LVwG-350240/2/Py/TK
Linz, 20.07.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn J. P., x, S., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 24. Mai 2016, GZ: SH-239/16, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG),
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr (in der Folge: belangte Behörde) vom 24. Mai 2016, GZ: SH-239/16, wurde der Antrag des Beschwerdeführers (in der Folge: Bf) vom 14. April 2016 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs zurückgewiesen.
In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass der Bf seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht nachgekommen ist und für seinen Antrag die Entscheidungsgrundlage fehlt.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der der Bf ausführt, dass er seit 24. Mai 2016 beim AMS Steyr gemeldet ist und nun zwei Jahre von der Behörde wegen der Mindestsicherung hingehalten werde. Der Beschwerde beigelegt ist eine Kopie des bei der Behörde gestellten Antrages auf Mindestsicherung sowie erste Seite des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 11. April 2016, AMJ3-B-14757/005, mit dem der Antrag des Bf vom 1. Dezember 2015 betreffend bedarfsorientierte Mindestsicherung nach dem Nö. Mindestsicherungsgesetz abgewiesen wird.
3. Mit Schreiben vom 6. Juni 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor, das zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.
4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden.
4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Der Bf, geb. x, österr. Staatsangehöriger, stellte datiert mit 24. März 2016, bei der belangten Behörde eingelangt am 14. April 2016, einen Antrag auf Mindestsicherung nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz. Trotz Hinweise im vom Bf benützten Antragsformular, wonach die gemachten Angaben durch entsprechende Unterlagen zu belegen sind, legte der Bf seinem Antrag keine Nachweise bezüglich der von ihm gemachten Angaben bei.
Mit Schreiben vom 4. Mai 2016, lt. dem im Akt einliegenden Postrückschein nachweislich zugestellt am 11. Mai 2016, wurde der Bf daraufhin von der belangten Behörde aufgefordert, im Rahmen der Mitwirkungspflicht nachfolgende Urkunden bzw. Unterlagen beizubringen:
- Kontoauszüge der letzten 3 Monate
- Rückkaufwert Lebensversicherung
- Mietvertrag
- Mietvorschreibung
- Bescheid Wohnbeihilfe
- AMS-Bezugsbestätigung
- ausgefülltes Beiblatt von Frau W. J.
- Einkommensnachweise von Frau W. J.
- Kontoauszüge der letzten 3 Monate von Frau W. J.
- Sparformen von Frau W. J. (Bausparer, Sparbuch, Lebensversicherung...)
Gleichzeitig wurde der Bf aufgefordert, am 23. Mai 2016 um 8.30 Uhr persönlich bei der belangten Behörde vorzusprechen. Im Schreiben wurde er auch darauf aufmerksam gemacht, dass, sofern er innerhalb der angegebenen Frist seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen kann.
Vom Bf wurden keine der geforderten Unterlagen bzw. Urkunden vorgelegt, woraufhin die belangte Behörde den Antrag mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid zurückwies.
4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und ist in dieser Form unbestritten.
5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
5.1. Zunächst ist auszuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf Grund der Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde „Sache“ des Beschwerdeverfahrens nur die Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung ist (vgl. VwGH vom 29. April 2010, 2008/21/0302). Im Beschluss vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0049, führt der Verwaltungsgerichtshof dazu zu den Verfahrensbestimmungen vor den Verwaltungsgerichten aus, dass „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht – ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfangs – jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat, ist. Wenngleich § 66 Abs. 4 AVG einerseits und § 28 Abs. 2 und Abs. 3 VwGVG andererseits unter jeweils verschiedenen Tatbestandsvoraussetzungen eine Pflicht für Entscheidung „in der Sache selbst“ normiert, ist das Verständnis dessen, was unter „Sache des Verfahrens“ zu verstehen ist, unverändert geblieben. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist „Sache“ sowohl eines Berufungsverfahrens vor einem administrativen Instanzenzug übergeordneten Berufungsbehörde als auch eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die „Rechtmäßigkeit der Zurückweisung“ (vgl. VwGH vom 18. Dezember 2014, Ra 2014/07/0002). Im Ergebnis bedeutet dies, dass das Oö. Landesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren nicht über die Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung an den Bf zu entscheiden hat, sondern darüber, ob der Antrag des Bf von der Behörde zu Recht zurückgewiesen wurde.
5.2. Gemäß § 5 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011 idgF, ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4
1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist
2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).
Gemäß § 6 Abs.1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die
1. ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder
2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Hausgemeinschaft leben,
nicht decken können oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.
Gemäß § 7 Abs. 1 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.
Gemäß § 7 Abs. 2 Oö. BMSG gelten als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs. 1 insbesondere
- der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8 bis 10;
- der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11;
- die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre sowie
- die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragenen Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.
Gemäß § 7 Abs. 2 Ziffer 2. Oö. BMSG gilt als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs. 1 insbesondere der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11.
Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung und Berücksichtigung des Einkommens- und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.
Gemäß § 11 Abs. 1 Oö. BMSG haben Hilfebedürftige ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten zu bemühen.
Gemäß § 30 Abs. 1 Oö. BMSG ist die hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht sind insbesondere die zur Durchführung des Verfahrens
1. erforderlichen Angaben zu machen,
2. erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und
3. erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.
Gemäß § 30 Abs. 2 Oö. BMSG kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen, wenn eine hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ihrer Mitwirkungspflicht innerhalb angemessener Frist nicht nachkommt. Voraussetzung dafür ist, dass die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.
5.3. Der Bf übermittelte der belangten Behörde einen Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs unter Bekanntgabe von Daten, für deren Nachweis er – trotz Aufforderung durch die belangte Behörde – keinerlei Nachweis erbrachte. Voraussetzung für die Gewährung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist gemäß § 5 Oö. BMSG das Vorliegen einer sozialen Notlage. Eine solche liegt bei Personen vor, die ihren Lebensunterhalt nicht decken können. Zwar wird im Gesetz nicht konkret geregelt, welche Unterlagen zum Nachweis einer sozialen Notlage beizubringen sind, das völlige Fehlen jeglicher Belege für die vom Bf gemachten Angaben hat jedoch zur Folge, dass eine Bewertung der Lebenssituation des Bf durch die Behörde gänzlich ausgeschlossen wird. Indem der Bf – trotz Hinweis durch die belangte Behörde auf die damit verbundenen Rechtsfolgen – keinerlei Unterlagen hinsichtlich seiner Lebens- und Wohnsituation der Behörde übermittelte, war die Behörde nicht in der Lage, eine inhaltliche Entscheidung über seinen Antrag zu treffen und wurde dieser daher zu Recht zurückgewiesen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid als unberechtigt abzuweisen.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr.in Andrea Panny