LVwG-150707/48/EW/FE – 150708/2

Linz, 02.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Wiesbauer über die Beschwerden der B S, J x, x B, und der R M-Ge, H x, x B, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, S x, x M, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadt Braunau am Inn vom 30.4.2015, Zl. IIIa/605/2-103/2014 Mag.Rei/Ab,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.         Die erteilte Baubewilligung bezieht sich auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geänderte Projekt, das zusätzlich die Errichtung einer Lärmschutzwand auf Grundstück Nr. x, KG B, vorsieht (geänderter Einreichplan Wohnanlage „H S „ x-B, Tekturplan vom 10. März 2016, Lageplan M 1:1000, Außengestaltungsplan M 1:100, Ansichten/Schnitte Lärmschutzwand M 1:100; Schalltechnisches Projekt der K-S-M & P x-GmbH vom 8. März 2016).

 

Die in Spruchpunkt I. des Bescheides vom 5. November 2014 enthaltenen Auflagen werden um folgende Auflagen ergänzt:

 

„Schalltechnisch:

 

1.     Beginnend bei der Außenwand der Müllinsel ist über eine Länge von 22 m in östlicher Richtung und dann nochmals weiter über eine Länge von 12 m in südlicher Richtung eine 2,5 m hohe Lärmschutzwand (Lage gemäß Einreichplan vom 10. März 2016) herzustellen.

2.     Bezüglich der Farbgebung der Lärmschutzwand ist unter Vorlage von Putz- und Farbmustern rechtzeitig das Einvernehmen mit der Stadtgemeinde Braunau am Inn aufzunehmen und die Genehmigung einzuholen.

3.     Diese Lärmschutzwand ist fugendicht auszuführen, d. h. fugendichter Anschluss an die Müllinsel, fugendicht im Bereich der Bodenfuge, fugendicht beim Übergang im nordöstlichen Eck.

4.     Das Schalldämmmaß der Wandkonstruktion hat Rw > 24 dB zu betragen und die Oberfläche muss auf beiden Seiten hochabsorbierend sein.

5.     Nach Fertigstellung der Lärmschutzwand ist eine Ausführungsbestätigung über die Einhaltung des geforderten Schalldämmmaßes und der fugendichten Ausführung (Herstelleratteste) der Baubehörde mit der Fertigstellungsanzeige unaufgefordert vorzulegen.“

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. Mit Schreiben vom 8.7.2014 legt die x V L W gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden: Bewilligungswerberin, kurz: Bw) ein Ansuchen um Baubewilligung gemäß § 28 Oö. Bauordnung 1994 (kurz: Oö. BauO 1994), datiert mit 3.7.2014, für den Neubau einer Wohnanlage mit 23 Mietwohnungen, einer Tiefgarage mit 23 PKW-Stellplätzen und 23 im Freien situierten PKW-Stellplätzen auf Grundstück Nr. x, KG B (alle Grundstücke befinden sich in weiterer in der KG B), bei der zuständigen Baubehörde erster Instanz vor. Die mit Kundmachung vom 7.10.2014 anberaumte mündliche Bauverhandlung über das beantragte Bauvorhaben am 21.10.2014 wurde vom zuständigen Sachbearbeiter der Baubehörde erster Instanz geleitet. Dieser fungierte in dieser Verhandlung auch als bautechnischer Amtssachverständiger und erstattete während der mündlichen Verhandlung Befund und Gutachten zum beantragten Bauvorhaben. Bereits in der mündlichen Verhandlung erhoben die Beschwerdeführerinnen (im Folgenden kurz: Bf) Einwendungen gegen das geplante Bauvorhaben.

 

Mit Bescheid vom 5.11.2014 wurde die Baubewilligung für den Neubau der Wohnanlage unter Vorschreibung von bau- und brandschutztechnischen Auflagen erteilt. Zu den Einwendungen der Bf wurde in der Begründung ausführlich Stellung genommen.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bf durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 25.11.2014 fristgerecht Berufung.

 

Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der Stadt Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) vom 30.4.2015 wurde der Berufung der Bf keine Folge gegeben. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung zusammengefasst damit, dass über die Einwendungen der Bf bereits mit der Erteilung der Baubewilligung abgesprochen worden sei, dass ein Verhandlungsleiter auch gleichzeitig als Sachverständiger fungieren könne, dass bei normaler Verwendung der Stellplätze und deren Zufahrten keine über das Maß hinausgehende (unübliche) Belästigung durch Lärm und Abgase auftreten werde, dass kein subjektives Recht auf Beibehaltung der Lebensqualität bestehe und dass die Gebäudehöhe dem vorliegenden Bebauungsplan entspreche und es kein Recht auf Belichtung und Belüftung aus einem benachbarten fremden Grundstück gäbe.

 

I.3. Gegen diesen Berufungsbescheid erhoben die Bf mit Eingabe vom 2.6.2015 rechtzeitig Beschwerde. Begründet werden darin zusammengefasst folgende Punkte vorgebracht: Das abgeführte Baubewilligungsverfahren leide an einem absoluten Verfahrensmangel, da kein der Bauordnung entsprechendes bautechnisches Amtssachverständigengutachten eingeholt wurde. Der Verhandlungsleiter habe als bautechnischer Amtssachverständiger fungiert, die Verhandlung geführt, das Protokoll diktiert und selbst Befund und Gutachten in bautechnischer Hinsicht erstellt, was unzulässig sei. Des Weiteren sei im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides nicht über die Einwendungen der Bf abgesprochen worden. Es sei außerdem unterlassen worden, einen amtsärztlichen Sachverständigen beizuziehen, welcher über die unzumutbare Lärmbeeinträchtigung durch die in der Nähe der Grundstücksgrenze der Bf situierten PKW-Freistellplätze ein Gutachten erstellt hätte. Es sei zu überprüfen, ob der Bürgermeister, welcher den Berufungsbescheid unterfertigt habe, bei der Beschlussfassung mitgewirkt habe, ob die Abstimmungsform eingehalten worden sei und ob der Amtsvortrag mit der gegenständlichen Entscheidung der belangten Behörde übereinstimme. Die Situierung der Wohnblöcke in der Nähe der Grundstücksgrenzen der Bf entziehe Licht, Luft und Sonne in einem unzumutbaren Ausmaß. Die Flächenwidmung stelle eine unzulässige Anlasswidmung dar, weil sie auf den Wunsch der Bewilligungswerberin auf Realisierung der beiden verfahrensgegenständlichen Wohnblöcke zurückgehe. Der Bebauungsplan sehe eine dreigeschossige Bebauung vor, was den Grundsätzen des § 31 Abs. 4 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (kurz: Oö. ROG 1994) widerspreche. Die Voraussetzungen zur Änderung des Flächenwidmungsplanes gemäß § 36 Abs. 2 Oö. ROG 1994 würden nicht vorliegen, weil dadurch die Interessen der Nachbarn auf Grund der zulässig gewordenen Bebauungsdichte und der dreigeschossigen Bebauungsmöglichkeit verletzt worden seien (in Bezug auf Licht, Luft und Sonne). Der Flächenwidmungsplan entspreche darüber hinaus nicht dem örtlichen Entwicklungskonzepte. Darüber hinaus würden die verfahrensgegenständlichen dreigeschossigen Wohnblöcke würden nicht in das Landschaftsbild passen.

 

I.4. Mit Schreiben vom 18.6.2015, eingelangt am 24.6.2015, übermittelte die belangte Behörde die Beschwerden samt den bezughabenden Verwaltungsakt und einer ausführlichen Stellungnahme. Zusammengefasst führt sie zu den Beschwerdegründen aus, dass laut Judikatur des VwGH die gemeinsame Funktion als Verhandlungsleiter und Sachverständiger miteinander vereinbar sei und keine Befangenheit auslöse. Entgegen der Ansicht der Bf seien mangels gesetzlicher Änderungen auch ältere Judikate des VwGH noch gültig. Weiters verweist sie auf § 59 Abs. 1 AVG, welcher nicht gebieten würde, dass im Spruch genau aufgelistet werde, welche Einwendungen zurück- bzw. abgewiesen werden, da Einwendungen mit der Erledigung der Hauptfrage als miterledigt gelten würden. Es sei darüber hinaus kein amtsärztlicher Sachverständiger beizuziehen gewesen, weil keine schädlichen Umwelteinwirkungen gemäß § 3 BauTG 2013 zu erwarten gewesen seien. Der Bürgermeister habe an der Entstehung des bekämpften Bescheides nicht mitgewirkt. Zum Thema der Rechtswidrigkeit von Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, welches von der belangten Behörde nicht auszugreifen gewesen sei, wird ausgeführt, dass die Planänderung damit begründet wurde, dass gegenständliche Grundstücke bereits vor der Revision 2001 als Wohngebiet zur Errichtung eines zweiten Wohnblockes gewidmet gewesen sei. Durch den bereits erfolgten Abbruch des Sozialbaues und der Erweiterung des Wohngebietes auf die ursprüngliche Widmung könne auf gegenständlichem Areal eine hochwertige Wohnbebauung realisiert und geförderte Wohnungen zur Verfügung gestellt und somit der ständigen Wohnungsnachfrage entsprochen werden. Gegenständliche Änderung widerspreche auch nicht den Zielsetzungen der Gemeinde zur Sicherstellung von Baulandflächen für die Abdeckung des ständigen Wohnbedarfs nach dem örtlichen Entwicklungskonzeptes. Durch die Einhaltung entsprechender Abstände zu den Nachbargrundstücken, sowie dem im Osten angrenzenden Grünland seien auch Interessen Dritter nicht verletzt.

 

I. 5.      Nach Aufforderung des Landesverwaltungsgerichts übermittelte die belangte Behörde mit Schreiben vom 25. Februar 2015 den Verfahrensakt zum Flächenwidmungsplan Nr. x, Änderung Nr. x.

 

I. 6.      Mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine öffentlich mündliche Verhandlung für 21. Jänner 2016 anberaumt. Nachdem der rechtsfreundliche Vertreter der Bf am 13. Jänner 2016 Akteneinsicht genommen hat, wurde der Antrag auf Beischaffung des Protokolls über die Sitzung des Gemeinderates vom
26. März 2015 gestellt. Mit Schreiben vom 13. Jänner 2016 wurde den Bf entsprechend diesem Antrag der Amtsvortrag samt Bescheidentwurf vom 2. März 2015, auf welchem in der Verhandlungsschrift des Gemeinderates vom 26. März 2016 verwiesen wurde und welcher sich im verwaltungsbehördlichen Akt befand übermittelt.

 

I. 7.      Aufgrund der Erörterung des maßgeblichen Sachverhaltes in der mündlichen Verhandlung am 21. Jänner 2014 und der Konkretisierung des Lärmeinwandes der Bf bezüglich der Tiefgaragenparkplätze und der Parkplätze im Freien, wurden dem schalltechnischer Amtssachverständige vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 28. Jänner 2016 die Projektunterlagen zur Erstellung ein mit der Erstellung eines Gutachtens übermittelt. Nach einer groben Vorprüfung der Unterlagen ist der schalltechnische Amtssachverständige in seinem Schreiben vom 2. Februar 2015 zu dem Ergebnis gekommen, dass ohne Lärmschutzmaßnahmen eine Lärmsituation gesehen werde, „die aus technischer Sicht in den Nachtstunden die aus technischen Richtlinien ableitbaren Grenzwerte überschreite“.

 

I. 8.      Mit Schreiben vom 16. Februar 2016 wurde der Bw die Möglichkeit eingeräumt ihr Bauvorhaben zu ändern, um diesen Abweisungsgrund zu beseitigen. Die Bw änderte daraufhin ihr Projekt dahingehend, dass nun im Bereich der Parkplätze im Freien und der Tiefgaragenabfahrt auf dem Grundstück der Bewilligungswerberin entlang der Grundstücke Nr. x, x und x eine Lärmschutzwand ausgeführt wird. Mit Schreiben vom 11. März 2016 legte sie diesbezüglich überarbeitet Planunterlagen vom 10. März 2016 und ein schalltechnisches Projekt der K-S-M & P x-GmbH für Bauingenieurwesen und technische Physik vom 8. März 2016 dem Landesverwaltungsgericht vor.

 

I. 9.      Diese Unterlagen wurden dem schalltechnischen Amtssachverständigen zusätzlich zu den ursprünglich eingereichten Projektunterlagen zur neuerlichen Begutachtung vorgelegt. Mit Schreiben vom 30. März 2016 erstattet er zur Beweisfrage, ob die maßgeblichen Grenzwerte für die Bf an deren Grundgrenzen durch die 23 PKW-Stellplätze im Freien und der Tiefgarage mit weiteren 23 Stellplätzen eingehalten werden, folgendes Gutachten:

 

„Infolge der schalltechnischen Beurteilung vom 02.02.2016 wurden von den V L W ergänzende Projektunterlagen vorgelegt. Es handelt sich dabei um einen mit Datum 10.03.2016 geänderten Einreichplan (Tekturplan 10.03.2016) und ein schalltechnisches Projekt der x x-GmbH, datiert mit 08.03.2016. Diese Unterlagen, insbesondere das schalltechnische Projekt, wurden fachlich geprüft und können daraus folgend als plausibel und nachvollziehbar bezeichnet werden. Die Unterlagen sind somit insgesamt ausreichend für eine schalltechnische Beurteilung.

 

Nach der vorliegenden Planung beabsichtigt die Bauwerberin, auf der Parz. Nr. x, KG. B, die Errichtung von zwei Wohnbauten in Nord-Süd-Ausrichtung. Bezüglich der konkreten Vorhabensbeschreibung wird auf die Ausführungen des bautechnischen Sach­verständigen in der Verhandlungsschrift vom 21.10.2014 verwiesen. Es wird in der Folge nur mehr auf die schalltechnisch wesentlichen Aspekte eingegangen. Schalltechnisch von Bedeutung sind die im Bereich der nordseitigen Grundgrenzen angeordneten einmal fünf und einmal zehn Pkw-Stellplätze. Etwas weiter südlich (südlich der Zufahrt zur Tiefgarage) sind weitere acht Pkw-Stellplätze im Freien angeordnet. Die nordwestlich angeordneten fünf Stellplätze werden direkt von der H Straße erschlossen, die nordöstlichen zehn und acht Stellplätze werden von der H Straße über eine Zufahrt am Grundstück des Bauvorhabens erschlossen. Über diese Zufahrt erfolgt auch die Aufschließung der Tiefgarage. Diese weist 23 Stellplätze auf. Die Rampe der Tiefgarage hat eine Neigung von etwa 15 %.

 

Gemäß den ergänzten Unterlagen ist nun nördlich und östlich der oberirdischen Stellplätze eine Lärmschutzwand vorgesehen. Diese beginnt bei der Betonwand der Müllinsel und verläuft zunächst 22 m in Richtung Osten und dann noch 12 m in Richtung Süden. Die Höhe der Lärm­schutzwand beträgt 2,5 m. Aufbauend auf dieser zusätzlichen Maßnahme wurde vom Büro x x-GmbH ein schalltechnisches Projekt erstellt. Dem schalltechnischen Projekt zugrunde gelegt wurden die nordöstlich gelegenen zehn und acht Pkw-Stellplätze, die fünf nordwestlich gelegenen Pkw-Stellplätze sowie die Fahrwege zu den Stellplätzen und die Zufahrt und Einfahrt der Tief­garage. Die Emissionsansätze der Fahrbewegungen auf den Fahrwegen erfolgte auf Basis der RVS 04.02.11, die der Stellplatzmanipulationen nach der Bayerischen Parkplatzlärmstudie. Beide Richtlinien entsprechen dem aktuellen Stand der Schalltechnik. Auf Basis der Emissionsansätze wurde rechnerunterstützt eine Schallausbreitungsrechnung durchgeführt. Dafür wurden entlang der nördlichen und östlichen Grundgrenze sowie auf der Hausfassade des Gebäudes H Straße x im Obergeschoß mehrere Immissionspunkte gesetzt. Die Berechnung erfolgte für den Tag und die Nacht sowie für die ungünstigste Nachtstunde. Zudem wurden auch die zu erwartenden kennzeichnenden Spitzenpegel (verursacht durch Starten, Türenschließen, beschleunigte Abfahrt) ermittelt. Die Rechenergebnisse sind in verschiedenen Tabellen zusammengefasst und wird im Einzelnen darauf verwiesen. Es wurden die Ergebnisse ohne und mit der Lärmschutzwand dargestellt.

 

Gegen den Baubescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Braunau am Inn haben Frau B S und Frau R M-G Beschwerde erhoben. Frau B S ist Eigentümerin der Liegenschaft Nr. x und x. Diese Liegenschaft befindet sich westlich des Bauvorhabens. Ausgehend von dieser Liegenschaft befinden sich die zehn und acht Stellplätze im Freien und die Tiefgaragenzufahrt hinter dem „Haus x" laut Lageplan. Schall­technische Auswirkungen sind hier keinesfalls zu erwarten. Die fünf Stellplätze nördlich vom Haus 2 befinden sich in einem Abstand von etwa 20 m zur Grundgrenze der Liegenschaft x und sind diese auch nahezu vollständig durch das Wohngebäude und eine Trafostation abgeschirmt. Lediglich vom westlichsten der fünf Stellplätze sind Immissionsauswirkungen zu erwarten, die jedoch deutlich unter den für ein Wohngebiet üblichen und damit zulässigen Größen­ordnung liegen.

 

Anders ist grundsätzlich die Situation in Bezug auf die Beschwerdeführerin Frau R M-G. Die Liegenschaften dieser Beschwerdeführerin befinden sich nördlich unmittelbar im Anschluss an die Bauvorhabensfläche und sind da relativ nahe und ohne dazwischen liegende Gebäude die Stellplätze im Freien vorgesehen. Entgegen der ursprünglichen Planung sieht die nunmehr vorliegende Planergänzung entlang der Nordseite und der Ostseite eine 2,5 m hohe Lärmschutzwand vor. Damit wird eine Schallabschirmung der auf den Stellplätzen und auf den Fahrwegen am Bauareal stattfindenden Ereignisse bewirkt. Wie vorstehend ausgeführt, wurden im Schallprojekt entlang der Grundgrenze der Liegenschaft M-G Immissionspunkte gesetzt. Für die Liegenschaft M-G sind die Immissionspunkte IP1 bis IP6 (Grundgrenze) sowie IP9 und IP10 (Hausfassade) relevant. Unter Berücksichtigung der geplanten Lärmschutzwand wurden folgende erwartbare Immissionen ermittelt:

 

Grundgrenze:   

Tag (06:00 Uhr bis 19:00 Uhr)                Lr = 36 bis 42 dB           LA,max = 68 bis 70 dB

Abend (19:00 Uhr bis 22:00 Uhr)             Lr = 36 bis 42 dB           LA,max = 68 bis 70 dB

Nacht (22:00 Uhr bis 06:00 Uhr)             Lr = 27 bis 33 dB           LA,max = 68 bis 70 dB

ungünstige Nachtstunde                                    Lr = 32 bis 38 dB           LA,max = 68 bis 70 dB

 

Hausfassade OG:

Tag (06:00 Uhr bis 19:00 Uhr)                Lr = 41 bis 42 dB           LA,max = 64 bis 67 dB

Abend (19:00 Uhr bis 22:00 Uhr)             Lr = 41 bis 42 dB           LA,max = 64 bis 67 dB

Nacht (22:00 Uhr bis 06:00 Uhr)             Lr = 32 bis 33 dB           LA,max = 64 bis 67 dB

ungünstige Nachtstunde                                    Lr = 37 bis 38 dB           LA,max = 64 bis 67 dB

 

Aus schalltechnischer Sicht ist nach der bekannten Rechtsprechung im Bauverfahren die Nachbar­grundgrenze der maßgebliche Beurteilungsbereich. Dieser Bereich wird, wenn es um nächtliche Lärmeinwirkungen geht, insofern erweitert, dass auch die Hausfassade betrachtet wird. Die aus fachlicher Sicht relevanten Grenzen für „zulässige" Schallimmissionen werden nach technischen Richtlinien und Normen abgeleitet. Für Wohngebiete, wie gegenständlich der Fall, ergibt sich aus der ÖNORM S 5021 am Tag ein Grenzwert von LA,eq = 55 dB, am Abend von LA,eq = 50 dB und in der Nacht von
LA,eq = 45 dB. Die zulässige Höhe von Schallpegelspitzen leitet sich aus der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 ab. Hier wird die Grenze bei LA,eq + 25 dB gesehen, woraus sich die Werte von
LA,max = 80 dB am Tag, LA,max = 75 dB am Abend und LA,max = 70 dB in der Nacht ergeben.

 

Vergleicht man die prognostizierten Immissionsauswirkungen mit den aus den maßgeblichen Richtlinien und Normen abgeleiteten Grenzwerten, so zeigt sich, dass in keinem Bereich und zu keiner Zeit Überschreitungen auftreten. Vorausgesetzt ist hierbei die ordnungsgemäße Errichtung der projektierten Lärmschutzwand. Eine ordnungsgemäße Errichtung bedingt die Einhaltung einiger Bedingungen. Diese werden nachfolgend formuliert und es wird vorgeschlagen, diese auch als Auflagen in den Bescheid aufzunehmen:

 

1.    Beginnend bei der Außenwand der Müllinsel ist über eine Länge von 22 m in östlicher Richtung und dann nochmals weiter über eine Länge von 12 m in südlicher Richtung eine 2,5 m hohe Lärmschutzwand (Lage gemäß Einreichplan) herzustellen.

2.    Diese Lärmschutzwand ist fugendicht auszuführen, d. h. fugendichter Anschluss an die Müllinsel, fugendicht im Bereich der Bodenfuge, fugendicht beim Übergang im nord­östlichen Eck.

3.    Das Schalldämmmaß der Wandkonstruktion hat Rw > 24 dB zu betragen und die Ober­fläche muss auf beiden Seiten hochabsorbierend sein.“

 

 

I. 10.    Dieses Gutachten wurde zusammen mit allen Projektunterlagen mit Schreiben vom 31. März 2016 dem medizinischen Amtssachverständigen zur Erstellung eines medizinischen Gutachtens zu folgender Beweisfrage übermittelt:

 

Sind die beschwerdeführenden Parteien durch das gegenständliche Projekt der unzumutbaren Belästigung oder Gesundheitsgefährdung durch Schallimmissionen ausgesetzt?

 

Mit Schreiben vom 15. April 2016 legte er Befund und Gutachten vor:

 

„Der schalltechnische Sachverständige stellt nach Prüfung auf Plausibilität und Nachvollziehbarkeit des ergänzend vorgelegten schalltechnischen Projektes der x x-GmbH, datiert mit 08.03.2016 fest:

Nach der vorliegenden Planung beabsichtigt die Bauwerberin, auf der Parz. Nr. x, KG. B, die Errichtung von zwei Wohnbauten in Nord-Süd-Ausrichtung. Bezüglich der konkreten Vorhabensbeschreibung wird auf die Ausführungen des bautechnischen Sachverständigen in der Verhandlungsschrift vom 21.10.2014 verweisen. Es wird in der Folge nur mehr auf die schalltechnischen wesentlichen Aspekte eingegangen. Schalltechnisch von Bedeutung sind die im Bereich der nordseitigen Grundgrenzen angeordneten einmal fünf und einmal zehn Pkw-Stellplätze. Etwas weiter südlich (südlich der Zufahrt zur Tiefgarage) sind weitere acht Pkw-Stellplätze im Freien angeordnet. Die nordwestlich angeordneten fünf Stellplätze werden direkt von der H Straße erschlossen, die nordöstlichen zehn und acht Stellplätze werden von der H Straße über eine Zufahrt am Grundstück des Bauvorhabens erschlossen. Über diese Zufahrt erfolgt auch die Aufschließung der Tiefgarage. Diese weist 23 Stellplätze auf. Die Rampe der Tiefgarage hat eine Neigung von etwa 15%.

 

Unter Hinweis auf die weiteren Detailausführungen der schalltechnischen Beurteilung wird zur Liegenschaft von Frau S (Liegenschaft Nr. x und x) festgestellt, dass diese Liegenschaft westlich des Bauvorhabens liegt. Ausgehend von dieser Liegenschaft befinden sich die zehn und acht Stellplätze im Freien und die Tiefgaragenzufahrt hinter dem "Haus 2" laut Lageplan. Schalltechnische Auswirkungen seien hier nach den schalltechnischen Ausführungen keinesfalls zu erwarten.

Die fünf Stellplätze nördlich vom Haus 2 befinden sich in einem Abstand von etwa 20 m zur Grundgrenze der Liegenschaft x und sind diese auch nahezu vollständig durch das Wohngebäude und eine Trafostation abgeschirmt. Lediglich vom westlichen der fünf Stellplätze sind Immissionsauswirkungen zu erwarten, die jedoch deutlich unter den für ein Wohngebiet üblichen und damit zulässigen Größenordnung liegen.

Anders ist grundsätzlich die Situation in Bezug auf die Beschwerdeführerin Frau R M-G. Die Liegenschaften dieser Beschwerdeführerin befinden sich nördlich unmittelbar im Abschluss an die Bauvorhabensfläche und sind da relativ nahe und ohne dazwischen liegende Gebäude die Stellplätze im Freien vorgesehen. Entgegen der ursprünglichen Planung sieht die nunmehr vorliegende Planergänzung entlang der Nordseite und Ostseite eine 2,5 m hohe Lärmschutzwand vor.

 

Unter Berücksichtigung der geplanten Lärmschutzwand wurden folgende erwartbare Immissionen ermittelt:

Grundgrenze: 

Tag (06:00 Uhr bis 19:00 Uhr)                Lr = 36 bis 42 dB          LA,max = 68 bis 70 dB

Abend (19:00 Uhr bis 22:00 Uhr)                       Lr = 36 bis 42 dB          LA,max = 68 bis 70 dB

Nacht (22:00 Uhr bis 06:00 Uhr)             Lr = 27 bis 33 dB          LA,max = 68 bis 70 dB

ungünstige Nachtstunde                                   Lr = 32 bis 38 dB          LA,max = 68 bis 70 dB

 

Hausfassade OG:

Tag (06:00 Uhr bis 19:00 Uhr)                Lr = 41 bis 42 dB          LA,max = 64 bis 67 dB

Abend (19:00 Uhr bis 22:00 Uhr)                       Lr = 41 bis 42 dB          LA,max = 64 bis 67 dB

Nacht (22:00 Uhr bis 06:00 Uhr)             Lr = 32 bis 33 dB          LA,max = 64 bis 67 dB

ungünstige Nachtstunde                                   Lr = 37 bis 38 dB          LA,max = 64 bis 67 dB

 

Der schalltechnische Amtssachverständige stellt diese Immissionen mit den Grenzwerten der ÖNORM S 5021, die für Wohngebiete für die Tagzeit einen Grenzwert von LA,eq = 55 dB, am Abend von LA,eq = 50 dB und in der Nacht von LA,eq = 45 dB, gegenüber. Die zulässige Höhe von Schallpegelspitzen wird aus der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 ab. Hier wird die Grenze bei LA,eq + 25 dB gesehen, woraus sich die Werte von LA,max = 80 dB am Tag, LA,max = 75 dB am Abend und LA,max 70 dB ergeben.

 

In einem Vergleich der prognostizierten Immissionsauswirkungen mit den aus den maßgeblichen Richtlinien und Normen abgeleiteten Grenzwerten, stellt der schalttechnische Amtssachverständige fest, dass in keinem Bereich und zu keiner Zeit Überschreitungen auftreten.

 

Abschließend werden vom schalltechnischen Amtssachverständigen Auflagen zur Konstruktion der Lärmschutzwand definiert.

 

 

GUTACHTEN:

 

Gesundheitsgefährdung - Belästigung

 

Um den gesetzlichen Vorgaben zu folgen, ist die Beurteilung auf den gesunden normal empfindenden Menschen und das Kind abzustellen und wird in den folgenden Beurteilungen berücksichtigt.

Zur Unterscheidung der Begriffe Gesundheitsgefährdung, Belästigung werden im Folgenden jene Definitionen, die wiederkehrend in umweltrelevanten Verfahren verwendet werden wiedergegeben: In den „Empfehlungen für die Verwendung medizinischer Begriffe im Rahmen umwelthygienischer Beurteilungsverfahren" veröffentlicht (von M. Haider et. al) in den Mitteilungen der Österr. Sanitätsverwaltung 85. Jhg. (1984) H. 12, werden die Begriffe „Gesundheitsgefährdung und -belästigung" wie folgt definiert:

 

Gesundheitsgefährdung

Als Gesundheitsgefährdung gilt eine Einwirkung (Immission), durch die nach den Erfahrungen der med. Wissenschaft, die Möglichkeit besteht, dass Krankheitszustände, Organschäden oder unerwünschte organische oder funktionelle Veränderungen, die die situationsgemäße Variationsbreite vom Körper- oder Organformen bzw. -funktionen signifikant überschreiten, entweder bei der Allgemeinbevölkerung oder auch nur bei bestimmten Bevölkerungsgruppen bzw. auch Einzelpersonen eintreten können.

Die Gesundheitsgefährdung ist also die Erwartbarkeit eines Gesundheitsschadens oder eines hohen Gesundheitsrisikos, die mit den Mitteln der wissenschaftlichen Prognose zu belegen ist oder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Belästigung, Störung des Wohlbefindens, Beeinträchtigung des Wohlbefindens

Hier handelt es sich weitgehend um subjektive Wahrnehmungsqualitäten jede Immission -vorausgesetzt, dass sie überhaupt wahrgenommen wird, d.h., dass sie die Wahrnehmungsschwelle überschreitet - kann vom gesunden normal empfindenden Menschen im konkreten Fall als Belästigung empfunden werden und damit eine Störung des Wohlbefindens bewirken. Das Empfinden einer Belästigung ist inter- und intraindividuell sehr unterschiedlich. Die Wahrnehmung einer Immission an sich stellt noch keine Belästigung dar. Zum Belästigungserleben kommt es insbesondere, wenn die Immission emotional negativ bewertet wird. Einzuschließen in diese Kategorie wären auch Störungen bestimmter höherer Funktionen und Leistungen - wie etwa der geistigen Arbeit, der Lern- und Konzentrationsfähigkeit, der Sprachkommunikation, ... Es sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, dass solche Funktions- und Leistungsstörungen über einen längeren Zeitraum hinweg sehr wohl zu einer Gesundheitsgefährdung werden können. Da es offenbar weder möglich noch wünschenswert ist, Maßnahmen gegen jedwede geringste subjektiv empfundene Störung zu ergreifen, muss eine Unterscheidung zwischen zumutbarer und unzumutbarer Belästigung getroffen werden. Unzumutbar[1] ist eine Belästigung, wenn sie zu erheblichen Störungen des Wohlbefindens, zu funktionellen oder organischen Veränderungen führen kann, oder über ein das ortsübliche Ausmaß hinausgeht, wobei in diesem Fall auch die Widmung von Liegenschaften maßgebenden Vorschriften zu berücksichtigen sind. (Zitat Ende).

 

 

Schallimmissionen / Lärm

 

Wirkung und Beurteilung Lärm - Angaben zu wirkungsbezogenen Schallpegeln:

Bei der Beurteilung von Lärm ist allgemein zwischen direkten und indirekten Auswirkungen von Lärmimmissionen auf den Menschen zu unterscheiden.

Direkte Wirkungen (sog. aurale Wirkungen) spielen aufgrund der dafür erforderlichen Höhe der Schallpegel im Umweltbereich nur in Einzelfällen (z.B. bei bestimmten Fertigungsbetrieben) eine Rolle. Sie behandeln Hörstörungen, die durch Schäden direkt am Hörorgan verursacht werden. Diese treten ab einer Größenordnung von ca. 85 dB als Beurteilungspegel (entsprechend einer Dauerbelastung, z.B. bei Schallexpositionen an Arbeitsplätzen über lange Zeiträume (Jahre) oder deutliche höher gelegene einzelne Schalleinwirkungen (z.B. bei Knalltraumen) auf.

Indirekte Wirkungen (sog. extraaurale Wirkungen) sind solche, bei denen nicht das Hörorgan selbst geschädigt wird, sondern über die Geräuschwahrnehmung und deren bewusste und unbewusste Verarbeitung im Organismus unterschiedliche Reaktionen ausgelöst werden. Diese Reaktionen stehen in engem Zusammenhang mit der entwicklungsgeschichtlichen Funktion des Hörsinnes als Informations- u. Warnorgan. Über Verarbeitung einer Geräuschwahrnehmung im Gehirn und damit auch verbundenen vegetativen Reaktionen kann es u.a. zu Veränderungen des Wachheitsgrades, zu Stressreaktionen, Belästigungsreaktionen, Änderung der Durchblutung bestimmter Organsysteme u.a. kommen. In diesem Zusammenhang werden hohe Dauerlärmeinwirkungen auch als Kofaktor für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen, -entsprechende Disposition vorausgesetzt - diskutiert.

In der Beurteilung von Schallimmissionen und seinen Auswirkungen sind sowohl die Veränderungen einer bestehenden Lärmsituation durch ein Projektsvorhaben als auch die tatsächlich erhobenen Schallpegel zu berücksichtigen. Zu beachten sind hierbei auch allenfalls auftretende besondere Geräuschcharakteristika (z.B. gesonderte Wahrnehmbarkeit von Geräuschen mit tonalen Anteilen, Klopfen, Zischen o.a.)

Beurteilungswerte2 (Tagzeit, außen)

 

LA, eq = 55 dB                         Belästigung durch gestörte Kommunikation

LA, eq = 60 dB                          unter Laborbedingungen akute physiologische    Reaktionen beobachtbar, im Alltag treten vegetative                     Reaktionen bereits bei niedrigeren Pegeln auf, wobei zu bemerken ist, dass sich eine Vielzahl von                            Untersuchungen auf Dauerlärmexpositionen,       insbesondere auf Untersuchungen aus dem                                       Straßenverkehr (womit üblicherweise eine dauernde         längere Exposition über Stunden gegeben ist)              beziehen. Unter diesen Bedingungen ergeben sich auch Hinweise auf ein statistisch ansteigendes                          Herzinfarktrisiko.

La, eq = 55 dB                          deutliche Belästigungsreaktionen bei 5-10% der

Bevölkerung, nach WHO 1999 Community Noise Guidelines

LA, eq = 55 dB "few seriously annoyed" (einige ernsthaft                           gestört)

LA, eq = 50 dB "moderately annoyed"

Die o.a. angeführten Werte beschreiben vorwiegend Aspekte pegelabhängiger Belästigungsreaktionen durch Schallimmissionen.

Der Übergang zu Gesundheitsgefährdungen wird in der ÖAL-Richtlinie Nr.3 Blatt 1 mit Werten von LA, eq > 65 dB (Tag), > 60 dB (Abend), > 55 dB (Nacht) definiert.

Für die Nachtzeit existieren keine unmittelbar wirkungsbezogenen Beurteilungswerte für den Außenbereich. Es gibt jedoch in der ÖNORM S 5021 Planungswerte, die definitionsgemäß primär auf die Vermeidung von Belästigungsreaktionen in Planungsfällen abzielen. Auch wenn sie nicht unmittelbar ein Instrument der umweltmedizinischen wirkungsbezogenen Beurteilung sind, so bieten sie insbesondere dann, wenn die Planungswerte durch spezifische Immissionen eingehalten sind, eine wertvolle Orientierung. Deshalb werden sie im ff. angegeben:

ÖNORM S 5021:2010 3


Planungsrichtwerte für die Immission (Tabelle 1 aus 5.2, Planungsrichtwerte für den Basispegel aus 5.2.2)

 

Bezugszeiten

Tagzeit                   06:00 bis 19:00 Uhr

Abendzeit 19:00 bis 22:00 Uhr
Nachtzeit
               22:00 bis 06:00 Uhr

Ein weiteres Beurteilungskriterium für die Nachtzeit ist die Prüfung, ob einschlägige wirkungsbezogene Kriterien zur Nachtruhe eingehalten werden:

Um die wohl gravierendste Störung durch Lärm zu berücksichtigen wird von der WHO zur Sicherung eines ruhigen und erholsamen Schlafes ein Wert von weniger als 35 dB, zuletzt 30 dB am Ohr des/der Schlafenden (d.h. im Rauminneren, Dauerschall) angegeben. Diese letztere Immissionsvorgabe definiert einen Bereich, in dem Schlafen gesichert möglich ist, d.h. nicht wie bei anderen Grenzwertkonzepten einen Bereich, in dem bereits im Grenzwertkonzept eine gesellschaftspolitisch akzeptierte In-Kauf-Nahme bestimmter Störwirkungen verankert ist.

Nach der Night Noise Guideline der WHO4 können ab einem Pegelwert von 40 dB bis 55 dB (Durchschnittslärmbelastung in der Nacht, außen) im Verhalten der Lärmexponierten Anpassungsreaktionen beobachtet werden, ab 55 dB nehmen diese Erfordernisse zu und erlangen Zusehens gesundheitlich nachteiligen Charakter.

Für die Beurteilung sind von Schallpegelwerten im Freien, auch bei gekippten oder geöffneten Fenstern, Werte in der Größenordnung von 7-15 dB in Abzug zu bringen.

4 Night Noise Guideline for Europe, WHO, 2009

 

 

 

Beurteilung der konkreten Situation

 

Aus der Beurteilung des schalltechnischen Amtssachverständigen ergeben sich Werte, die die Planungswerte der ÖNORM S 5021 einhalten. Wirkungsbezogene Immissionspegel, die zu nachteiligen gesundheitliche Wirkungen führen würden, liegen deutlich höher. Dies trifft sowohl für die Dauerschallpegel als auch Spitzenpegel zu.

Die Geräuschcharakteristik von Zu - und Abfahrten zu Wohnobjekten unterscheidet sich nicht von allgemein bekannten Fahrbewegungen, wie sie in zu Wohnzwecken genutzten Gebieten anzutreffen sind.

Nachteilige gesundheitliche Wirkungen i.S. von erheblichen Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen durch Schallimmissionen ergeben sich daher durch das Projektsvorhaben nicht.“

 

 

I. 11.    Mit Schreiben vom 19. April 2016 wurden die Bf von der Projektänderung informiert und ihnen sowie der Bw das schalltechnische und das medizinische Gutachten der Amtssachverständigen übermittelt, um dazu vorab zur mündlichen Verhandlung eine Stellungnahme abgeben zu können.

 

I. 12.    Mit Schreiben vom 19. April 2016 wurden alle Parteien und die Amtssachverständigen zur öffentlichen mündlichen Verhandlung am
11. Mai 2016 geladen.

 

I. 13.    Nach Aufforderung des Landesveraltungsgerichts übermittelte die belangte Behörde mit E-Mail vom 10. Mai 2015 die Geschäftsordnung der Kollegialorgane der Stadtgemeinde Braunau.

 

I. 14.    Bei der am 11. Mai 2016 durchgeführten mündlichen Verhandlung wurden von der Bw die Projektänderung bezüglich der Lärmschutzwand dargelegt und das schalltechnische und das medizinische Gutachten durch die Amtssachverständigen erörtert. Um die Ausführung der Lärmschutzwand hinsichtlich dem Schalldämmmaß der Wandkonstruktion durch die belangte Behörde überprüfen zu können führte der schalltechnische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung noch folgende Auflage aus:

 

„Nach Fertigstellung der Lärmschutzwand ist eine Ausführungsbestätigung über die Einhaltung des geforderten Schalldämmmaßes und der fugendichten Ausführung (Herstelleratteste) der Baubehörde mit der Fertigstellungsanzeige unaufgefordert vorzulegen.“

 

Außerdem ergänzte der schalltechnische Amtssachverständige auf Befragung der hier erkennenden Richterin, ob sich für die anderen als die beschwerdeführenden Nachbarn, insbesondere den Eigentümer des Grundstücks Nr. x nachteilige Auswirkungen durch die Errichtung der Lärmschutzwand ergeben würden, Folgendes:

 

„Die Errichtung der Lärmschutzwand führt nicht nur in Richtung der Nachbarliegenschaft von Frau M-G zu einer Verringerung der Lärmeinwirkungen sondern auch in Richtung der östlich gelegenen Nachbarliegenschaft Parzelle Nr. x. Allfällige Erhöhungen durch eine Reflexionswirkung der Lärmschutzwand wird durch die Auflage, dass die Oberfläche der Lärmschutzwand beidseitig hochabsorbierend sein muss, vermieden. Es kommt somit in keiner Richtung zu nachteiligen Auswirkungen durch die Errichtung der Lärmschutzwand.“

 

I. 15.    Darüber hinaus wurde in der mündlichen Verhandlung der mit Schreiben vom 26. Jänner 2016 erneut übermittelte Auszug aus dem Gemeinderatsprotokoll zu Tagesordnungspunkt VII/2 erörtert. Die belangte Behörde führt dazu aus, dass der im verwaltungsbehördlichen Akt übermittelte Auszug „leider nicht das gesamte Protokoll zu dem Tagesordnungspunkt VII/2 widerspiegelt. Dies dürfte auf einen Fehler bei der Erstellung des Auszuges zurückzuführen sein.“ Die Bf äußerten dazu, dass die Verhandlungsschrift des Gemeinderates gem. § 47 AVG iVm § 292 ZPO eine öffentliche Urkunde sei und die Richtigkeit des Inhaltes wiedergebe. Auch aus der neuerlich vorgelegten Verhandlungsschrift des Gemeinderates vom 26. März 2015 ergebe sich nicht, dass die Berufung der Bf den Gemeinderäten vollinhaltlich zur Kenntnis gebracht, hierüber eine Diskussion abgeführt wurde und der Spruch als auch die tragende Begründung des zu erlassenden Bescheides den Gemeinderäten zur Kenntnis gebracht worden sei.

 

Die Bf halten die bereits in der mündlichen Verhandlung am 21. Jänner 2016 gestellten Anträge über die Einsicht und die Verlesung der Verordnungsakten betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes aufrecht.

 

I. 16.    Den nicht beschwerdeführenden Nachbarn, welche mit ihren Grundstücken direkt an die neu geplante Lärmschutzwand angrenzen, wurde diese Projektänderung zur Information und Stellungnahmemöglichkeit mit Schreiben vom 11. Mai 2016 übermittelt. Eine diesbezügliche Stellungnahme wurde nicht abgegeben.

 

 

II.            Beweiswürdigung

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Baubehörde, in den vorgelegten Verordnungsakt (zur Änderung des Flächenwidmungsplanes Nr.  x – Änderung Nr. x – VLW und ÖEK Nr. 1 – Änderung Nr. x – VLW Bebauungsplan Nr. x – K, Änderung Nr. 5 – VLW) durch die Einholung von schalltechnischen und eines medizinischen Gutachtens sowie der Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 21. Jänner 2016 und am 11. Mai 2016.

 

Der für dieses Erkenntnis maßgebliche, unter Punkt I. angeführte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den aufgenommenen Beweisen.

 

 

III.           Maßgebliche Rechtslage

 

III. 1. Gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gem. Art. 131 Abs. 1 B-VG erkennen – soweit sich aus Art. 131 Abs. 2 und 3 B-VG nicht anderes ergibt – über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder. Wer durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG gegen den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben. Gemäß Art. 132 Abs. 6 B-VG kann in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Gem. § 12 VwGVG sind die Schriftsätze bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der belangten Behörde einzubringen.

 

III. 2.    Die relevanten Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66 idF 2013/90, lauten auszugsweise:

 

„§ 31

Einwendungen der Nachbarn

 

(1) Nachbarn sind

       1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge               sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die                      Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen                       der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter                   entfernt sind;

 

       2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs 5: die                      Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen                 der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt                  sind.

 

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

[...]

 

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

 

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.

 

(5) Beim Neubau von Wohngebäuden auf bisher unbebauten Grundstücken (heranrückende Bebauung) sind auch Einwendungen zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer bestehenden benachbarten Betriebsanlage oder von einem bestehenden benachbarten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken. Dies gilt jedoch nur für Immissionen, die auf Grund rechtskräftiger Bescheide zulässig sind. In diesem Fall hat der Nachbar die entsprechenden Nachweise beizubringen.

[...]

 

§ 35

Entscheidung über den Baubewilligungsantrag

 

(1) Die Baubehörde hat über den Antrag gemäß § 28 einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Sofern nicht eine Zurückweisung oder eine Abweisung nach § 30 zu erfolgen hat, ist die beantragte Baubewilligung zu erteilen, wenn

       1. [...],

       2.  das Bauvorhaben in allen seinen Teilen den Bestimmungen des                                     Flächenwidmungsplans und des Bebauungsplans sowie sonstigen baurechtlichen                  Vorschriften nicht widerspricht und [...].

 

Andernfalls ist die beantragte Baubewilligung zu versagen.

[...]

 

(1a) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn, die im Baubewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind, stehen der Erteilung einer Baubewilligung entgegen, wenn sie sachlich gerechtfertigt sind. Kann solchen öffentlich-rechtlichen Einwendungen durch Auflagen oder Bedingungen entsprochen werden, sind diese vorzuschreiben. [...]“

 

Die im gegenständlichen Verfahren relevanten Bestimmungen des Landesgesetzes vom 6. Oktober 1993 über die Raumordnung im Land Oberösterreich (Oö. Raumordnungsgesetz 1994 - Oö. ROG 1994) in der maßgeblichen Fassung (LGBl. Nr. 114/1993 idF LGBl Nr. 69/2015) lauten wie folgt:

 

„§ 21

Bauland

 

[...]

(2) Soweit erforderlich und zweckmäßig, sind im Bauland gesondert zu widmen:

       1. Wohngebiete (§ 22 Abs. 1);

       2. Dorfgebiete (§ 22 Abs. 2);

[...]

Ihre Lage ist so aufeinander abzustimmen, dass sie sich gegenseitig möglichst nicht beeinträchtigen (funktionale Gliederung) und ein möglichst wirksamer Umweltschutz erreicht wird. Insbesondere ist darauf Bedacht zu nehmen, dass zwischen gewidmeten oder ersichtlich gemachten Betrieben im Sinn der Seveso III-Richtlinie einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, Erholungsgebieten und - soweit möglich - Hauptverkehrswegen andererseits ein angemessener Sicherheitsabstand gewahrt bleibt; unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle bzw. besonders empfindliche Gebiete in der Nachbarschaft von gewidmeten oder ersichtlich gemachten Betrieben im Sinn der Seveso III-Richtlinie sind erforderlichenfalls durch angemessene Sicherheitsabstände oder durch andere relevante Maßnahmen zu schützen. Soweit dies zur Verwirklichung der vorstehend genannten Ziele erforderlich ist, sind in den jeweiligen Gebieten Schutz- oder Pufferzonen vorzusehen.

[...]“

 

Die im gegenständlichen Verfahren im Zeitpunkt des Verordnungserlassungsverfahrens zur Änderung Nr. 31 des Flächenwidmungsplans Nr. 4/2001 und zur Änderung Nr. 5 des Bebauungsplanes Nr. 20 – xgründe der Stadtgemeinde Braunau maßgeblichen Bestimmungen des Oö. ROG 1994 (LGBl. Nr. 114/1993 idF LGBl Nr. 90/2013) lauten wie folgt:

 

„§ 36

Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes

 

(1) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne sind

       1. bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder

       2. wenn es das Gemeinwohl erfordert,

zu ändern.

 

(2) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne können geändert werden, wenn

1. öffentliche Interessen, die nach diesem Landesgesetz bei der Erlassung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, insbesondere Interessen einer ökologischen Energienutzung, dafür sprechen oder

2. diese Änderung den Planungszielen der Gemeinde nicht widerspricht und

3. Interessen Dritter nicht verletzt werden. [...]

 

(4) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des § 33 Abs. 2 bis 12 und des § 34, jedoch ist auch benachbarten Gemeinden und den im § 33 Abs. 2 Z 4 bis 6 genannten Körperschaften öffentlichen Rechts nur dann Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn deren Interessen durch die beabsichtigten Planänderungen berührt werden. Das Stellungnahmeverfahren gemäß § 33 Abs. 2 kann zur Gänze entfallen, wenn die geplante Änderung in Übereinstimmung mit dem örtlichen Entwicklungskonzept sowie mit den einschlägigen Raumordnungsprogrammen oder Verordnungen gemäß § 11 Abs. 6 erfolgt, insbesondere wenn sie in Durchführung eines Raumordnungsprogramms gemäß § 24 Abs. 2 ergeht. Das Planauflageverfahren gemäß § 33 Abs. 3 und 4 ist nicht erforderlich, wenn die von der Planänderung Betroffenen vor der Beschlussfassung nachweislich verständigt oder angehört werden. [...]

 

(6) Die Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ist durch den Gemeinderat zu begründen; bei der Änderung von Flächenwidmungsplänen muß der Begründung oder den Planungsunterlagen überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein.“

 

Die hier relevanten Bestimmungen des Oö. Bautechnikgesetzes 2013 (Oö. BauTG 2013), LGBl. Nr. 35/2013, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 89/2014, lauten auszugsweise:

§ 2

Begriffsbestimmungen

 

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

       1. […]

       22.   Schädliche Umwelteinwirkungen: Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren,                erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im                 Besonderen für die Benützerinnen und Benützer der baulichen Anlagen und die                        Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder                      Erschütterungen; dazu zählen nicht Geräuscheinwirkungen von                                           Kinderspielplätzen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen für Schulpflichtige                     oder ähnlichen Anlagen; […]

 

 

 

 

 

 

§ 3

Allgemeine Anforderungen

[…]

(3) Überdies müssen Bauwerke und alle ihre Teile so geplant und ausgeführt sein, dass

       1. [...],

       2.  durch ihren Bestand und ihre Benützung schädliche Umwelteinwirkungen                                    möglichst vermieden werden.

 

[…]“

 

 

IV.     Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG normierten Prüfungsumfang erwogen:

 

IV. 1.      Die Bf sind aufgrund der Lage des zu bebauenden Grundstückes und des den Bf gehörenden Grundstückes zueinander unstrittig Nachbarn gem. § 31
Abs. 1 Z 2 Oö. BauO 1994. Vorweg ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt ist: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (VwGH 28.04.2006, 2004/05/0257). Der Nachbar kann nach der oberösterreichischen Rechtslage im Baubewilligungsverfahren daher nur eine Verletzung seiner ihm vom Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen (vgl. als Beispiel für viele etwa vgl. VwGH 24.2.2015, Zl. 2013/05/0054 mwN; 12.6.2012, 2009/05/0105, mwN). Der Nachbar behält seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zudem nur, wenn er (taugliche) Einwendungen im Rechtssinn erhoben hat. Eine Einwendung in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn aus dem Vorbringen des Nachbarn zu erkennen ist, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet. Er muss zwar das Recht, in dem er sich verletzt erachtet, nicht ausdrücklich bezeichnen und auch nicht angeben, auf welche Gesetzesstelle sich seine Einwendung stützt, und er muss seine Einwendung auch nicht begründen, jedoch muss daraus erkennbar sein, welche Rechtsverletzung behauptet wird (VwGH 15.11.2011, 2008/05/0146, mwN).

 

IV. 2.      Die Bf monieren, dass im Spruch des bekämpften Bescheides nicht über ihre Einwendungen abgesprochen wurde und somit der behördliche Abspruch darüber fehle. Dem ist entgegen zu halten, dass gemäß § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages Einwendungen als miterledigt gelten. Ein förmlicher Abspruch über Einwendungen ist zwar zulässig, jedoch nach dieser Bestimmung nicht zwingend notwendig. Darüber hinaus kam die belangte Behörde ihrer Verpflichtung gemäß § 58 Abs. 2 AVG nach und hat sich in der Begründung ausreichend mit den zulässigen Einwendungen auseinandergesetzt (vgl VwGH 23. 2. 1988, 88/05/0020) und dargelegt warum sie die Einwendungen als unbegründet ansieht. Die Einwendungen der Bf gelten mit der Erteilung der Baubewilligung für das gegenständliche Bauvorhaben daher als abgewiesen, weil dem verfahrenseinleitenden Antrag stattgegeben wurde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 59 Rz 7ff [Stand 1.1.2014, rdb.at]).

 

Der Hinweis der Bf, dass privatrechtliche Einwendungen zurückzuweisen sind, führt ebenfalls nicht zum gewünschten Erfolg, da das Fehlen eines Ausspruchs über etwaige privatrechtliche Einwendungen, keine Rechtswidrigkeit eines Bescheides aufzuzeigen vermag, zumal der Nachbar dadurch nicht gehindert wird, den Rechtsweg zu beschreiten (VwGH 15.11.2011, 2008/05/014).

 

IV. 3.      Die Bf wenden weiters ein, dass kein bautechnisches Amtssachverständigengutachten eingeholt worden sei, da der Verhandlungsleiter selbst als bautechnischer Amtssachverständige fungiert habe. Zu diesem Beschwerdevorbringen ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, welcher aus den Bestimmungen des AVG eine Unvereinbarkeit der Funktion eines Verhandlungsleiters und eines Sachverständigen nicht abgeleitet. Weder liege Inkompatibilität noch ein Befangenheitsgrund vor. (VwSlg 8303 A/1972; VwGH 31.1.1995, 92/05/0230; 31.3.2004, 2002/06/0002). Daher zeigen die Bf mit diesem Einwand keine Rechtswidrigkeit des Bescheides auf.

 

IV. 4.      Zu den Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Beschlussfassung im Gemeinderat ist anzumerken, dass die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt mit Beschwerdevorlage vom
18. Juni 2015, eingelangt am 24. Juni 2015, an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übermittelt hat. Darin enthalten ist ein Auszug aus der Verhandlungsschrift der Gemeinderatssitzung vom 26.3.2015 über TOP VII/2 zu der von den Bf eingebrachten Berufung und dem Amtssvortrag samt Bescheidentwurf, beide datiert mit 2.3.2015. In diesem Auszug aus der Verhandlungsschrift der Gemeinderatssitzung wird ausgeführt, dass „gemäß vorliegendem Bescheidentwurf vom 02.03.2015 der Berufung keine Folge gegeben“ wird.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes umfasst die Willensbildung durch eine Kollegialbehörde nicht nur den Spruch, sondern auch den Inhalt und damit die wesentliche Begründung einer Erledigung (vgl. etwa VwGH 5.11.2015, 2013/06/0086; 27.4.2015, 2012/11/0082; 27.6.2006, 2005/05/0293). Durch den Verweis im Gemeinderatsprotokoll auf den Bescheidentwurf vom 2.3.2015 – welcher ident ist mit der Bescheidausfertigung an die Bf – und durch den Amtsvortrag vom 2.3.2015 geht eindeutig hervor, dass dem Gemeinderat der Bescheidentwurf zur Kenntnis gebracht wurde und der Beschluss des Gemeinderates sowohl den Spruch als auch die Begründung des Bescheides umfasst. Im Bescheidentwurf vom 2.3.2015 (wie auch im bekämpften Bescheid selbst) sind alle in der Berufung der Bf angeführten Berufungsgründe angeführt und war die Berufung daher den Mitgliedern des Gemeinderates der Abstimmung vollinhaltlich bekannt. Weder in der
Oö. Gemeindeordnung 1990 noch in der Geschäftsordnung für Kollegialorgane der Stadtgemeinde Braunau am Inn vom 27.5.2009 ist normiert, dass für das rechtmäßige Zustandekommen eines Gemeinderatsbeschlusses das Verlesen des Bescheidentwurfs oder der Berufung in der Gemeinderatssitzung erforderlich ist. Aus dem Protokoll zur Gemeinderatssitzung ergibt sich weiters, dass sich der Bürgermeister an der Abstimmung wegen Befangenheit nicht beteiligt hat und die Abstimmung einstimmig die Abweisung der Berufung ergab. Diesbezügliche Einwende der Bf gehen daher ins Leere.

 

Dies alles geht schon aus dem mit der Beschwerde am 24.6.2015 eingelangten und im Verwaltungsakt befindlichen und übermittelten Auszug aus der Verhandlungsschrift des Gemeinderats zu Top VII/2 hervor und ist der mit Schreiben vom 26.1.2016, eingelangt am 5.2.2016, übermittelte – und nach Angabe der belangten Behörde richtig gestellte – Auszug aus der Verhandlungsschrift zu Top VII/2 für die Entscheidung nicht maßgeblich. Darüber hinaus können auch sonst keine Rechtswidrigkeiten bei der Beschlussfassung durch das hier zu erkennende Gericht erkannt werden.

 

IV. 5.      Soweit die Beschwerdeführer auch eine Störung des Orts- und Landschaftsbildes behaupten, wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach aus der Verpflichtung zur Wahrung des Orts- und Landschaftsbildes keine subjektiven Nachbarrechte abgeleitet werden können (VwGH 27. Jänner 2004, 2001/05/1062, mwN; 24.2.2015, 2013/05/0054).

 

IV. 6.      Wenn die Bf eine ausreichende Belichtung ihrer Grundstücke fordern, so lässt sie unberücksichtigt, dass die Oö. BauO 1994 kein subjektives Nachbarrecht auf Licht, Sonne und Belichtung einräumt. Auch kann aus der Bestimmung des § 31 Abs. 4 Oö. BauO 1994 nicht etwa der Schluss gezogen werden, dass jegliche Veränderung der Belichtungsverhältnisse auf den Nachbargrundstücken unzulässig wäre. Vielmehr hat grundsätzlich jeder Eigentümer für die entsprechenden Freiräume auf seinem eigenen Grundstück zu sorgen. Dies bedeutet, dass bei Einhaltung der normierten Abstände vom Nachbargrundstück und der Gebäudehöhe der Nachbar keinen weitergehenden Rechtsanspruch auf Belichtung und Belüftung hat (vgl. etwa VwGH 16.11.2010, 2009/05/0342; 12.6.2012, 2009/05/0105; 24.2.2015, 2013/05/0054). Die Bf haben weder eine Nichteinhaltung solcher Bestimmungen konkret behauptet noch sind sie den Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen, welcher in der mündlichen Bauverhandlung zu dem Schluss gelangt ist, dass die Abstandsvorschriften eingehalten werden, entgegengetreten. Es ist somit auch bezüglich des Rechts auf Belichtung und Belüftung keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen.

 

IV. 7.      In ihrer Beschwerde bringen die Bf vor, dass es durch die 23 PKW Stellplätze im Freien zu einer unzumutbaren Lärmbelästigung komme und die belangte Behörde entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.02.2015, 2013/05/0054, einen amtsärztlichen Sachverständigen hätten zuziehen müssen. Während der mündlichen Verhandlung am 21. Jänner 2016 konkretisierten die Bf ihre Lärmeinwendung dahingehend, dass nicht nur von den 23 PKW Stellplätze im Freien sondern auch von den 23 Tiefgaragenstellplätzen mit der Ein- und Ausfahrt im unmittelbaren Nahbereich der Bf mit unzumutbaren Lärmbelästigungen zu rechnen und ein diesbezügliches Gutachten einzuholen sei.

 

Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ausgeführt, dass die Annahme gerechtfertigt ist, es lasse eine mit dem Wohnhausbau verbundene geringe Anzahl von Stellplätzen auch unter Bedachtnahme auf § 3 Oö. BauTG 1994 eine schädliche Umweltwirkung nicht erwarten, wenn dem nicht besondere Umstände entgegenstehen. Entgegen der Ansicht der Behörde sind im vorliegenden Fall solche besonderen Umstände, die eine über das übliche Maß hinausgehende Immissionsbelastung der Nachbarn nicht ausgeschlossen erscheinen lassen, allerdings gegeben, weil 23 Stellplätze in einer Tiefgarage geplant sind, welche mit besonderen Lüftungen bzw. Schallverhältnissen verbunden ist (vgl. VwGH 30.1.2014, 2012/05/0177, mwN). Es wäre somit im Hinblick auf das Vorliegen besonderer Umstände erforderlich gewesen, durch Einholung von Sachverständigengutachten die Immissionsbelastung an der jeweiligen Grundgrenze der Nachbarn festzustellen und deren Auswirkung auf den menschlichen Organismus zu beurteilen.

 

Entsprechend dieser höchstgerichtlichen Judikatur hat das Landesverwaltungsgericht ein schalltechnisches Gutachten eingeholt, in welchem durch die geplanten Parkplätze im Freien und die Tiefgarage ohne Lärmschutzmaßnahmen eine Lärmsituation erkannt wurde, welche die maßgeblichen Grenzwerte überschreitet.

 

Die daraufhin vorgenommene Änderung der ursprünglich eingereichten Projektunterlagen dahingehend, dass nun entsprechend der Planunterlagen vom 10. März 2013 zusätzlich eine Lärmschutzwand errichtet werden soll, sieht die hier erkennende Richterin gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 8 AVG als zulässige Modifikation des Projektes an, da der Prozessgegenstand nicht ausgewechselt wird (vgl. VwGH 27.8.2014, Ro 2014/05/0062). Die Projektänderung wird im ausschließlichen Interesse der Nachbarn vorgenommen. Nach den fachlichen Ausführungen des schalltechnischen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2016 kommt es zu einer Verringerung der Lärmeinwirkungen in Richtung der Nachbarliegenschaft der Bf und des Grundstücks Nr. 585/5. Allfällige Erhöhungen durch eine Reflexionswirkung der Lärmschutzwand wird durch die Auflage, dass die Oberfläche der Lärmschutzwand beidseitig hochabsorbierend sein muss, vermieden. Es kommt somit in keiner Richtung zu nachteiligen Auswirkungen durch die Errichtung der Lärmschutzwand. Da somit keine subjektiven-öffentlichen Rechte der Nachbarn berührt werden bzw. eine Verbesserung der Nachbarstellung eintritt, kommt Nachbarn, welche nicht Beschwerde erhoben haben, keine Parteistellung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu (vgl. Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht7 [2014] Oö. BauO § 34 Rz 8).

 

Da der schalltechnische Amtssachverständige bei der Beurteilung der geänderten Projektunterlagen im Gutachten vom 30. März 2016 zu dem Ergebnis gekommen ist, dass bei ordnungsgemäßer Errichtung der Lärmschutzwand und bei Vorschreibung von Auflagen die maßgeblichen Grenzwerte durch die geplanten PKW-Stellplätze im Freien und die Tiefgarage nicht überschritten werden, wurde in weiterer Folge der medizinische Amtssachverständige mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser kam in seinem Gutachten vom 15. April 2016 zu der Schlussfolgerung, dass sich keine nachteiligen gesundheitlichen Wirkungen im Sinne von erheblichen Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen durch Schallimmissionen durch das geplante Projektvorhaben ergeben.

 

Beide Gutachten wurden den Parteien mit der Möglichkeit eine Stellungnahme abzugeben übermittelt und in der mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2016 erörtert. Den ausführlichen und schlüssigen Ausführungen der Amtssachverständigen sind die Bf nicht entgegen getreten.

 

Aufgrund der vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durchgeführten ergänzenden Ermittlungen, kommt die hier erkennende Richterin zu dem Ergebnis, dass aufgrund der vorgenommenen Projektänderung keine unzumutbare oder gesundheitsgefährdende Lärmbelästigung durch die PKW-Stellplätze im Freien und die Tiefgarage vorliegt. Eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Bf wegen Lärms liegt aufgrund der zu errichtenden Lärmschutzwand nicht vor.

 

IV. 8.      In weiterer Folge führen die Bf in ihrer Beschwerde Argument für die Rechtswidrigkeit auf Ebene des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes an, welche ihres Erachtens im Widerspruch zueinander und zu den gesetzlichen Grundlagen stehen. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vermag das Vorbringen der Bf, wonach die Änderung Nr. x des Flächenwidmungsplans Nr. x und die Änderung Nr. x – x des Bebauungsplanes Nr. x – K aus mehreren Gründen gesetzwidrig seien, nach Einsicht in die Verordnungsakten aus nachfolgenden Überlegungen aber keine Bedenken erwecken:

 

Die Bf richten sich einerseits gegen die Änderung des Flächenwidmungsplanes im gegenständlichen Bereich der Baugrundstücke von ehemals Grünland in nunmehr Bauland-Wohngebiet und andererseits gegen die Änderung des betreffenden Bebauungsplanes. Die Bf bringen zu beiden Änderungen im Wesentlichen vor, es liegen diesbezüglich reine Anlassgesetzgebungen vor (das verfahrensgegenständliche Baubewilligungsansuchen habe den einzigen Grund für die Umwidmung und Änderung des Bebauungsplanes dargestellt, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes betreffend das Baugrundstück des Bauwerbers seien iSd § 36 Oö. ROG 1994 nicht vorgelegen).

 

Vorweg ist festzuhalten, dass die belangte Behörde im bekämpften Bescheid und in ihrem Vorlageschreiben vom 18.6.2015 zu Recht darauf hinweist, dass ihr – entgegen der Ansicht der Bf – eine Prüfung der gegenständlichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes auf deren Verfassungs- bzw. Gesetzmäßigkeit nicht zukommt. Wenn die Bf vorbringen, dass es sich bei der Änderung Nr. x des Flächenwidmungsplans Nr. x und der Änderung Nr. x – x des Bebauungsplanes Nr. x – K um eine unzulässige Anlasswidmung handle, weil offenkundig ausschließlicher Zweck der Widmungsänderung die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für die Realisierung der beiden verfahrensgegenständlichen Wohnblöcke sei, so ist festzuhalten, dass eine Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans nicht schon deshalb rechtswidrig ist, wenn einer Gemeinde allenfalls erst angesichts bestimmter Bauansuchen die Notwendigkeit zur Änderung bewusst wird (vgl. VwGH 19.12.2012, 2010/06/0135; 14.4.2016, 2013/06/0008) oder eine Änderung nur deshalb vorgenommen wird, um ein bestimmtes Bauvorhaben zu verwirklichen (vgl. VfSlg. 15.300/1998; VfSlg 15.939/2000). Aus dem vorgelegten Verordnungsakt, insbesondere aus den Protokollen des Gemeinderates vom 14.10.2010 (Amtsvortrag vom 6.8.2010) und vom 31.3.2011 (Amtsvortrag vom 1.2.2011), geht hervor, dass tatsächlich im Hinblick auf die beabsichtigte Realisierung der Bebauung auf den gegenständlichen Grundstücken eine Änderung des Flächenwidmungsplans und des Bebauungsplanes in Erwägung gezogen und beschlossen wurden. Dass jedoch bereits diese, im gegenständlichen Fall nicht von der Hand zu weisende „Anlassbezogenheit“ der Verordnungen mit den gesetzlichen Vorgaben im Widerspruch steht, ist für das Landesverwaltungsgericht im Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht erkennbar.

 

Wesentlich ist vielmehr, ob die geänderte Planung sachgerecht ist und ob die gesetzlich vorgesehenen Gründe für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes vorliegen oder nicht.

 

Die Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanänderung ergebe sich nach Ansicht der Bf auch daraus, dass sich die Grundlagenforschung offenkundig im Baubewilligungsantrag des Bauwerbers erschöpfe und eine Abwägung der betroffenen Interessen offenkundig überhaupt nicht stattgefunden habe. Aus dem Verordnungsakt ist jedoch klar ersichtlich, dass die Planänderungen damit begründet werden, dass die gegenständlichen Grundstücke bereits als Bauland-Wohngebiet für die Errichtung eines zweiten Wohnblockes gewidmet waren. Erst aufgrund einer Revision im Jahr 2001 sei die Umwidmung in Grünland erfolgt. Durch den bereits erfolgten Abbruch des Sozialbaues und der Erweiterung des Wohngebietes auf die ursprüngliche Bauland-Widmung könne auf gegenständlichem Areal eine hochwertige Wohnbebauung realisiert und geförderte Wohnungen zur Verfügung gestellt und somit der ständigen Wohnungsnachfrage entsprochen werden. Darüber hinaus bestehe kein Widerspruch zum Örtlichen Entwicklungskonzept. Durch die Einhaltung entsprechender Abstände zu den Nachbargrundstücken, sowie dem im Osten angrenzenden Grünland seien auch Interessen Dritter nicht verletzt. Dazu wurde auch das entsprechende Verfahren mit Beteiligung der vorgesehenen Stellen durchgeführt und die Umwidmung in fachlicher Hinsicht positiv beurteilt.

 

Die öffentlichen Interessen – besonderer der Bedarf an Wohnbauten neben einer bereits bestehenden Wohnbebauung durch Wohnbauten – rechtfertigen nach Ansicht der hier erkennenden Richterin die Umplanung, zumal die Bf im Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gemäß § 36 Abs. 4 Oö. ROG nicht genutzt haben und keine Einwendungen eingebracht wurden, mit denen Verletzungen der Interessen Dritter behauptet wurden. Aufgrund der bei der Planänderung berücksichtigten Abstände zu den Nachbarn, kann auch davon ausgegangen werden, dass entsprechend § 31 Abs 1 Oö. ROG auf ein ausreichendes Maß an Licht und Sonne Bedacht genommen wurde. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die dreigeschossige Bebauung des gegenständlichen Grundstückes nicht erst durch die Änderung Nr. x – x ermöglicht wurde, sondern diese Festlegung der Geschoßhöhe schon vor dieser Änderung im Bebauungsplan normiert war. Mit der Änderung Nr. x – x wurde eine Abänderung der Dachneigung sowie eine auf das Wohnprojekt entsprechend Abänderung der Baufluchtlinien normiert.

 

Auch die von den Bf angeführte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zeigt im Hinblick auf den beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich anhängigen Beschwerdegegenstand keine Rechtswidrigkeiten auf, da sich die genannten Judikate im Zuge von Flächenwidmungsplan- bzw. Bebauungsplanänderungen vor allem auf mangelnde Erhebung des Baulandbedarfes (VfGH 26.9.2014, V57/2014), keine wesentliche Änderung der Grundlagen (VfGH 25.9.2014, V65/2014) oder heranrückender Wohnbebauung (7.10.2015, V42/2014) beziehen.

 

Nach den Umständen des vorliegenden Falles lässt sich aus den vorgelegten Verordnungsakten daher ableiten, dass die Behörde mit der Änderung des Flächenwidmungs- und des Bebauungsplanes einem objektiven Erfordernis nach Schaffung hochwertiger, geförderter Wohnbauten und nach deren entsprechender Gestaltung nachgekommen war. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass die Erlassung der Änderungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes durch das Bestreben motiviert gewesen ist, den privaten Interessen der Bauwerber zum Nachteil des öffentlichen Interesses in gleichheitswidriger Weise den Vorzug zu geben (vgl. VfGH 14.757/1997). Auch ein Widerspruch zum Örtlichen Entwicklungskonzept ist nicht erkennbar. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sieht sich daher nicht veranlasst, einen Antrag beim Verfassungsgerichtshof auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit des besagten Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes zu stellen.

 

Da im gegenständlichen beim Landesverwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahren die Bf kein Recht haben in den Verordnungsakt Einsicht zu nehmen, war den diesbezüglichen Anträgen der Bf auf Einsicht bzw. Verlesung des Inhaltes der Verordnungsakten betreffend den Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes daher nicht Folge zu geben.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Elisabeth Wiesbauer

 

 

[1] Anmerkung: Grundsätzlich wird festgestellt, dass es sich bei der Zumutbarkeit / Unzumutbarkeit im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung oberstgerichtlicher Entscheidungen um behördliche Feststellungen nach Beweiswürdigung handelt und nicht um medizinische Begriffe handelt. Um die Übergänge Belästigung - erhebliche Belästigung - griffig darzustellen spricht der zitierte Autor von "Unzumutbarkeit", hier jedoch nicht die rechtliche Würdigung der Behörde vorwegnehmend.

 

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 23. Februar 2017, Zl.: E 1696/2016-15

Beachte: Revision anhängig