von Bauten geprägt ist, so dass sich eine zusammenhängende Verbauung von der Umgebung deutlich sichtbar abhebt; nicht zur geschlossenen Ortschaft zählen Einzelansiedlungen wie Gehöfte und Weiler sowie Ortsränder, vor allem entlang von Seeufern.
6. Grünland: Grundflächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Bauland (§ 21 Oö Raumordnungsgesetz 1994) oder als Verkehrsflächen (§ 29 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) gewidmet sind;
[...]
8. Landschaftsbild: Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft;
[...]
10. Naturhaushalt: Beziehungs- und Wirkungsgefüge der biotischen und abiotischen Faktoren der Natur; das sind Geologie, Klima, Boden, Oberflächen- und Bodenwasser, Sickerwasser, Grundwasser, Vegetation und dgl.;
[...]
§ 6
Anzeigepflichtige Vorhaben und Verfahren
(1) Folgende Vorhaben
- im Grünland (§3 Z 6) außerhalb von geschlossenen Ortschaften oder
- auf Grundflächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde mit einer Sternchensignatur gekennzeichnet sind,
sind vor ihrer Ausführung der Behörde anzuzeigen, wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind:
1. der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden und sonstigen begehbaren überdachten Bauwerken;
[...]
(3) Die Behörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Anzeige die Ausführung des Vorhabens zu untersagen, wenn das angezeigte Vorhaben den öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft (§ 14 Abs. 1 Z. 1). Die Untersagungsfrist ist gewahrt, wenn die Behörde den Bescheid am letzten Tag der achtwöchigen Frist nachweisbar abfertigt, z.B. der Post zur Zustellung übergibt. Das Vorhaben ist nicht zu untersagen, wenn der Anzeigende öffentliche oder private Interessen glaubhaft macht, die das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.
(4) Anstelle der Untersagung kann die Behörde innerhalb der im Abs. 3 genannten Frist mit Bescheid feststellen, dass das angezeigte Vorhaben nur bei Einhaltung bestimmter Bedingungen oder Auflagen oder nur befristet ausgeführt werden darf, wenn dies notwendig ist, um die im § 14 Abs. 1 Z 1 genannten Schädigungen, Beeinträchtigungen bzw. Störungen auszuschließen oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken.
§ 14
Bewilligungen
(1) Eine Bewilligung gemäß den §§ 5, 11 oder 12 oder die in einer auf Grund einer dieser Bestimmungen erlassenen Verordnung vorgesehen ist, ist zu erteilen,
1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten in einer Weise schädigt noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt noch das Natur- und Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft oder
[...]“
Oö. Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 67/1994, i.d.F. LGBl. Nr. 89/2014 (Oö. BauTG):
„§ 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinn dieses Landesgesetz bedeutet:
[...]
Z 5. Bauwerk: eine Anlage, die mit dem Boden in Verbindung steht und zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind;
[...]
Z 12. Gebäude: überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene Bauwerke, die von Personen betreten werden können;
[...]“
III. 2. Unbestritten blieb, dass das geplante Vorhaben ein Gebäude im Sinne des Oö. BauTG ist, das gegenständliche Grundstück im Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen ist und außerhalb einer geschlossenen Ortschaft liegt.
Ferner blieb unbestritten, dass das Vorhaben weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz und Tierarten maßgeblich schädigt noch der Erholungswert der Landschaft maßgeblich beeinträchtigt ist.
III. 3. Wie im Gutachten des Amtssachverständigen schlüssig und nachvollziehbar dargestellt, wird die vorhandene Kulturlandschaft vom geplanten Vorhaben maßgeblich unterbrochen, insbesondere auch deshalb, weil der einzuhaltende Abstand zum bereits bestehenden Gebäude so ein Ausmaß hat, dass eine Zuordenbarkeit nicht mehr gegeben ist. Schon das bestehende Gebäude allein nimmt, weil abgesetzt von den übrigen Siedlungsgebieten errichtet, eine solitäre Stellung im Landschaftsbild ein. Dies wird durch das geplante Vorhaben verstärkt. Es entsteht der Eindruck einer Zersiedelung. Die nächstgelegenen Wohnobjekte weisen eine Entfernung von rund 230 m auf. Hinzu kommt eine erhebliche Fernwirksamkeit. Davon konnte sich die erkennende Richterin beim Lokalaugenschein auch selbst überzeugen. Das Landschaftsbild wird durch das Vorhaben maßgeblich und prägend auf Dauer in so einer Weise verändert, dass es dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft. Hier stimmt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit der belangten Behörde überein. Die eingewendete „unübliche Bauform“ alleine rechtfertigt eine Verstärkung des Eingriffs in das Landschaftsbild jedoch nicht. Dies wäre eine rein subjektive Beurteilung. Vielmehr ist es abhängig vom Ausmaß des Vorhabens (Länge, Breite, Höhe, ...).
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, das seit 2013 vorliegende Projekt „A Gewerbegebiet P zur Anschlussstelle x L O (L) sei als wesentlich zu berücksichtigen, weil die Trasse lediglich 60 bis 70 m vom gegenständlichen Grundstück entfernt geführt werden soll, ist entgegenzuhalten, dass es sich derzeit lediglich um ein Projekt handelt, aber die notwendigen Verordnungen und Bewilligungen noch nicht vorliegen. Ferner gibt es auch noch keinen konkreten Zeitplan für die Umsetzung.
Bei der Beurteilung des Landschaftsbildes sind aber nur „bewilligte/genehmigte“ Vorhaben mit zu berücksichtigen. Zum Beispiel bleiben konsenslose Vorhaben völlig unberücksichtigt. So ist auch mit Vorhaben im Projektstatus umzugehen, insbesondere wenn eine Umsetzung noch nicht einmal festgelegt ist bzw. kein Zeitplan dafür vorhanden ist.
III. 4. Das Vorhaben ist nur dann nicht zu untersagen, wenn der Anzeigende öffentliche oder private Interessen glaubhaft macht, die das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.
Als private Interessen an der Realisierung des Auszugshauses hat der Beschwerdeführer sein Wohnbedürfnis und die Notwendigkeit zur Führung sowie die Sicherung der Weiterführung des landwirtschaftlichen Betriebes und die aufgrund der auf dem gegenständlichen Grundstück durchführenden Gasleitung einzuhaltenden Bauabstände vorgebracht.
Die belangte Behörde wendet ein, dass das Wohnbedürfnis auch durch Umbau bzw. Erweiterung eines vorhandenen Vierkanthofes samt Nebengebäude gedeckt werden könnte. Dazu ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer nicht vorgeschrieben werden kann, wie er gedenkt, sein aufgrund der „Hofübergabe“ entstandenes Wohnbedürfnis abzudecken. Gegenstand des Verfahrens ist das vom Projektwerber bei der Naturschutzbehörde eingereichte Projekt. An dieses sind die Naturschutzbehörde und auch das Landesverwaltungsgericht gebunden (vgl. z.B. VwGH 27.01.2011, 2009/10/0098 zum Nö. NatSchG 2000; VwGH 11.12.2009, 2008/10/0094 zum Tir. NatSchG 2005). Somit ist ausschließlich das eingebrachte Vorhaben bzw. Projekt zu prüfen. Das Bestehen eines Wohnbedürfnisses wird auch von der belangten Behörde nicht bestritten.
Als öffentliche Interessen wurden die Fortsetzung und Wahrung an einer wirtschaftlich gesunden und leistungsfähigen bäuerlichen Landwirtschaft in einem funktionsfähigen ländlichen Raum angeführt. Der Beschwerdeführer hat glaubhaft dargelegt, dass eine Auszugssituation vorliegt und das Wohnbedürfnis im Zusammenhang mit der Betriebsübergabe nicht im land- und forstwirtschaftlichen Baubestand sichergestellt ist. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass das geplante Vorhaben mit dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan übereinstimmt. Somit ist aufgrund der raumordnungsrechtlichen Deckung das Vorhaben auch aus diesem Grund, als im öffentlichen Interesse gelegen, zu bewerten.
Wenn die belangte Behörde dagegen einwendet, dass sie Zweifel an der Widmungskonformität hege, so ist dazu festzustellen, dass von der G R die Widmungskonformität bestätigt wurde und im Verfahrensakt auch ein Gutachten einliegt, wonach die Voraussetzungen des § 30 Abs. 5 Oö. ROG 1994 gegeben sind.
Das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz ist aufgrund der schlüssig und nachvollziehbar dargelegten Fakten (Zerschneidung der Kulturlandschaft, solitäre Stellung, Fernwirksamkeit) im Gutachten des Amtssachverständigen als sehr hoch einzustufen.
Aufgabe der Landwirtschaft ist die Produktion von Nahrung, Futter, nachwachsenden Rohstoffen und die Erhaltung der Kulturlandschaft (Landschaftspflege). Die Erfüllung dieser Aufgabe bzw. eines Teils dieser Aufgabe ist ebenfalls von sehr hohem öffentlichen Interesse, weshalb das Interesse an einer gesicherten Weiterführung des gegenständlichen, im Jahr 2011 an den Sohn übergebenen, landwirtschaftlichen Betriebes unter Berücksichtigung der gegebenen raumordnungsrechtlichen Deckung auch als sehr hoch einzustufen ist.
Beim Vergleich der glaubhaft dargelegten privaten und öffentlichen Interessen am Vorhaben mit dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz, wertet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz im konkreten Fall jedoch als nicht so hoch wie alle anderen Interessen. Das geplante Vorhaben greift zwar in eine hochwertige Kulturlandschaft ein, aber es handelt sich hier um keinen besonders naturnahen und geschützten oder (in Oberösterreich nur mehr) seltenen Landschaftsbereich. Das Vorhaben wirkt hier neben den bereits bestehenden Gebäuden nicht als völlig fremd. Somit überwiegen die vom Beschwerdeführer glaubhaft gemachten privaten und öffentlichen Interessen am Vorhaben das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz.
Mit den vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen und Befristungen wird der Eingriff in das Landschaftsbild durch den entstehenden Eindruck einer bestockten Enklave auf ein im gegenständlichen Fall mögliches geringeres Ausmaß minimiert, wobei aber die grundsätzliche Wesentlichkeit des Eingriffs ins Landschaftsbild bestehen bleibt.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag.a Sigrid Ellmer
Beachte:
Die Revision wurde zurückgewiesen.
VwGH vom 21. Dezember 2016, Zl. Ra 2016/10/0119-3