LVwG-150932/13/JS/FE
Linz, 19.07.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Jörg Steinschnack über die Beschwerde des W B, wohnhaft in D x, x E, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde E vom 26.1.2016, GZ: 131-9/22-2013, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.7.2016
zu Recht e r k a n n t :
I. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde E vom 26.1.2016, GZ: 131‑9/22-2013, ersatzlos behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1.1. Mit Baubescheid vom 29.7.2013 bewilligte der Bürgermeister der Stadtgemeinde E der H (in der Folge kurz: mitbeteiligte Partei) den Neubau einer Wohnanlage mit 13 Wohneinheiten, 16 Stellplätzen und 9 Garagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen auf den Grundstücken Nr. x und x, Grundbuch x E. Der Beschwerdeführer ist gemeinsam mit seiner Gattin Eigentümer des Grundstückes Nr. x, Grundbuch x E, welches mit seiner östlichen Grundstücksgrenze unmittelbar an das Baugrundstück Nr. x angrenzt. Der dem Baubescheid zugrunde liegende Einreichplan vom 26.7.2013 sah im nordwestlichen Eckbereich des Baugrundstückes Nr. x einen (nicht überdachten) Kfz-Abstellplatz für Menschen mit Behinderungen mit einer Breite von 3,5 m und daran anschließend einen Garagenblock, bestehend aus drei Fertigteilgaragen, vor.
1.2. Mit Ansuchen vom 20.1.2014 beantragte die mitbeteiligte Partei die Abänderung des baurechtlich genehmigten Garagenblockes dahingehend, dass die drei Fertigteilgaragen nun unmittelbar an der Grundgrenze zum Grundstück des Beschwerdeführers Nr. x projektiert wurden. Nach dem (undatierten) Austauschplan wurde der ursprünglich an der Nachbargrundgrenze vorgesehene (nicht überdachte) Kfz-Abstellplatz nun östlich der drei Fertigteilgaragen situiert. Gegen die Projektierung des Garagenblocks unmittelbar an seiner Nachbargrundgrenze erhob der Beschwerdeführer in der Bauverhandlung vom 16.3.2015 Einwand und sprach sich gegen eine Erteilung der Baubewilligung für den projektierten Standort der Garagen an der Grundgrenze aus, weil im ursprünglichen Projekt an dieser Stelle ein Behindertenparkplatz vorgesehen gewesen sei und durch die Situierung der Fertigteilgaragen die Sichtverhältnisse bei der Ausfahrt aus seiner Liegenschaft beeinträchtigt werden würden. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 30.11.2015 wurde das Änderungsansuchen vom 20.1.2014 baurechtlich genehmigt. Nach der Begründung des Bescheides konnten die Einwendungen der Nachbarn nicht berücksichtigt werden, weil es sich hierbei nicht um zulässige Einwendungen im Sinne des Gesetzes handeln würde.
1.3. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Baubescheid mit E-Mail vom 19.12.2015 Berufung, da sich seine Sichtverhältnisse durch die vom Einreichplan abweichende Situierung der Garage direkt an seiner Grundgrenze verschlechtert haben und dies noch dadurch verschärft werde, dass die mitbeteiligte Partei im Gegensatz zu ihm nichts an das öffentliche Gut abtreten hätte müssen. Mit dem nun bekämpften Bescheid vom 26.1.2016 wurde vom Gemeinderat der Stadtgemeinde E (in der Folge kurz: belangte Behörde) die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Beeinträchtigung der Sichtverhältnisse bei der Ausfahrt auf eine öffentliche Straße kein subjektives Nachbarrecht begründen und kein solches auf Beibehaltung einer bestimmten Sicht bestehen würde. Der Bauwerber würde für die Garage auch die Zustimmung der Straßenverwaltung nach § 18 Oö. Straßengesetz 1991 benötigen, dass die gefahrlose Benutzbarkeit der Straße nicht beeinträchtigt werde.
2. Die belangte Behörde hat dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde ohne Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 2 VwGVG vorgelegt.
3. Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich:
Die Zuständigkeit des Oö. Landesverwaltungsgerichtes ergibt sich aus Art. 130 Abs. 1 Z 1, Abs. 4 und Art. 131 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) iVm § 3 Abs. 2 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) und § 1 Abs. 1 Oö. Landesverwaltungsgerichtsgesetz, welches durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter gemäß § 2 VwGVG entscheidet.
4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:
Das Baugrundstück Nr. x grenzt mit seiner westlichen Grundgrenze unmittelbar an das Nachbargrundstück des Beschwerdeführers Nr. x an. Im Norden der beiden Grundstücke führt unmittelbar angrenzend die D als öffentliche Straße vorbei. Im seitlichen 3 m Mindestabstand zum Nachbargrundstück des Beschwerdeführers, nämlich unmittelbar an seiner Grundstücksgrenze, wurde von der mitbeteiligten Partei auf dem Baugrundstück Nr. x ein Garagenblock bestehend aus drei Fertigteilgaragen als Teil einer Wohnanlage mit 13 Wohneinheiten, 16 Kfz-Stellplätze und insgesamt 9 Garagen projektiert. Sonstige Gebäude oder Schutzdächer sind im seitlichen Mindestabstand zur Nachbargrundgrenze des Beschwerdeführers nicht vorgesehen. Für die beiden Baugrundstücke liegt kein Bebauungsplan der Stadtgemeinde E. vor.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde sowie in die von Amts wegen beigeschafften Urkunden, nämlich Grundbuchsauszüge betreffend die Grundstücke der Parteien und des öffentlichen Gutes der Stadtgemeinde E. sowie DORIS-Lichtbild zeigend die örtlichen Verhältnisse. Diese Beweismittel wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.7.2016 ebenso dargetan und mit den Parteien erörtert wie die gutachterliche Stellungnahme des in der Verhandlung anwesenden Amtssachverständigen vom 20.6.2016. Der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt ergibt sich vollständig geklärt und zur Gänze widerspruchsfrei aus den vorliegenden Beweismitteln und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung.
Es bestanden für das Landesverwaltungsgericht auch keine sachlichen Bedenken gegen die Beiziehung des im Verwaltungsverfahren bereits tätigen Amtssachverständigen im gegenständlichen Verfahren, zumal der Amtssachverständige nur technische Fragen im Zusammenhang mit dem im Abstandsbereich projektierten Garagenblock zu beantworten hatte. Auch die bloße Tatsache, dass ein Amtssachverständiger in die Amtshierarchie eingebunden ist, stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Befangenheitsgrund dar (VwGH 31.03.2016, Ra 2016/07/0020; vgl. auch die Rechtsprechungsnachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG² § 53 Rz 6 f [Stand 1.1.2014, rdb.at]). Besondere Umstände, die geeignet gewesen wären, die volle Unbefangenheit des beigezogenen Amtssachverständigen in Zweifel zu ziehen, etwa dass aus konkreten Umständen der Mangel seiner objektiven Einstellung gefolgert werden hätte können, oder die zumindest den Anschein erwecken hätten können, dass eine parteiische Entscheidung durch den beigezogenen Amtssachverständigen möglich ist, sind im Verfahren nicht hervorgetreten und wurden solche vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet (vgl. VwGH 24.03.2015, 2012/03/0076; VwGH 17.12.2015, 2012/07/0137; VwGH 21.11.2013, 2010/11/0120; ua.). Die Beiziehung des Amtssachverständigen entsprach letztlich auch den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 17 VwGVG iVm § 39 Abs. 2 AVG), von welchen sich auch das Verwaltungsgericht - wie auch die Verwaltungsbehörden - leiten zu lassen hat (vgl. VwGH 17.11.2015, Ra 2015/03/0058 mwH).
6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Sicht hierüber erwogen:
6.1. Die Verwaltungsgerichte erkennen gemäß Art. 130 Abs. 1 B‑VG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Das Landesverwaltungsgericht hat dabei seine Erledigung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; VwGH 18.02.2015, Ra 2015/04/0007; ua.). Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
6.2. Nach der Bestimmung des § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, dabei den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde auf Grund der Beschwerde und aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung zu überprüfen. Die Prüfbefugnis der Verwaltungsgerichte ist demnach keine unbegrenzte: Der äußerste Rahmen für die Prüfungen ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides (vgl. VwGH 14.08.2015, Ra 2015/03/0025; VwGH 30.06.2015, Ra 2015/03/0022, mwN).
6.3. Der vom Beschwerdeführer bekämpfte Bescheid der belangten Behörde vom 26.1.2016 wies die Berufung des Beschwerdeführers als nicht zulässig zurück. Da die belangte Behörde sohin lediglich eine Erledigung der Berufung aus formellen Gründen - und damit ohne Sachentscheidung - vorgenommen hat, ist ausschließlich Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers zu Recht erfolgte oder nicht. Das Landesverwaltungsgericht kann sohin nur über die Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides, nicht hingegen über die Berufung selbst in der Sache entscheiden. Eine erstmalige inhaltliche Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes über den zugrunde liegenden Bauantrag würde den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens in unzulässiger Weise überschreiten (vgl. VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115, mwN; Hengstschläger/Leeb, AVG2, Rz 30 zu § 13, Rz 30 (Stand 1.1.2014, rdb.at), mwN).
6.4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. VwGH 24.2.2015, 2013/05/0054; VwGH 29.9.2015, 2013/05/0179; ua.). Der den Prüfungsumfang der Verwaltungsgerichte näher regelnde § 27 VwGVG verweist auf § 9 leg cit. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 9 VwGVG 2014 (RV 2009 BlgNR XXIV. GP, Seite 4) wird unter anderem darauf hingewiesen, dass den Parteien bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren besondere Achtsamkeit abverlangt werde, wobei (beispielsweise) herausgestrichen wird, dass die rechtzeitige Erhebung zulässiger, auf subjektive Rechte bezogener Einwendungen notwendig ist, um den Verlust der Parteistellung mit Blick auf § 42 AVG zu vermeiden (VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066).
Eine Einwendung in diesem Sinne liegt dabei nur dann vor, wenn der Einwendung entnommen werden kann, dass überhaupt eine Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend gemacht wird und ferner welcher Art dieses Recht ist; dies bedeutet, dass aus dem Vorbringen eines Nachbarn erkennbar sein muss, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet. Er muss zwar das Recht, in dem er sich verletzt erachtet, nicht ausdrücklich bezeichnen und auch nicht angeben, auf welche Gesetzesstelle sich seine Einwendung stützt, und er muss seine Einwendungen auch nicht begründen. Jedoch muss daraus erkennbar sein, welche Rechtsverletzung behauptet wird (vgl. VwGH 27.2.2013, 2010/05/0203; VwGH 27.8.2014, Ro 2014/05/0037; VwGH 15.11.2011, 2008/05/0146; ua.). Die Einwendung muss sich dabei auf ein öffentliches Recht beziehen, das dem Nachbarn gemäß materieller Vorschrift auch tatsächlich zusteht, d.h. aus welchem er seine Parteistellung ableitet. Wird keine solche Einwendung erhoben, verliert der Nachbar seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren (VwGH 26.6.2014, 2011/06/0040; VwGH 17.4.2012, 2009/05/0054; VwGH 16.9.2009, 2008/05/0250, mwH; VwGH vom 16.12.1997, 97/05/0261; VwGH 31.3.2009, 2007/06/0235; ua.).
6.5. Zu den maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO) idF LGBl. Nr. 90/2013 (auszugsweise):
„§ 24
Bewilligungspflichtige Bauvorhaben
(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:
1. der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;
...
§ 31
Einwendungen der Nachbarn
(1) Nachbarn sind
1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;
...
(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.
(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. ...
...
§ 35
Entscheidung über den Baubewilligungsantrag
...
(1a) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn, die im Baubewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind, stehen der Erteilung einer Baubewilligung entgegen, wenn sie sachlich gerechtfertigt sind. Kann solchen öffentlich-rechtlichen Einwendungen durch Auflagen oder Bedingungen entsprochen werden, sind diese vorzuschreiben. (Anm: LGBl. Nr. 96/2006) ...“
Zu den maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Bautechnikgesetzes 2013
(Oö. BauTG 2013) idF LGBl. Nr. 38/2016:
„§ 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:
...
12. Gebäude: überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene Bauwerke, die von Personen betreten werden können;
...
§ 40
Abstandsbestimmungen für Gebäude und Schutzdächer
Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gilt für die Lage und Höhe von Gebäuden und Schutzdächern:
1. Beim Neu- und Zubau von Gebäuden ist, sofern sich aus den folgenden Ziffern nichts anderes ergibt, zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen ein Mindestabstand, gemessen von der fertigen Außenwand, von 3 m einzuhalten. Bei Gebäudeteilen, die höher als 9 m sind, muss der Abstand wenigstens ein Drittel ihrer Höhe betragen.
...
§ 41
Ausnahmen von den Abstandsbestimmungen
(1) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gelten die Abstandsbestimmungen zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen nicht für:
...
5. Gebäude und Schutzdächer sowie Teile davon, auch wenn sie unterkellert sind, unter folgenden Voraussetzungen:
a) die im Abstand gelegenen Räume und Teile von Schutzdächern dürfen nicht für betriebliche Zwecke oder zur Haltung von Tieren genutzt werden;
b) soweit die den Nachbargrundgrenzen zugewandten Außenwände einen Abstand von weniger als 2 m zur Nachbargrundgrenze aufweisen, sind in diesen Türen und Fenster unzulässig; in Außenwänden, die an solche Außenwände anschließen, müssen Türen und Fenster von der Nachbargrundgrenze einen Abstand von mindestens 1 m aufweisen, soweit es sich nicht um Einfahrten, Garagentore, Loggien und dergleichen handelt;
c) die Summe aller im jeweiligen Abstand gelegenen, den Nachbargrundstücken zugewandten Längen der Bauwerke einschließlich allfälliger Dachvorsprünge darf 15 m nicht überschreiten;
d) die Traufenhöhe von im Abstand gelegenen Bauwerksteilen darf 3 m über dem Erdgeschoßfußboden nicht überschreiten; reicht der einzige Fußboden unter das künftige Gelände, ist die Traufenhöhe über dem höchsten angeschnittenen künftigen Gelände zu messen;
e) die Gesamthöhe von im Abstand gelegenen Bauwerksteilen (wie Dachgiebeln) darf 7 m nicht überschreiten; § 40 Z 6 gilt sinngemäß; Mansarddächer sind in diesem Bereich unzulässig;
f) bei Pultdächern mit einem dem Nachbargrundstück zugewandten First darf dessen Höhe 3 m über dem Erdgeschoßniveau nicht überschreiten; ...“
6.6. Der Beschwerdeführer war durch das geänderte Projektansuchen der mitbeteiligten Partei vom 20.1.2014 mit der Errichtung eines Garagenblocks unmittelbar an seiner Nachbargrundstücksgrenze konfrontiert. Die Einwendung des (unvertretenen) Beschwerdeführers, er spreche sich gegen den Standort der Garage an der Grundgrenze aus, weist nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts erkennbar dahin, dass der Beschwerdeführer den projektierten Garagenblock unmittelbar an seiner Grundgrenze für unzulässig hält. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, sind Parteierklärungen im Zweifel nicht so aufzulegen, dass ein von vornherein aussichtsloses Rechtsschutzbegehren unterstellt wird (VwGH 9.9.2015, 2013/03/0120; VwGH 31.3.2009, 2007/06/0235; VwGH 8.11.2001, 2000/21/0079; ua.). Auch wenn der Beschwerdeführer den Standort der Garage an der Grundgrenze (lediglich) mit den Sichtverhältnissen bei der Ausfahrt aus seiner Liegenschaft moniert, so hätte die belangte Behörde bei Auslegung des Vorbringens des Beschwerdeführers nach seinen erkenn- und erschließbaren Zielen, nämlich den Standort des Garagenblocks unmittelbar an der Grundgrenze zu verhindern, von einem zulässigen Einwand des Beschwerdeführers ausgehen müssen, zumal einem Nachbarn nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein subjektives Recht auf Einhaltung des Seitenabstandes des seinem Grundstück zugekehrten Nachbargrundstückes zukommt (vgl. VwGH 15.5.2014, 2012/05/0083; VwGH 15.11.2011, 2008/05/0146; VwGH 21.2.1995, 92/05/0202;ua.). Der Beschwerdeführer konnte daher den Abstand des Garagenblocks zu seiner Grundstücksgrenze zu Recht als subjektiv-öffentliches Recht geltend machen.
6.7. Der angefochtene Bescheid leidet daher an einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit, da die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 30.11.2015 aus (lediglich) formellen Gründen zu Unrecht zurückwies, anstatt eine Sachentscheidung über den zulässigen Einwand des Beschwerdeführers betreffend die Projektierung des Garagenblockes an seiner Grundstücksgrenze zu treffen (vgl. VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115; VwGH 29.4.2015, 2013/08/0136; Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm 17f). Der angefochtene Bescheid war daher vom Landesverwaltungsgerichtshof im Rahmen einer negativen Sachentscheidung gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos aufzuheben.
6.8. Aus Anlass der Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde wird aus verfahrensökonomischen Gründen wie folgt hingewiesen:
Die belangte Behörde ist im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtshofes zu Recht davon ausgegangen, dass Nachbarn hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen kein subjektives Recht zusteht, insbesondere besteht nach Ansicht des Höchstgerichts kein Rechtsanspruch des Nachbarn darauf, dass seine Sicht durch das Bauvorhaben bei Ausfahrt auf eine öffentliche Straße nicht beeinträchtigt werde (vgl. VwGH 20.2.1990, 89/05/0177). Ist die Errichtung eines Gebäudes zulässig, weil unter anderem die Bestimmungen über die Abstandsflächen und die Gebäudehöhe eingehalten werden, können vielmehr Folgewirkungen, die sich aus der Situierung des Gebäudes ergeben, nicht mehr gesondert geltend gemacht werden (vgl. VwGH 15.5.2014, 2012/05/0164; VwGH 27.2.1986, 85/06/0176; Neuhofer, Oö. Baurecht7, Band 1 (2014), Rz 8 zu § 31 Oö. BauO 1994). Daran ändert nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts auch nicht der Umstand, dass der Beschwerdeführer – nach seiner Darlegung – im Rahmen seines eigenen Bauvorhabens Grund an die Stadtgemeinde abtreten musste, zumal die Frage der Grundabtretung auf das nachbarrechtliche Einwendungsregime nach § 31 Abs. 3 und 4 Oö. BauO 1994 keinen Einfluss hat.
Zu dem - vom Landesverwaltungsgericht als zulässig erkannten - Einwand des Beschwerdeführers betreffend die Wahrung des Mindestabstandes im Sinne des § 40 Z 1 Oö. BauTG 2013 zu seinem Grundstück wird von der belangten Behörde auch auf Basis der Ermittlungsergebnisse des Landesverwaltungsgerichtes zu § 41 Abs. 1 Z 5 leg. cit., insbesondere der ergänzenden gutachterlichen Ausführungen des Amtssachverständigen, eine Sachentscheidung zu treffen sein. Wie ausgeführt (vgl. Punkt 6.3.), ist dem Landesverwaltungsgericht eine Entscheidung in merito aus rechtlichen Gründen selbst verwehrt.
Auf die Notwendigkeit der Zustimmung der Gemeindestraßenverwaltung betreffend die Errichtung des Garagenblocks an der Grundgrenze zur nördlich verlaufenden D nach der Bestimmung des § 18 Oö. Straßengesetz 1991 wird der Vollständigkeit halber zum Einwand des Beschwerdeführers betreffend die Beeinträchtigung seiner Sichtverhältnisse beim Ein- und Ausfahren zu seinem Grundstück hingewiesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Punkt II.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die in dieser Entscheidung zitierte Judikatur des VwGH). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Jörg Steinschnack