LVwG-601434/5/MS

Linz, 21.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin         Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn S U, U, P, Deutschland, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. Mai 2016, GZ: VerkR96-11915-2016, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs. 2 KFG

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 25. Mai 2016, VerkR96-11915-2016, wurde über Herrn S U, U, P, Deutschland (im Folgenden: Beschwerdeführer), wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs. 2 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 70,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) verhängt sowie ein Kostenbeitrag von 10 Euro vorgeschrieben, da dieser mit Schreiben der belangten Behörde vom 22. Februar 2016 als Zulassungsbesitzer aufgefordert worden war, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen TS-x am 4. Februar 2016 um 15.33 Uhr in Pucking, auf der A25 bei km 0.400 Richtung Linz gelenkt hat. Diese Auskunft hat er nicht erteilt und auch keine andere Person benannt, die die Auskunft hätte erteilen können.

 

Begründend führt die belangte Behörde auszugsweise Folgendes aus:

[…..]

 

„V. In rechtlicher Hinsicht wurde von der Behörde erwogen:

V.1. Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass Sie der Behörde nicht bekanntgegeben haben, wer das Fahrzeug zum in der Lenkererhebung vom 22.02.2016 angegeben Zeitpunkt am angegeben Ort gelenkt hat.

 

In Ihrer Eingabe vom 03.05.2016 führen Sie hierzu aus, dass Sie „gegenüber Familienangehörigen von Ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen".

 

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass diese Einlassung - unabhängig davon, wie die Rechtslage in Deutschland gestaltet sein möge - nichts an der Strafbarkeit der Unterlassung der Erteilung einer Lenkerauskunft nach § 103 Abs. 2 KFG ändert. Der Erfüllungsort der Verpflichtung zur Erteilung einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft und damit auch der Tatort der Unterlassung einer solchen Auskunft ist der Sitz der anfragenden Behörde (vgl. VwGH 31.01.1996, ZI. 93/03/0156 verst. Senat; ferner VwGH 12.12.2001, ZI. 2000/03/0235). Der Tatort befindet sich damit in Österreich, weshalb österreichisches Recht anwendbar ist. Nach der hierfür einschlägigen österreichischen Rechtslage, insbes. der in § 103 Abs. 2 KFG letzter Satz enthaltenen Verfassungsbestimmung, treten die Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde, Lenkerauskünfte zu verlangen, zurück.

 

Sie haben damit den objektiven Tatbestand des § 103 Abs. 2 KFG erfüllt.

 

V.2. Im Urteil des EGMR vom 29.06.2007 in den Fällen O`Halloran und Francis gegen das Vereinigte Königreich (Bsw. 15809/02 und 25624/02) wurde zur vergleichbaren britischen Rechtslage festgehalten, dass das Recht zu schweigen kein absolutes Recht darstelle. Zwar sei der Zwang zur Lenkerbekanntgabe „strafrechtlichen" Charakters, entspringe aber dem stillschweigenden Eingehen einer Verpflichtung seitens von Zulassungsinhabern bzw. Lenkern von Fahrzeugen, sich einem Regelungssystem zu unterwerfen, das der potentiell gefährlichen Benützung von Kraftfahrzeugen Rechnung trägt. In der Verpflichtung, für den Fall des Verdachts der Begehung eines Verkehrsdelikts die Identität des Fahrzeuglenkers preisgeben zu müssen, wurde im Ergebnis keine Verletzung von Art 6 EMRK erblickt.

 

Schließlich wurde in den Fällen Lückhof und Spanner gegen Österreich (EGMR 10.01.2008, Bsw. 58452/00 und 61920/00), in denen zwei deutsche Staatsbürger hinsichtlich der Verpflichtung zur Erteilung einer Lenkerauskunft Beschwerden an den EGMR erhoben, auch in Bezug auf § 103 Abs. 2 KFG klargestellt, dass eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht vorliegt.

 

V.3. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es für die gegenständliche Verwaltungsübertretung nicht von Belang ist, ob Sie das Fahrzeug zu dem in der Lenkererhebung angefragten Zeitpunkt sowie am angegeben Ort tatsächlich selbst gelenkt haben - Sie also der Täter des betreffenden Grunddeliktes (Geschwindigkeitsüberschreitung) sind. Entscheidend für die Strafbarkeit nach § 103 Abs. 2 iVm. § 134 Abs. 1 KFG ist einzig und alleine die Tatsache, dass Sie der Behörde die Lenkerauskunft nicht (bzw. nicht richtig oder nicht rechtzeitig) erteilt haben. Ihr Vorbringen, als Täter des Grunddeliktes auszuscheiden, geht damit für die gegenständliche Verwaltungsübertretung ins Leere.

 

V.4. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Hinsichtlich der Ihnen vorgeworfenen Übertretungen haben Sie keine konkreten Gründe vorgebracht, welche zu Ihrer Entlastung beitragen könnten. Insbesondere hätten Sie sich als deutscher Staatsbürger spätestens zu dem Zeitpunkt, als Sie das Fahrzeug nach Österreich verbrachten, mit den einschlägigen Normen der österreichischen Rechtsordnung vertraut machen müssen (vgl. VwGH 03.09.2003, ZI. 2002/03/0012) und somit dafür Vorsorge treffen, in der Lage zu sein, eine alifällige Auskunft nach § 103 Abs. 2 KFG zu erteilen. Die Verwaltungsübertretung ist Ihnen damit in subjektiver Hinsicht vorwerfbar.

 

§ 19 Abs. 1 VStG zufolge ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Strafmildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet, straferschwerende Umstände traten nicht zu Tage.

 

Die Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG schützt das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (VwGH 09.06.2015, Ro 2015/02/0010). Sinn und Zweck der Bestimmung ist es damit, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (VwGH 19.12.2014, ZI. Ra 2014/02/0081). Ferner zielt die ggst. Bestimmung darauf ab, die Ordnung und Kontrolle des Straßenverkehrs in Österreich zu gewährleisten (vgl. VwGH 11.12.2002, ZI. 2000/03/0025)

 

Der Unrechtsgehalt der von Ihnen gesetzten Verwaltungsübertretung kann nicht als gering angesehen werden, weil die Verweigerung der Auskunft geordnete und zielführende Amtshandlungen unmöglich macht bzw. erschwert. Ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht schädigt in erheblichem Maße das Interesse der Verwaltung an einer raschen Ermittlung des Lenkers bzw. führt gegebenenfalls zur Vereitelung der Strafverfolgung. Sorgfaltspflichtverletzungen in diesem Bereich müssen daher aus general- und spezialpräventiven Gründen mit merkbaren Strafen geahndet werden (vgl. in diesem Sinne etwa UVS Oö. vom 10.07.2013, ZI. VwSen-167908/2/MZ/TRe).“

 

 

Gegen dieses Straferkenntnis, welches von der belangten Behörde am 31. Mai 2016 abgesendet wurde, hat der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 23. Juni 2016 (Datum des Poststempels 24. Juni 2016) rechtzeitig Beschwerde erhoben.

 

Der Beschwerdeführer führt begründend aus, er habe seinen Pkw, amtliches Kennzeichen TS-x, zur Tatzeit am 4. Februar 2016 auf der A25 bei Pucking nicht gelenkt. Auf dem angeforderten Lichtbild habe er den Fahrer nicht erkennen können, da das Foto das Fahrzeug von hinten zeige. Sein Pkw werde von mehreren Familienangehörigen genutzt, gegenüber deren er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen möchte. Er ersuche das Verfahren einzustellen.

 

Mit Schreiben vom 28. Juni 2016 legte die belangte Behörde die ggst. Beschwerde unter Anschluss des Verfahrensaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsver-teilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II.            Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt sowie durch die Aufforderung an die belangte Behörde, den vorgelegten Verfahrensakt durch die Vorlage des Aufforderungsschreibens an den Beschwerdeführer den Lenker bekannt zu geben.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Mit Anonymverfügung, gedruckt am 22. Februar 2016, wurde gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 50,00 Euro, zahlbar bis 21. März 2016, festgesetzt, welche nicht bezahlt worden ist.

 

Mit Schreiben vom 18. April 2016 mit dem Betreff „Anonymverfügung, Geschäftszeichen: 1010147528xx“, gab der Beschwerdeführer an, er könne anhand des Lichtbildes nicht erkennen, wer den Pkw gelenkt habe, dieser werde von verschiedenen Familienmitgliedern benützt. Gegenüber diesen möchte er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen.

 

Mit Strafverfügung vom 26. April 2016 wurde über den Beschwerdeführer eine Gelstrafe von 70,00 Euro wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs. 2 KFG verhängt.

Gegen diese Strafverfügung hat der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 3. Mai 2016 Einspruch erhoben.

 

Mit dem nunmehr bekämpften Straferkenntnis wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 70,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) wegen der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG verhängt.

 

Mit E-Mail vom 5. Juli 2016 des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich wurde die belangte Behörde aufgefordert, den vorgelegten Verfahrensakt dahingehend zu vervollständigen, als die Aufforderung zur Lenkerauskunft, die mit Schreiben vom 22. Februar 2016 erfolgt sein soll, vorzulegen ist. Mit E-Mail vom 19. Juli 2016 wurde die Aufforderung wiederholt und gab die belangte Behörde mit E-Mail vom 19. Juli 2016 bekannt, es sei der gesamte Verfahrensakt vorgelegt worden, sofern die Aufforderung nicht im Akt sei, sei diese in Verstoß geraten.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich, was den Verfahrensablauf bei der belangten Behörde anbelangt aus dem vorgelegten Verfahrensakt und was das Nichtvorliegen der Aufforderung an den Beschwerdeführer den Lenker bekannt zu geben, anbelangt, aus dem E-Mail-Verkehr des erkennenden Gerichts mit der belangten Behörde .

 

Ergänzend wurde der Beschwerdeführer durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 12. Juli 2016 aufgefordert, seine Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse bekannt zu geben.

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 

III.           Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Gemäß § 134 Abs. 1 KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

Die belangte Behörde verhängte auf Grundlage des § 103 Abs. 2 KFG 1967 über den Beschwerdeführer die unter I. angeführte Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe).

 

Im bekämpften Straferkenntnis wird dabei auf eine Aufforderung an den Beschwerdeführer, den Lenker des Fahrzeuges zum Tatzeitpunkt bekannt zu geben, Bezug genommen. Diese Aufforderung soll mit 22. Februar 2016 datiert gewesen sein.

 

Im Verfahrensakt, der nach Angaben der belangten Behörde, vollständig übermittelt wurde, was im Übrigen auch eine nochmalige Nachfrage des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ergeben hat, liegt kein Aufforderungsschreiben der belangten Behörde an den Beschwerdeführer auf, den Lenker des ggst. Fahrzeuges im Tatzeitpunkt bekannt zu geben.

In diesem Zusammenhang fällt auch auf, dass das von der belangten Behörde zitierte Aufforderungsschreiben dasselbe Datum wie das Druckdatum der Anonymverfügung aufweist. Das erste im Verfahrensakt der belangten Behörde einliegende Schreiben des Beschwerdeführers nimmt jedoch auf die Anonymverfügung Bezug. Auch liegen im behördlichen Verfahrensakt keinerlei Zustellnachweise auf, die auf eine Zustellung einer Aufforderung an den Beschwerdeführer, den Lenker bekannt zu geben, schließen lassen könnten.

 

Es ist daher zusammenfassend festzuhalten, dass es für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht feststellbar ist, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit Datum vom 22. Februar 2016 aufgefordert hat, bekannt zu geben, wer das Fahrzeug im Tatzeitpunkt gelenkt hat.

 

Die Beantwortung der Anfrage des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nach dessen Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen ist daher obsolet.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 2 VStG ist das Verfahren dann einzustellen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Da aufgrund der Aktenlage nicht feststeht, dass der Beschwerdeführer gemäß § 103 Abs. 2 KFG aufgefordert wurde, den Lenker des ggst. Fahrzeuges im Tatzeitpunkt bekannt zu geben, ist davon auszugehen, dass dieser die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

 

V.           Daher war der Beschwerde stattzugeben, das bekämpfte Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 2 VStG einzustellen.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß