LVwG-301094/6/GS/TO

Linz, 28.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Gabriele Saxinger über die Beschwerde von Frau Mag. S W, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. W S, x, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28.04.2016, GZ: 0032288/2015, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozial­versicherungsgesetzes (ASVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Geldstrafen auf jeweils 365 Euro und die Ersatzfreiheits-strafen auf 56 Stunden herabgesetzt werden.

 

 

II.      Gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 73 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Landes-verwaltungsgericht Oberösterreich hat die Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28.04.2016, GZ: 0032288/2015, wurden über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs. 1 iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG zwei Geldstrafen iHv jeweils 730 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitstrafen von jeweils 112 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 146 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

Die Beschuldigte, Frau Mag. S W, geb. x, hat handels­rechtliche Geschäftsfüh­rerin der Firma W S GmbH, x, L, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche, folgende Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu verantworten:

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, am 21.05.2015 von 08:30 Uhr bis 10:15 Uhr (Kontrollzeitpunkt), nachstehend angeführte Personen, als pflichtversicherte Dienst­nehmer, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (An-spruch iSd. § 49 ASVG), ausgehend vom o.a. Firmenstandort, als Arbeiter (Mithilfe bei Veranstaltung, aufstellen der Bestuhlung) beschäftigt.

1.   G S, geb. x, x, W;

 

2.   S R, geb. x, wohnhaft x, U;

 

Die in Rede stehenden Beschäftigen waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

 

Für die Behörde war im vorliegenden Fall von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirt­schaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich ver­einbart wurde und somit ein angemessenes Entgelt gem. § 1152 ABGB als bedungen gilt. Die Hö­he des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

 

Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensions­versicherung vollversichert sind, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der gem. § 30 ASVG örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

 

Die gegenständliche Firma hat somit in 2 Fällen gegen die sozialver­sicherungs­rechtliche Melde­pflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.“

 

Begründend führt der angefochtene Bescheid unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges und der Rechtslage aus, dass der gegenständliche Sachverhalt der Bf aufgrund des Strafantrages der Finanzpolizei Team 40 für das Finanzamt Linz vom 10.06.2015 zur Last gelegt wird.

Zur Strafhöhe wird angemerkt, dass gegenständlich mit der Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen gefunden wurde.

 

2. Dagegen wurde von der Beschuldigten im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig Beschwerde erhoben und Folgendes (wortwörtlich wiedergegeben) vorgebracht:

 

„Beantragt wird:

a) eine mündliche Verhandlung im Sinne des §24 Abs.1 VwGVG anzuberaumen,

b) die ausgesprochene Strafe auf insgesamt 400 Euro zu reduzieren.

 

Die Rechtswidrigkeit bei der Strafzumessung bestand darin, dass der Milderungsgrund der UNBESCHOLTENHEIT nicht herangezogen wurde, weiter nunmehr das abgelegte volle und umfassende Geständnis, das insofern abgesichert ist, dass sie nun weiß, wie in Hinkunft ein sozialversicherungs­rechtliches Wohlverhalten auszusehen hat. Überdies wurde der Milderungsgrund der langen Verfahrensdauer zwar berücksichtigt, es kommt ihm aber nicht das Gewicht zu, das dieser verdienen würde (Einleitung erfolgte knapp vor Ende der Verfolgungsverjährung). Die von der Beschwerdeführerin beantragte Strafreduktion ist deswegen nicht abwegig, weil selbst die OÖGKK zu Beitragskontonummer x, Aktenzeichen der OÖGKK VR/RS AI 5024 am 03.11.2015 den Beitragszuschlag von 1800,-Euro auf 400 Euro herabgesetzt hat.

Der Spruch der Beschwerdevorentscheidung lautet wie folgt:

 

„Der Beschwerde vom 18. August 2015 samt Verbesserung vom 23. September 2015 gegen den Bescheid der OÖGKK vom 5. August 2015, Kto Nr x, mit welchem der Firma W S GmbH, x, L, wegen Nichtanmeldung der beiden Dienstnehmer Herr S G, VSNR x und Herr R S VSNR x, ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG in Höhe von EUR 1 .800 — vorgeschrieben wurde, wird insofern Folge gegeben, als in Abänderung des angefochtenen Bescheides der vorgeschriebene Beitragszuschlag auf EUR 400,- herabgesetzt wird".

 

Die Begründung (gekürzt wiedergegeben):

„Herr S G, VSNR x und Herr R S VSNR x wurden entgegen § 33 ASVG nicht vor Arbeitsantritt gemeldet Die Merkmale eines Dienstnehmers, welcher in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis gegen Entgelt beschäftigt ist, liegen bei beiden Herren vor. Folglich war ein Beitragszuschlag nach §113 Abs 12 1 ASVG zu verhängen. Da es sich bei diesem Meldeverstoß um den erstmaligen Meldeverstoß im Zuge einer Betretung handelt und nicht mehr als zwei Dienstnehmer betroffen sind, kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen. Es wurde daher der Beitragszuschlag auf EUR 400, -- herabgesetzt".

 

Zwar wurde gegen diese Beschwerdevorentscheidung der Vorlageantrag eingebracht, der aber mit Schreiben vom 19.Mai 2016 zurückgezogen wurde. Da selbst die OÖGKK zum Ausdruck gebracht hat (erstmaliges Fehlverhalten), ist auch das Begehren der Strafreduktion deswegen angebracht, weil auch die OÖGKK von einer ERSTMALIGEN Fehlhandlung ausgegangen ist.“

 

3. Mit Schreiben vom 27.05.2016 legte der Magistrat der Landeshauptstadt Linz das eingebrachte Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.07.2016. Mit Antrag vom 12.07.2016 hat die Bf im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung den Antrag auf Anberaumung der mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1. Da sich die Beschwerde ausschließlich gegen das Strafausmaß des  Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Landesverwaltungsgericht verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der belangten Behörde auseinander zu setzen.

 

5.2. Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Auf­zeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

- mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstraf­bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

In Würdigung sämtlicher Umstände des Falles gelangt das Landesver­waltungsgericht Oberösterreich zum Schluss, dass die Voraussetzungen für eine Herabsetzung der von der belangten Behörde verhängten Geldstrafe iSd § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG vorliegen. Die Bf zeigt sich geständig und es liegt erstmaliges ordnungswidriges Handeln der Bf vor, die unbescholten ist. Zudem wurde der Bf im angefochtenen Straferkenntnis nur ein sehr kurzer Tatzeitraum zur Last gelegt. Auch der Vertreter der Organpartei erklärte im Rahmen des Parteiengehörs zur Abberaumung der mündlichen Verhandlung seine Zustimmung zur Herabsetzung der von der belangten Behörde verhängten Strafe.

 

Die nunmehr verhängte Geldstrafe ist nach Ansicht der erkennenden Richterin ausreichend, um die Bf die Unrechtmäßigkeit ihres Verhaltens vor Augen zu führen und sie in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Verwaltungsüber­tretungen anzuhalten.

Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass bei neuerlichen Verfehlungen mit deutlich höheren Strafen zu rechnen ist.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gabriele Saxinger