LVwG-300871/8/BMa/SH
Linz, 18.04.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des M. K. vom 23. Oktober 2015, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R. G., x, W., gegen den Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 25. September 2015, GZ: 0035763/2015, wegen Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die verhängte Geldstrafe zu den Spruchpunkten 1. bis 4. auf jeweils 1.000 Euro (insgesamt 4.000 Euro) herabgesetzt.
II. Nach § 38 VwGVG iVm § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf insgesamt 400 Euro (4 x 100 Euro); für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.
III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1.1. Mit Strafbescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 25. September 2015, GZ: 0035763/2015, wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt, schuldig gesprochen und bestraft:
1.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, Unterlagen wie Arbeitsverträge (Dienstzettel, Lohnzettel, Stundenaufzeichnungen oder Kassen- bzw. Überweisungsbelege) in deutscher Sprache – zur Überprüfung des den entsandten Arbeitnehmern für die Dauer der Beschäftigung nach österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts – seien auf der Baustelle „x“ in L. zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht vorgelegen und diese seien daher in deutscher Sprache auf der Baustelle nicht bereitgehalten worden.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite habe der Beschuldigte den Schuldentlastungsbeweis nicht erbracht.
Strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet, straferschwerend kein Umstand.
Die belangte Behörde ist von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, dem Nichtvorhandensein eines Vermögens und dem Fehlen von Sorgepflichten, ausgegangen.
1.3. Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde vom 23. Oktober 2015, mit der abschließend sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Bescheids und die Herabsetzung der Strafe beantragt wird.
2.1. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht am 23. November 2015 vorgelegt. Dieses entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch eine Einzelrichterin.
2.2. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und am 30. März 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Rechtsvertreter des Bf, eine Vertreterin der Organpartei und ein Vertreter der belangten Behörde gekommen sind.
Vorbereitend zur Verhandlung wurde eine Stellungnahme des Rechtsvertreters dem Oö. Landesverwaltungsgericht am 23. März 2016 übermittelt, die den anwesenden Parteien in der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht wurde. In dieser Stellungnahme wurde angegeben, dass der Bf lediglich über ein Einkommen von ca. 1.255 Euro pro Monat verfüge. Er habe sich aufgrund der internen Geschäftsverteilung in einem Rechtsirrtum befunden, so war er der Meinung, dass ihn aufgrund der internen Geschäftsverteilung keine Verantwortung hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des AVRAG treffen würde. Lohn- und Sozialdumping sei nicht betrieben worden, es seien nur die Unterlagen nicht in deutscher Sprache vorgelegen. Die Unterlagen seien bereits am selben Tag der Überprüfung bzw. am nächsten Tag nachgereicht worden. Der Bf habe ein reumütiges Geständnis abgelegt, die Strafe würde den Gewinn aus dem Baustellenprojekt übersteigen.
3. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes:
3.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:
M. K. ist Geschäftsführer der Firma I. s.r.o. mit Sitz in D., x in der x Republik, die zum Zeitpunkt der Kontrolle am 7. Juli 2015 Arbeitgeberin der im Spruch des bekämpften Bescheids genannten slowakischen Staatsbürger war. Diese wurden zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt, ohne dass die erforderlichen Unterlagen wie Arbeitsvertrag oder Dienstzettel, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen in deutscher Sprache auf der Baustelle bereitgehalten wurden. Diese Unterlagen waren auch nicht in slowakischer Sprache bei der Kontrolle vorhanden.
3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde und den nachträglich vorgelegten Unterlagen sowie der Aussage des Rechtsvertreters anlässlich der mündlichen Verhandlung ergibt.
3.3. In rechtlicher Hinsichtlich hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:
2.3.1. Gemäß § 7d Abs. 1 AVRAG den im Zeitpunkt der inkriminierten Tat geltenden Fassung haben Arbeitgeber/innen iSd §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 jene Unterlagen, die zur Überprüfung des/dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen) in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen binnen 24 Stunden nachweislich zu übermitteln.
Gemäß Abs. 2 leg.cit trifft bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die Beschäftiger/in, wobei der/die Überlasser/in dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen bereitzustellen hat.
Nach § 7i Abs. 4 Z 1 AVRAG in der zur Tatzeit geltenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Wiederholungsfall von 4.000 Euro bis 50.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7,7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält.
Gemäß § 7d Abs. 1 AVRAG haben Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.
Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung trifft die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die inländische/n Beschäftiger/in. Der/Die Überlasser/in hat dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen nachweislich bereitzustellen (Abs.2 leg.cit.).
Gemäß § 7j Abs. 1 AVRAG wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam, nachdem
1. bei der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen durch Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a oder 7b oder Überlasser/innen mit Sitz im Ausland, oder
2. beim zuständigen Träger der Krankenversicherung durch Arbeitgeber/innen oder Beschäftiger/innen mit Sitz im Inland
eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist....
3.2.2. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurden die nach der österreichischen Rechtslage relevanten Lohnunterlagen anlässlich der Kontrolle am 7. Juli 2015 nicht auf der Baustelle am x, bereitgehalten. Die Firma I. s.r.o. hat als Arbeitgeberin dort die vier im Spruch des bekämpften Erkenntnisses angeführten slowakischen Staatsbürger mit Rohrisolierungsarbeiten beschäftigt. Diese wurden daher zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt, ohne dass die erforderlichen Lohnunterlagen in deutscher Sprache bereitgehalten wurden. M. K. ist Geschäftsführer der Firma I. s.r.o. und damit, weil auch die interne Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten weder der ZKO noch dem zuständigen Träger der Krankenversicherung bekanntgegeben wurde, gemäß § 9 VStG als nach außen Vertretungsbefugter strafrechtlich verantwortlich.
Der Bf hat damit das Tatbild der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung begangen.
3.2.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachen-vorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
Weil der Bf nicht dafür gesorgt hat, dass die erforderlichen Unterlagen am Einsatzort der vier aus der Slowakei entsandten Arbeitnehmer bereitgehalten wurden, ist ihm die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen. Als Verschuldensgrad ist jedoch nur Fahrlässigkeit anzunehmen, war der Bf doch in einem vorwerfbaren Rechtsirrtum befangen. So hat er auf die interne Geschäftsverteilung der Firma I. s.r.o. vertraut und war der Meinung, dass ihn damit keine Verantwortung für das Bereithalten der Lohnunterlagen in Österreich trifft.
3.2.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idgF sind Grundlagen für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32-35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.
Der von der belangten Behörde herangezogene Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit wird auch dieser Entscheidung zugrunde gelegt. Darüber hinaus ist als Milderungsgrund das reumütige Geständnis des Bf heranzuziehen, wonach dieser zugestanden hatte, dass die Unterlagen in deutscher Sprache nicht bereitgehalten wurden. Strafmildernd ist auch der oben dargestellte Rechtsirrtum zu werten.
Straferschwerungsgründe hingegen sind auch im Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen. Damit aber ist von einem beträchtlichen Überwiegen der Strafmilderungsgründe auszugehen, sodass die Mindeststrafe auf die Hälfte herabgesetzt werden konnte.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.:
Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, waren keine Kosten für das Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens entsprechend herabzusetzen.
Zu III.: Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Gemäß 7n Abs. 2 AVRAG wird darauf hingewiesen, dass mit der rechtskräftigen Bestrafung die Eintragung des M. K. und der Firma I. s.r.o., x, D., in die Evidenz des Kompetenzzentrums LSDB verbunden ist.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Gerda Bergmayr-Mann