LVwG-150786/2/MK LVwG-150787/2/MK

Linz, 19.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde von

1.        Dr. C P, x, und

2.        H P, x,

beide vertreten durch Dr. H T, Rechtsanwalt, x, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 14.08.2015, GZ. RM-Bau-150006-16,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.            Sachverhalt, Verfahrenslauf:

 

I.1. Auf dieser Grundlage einer Baukontrolle am 05.08.2014 waren im Standort L, x, auf Gst.Nr. x, KG L, konsenslos ausgeführte Änderungen der baulichen Anlage sowie des Verwendungszwecks festgestellt worden.

 

Im Rahmen einer baubehördlichen Überprüfung am 23.10.2014 wurde unter Beiziehung von Amtssachverständigen aus den Fachgebieten Bautechnik, Brandschutztechnik, bzw. Maschinen- und Elektrotechnik der Istzustand des Gebäudes vor dem Hintergrund der bestehenden Bewilligung erhoben. Die aus fachlicher Sicht erforderlichen Auflagen bzw. Mängelbehebungsaufträge wurden dabei wie folgt festgehalten:

 

I.1.1. Aus bautechnischer Sicht (allgemein):

 

„1) Die Türen aus den Büroeinheiten in das Stiegenhaus sind EI230C auszuführen.

2)         Bei den Büroeinheiten mit mehr als 15 Personen (Angestellte + Besucher) müssen die Türen in Fluchtrichtung aufschlagend ausgeführt werden.

3)         Die Fluchttüren aus den Büroeinheiten sind mit Panikbeschlägen entsprechend der ÖNORM EN 179 auszuführen.

4)         Bei der Gittertüre im Stiegenhaus ist an der Innenseite ein Panikbeschlag entsprechend der ÖNORM EN 179 anzubringen.

5)         Zur Brandrauchentlüftung des Aufzugschachtes ist eine Lüftungsöffnung über Dach von 2,5 % der Schachtgrundfläche vorzusehen. Vor den Aufzugtüren ist ein brandlastfreier Bereich entsprechend der ÖNORM B 2473 mit einer Tiefe von 2,00 m und einem Seitenabstand von 2,00 m zu den Aufzugtüren auszubilden“.

 

I.1.2. Aus bautechnischer Sicht (Mängelbehebung):

 

„1. Das Geländer bei der Dachterrasse ist entsprechend der ÖNORM B 5371 auszuführen.

2. Bei den straßenseitigen Fenstern im Büro des 1. OG, welche bis zum Fußboden reichen, ist eine Absturzsicherung entsprechen der ÖNORM B 5371 auszuführen.

3. Die brennbaren Flüssigkeiten für die Durchführung von Möbelreparaturarbeiten, die über den Tagesbedarf hinausgehen, sind in einem geeigneten Sicherheitsschrank für brennbare Flüssigkeiten entsprechend der ÖNORM EN 14470/1 oder in einem eigenen Lagerraum aufzubewahren.“

 

 

 

 

I.1.3. Aus brandschutztechnischer Sicht:

 

„1) Sämtliche Fluchtwege (Treppenhaus, Hofdurchgang, ...) sind von Brandlasten aller Art (z.B.: Kraftfahrzeuge, Mülltonnen, ...), in ihrer gesamten baulichen Breite, frei zu halten.

2)        Die im Objekt vorhandene natürliche Brandrauchentlüftung ist von einer konzessionierten Fachfirma auf ihre Funktionsfähigkeit überprüfen zu lassen. Ein mängelfreier Nachweis ist der Behörde vorzulegen.

3)        Die Tür zwischen dem Treppenhaus und der künftigen Wohneinheit (eig. erf. Bauverfahren) ist in El2 30 herzustellen.

4)        Die Tür zwischen der Hofdurchfahrt und dem Aufzugsschacht ist als El2 30 - C Türe auszuführen.

5)        Die Feuerstätte im Keller (Werkstätte) ist zu entfernen und der Rauchfanganschluss ist entsprechend abzukapseln oder das Lagern bzw. Hantieren mit brennbaren Flüssigkeiten (Dämpfen) oder Gasen ist gänzlich zu unterlassen [Anm.: Dieser Auflagenpunkt wurde von der Baubehörde als im Rahmen des Bauverfahrens nicht vorschreibbar qualifiziert und im Zuge des weiteren Verfahrens nicht mehr berücksichtigt].“

 

I.2. Den Gebäudeeigentümern Dr. C P, x, und H P, x, (in der Folge: Bf) wurden mit Schreiben der Baubehörde (in der Folge: belangte Behörde) die festgestellten Änderungen zur Kenntnis gebracht, nämlich:

1.-3. Obergeschoß: Anstatt der Möbellager wurden Büroeinheiten eingerichtet.

Dachgeschoß: Anstatt des Möbellagers wurde eine Wohnung eingerichtet.

 

Weiters wurde unter Wahrung des Parteiengehörs mitgeteilt, dass seitens der belangten Behörde beabsichtigt sei aufzutragen, entweder binnen 4 Wochen nach Rechtskraft des zu erlassenden Bescheides die baulichen Änderungen zu beseitigen, oder innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung dieses Schreibens um Erteilung der nachträglichen Bewilligung samt Vorlage der erforderlichen Unterlagen anzusuchen, in welche die nachstehenden Angaben einzuarbeiten wären:

„1) Die Türen aus den Büroeinheiten in das Stiegenhaus sind El230C auszuführen.

2)        Bei den Büroeinheiten mit mehr als 15 Personen (Angestellte + Besucher) müssen die Türen in Fluchtrichtung aufschlagend ausgeführt werden.

3)        Die Fluchttüren aus den Büroeinheiten sind mit Panikbeschlägen entsprechend der ÖNORM EN 179 auszuführen.

4)        Bei der Gittertüre im Stiegenhaus ist an der Innenseite ein Panikbeschlag entspre­chend der ÖNORM EN 179 anzubringen.

5)        Zur Brandrauchentlüftung des Aufzugschachtes ist eine Lüftungsöffnung über Dach von 2,5 % der Schachtgrundfläche vorzusehen.

6)        Vor den Aufzugtüren ist ein brandlastfreier Bereich entsprechend der ÖNORM B 2473 mit einer Tiefe von 2,00 m und einem Seitenabstand von 2,00 m zu den Aufzugtüren auszubilden.

7)        Das Geländer bei der Dachterrasse ist entsprechend der ÖNORM B 5371 auszu­führen.

8)        Bei den straßenseitigen Fenstern im Büro des 1. OG, welche bis zum Fußboden reichen, ist eine Absturzsicherung entsprechen der ÖNORM B 5371 auszuführen.

9)        Die brennbaren Flüssigkeiten für die Durchführung von Möbelreparaturarbeiten, die über den Tagesbedarf (dieser Tagesbedarf ist nachzuweisen, event. durch Vor­lage einer Liste) hinausgehen, sind in einem geeigneten Sicherheitsschrank für brennbare Flüssigkeiten entsprechend der ÖNORM EN 14470/1 oder in einem ei­genen Lagerraum aufzubewahren.

10)      Die Tür zwischen dem Treppenhaus und der Wohneinheit ist in El2 30 herzustellen.

11)      Die Tür zwischen der Hofdurchfahrt und dem Aufzugsschacht ist als El2 30 - C Türe auszuführen.“

 

I.3. Mit erstinstanzlichem Bescheid der belangten Behörde (Magistrat der Landeshauptstadt Linz) wurde den Bf aufgetragen, entweder für die oben festgestellten Zweckwidmungsänderungen bis 31.05.2015 um die nachträgliche Anzeige anzusuchen oder sie binnen 8 Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides zu beseitigen. Begründend wurde dazu – neben der Wiedergabe des festgestellten Sachverhaltes und der gesetzlichen Grundlagen des § 49 Abs. 1, 2 und 4 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) Folgendes ausgeführt:

 

Die anlässlich der durchgeführten Baukontrolle festgestellten Maßnahmen würden der baubehördlichen Anzeigepflicht gemäß § 25 Abs. 1 Z 2b Oö. BauO 1994 unterliegen, da dadurch ein Einfluss auf den Brandschutz und die gesundheitlichen Verhältnisse (wie z.B. Fluchtwege) gegeben sei.

 

I.4. Mit Schriftsatz vom 30.12.2014 brachten die Bf gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Berufung ein, beantragten dessen ersatzlose Behebung, in eventu dessen Aufhebung und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die I. Instanz und führten dazu zusammengefasst Folgendes aus:

 

Es sei unrichtig, dass bezüglich des Dachgeschoßes und der Durchfahrt im Erdgeschoß Zweckwidmungsänderungen vorgenommen worden wären. Sowohl im Bauansuchen als auch in der Niederschrift vom 27.02.1969 sei angeführt, dass das Dachgeschoß eine Großwohnung (4 Zimmer, Küche, 2 Bäder, 2 WC) enthalte. Auch im Einreichplan sei das Dachgeschoß mittels „Planklappe“ vorgesehen gewesen.

 

Die Behörde habe in keiner Weise festgestellt, wann Änderungen vorgenommen worden seien. Sämtliche Änderungen wären bereits vor Inkrafttreten der im bekämpften Bescheid angeführten Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 2b Oö. BauO 1994, dem 01.07.2013, vorgenommen worden, weshalb schon aus diesem Grund keine Anzeigepflicht habe bestehen können.

 

Rein vorsichtshalber würde dennoch die aufgetragene nachträgliche Anzeige erstattet (ausgenommen Dachgeschoß und Tor).

 

I.5. Im Zuge eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens im Berufungsverfahren wurde den Bf seitens der belangten Behörde folgender Sachverhalt zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt:

 

In den am 20.06.1969 ursprünglich vorgelegten Projektsunterlagen sei für das zurückgesetzte Dachgeschoß tatsächlich die Nutzung als Wohnung vorgesehen gewesen. Mit Eingabe vom 31.07.1969 sei vom Antragsteller aber die Bewilligung einer diesbezüglichen Änderung beantragt und per 17.11.1969 auch in Austauschplänen dargestellt worden. Das weitere Verfahren sei in der Folge auf dieser modifizierten Grundlage abgeführt bzw. auch abgeschlossen worden, weshalb die Wohnung im Obergeschoß – entgegen den Angaben der Bf im Verfahren – von keinem Baukonsens gedeckt sei.

 

Zur Klärung des Beweisthemas bzw. zum Zweck der Feststellung der maßgeblichen Rechtslage würde um Mitteilung ersucht, wann die Wohneinheit im Dachgeschoß geschaffen worden sei.

 

I.6. In einer ergänzenden Mitteilung vom 08.04.2015 teilten die Bf der belangten Behörde mit, dass die baulichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Wohnungsnutzung im Dachgeschoß bereits im Jahr 1989 durchgeführt worden wären, da ab 01.09.1989 ein Mietvertrag existieren würde.

 

Darüber hinaus seien die Räume im 1. - 3. Obergeschoß nicht als Lager- sondern als Schauräume genutzt worden, was in einer Niederschrift vom 08.11.1971 von der belangten Behörde auch so festgehalten worden sei. Die derzeitige Nutzung als Büro würde sich von dieser Nutzung nicht so gravierend unterscheiden, dass dies eine Bauanzeigepflicht begründe.

 

I.7. Die zu diesem Vorbringen eingeholte bautechnische Beurteilung vom 25.06.2015 ergab folgendes Ergebnis:

 

Beweisthema“

„Ist durch den Einbau von Büroräumen im 1. bis 3. OG ein bei der Erteilung der Baubewilligung nicht berücksichtigter Einfluss auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse zu erwarten?“

 

 

Beweisergebnis:

„In der ursprünglichen Nutzung des gesamten Objektes x war eine einzige Betriebseinheit im Objekt vorgesehen und laut Kollaudierungsniederschrift vom 8.11.1971 ausgeführt.

Durch die Errichtung von verschiedenen Firmen genutzten Büroeinheiten in den Obergeschoßen und einer Wohnung im DG ist dies nicht mehr gegeben. In den Obergeschoßen sind nicht zusam­menhängende bzw. zusammengehörige Büros untergebracht.

In den „Technischen Richtlinien Vorbeugender Brandschutz" (TRVB) werden auch hinsichtlich der Büronutzung zu anderen Nutzungsarten und Abschlüssen von Treppenhäuser unterschiedliche Brandschutzmaßnahmen gefordert.

In der OIB-Richtlinie 2 wird auch zwischen Büro- und Geschäftsbauten etc. eine unterschiedliche Beurteilung des Brandschutzes vorgenommen. Die Brandabschnittsfläche, Abschlüsse zum Treppenhaus (Türen, Wände) stehen im Zusammenhang mit der jeweiligen Nutzung des Geschosses bzw Brandabschnittes.

Wohnungen bzw. Betriebseinheiten sind untereinander sowie zu anderen Gebäudeteilen (z.B. Gänge, Treppenhäuser) entsprechend zu trennen.

Da für das Objekt nur ein Treppenhaus (Stiegenhaus) als einziger Fluchtweg zur Verfügung steht und im Brandfall das Flüchten aus den unterschiedlichen Büroeinheiten (Geschoßen) zu gewähr­leisten ist, ist zu den Büroeinheiten ein entsprechender Brandabschnitt herzustellen.

Die Änderungen der Widmungen der Obergeschosse 1 - 3 sind daher von Einfluss auf den Brand­schutz.“

 

I.8. Im Zuge des Parteiengehörs äußerten sich die Bf zu diesem Ermittlungsergebnis wie folgt:

 

Der Amtssachverständige habe sich – entgegen den Angaben zum Beweisthema – ausschließlich mit den Agenden des Brandschutzes befasst.

 

Darüber handele es sich dabei um genau jenen Sachverständigen, der im Rahmen der Hausbegehung vom August 2014 die Angelegenheit ins Rollen gebracht habe, weshalb seine Unbefangenheit anzuzweifeln sei. Dazu sei auf die (der belangten Behörde bekannte) Niederschrift vom 08.11.1971 zu verweisen, in der im Hinblick auf die Schauräume Folgendes ausgeführt werde:

 

Die Vorschreibungen zum Schutze des Objektes und seiner Besucher im Brandfalle wurden erfüllt. Bezugnehmend auf den Punkt 7. der Baubewilligung wäre festzustellen, dass die Türen aus dem Stiegenhaus zu den anschließenden Schauräumen (keine Möbellagerräume) nicht eine Mindeststärke von 4 cm Stärke aufweisen. Zur Verwendung gelangten 2-Füllungstüren aus massivem Hartholz (Nuss) und gleichartigen Stöcken. In Verbindung mit dem generellen Rauchverbot für die Obergeschosse, eine Rauchzone besteht nur im Erdgeschoss, kann diese Ausführungsart zur Kenntnis genommen werden. Das Brandvolumen der Schauräume geht au nicht über normale Wohnungen hinaus.“

Dies habe auch für Büronutzung zu gelten.

 

Es würde daher beantragt, dem Sachverständigen J K wegen offensichtlicher Befangenheit den Auftrag zu entziehen und einen anderen Sachverständigen mit der neuerlichen Befundung und Begutachtung zu beauftragen, wobei dieser neu zu bestellende Sachverständige anzuweisen sein wird, sämtliche Punkte zu behandeln.

 

I.9. In ihrem Berufungsbescheid vom 14.08.2015 gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte den angefochtenen Bescheidspruch wie folgt ab:

 

„1. Im Punkt ‚Erdgeschoß‘ entfällt die Wortfolge ‚Die Durchfahrt ist straßen- und hofseitig mit Toren geschlossen“.

2.         Bei der Erfüllungsfrist wird nach der Wortfolge ‚... Rechtskraft dieses Bescheides‘ die Wortfolge ‚bzw. im Falle der Einbringung einer Bescheidbeschwerde ab Zustellung einer Sachentscheidung über die Beschwerde‘ eingefügt.“

 

In der Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

 

I.9.1. Die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages auf der Grundlage des § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 setze voraus, dass die auftragsgegenständliche bauliche Maßnahme sowohl zum Zeitpunkt ihrer Durchführung als auch zum Zeitpunkt der Erlassung des Auftrages bewilligungs- bzw. anzeigepflichtig (gewesen) sei. Die Beurteilung der Bewilligungs- bzw. Anzeigepflicht einer Maßnahme sei im Wege eines Vergleichs zwischen dem gegebenen Baukonsens und dem durch die Maßnahme eingetretenen Zustand vorzunehmen. Für die Klärung der Frage, ob eine nachträgliche Bewilligung möglich sei, wäre die Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des baupolizeilichen Auftrags maßgeblich.

 

Im Grunde der Bestimmung des § 49 Abs. 5 leg.cit wären auch Änderungen des Verwendungszwecks vom Begriff der „baulichen Anlage“ umfasst, da dieser weder Bewilligungs- noch Anzeigetatbestände das Erfordernis baulicher Veränderungen beinhalten würden.

 

I.9.2. Zum Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungszweckänderung im Jahr 1989 sei § 41 Abs. 1 lit. f Oö. BauO 1976 in Geltung gestanden, welcher eine  diesbezügliche Bewilligungspflicht in jenen Fällen normiert habe, wenn durch die Änderung eine bei der Bewilligung nicht berücksichtigte Beeinflussung des Brandschutzes, der Gesundheit oder der Hygiene zu erwarten gewesen sei.

 

Unter vergleichbaren Voraussetzungen wären derartige Änderungen nach geltender Rechtslage anzeigepflichtig.

 

I.9.3. Für die Annahme einer (bei der Bewilligung nicht berücksichtigten) Beeinflussung reiche die abstrakte Möglichkeit einer solchen. Ein konkreter Nachweis im Einzelfall sei nicht erforderlich.

 

Dass eine Verwendung von Lagerräumern als Wohnung Einfluss auf die gesundheitlichen und hygienischen Verhältnisse habe, sei von den Bf nie bestritten worden und bedürfe schon auf Grund der offenkundigen und nach der allgemeinen Lebenserfahrung verständlichen unterschiedlichen Anforderungen an den Schall- und Wärmeschutz keiner weiteren Erörterung.

 

Hinsichtlich der im 1. - 3. OG eingebauten Büroräume lege das eingeholte bautechnische Sachverständigengutachten – entgegen den diesbezüglichen Ausführungen der Bf – die geänderte Beeinflussungslage betreffend den Brandschutz dar. Auf die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur (etwa Verwendung einer Garage als Archiv bzw. Aktenlager) sei hinzuweisen. Unabhängig von der tatsächlichen (u.U. aus brandschutzfachlicher Sicht nicht zu beanstandenden) Ausführung der Maßnahmen – welcher ausschließlich im Rahmen der Beurteilung der Anzeigefähigkeit eines Vorhabens Bedeutung zukommt – sei zuerst die Anzeigepflicht festzustellen.

 

Zur vorgebrachten Befangenheit des beigezogenen Amtssachverständigen sei (mit Zitaten) nur auf die stRsp des VwGH hinzuweisen, wonach die Erstattung einer Anzeige gegen eine Partei idR keine Befangenheit begründe.

 

I.9.4. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass die nicht vom Baukonsens gedeckten Änderungen des Verwendungszwecks zum Zeitpunkt der Ausführung bewilligungspflichtig und nun anzeigepflichtig (gewesen) seien. Der baupolizeiliche Alternativauftrag sei deshalb zu Recht erteilt worden. Die Tatsache, dass die Bf während des Verfahrens die aufgetragene Bauanzeige eingebracht hätten, ändere nichts an der im gegenständlichen Verfahren zu prüfenden maßgeblichen Sachverhalt der Rechtmäßigkeit des Auftrags zum Zeitpunkt seiner Erlassung.

 

Der Auftrag zur Verschließung der Durchfahrt im Erdgeschoß entspreche nicht den gesetzlichen Kriterien, da das Fehlen eines diesbezüglichen Konsenses im Hinblick auf das Abänderungsverfahren aus dem Jahr 1971 nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden könne.

 

I.9.5. Die Anpassung des Beginns des Fristenlaufes sei zur Vermeidung eines unsachgemäßen Ergebnisses (Rechtskraft/Vollstreckbarkeit) an den Zeitpunkt der Erledigung einer allfälligen Bescheidbeschwerde zu knüpfen gewesen.

 

I.10. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die Beschwerde vom 15.09.2015, in der die Bf neuerlich beantragen, der Beschwerde Folge zu geben und den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu diesen im angefochtenen Umfang aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Magistrat der Landeshauptstadt Linz zurückzuverweisen, und begründeten dies im Wesentlichen wie folgt:

 

I.10.1. Darstellung des beschwerderelevanten Sachverhalts:

 

I.10.1.1. Zur Wohnung im Dachgeschoß:

 

„Bereits in der Beilage zum Bauansuchen vom 21.01.1969 war unter Punkt 8 (Zweckwidmung der Räume) angeführt: Dachgeschoß: 4 Zimmer, Küche, 2 Bäder, 2 WC. Auch in der Niederschrift vom 27.02.1969 ist festgehalten, dass das Dachge­schoß eine vollständige Großwohnung enthält. Die Wohnung war auch von der Baubewilligung vom 20.06.1969 umfasst.

Am 31.07.1969 stellte der Bauwerber einen Antrag auf Bewilligung der Abweichung vom genehmigten Bauvorhaben. Es wurde am 12.01.1971 ein Einreichplan vorge­legt, der im Dachgeschoß einen Lagerraum sowie einen Maschinenraum vorgesehen hat und bei dem mittels einer sogenannten „Planklappe" die Wohnung im Dachgeschoß vorgesehen war. Mit Bescheid vom 08.02.1971 wurde die beantragte Planabweichung zur Bewilligung genehmigt.

Der Spruch lautete wie folgt: Dem Ansuchen wird hiermit Folge gegeben und Herrn H P gemäß § 22 der Linzer Bauordnung die Genehmigung zur Abweichung von den mit Baubewilligungsbescheid vom 20.06.1969, GZ 671/R-O, genehmigten Bauplänen und zwar beim zurückgesetzten Dachgeschoß nach den nunmehr vorliegenden, mit Prüfvermerk vom 05.02.1971 versehenen Abänderungsplänen nach Maßgabe der Vorschreibung erteilt, dass die Vorschreibungen des zit. Baubewilligungsbescheides sinngemäß für die Planänderung gelten.

In der Begründung wurde ausgeführt: Die Vorschreibung (gemeint die Vorschreibung dass die Vorschreibungen des zitierten Baubewilligungsbescheides (= jenes Be­scheides, der im Dachgeschoß eine Wohnung vorsieht) sinngemäß für die Planabänderung gelten) war im öffentlichen Interesse und aus bau- und feuerpolizeilichen Gründen erforderlich.

 

I.10.1.2. Zum Erdgeschoß und 1. bis 3. Obergeschoß:

 

„Das Erdgeschoß war ursprünglich ein Verkaufsraum, jetzt ist ein Büro eingerichtet. Im 1. bis 3. Obergeschoß befanden sich bis zum Umbau zu Büros durch den Einbau von Rigipswänden Schauräume (und keine Möbellagerräume).

In der Niederschrift vom 08.11.1971 ist diesbezüglich Folgendes festgehalten: Die Vorschreibungen zum Schutze des Objektes und seiner Besucher im Brandfalle wurden erfüllt. Bezugnehmend auf den Punkt 7. der Baubewilligung wäre festzustellen, dass die Türen aus dem Stiegenhaus zu den anschließenden Schauräumen (keine Möbellagerräume) nicht eine Mindeststärke von 4 cm Stärke aufweisen. Zur Verwendung gelangten 2-Füllungstüren aus massivem Hartholz (Nuss) und gleichartigen Stöcken. In Verbindung mit dem generellen Rauchverbot für die Obergeschoße, eine Rauchzone besteht nur im Erdgeschoß, kann diese ausführungsnah: zur Kenntnis genommen werden. Das Brandvolumen der Schauräume geht auch nicht über normale Wohnungen hinaus.

Im Hinblick darauf, dass der Nutzungsunterschied zwischen Schauräumen und Büronutzung nicht gravierend ist, wurde den Beschwerdeführern zugesichert, ein bau­technisches Amtssachverständigengutachten zur Frage der Bewilligungspflicht der vorgenommenen Änderungen einzuholen. Ohne den Parteien diesbezüglich eine Äußerung zu ermöglichen, wurde wiederum der Amtssachverständige Johann König beauftragt. Dieser kommt zum Ergebnis, dass die Änderungen der Widmungen der Obergeschoße 1 bis 3 von Einfluss auf den Brandschutz sind, stützt sich dabei je­doch lediglich auf die technischen Richtlinien vorbeugender Brandschutz und die OIB-Richtlinie 2, wobei überhaupt nicht ersichtlich ist, welche Fassung er heranzieht. Entscheidend ist jedoch, sowohl ob im Jahr 1989 eine Bewilligungspflicht bestanden hat als auch ob jetzt eine Anzeigepflicht besteht. Es wären daher auch die einschlä­gigen Bestimmungen aus diesem Jahr heranzuziehen.

Da der Amtssachverständige J K auch der jenige Sachverständige war, der im August 2014 bei der Hausbegehung die nunmehr in Diskussion stehenden Punkte aufgeworfen und das Verfahren ins Rollen gebracht hat, haben die Beschwerdeführer die Befangenheit des Sachverständigen eingewandt und die Beizie­hung eines neuen Sachverständigen beantragt. Weiters wurde nochmals darauf hingewiesen, dass im 1. bis 3. Obergeschoß immer Schauräume bestanden haben und kein Nutzungsunterschied zu den nunmehrigen Büros vorhanden ist. Diese Äußerung blieb bis zum Berufungsbescheid unbehandelt.“

 

I.10.2. Beschwerdebehauptung und Beschwerdegründe:

 

I.10.2.1. Bewilligungspflicht im Jahr 1989:

 

Die seinerzeitige Bewilligungs- und nunmehrige Anzeigepflicht von Änderungen des Verwendungszweckes würde nur für den Fall normiert (gewesen) sein, als dadurch bei der Bewilligung nicht berücksichtigte Einflüsse auf die angeführte Schutzinteressen zu erwarten wären. Um dies feststellen zu können, hätte der beigezogene Amtssachverständige auch eine auf die Voraussetzungen im Jahr 1989 abgestellte Beurteilung vornehmen müssen, was allerdings nicht der Fall sei.

 

Die Nutzungen als Schauraum und als Büro wären vergleichbar. Der Nutzungsunterschied habe keinen ebenso wenig Einfluss auf den Brandschutz wie auf die Festigkeit der tragenden Bauteile oder die Gesundheit und Hygiene, womit sich aber weder die belangte Behörde noch der beigezogene Amtssachverständige auseinandergesetzt hätten.

 

Bei den bewilligten Schauräumen sei das Personenaufkommen höher gewesen als bei den nunmehrigen Büros. Der Sachverständige führe zwar aus, dass in den einschlägigen beurteilungsrelevanten technischen Richtlinien unterschiedliche brandschutztechnische Maßnahmen gefordert würden, würde aber eine in den Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls gelegene Begründung dafür schuldig bleiben.

 

Der in der fachlichen Beurteilung angeführte Umstand, dass für die Flucht aus den jeweiligen Büroeinheiten (Geschoßen) nur ein Stiegenhaus zur Verfügung stünde, was die Herstellung entsprechender Brandabschnitte bedinge, stelle im Vergleich zur Vornutzung keine Änderung dar. Es könne daher auch keine Rede von nicht berücksichtigten Einflüssen sein. Auch diesbezüglich fehle jede materielle Auseinandersetzung.

 

Darüber hinaus sei der an den Sachverständigen gerichtete Auftrag unvollständig, weil er die fachliche Beurteilung sowohl zum Zeitpunkt der Änderung als auch zum Zeitpunkt der Erteilung des baupolizeilichen Auftrags nicht enthalte.

 

Auf die oben bereits angeführten behördlichen Feststellungen in der Niederschrift vom 08.11.1971 sei an dieser Stelle nochmals hinzuweisen.

 

I.10.2.2. Zur Wohnung im Dachgeschoß:

 

Es sei richtig, dass im Jahr 1971 eine Änderung der bisher konsensgemäßen Nutzung des Dachgeschoßes beantragt und bewilligt worden sei. Den Bf sei es aber frei gestanden, von dieser Berechtigung Gebrauch zu machen, da mit der Bewilligung keine Verpflichtung zur tatsächlichen Realisierung verbunden sei.

 

In der Änderungsbewilligung sei vorgeschrieben worden, dass die bestehenden Vorschreibungen auf die Änderung aus bau- und feuerpolizeilichen Gründen sinngemäß anzuwenden seien. Daraus ergebe sich aber, dass für die Lagerräume bereits alle Vorschriften einzuhalten gewesen wären, die auch für die Errichtung der Wohnung hätten eingehalten werden müssen. Auch darin könne keine im Zuge der Bewilligung nicht berücksichtigte Beeinflussung von konkreten Schutzinteressen gesehen werden.

 

I.10.2.3. Zum Gutachten des Sachverständigen:

 

Entgegen dem ausdrücklichen Auftrag der belangten Behörde habe sich der Amtssachverständige nicht mit den Themenbereichen „Festigkeit tragender Bauteile“ sowie „gesundheitliche und hygienische Verhältnisse“ befasst.

 

Es handle sich darüber hinaus um dieselbe Person, welche die nun in Diskussion stehenden Punkte im Rahmen der ersten Hausbegehung aufgenommen und das Verfahren damit ins Rollen gebracht habe. Neben der bereits angeführte Befangenheitsproblematik habe es die belangte Behörde unter eben diesem Gesichtspunkt unterlassen, der Beweiswürdigung die entsprechende Aufmerksamkeit beizumessen.

Aus dem Gutachten sei nicht ersichtlich, auf welche Rechtslage und Vorschriften der Sachverständige abstelle.

 

Auf Grund des diesbezüglichen Vorbringens der Bf im Verfahren hätte die belangte Behörde den Sachverständigen zu einer Ergänzung seines Gutachtens auffordern müssen, was aber nicht geschehen sei. Auch in diesem Zusammenhang liege Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor.

 

Zusammenfassend sei der bekämpfte Bescheid daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, mangelhaften Sachverhaltsfeststellungen sowie mangelhafter bzw. unrichtiger Beweiswürdigung behaftet.

 

I.11. Mit Schreiben vom 21.09.2015 übermittelte die belangte Behörde den gegenständlichen Verfahrensakt und führte im Rahmen der Vorlage zum Beschwerdevorbringen Folgendes aus:

 

I.11.1. Die – in der Beschwerde neuerlich in Abrede gestellte – Bewilligungspflicht einer Änderung des Verwendungszwecks von Verkaufsraum (Schauraum) auf Büro sei schon darin begründet, dass sich im ersten Fall nur sporadisch bzw. vorübergehend Menschen in diesen Räumen aufhalten würden, während für den zweiten Fall das Vorhandensein von dauernden Arbeitsplätzen charakteristisch sei. Es bedürfe keiner näheren Erläuterung, dass damit ein abstrakter Einfluss auf die gesundheitlichen bzw. hygienischen Verhältnisse zu bejahen sei. Da dieser Umstand als offenkundig gelten könne, bedürfe es in diesem Zusammenhang auch keines Gutachtens.

 

I.11.2. Der das Obergeschoß betreffenden Rechtsansicht, dass trotz bewilligter Änderung auch die ursprüngliche Bewilligung – welche eine Wohnung vorgesehen habe – hätte konsumiert werden können, sei entgegen zu halten, dass für den hier vorliegenden Fall zweier Baubewilligungen für zwei unterschiedliche Projekte nach aktueller Rechtslage die nicht konsumierte Bewilligung gemäß § 38 Abs. 1 Oö. BauO1994 nach Ablauf von drei Jahren erlöschen würde. Auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligungen (1969 bzw. 1971) in Geltung befindlichen Linzer Bauordnung (§ 23) wären Bewilligung dann unwirksam geworden, wenn nicht binnen zweier Jahre  mit dem Bau nicht begonnen oder eine Verlängerung dieser Frist nicht erwirkt worden wäre. Der im Jahr 1969 bewilligte Einbau einer Wohnung hätte im Jahr 1989 keine Grundlage mehr für eben diese bauliche Maßnahme sein können.

 

Wie bereits mehrfach ausgeführt, sei für die Beurteilung der Anzeige- bzw. Bewilligungspflicht ein rein abstrakter Vergleich des Einflusses der jeweiligen Nutzung entscheidend. Die Fragen der tatsächlichen Auswirkungen seien in dem (dann eben durchzuführenden) Konsensverfahren zu prüfen.

 

Es würde somit – unter Verzicht auf eine mündliche Verhandlung – beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

 

II.          Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf dessen Grundlage konnten weitere Ermittlungsschritte – insbesondere die (weder von der belangten Behörde von den Bf beantragte) Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG – unterbleiben, da keine weitere Klärung des Sachverhaltes zu erwarten war.

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.  

 

 

III.        Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1. In der Sache:

 

III.1.1. Aktuelle Rechtslage:

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) bedürfen folgende Bauvorhaben einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:

[...]

3.        die Änderung des Verwendungszwecks von Gebäuden (Gebäudeteilen)oder sonstigen Bauwerken gemäß Z 2, wenn dadurch zusätzliche schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten sind;

[...]

 

Nach § 25 Abs. 1 leg.cit. sind folgende Bauvorhaben der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen, soweit § 26 nichts anderes bestimmt:

[...]

2b. die Änderung des Verwendungszwecks von Gebäuden (Gebäudeteilen) oder sonstigen Bauwerken gemäß § 24 Abs. 1 Z 2, wenn dadurch ein Einfluss auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse zu erwarten ist;

[...]

 

Gemäß § 25a Abs.5 leg.cit. gilt im Übrigen für anzeigepflichtige Vorhaben Folgendes:

1.        für Bauvorhaben gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 und 2 gelten alle Vorschriften über vergleichbare bewilligungspflichtige Bauvorhaben sinngemäß, ausgenommen die §§ 32 bis 35.

2.        für alle anderen Bauvorhaben nach § 25 Abs. 1 gelten die Vorschriften der §§ 36, 38, 39, 41 und 45 bis 49 sinngemäß, für Bauvorhaben nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. b zusätzlich § 40;

[...]

 

Gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 hat die Baubehörde, wenn sie feststellt, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde – unabhängig von § 41 – dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessenen Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung wird der Auftrag auf Beseitigung der baulichen Anlage rechtswirksam, wenn der Eigentümer der baulichen Anlage um die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung fristgerecht ansucht und dieser Antrag entweder zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder der Antragsteller den Antrag zurückzieht; die im Bescheid gemäß Abs. 1 festgesetzte Frist zur Beseitigung der baulichen Anlage beginnt in diesem Fall mit der Rechtskraft der Zurückweisung oder Abweisung oder der Zurückziehung des nachträglichen Bewilligungsantrages.

Gemäß Abs. 4 gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 sinngemäß, wenn die Baubehörde bei der Überprüfung einer baubehördlich bewilligten Anlage bewilligungspflichtige Abweichungen oder das Erlöschen der Baubewilligung feststellt, oder die rechtswirksame Baubewilligung nachträglich aufgehoben oder für nichtig erklärt wurde.

Nach Abs. 5 sind unter baulichen Anlagen im Sinne der Abs. 1 bis 4 sämtliche bewilligungspflichtige Bauvorhaben (§ 24) zu verstehen.

 

III.1.2. Historische Rechtslage im Jahr 1989:

 

Gemäß § 41 Abs. 1 lit.f Oö. BauO 1976 (LGBl. Nr. 35/1976 idF LGBl. Nr. 82/1983, in Kraft bis 31.12.1994) bedurften die Aufstellung von Maschinen oder anderen Gegenständen in Gebäuden oder sonstigen Bauten sowie darüber hinaus jede Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen und von sonstigen Bauten oder Teilen von solchen, wenn durch die Aufstellung oder den Gebrauch von Maschinen oder Gegenständen bzw. durch die Änderung des Verwendungszweckes eine bei der Erteilung der Baubewilligung nicht berücksichtigte Beeinflussung der Festigkeit tragender Bauteile, des Brandschutzes der Gesundheit , der Hygiene oder, falls das Vorhaben nicht einer gewerbebehördlicher Genehmigung bedurfte, eine bei der Erteilung der Baubewilligung nicht berücksichtigte sonstige Gefahr oder eine wesentliche Belästigung für Menschen zu erwarten war, einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung);

 

III.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den hier angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

 

Gemäß § 24 Abs.4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. 33/2013, kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

 

IV.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs. 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seinen gemäß § 2 VwGVG zuständigen Einzelrichter erwogen:

 

IV.1. Bewilligungspflicht:

 

Die Bf pflichten den Ausführungen der belangten Behörde insoweit bei, als diese die Bewilligungspflicht sowohl zum Zeitpunkt der Vornahme der Änderungen (hier: 1989) als auch zum Zeitpunkt der Erlassung des baupolizeilichen Auftrages (aktuelle Rechtslage) als Voraussetzung qualifizieren.

 

Ebenso ist unstrittig, dass die vorgenommenen Änderungen im Jahr 1989 nur dann bewilligungspflichtig waren, wenn durch diese eine bei der Erteilung der Bewilligung nicht berücksichtigte Beeinflussung (u.a.) der Festigkeit der tragenden Bauteile, des Brandschutzes, der Gesundheit und der Hygiene zu erwarten ist.

 

Weiters kann – insbesondere auf der Grundlage der stRsp des VwGH – als gegeben angenommen werden, dass für die Annahme einer Bewilligungspflicht die abstrakte Möglichkeit der Beeinträchtigung öffentlicher Interessen ausreicht (vgl. u.a. VwGH vom 10.12.2013, 2013/05/0039).

 

Wenn die Bf nun die Ansicht vertreten, dass bei der Beurteilung der Frage, ob durch die vorgenommenen Änderungen eine Beeinflussung der genannten Interessen zu erwarten ist bzw. ob diese im Sinne einer Berücksichtigung im Zuge der historischen Bewilligung seinerzeit auch zum Ergebnis der Bewilligungspflicht geführt hätte, auch fachlich eine historische Betrachtung durchzuführen sei, ist diese insoweit nicht nachvollziehbar, als die Beantwortung der (letztlich entscheidenden) Frage, ob durch die erhöhte Anwesenheit von Personen mit zudem anderen Aufgabenstellungen und Bedürfnissen, verbunden mit einer grundlegend anderen Ausstattung in bestimmten Räumlichkeiten, geänderte Beurteilungsgrundlagen aus statischer, brandschutztechnischer, gesundheitlicher und hygienischer Sicht ergeben können, keine zeitliche Tangente besitzt. Es handelt sich dabei um einen allgemeinen – auch für das Jahr 1989 anzunehmenden – Erfahrungswert. Konsequenter Weise hatte sich daher der beigezogene Amtssachverständige damit materiell auch nicht auseinanderzusetzen.

 

Die Frage, ob die gegenständlichen Änderungen im Jahr 1989 dieselben, andere oder gar keine konkreten Vorschreibungen erforderlich gemacht hätten, ist aber gerade nicht Gegenstand der hier vorzunehmenden Beurteilung, sondern Sache des jeweiligen Administrativverfahrens bzw. des diesem zu Grunde liegenden Standes der Technik. Dass dieser einem zeitlichen Wandel unterliegt, ist wiederum unbestritten, für die Beurteilung der abstrakten Beeinflussung aber ohne Bedeutung.

 

IV.2. Vergleichbarkeit der Nutzungen:

 

Die Bf erachten die Nutzungsarten „Schauraum“ und „Büro“ in dem Sinne als vergleichbar, als dadurch keine Beeinflussung auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die Gesundheit oder Hygiene erfolgen würde, weil die Anzahl der anwesenden Personen in den seinerzeitigen Schauräumen höher gewesen sei, als in den nunmehrigen Büros. Die Fluchtwegsituation über ein (einziges) Treppenhaus sei unverändert. Die Erfüllung der erforderlichen Brandschutzmaßnahmen sei bereits im Jahr 1971 behördlicherseits bestätigt und dabei festgestellt worden, dass die Brandlast von Schauräumen nicht über normale Wohnungen hinausgehe.

 

Unter Zugrundelegung der konkreten Verhältnisse verkennen die Bf dabei, dass – wie von der belangten Behörde und auch in diesem Erkenntnis unter Pkt. IV.1. bereits ausgeführt – die hier zu prüfende Frage ausschließlich jene der abstrakten Möglichkeit einer Beeinflussung der oa. Interessen ist, welche zudem über die bloße Anzahl der in einem bestimmten Zeitraum anwesenden Personen bzw. die Fluchtwegsituation hinausgeht. Diese Möglichkeit ist jedoch – wie ebenfalls oben bereits erläutert – schon aus allgemeiner Lebenserfahrung unstrittig. Man denke dabei nur an die grundsätzlich unterschiedliche Anwesenheitscharakteristik (d.h. tendenziell kurzfristige Anwesenheit bei Besichtigungen im Gegensatz zu langfristiger Anwesenheit bei der Arbeit) und den dadurch erforderlichen unterschiedlichen sanitären Ausstattungsstandard. Darüber hinaus wurde – entgegen den Ausführungen in der Beschwerde – vom beigezogenen Amtssachverständigen auf eben diese Umstände sehr wohl eingegangen.

 

Bei der vorgenommenen Verwendungszweckänderung handelt es sich daher um ein anzeigepflichtiges Vorhaben. Inhalt und Ausgang des durchzuführenden Anzeigeverfahrens sind in diesem Zusammenhang irrelevant, weshalb auch aus der angeführten behördlichen Feststellung aus dem Jahr 1971 nichts gewonnen werden kann.

 

IV.3. Wohnung im Dachgeschoß:

 

Die Bf führen richtigerweise aus, dass ursprünglich bereits eine Wohnung im Dachgeschoß vorgesehen, in den ersten Plänen auch dargestellt und das Vorhaben in dieser Form bewilligt war. Die dann zur Ausführung gelangten Lagerräume seien Gegenstand einer Änderungsbewilligung gewesen, dann aber auch errichtet worden. Die nunmehrige Nutzung als Wohnung sei somit gleichsam lediglich ein Rückgriff auf einen vormals bewilligten Bestand.

 

Die Bf übersehen dabei, dass der im Jahr 1969 zweifelsfrei begründete Konsens („Wohnnutzung“) infolge der Abänderung im Jahr 1971 und die dadurch bedingte Nichtumsetzung (Konsumation) der ursprünglich bewilligten Baumaßnahme sowohl im Grunde der (geltenden) Bestimmung des § 38 Abs. 1 Oö. BauO 1994 nach Ablauf von 3 Jahren erloschen ist, und auch auf Basis der historischen Rechtslage (§ 23 Linzer Bauordnung, GuVBl. Nr. 22/1887) eine Baubewilligung unwirksam wurde, wenn binnen zwei Jahren ab Zustellung der Baubewilligung an den Bauwerber mit dem Bau nicht begonnen oder eine Verlängerung erwirkt wurde.

 

Der ursprüngliche Konsens ist rechtlich also nicht mehr existent, weshalb auf ihn auch nicht zurückgegriffen werden kann.

 

IV.4. Das in der Beschwerde angesprochene Anzeigeverfahren, welches in letzter Konsequenz zumindest auf die Vollstreckbarkeit des gegenständlichen baupolizeilichen Auftrages Auswirkungen hätte haben können, wurden mit hg. Erkenntnis vom 27.04.2016, LVwG-150873/2 und LVwG-150874/2, negativ erledigt (Abweisung der Beschwerde gegen eine Zurückweisungsbescheid infolge der Nichtbehebung von Mängeln gemäß § 13 Abs. 3 AVG).

 

IV.5. Zu den im Berufungsbescheid vorgenommenen Spruchänderungen ist auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nichts auszuführen.

 

 

V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der baupolizeiliche Auftrag vom 14.08.2015, GZ. RM-Bau-150006-16, zu Recht ergangen ist. Der bewilligungsgemäße Zustand ist innerhalb der vorgeschriebenen Frist herzustellen.

 

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass das Erkenntnis vom 27.04.2016, LVwG-150873/2 und LVwG-150874/2 einer neuerlichen Anzeige an die Baubehörde ebenso wenig entgegensteht wie das gegenständliche.

 

 

VI.         Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger