LVwG-750354/2/Sr/CS – 750359/2

Linz, 24.06.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerden von B M und F M, jeweils x, J A, x sowie R O, F O und S O, jeweils s gegen den Bescheid des Gemeinderates vom 6. April 2016, GZ. 2015-47612 (Ra), mit dem die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 27.Juli 2015, Zl. 2015-73861 (Has), als unzulässig zurückgewiesen wurde den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I.          Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 31 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             

 

1. Mit Schriftsatz vom 4. September 2015 erhoben die Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde W vom 27. Juli 2015, GZ. 2015-73861 (Has), mit dem der Freiwilligen Feuerwehr W, vertreten durch Kdt. HBI D J, x, nach Anzeige der Durchführung der Veranstaltung „x – Zeltfest“ auf dem Grundstück des Hrn. E F, wohnhaft in x gemäß § 7 Abs. 2 des Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetzes Auflagen vorgeschrieben worden waren.

 

2. Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde W (in der Folge: belangte Behörde) vom 6. April 2016 wurde die Berufung der Bf als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:

 

„Die Freiwillige Feuerwehr W hat mit der Veranstaltungsanzeige vom 18.6.2015 die Durchführung des sogenannten „x Zeltfestes“ von x. bis x.2015 angezeigt. Mit zitiertem Bescheid vom 27.7.2015, Zl. 2015-73861 (Has) wurden vom Bürgermeister der Marktgemeinde W dem Veranstalter weitere Auflagen gem. § 7 Abs. 3 Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetz vorgeschrieben.

Mit Schreiben vom 4.9.2015 wurde von den B und F M; x, J u. D A, T, x, T E, x; A u. M B, x; S E und B Z, c; R, F und S O, c; alle W gegen den oa. Bescheid des Bürgermeisters Berufung erhoben.

Es ist festzuhalten, dass etwaigen Nachbarn im Verfahren nach § 7 Veranstaltungssicherheitsgesetz keine Parteistellung und somit auch kein Berufungsrecht zukommt, die Berufung ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

3. Mit Schreiben vom 24. April 2016 erhoben die Bf Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, begehrten 1. die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides des Gemeinderates der Marktgemeinde W, 2. die Feststellung, dass die Parteistellung der Bf nach § 8 AVG im gegenständlichen Verfahren zu prüfen ist, 3. über die gegenständliche Veranstaltung meritorisch zu entscheiden, da der Sachverhalt eindeutig und ausführlich vorliege sowie 4. die Durchführung einer mündlichen öffentlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht für Oberösterreich und führten darin begründend im Wesentlichen Folgendes aus:

 

Diese Rechtsansicht der Berufungsbehörde ist rechtlich nicht zutreffend. Der Materiengesetzgeber hat aus verständlichen Gründen keine Regelung der Parteistellung von Personen im Verfahren nach § 7 Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetz normiert (Legalparteien), da wegen der großen Verschiedenheit der anzeigenpflichtigen Veranstaltungen keine erschöpfende Umschreibung der Parteistellung von Personen möglich ist.

Bei Fehlen von Regelungen über die Parteistellung von Personen in den materiellrechtlichen Vorschriften darf die Behörde aber nicht von vornherein eine Parteistellung verneinen und das damit verbundene Berufungsrecht zurückweisen, sondern hat im Einzelfall zu prüfen, ob den Nachbarn nach § 8 AVG Parteistellung und die damit verbundenen Rechte zukommen.

Unsere Parteistellung nach § 8 AVG ergibt sich aus § 4 Abs. 2 Z. 2 und § 7 Abs. 3 Z. 7 Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetz in Verbindung mit § 7 Z. 1 Oö. Veranstaltungssicherheitsverordnung, worauf wir schon in der Berufung vom 4.9.2015 wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens in 1. Instanz ausführlich hingewiesen haben. Durch den beiliegenden schalltechnischen Prüfbericht des T  Gmbh vom 16.9.2015 haben wir den eindeutigen Beweis erbracht, dass durch die Veranstaltung massiv in unsere rechtlich festgeschriebenen Schutzansprüche eingegriffen worden ist. Dieses Gutachten liegt seit 4.10.2015 auch der Berufungsbehörde vor.“

4. Mit Schreiben vom 19. Mai 2016 legte die Marktgemeinde W die Beschwerden der Bf samt dem in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch Einzelrichter berufen, zumal das Materiengesetz keine Senatszuständigkeit vorsieht.

 

 

II.           

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Der unter I. dargestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Da die Beschwerde zurückzuweisen ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

III.         

 

1. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Anordnungen und Entscheidungen des Verwaltungsgerichts durch Beschluss, sofern nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

 

Nach § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. 

 

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 164/2013, kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

 

 

2. 1. Die Regelung der Beschwerdelegitimation an das Verwaltungsgericht gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl Nr. 1/1930 idgF ist seinem Wortlaut nach dem außer Kraft getretenen Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG BGBl Nr. 1/1930 idF BGBl I Nr. 49/2012 nachgebildet, der die Legitimation zur Beschwerde an den VwGH regelte. Der Rechtsprechung des VwGH zufolge kommt es für die Beurteilung der Beschwerdeberechtigung iSd zuletzt genannten Bestimmung darauf an, ob der jeweilige Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt werden kann (s zB VwGH, 23.10.2013, 2013/03/0111). Es mangelt einem Beschwerdeführer daher dann an der Beschwerdeberechtigung, wenn es an der Möglichkeit der Rechtsverletzung in der Sphäre des Bf fehlt. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit ist demnach immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Sie muss auch noch im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung gegeben sein. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist unter anderem daher dann zu verneinen, wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer ohne objektiven Nutzen ist, wenn die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen sohin nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (s zB VwGH 19.12.1990, 90/03/0247).

 

Auch in einem Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht ist die Beschwerdelegitimation iSd Art. 132 Abs 1 Z 1 nur dann als gegeben zu erachten, wenn noch zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung ein Rechtschutzbedürfnis des Beschwerdeführers besteht (s zu einem ähnlich gelagerten Fall VwGH 26.4.2016, Ra 2016/03/0043).

 

2.2. Im gegenständlichen Fall begehrten die Bf Parteistellung und bezogen sich dabei auf ein bereits abgeschlossenes Verfahren, in dem für eine sich über einen bestimmten Zeitraum erstreckende gemäß § 7 Oö. VeranstaltungssicherheitsG angezeigte Veranstaltung Auflagen vorgeschrieben worden waren. Zum Zeitpunkt der Beschwerde beim LVwG war der Zeitraum, für den die Veranstaltung angezeigt worden war, jedoch bereits verstrichen. Im vorliegenden Zusammenhang besteht daher das Rechtsschutzinteresse der Bf an der Klärung ihrer Parteistellung in diesem Verfahren nicht mehr fort (vgl VwGH 26.4.2016, Ra 2016/03/0043).

 

3. Ergänzend ist anzumerken, dass selbst dann, wenn ein Rechtsschutzbedürfnis bejaht werden würde, die Beschwerden abzuweisen gewesen wären, da der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengehalten werden kann, dass den Bf im Verfahren nach § 7 Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetz Parteistellung zukommt.

 

Das Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetz enthält keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass neben dem Veranstalter noch weitere Personen als Parteien oder Beteiligte einem Verfahren beigezogen werden müssten, in dem einer anzeigepflichtigen Veranstaltung gemäß § 7 Abs. 3 Oö. VeranstaltungssicherheitsG über gemäß § 4 Abs. 3 leg cit hinausgehende Auflagen vorgeschrieben werden. Auch für bewilligungspflichtige Veranstaltungen gemäß § 8 Oö. VeranstaltungssicherheitsG ist das nicht der Fall. Dagegen hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 3 Oö. VeranstaltungssicherheitsG für das Verfahren zur Bewilligung von Veranstaltungsstätten ausdrücklich die „ [...] Eigentümerinnen und Eigentümer jener Grundstücke, deren Grundstücksgrenze von der Veranstaltungsstätte höchstens 50 Meter entfernt ist (Nachbarn), [...]“ und die Gemeinde sowie die örtlichen Einsatzorganisationen zu Beteiligten des Verfahrens erklärt. Darüber hinaus kommt dieser Bestimmung zufolge ausdrücklich jenen Personen Parteistellung zu, die an der Veranstaltungsstätte dinglich berechtigt oder verfügungsberechtigt sind. Zwar ermächtigen § 7 Abs. 3 Z 7 und § 8 Abs. 4 iVm § 7 Abs. 3 Z 7 VeranstaltungssicherheitsG die Behörde Beschränkungen zur Vermeidung von unzumutbaren Belästigungen der Nachbarschaft vorzuschreiben. Da anders als für Verfahren zur Bewilligung von Veranstaltungsstätten für das Anzeigeverfahren und Bewilligungsverfahren von Veranstaltungen jedoch keine Personen bestimmt werden, die dem Verfahren beizuziehen wären, liegt ein Auslegungsergebnis nahe, das aus diesen Bestimmungen folgende subjektive Rechte von Nachbarn und damit ein rechtliches Interesse iSd § 8 AVG ausschließt.

 

Bestätigt wird dies durch den Bericht des Ausschusses für allgemeine innere Angelegenheiten (Beilage 1218/2007, XXVI.GP), in dem zu § 8 VeranstaltungssicherheitsG ausdrücklich festgehalten wird: „Zur Erteilung der Bewilligung ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen [...]; Parteistellung hat allerdings nur der Konsenswerber.“ Darüber hinaus bestimmt § 7 Abs. 1 VeranstaltungssicherheitsG, dass die Veranstalterin oder der Veranstalter die Durchführung einer anzeigepflichtigen Veranstaltung spätestens sechs Wochen vor ihrem Beginn anzuzeigen hat. Dem Gesetzgeber kann aber nicht unterstellt werden, dass er davon ausging, dass in einem Verfahren, das in nur sechs Wochen abzuwickeln ist, eine potentiell große Gruppe von Nachbarn als Parteien beteiligt werden sollen. Sohin ermöglicht § 7 Abs. 3 VeranstaltungssicherheitsG der Behörde lediglich, dem Veranstalter Beschränkungen zur Vermeidung von unzumutbaren Belästigungen der Nachbarschaft vorzuschreiben. Ein subjektives öffentliches Recht von Nachbarn ist daraus jedoch nicht abzuleiten.

Das gilt für die in § 4 Oö. VeranstaltungssicherheitsG geregelten allgemeinen Erfordernisse für die Durchführung von Veranstaltungen und die auf Grund des § 4 Abs. 3 leg cit ergangenen Bestimmungen der Oö. Veranstaltungssicherheitsverordnung ebenso.

 

4. Da es den Bf im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht jedoch schon an der Beschwerdelegitimation wegen des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses fehlt, ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Christian Stierschneider