LVwG-601426/2/MB/HG/BD

Linz, 26.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des Dipl. Des. F K, B, D-x L, vertreten durch Mag. T M-P, Rechtsanwältin, M, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Mai 2016, GZ: VerkR96-28267-2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

1. Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (in Folge: belangte Behörde) vom 16. Juli 2015 GZ: VerkR96-28267-2015, wurde über den Beschwerdeführer (in Folge: Bf) wegen Übertretungen der StVO 1960 eine Geldstrafe iHv 60 Euro verhängt.

 

2. Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2015 brachte der rechtsfreundlich vertretene Bf einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und zugleich einen gegen die Strafverfügung vom 16.7.2016 gerichteten Einspruch ein. Den Wiedereinsetzungsantrag begründet der Bf im Wesentlichen wie folgt:

 

„Die verfahrensgegenständliche Strafverfügung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 15 km/h gemäß § 52 lit. a Z 10a StVO erging am 16.07.2015 und wurde in weiterer Folge per Post an die Adresse des Beschuldigten in Deutschland (B, L, D) versendet. Zugestellt wurde die Strafverfügung dem Beschuldigten über die Bezirksregierung Köln am 06.10.2015, sodass die 14-tägige Frist zur Erhebung des Einspruches gegen die Strafverfugung mit 20.10.2015 endete. Nach Rücksprache des Beschuldigten mit seiner Rechtsschutz­versicherung, der ADAC Allgemeine Rechtsschutzversicherung AG, wurde vom Beschuldigten kein Einspruch gegen die gegenständliche Strafverfügung erhoben, weil er der Auffassung war, der einzubringende Einspruch werde nach erfolgter Mitteilung an die Rechtsschutzversicherung von dieser veranlasst und bei der zuständigen Behörde eingebracht. In weiterer Folge wurde dem Beschuldigten von seiner Rechtsschutz­versicherung mit Schreiben vom 15.10.2015 (zugestellt am 19.10.2015) mitgeteilt, er könne sich im Hinblick auf seine rechtliche Vertretung in Österreich mit der von der Rechtschutzversicherung namhaft gemachten und nunmehr bevollmächtigten Rechtsvertreterin in Verbindung setzen. Der Beschuldigte ging zu diesem Zeitpunkt nach wie vor davon aus, dass der Einspruch gegen die Verfahrens gegenständliche Strafverfügung bereits in Vorbereitung sei und sich die Rechtsschutzversicherung lediglich zu informativen Zwecken mit ihm in Verbindung gesetzt habe, die fristgerechte Einbringung des Einspruches jedoch bereits zwischen der Rechtsschutzversicherung und der österreichischen Rechtsvertretung abgestimmt sei und fristgerecht erfolgen würde. Als der Beschuldigte am 22.10.2015 den Kontakt mit der bevollmächtigten Rechtsvertreterin aufnahm, um sich über den aktuellen Verfahrensstand des bereits eingebracht geglaubten Einspruches zu informieren, wurde ihm mitgeteilt, dass mangels bis dahin erfolgter Bevollmächtigung und Beauftragung (und auch mangels bis dahin erfolgte Übermittlung der bezughabenden Informationen und Unterlagen, aus denen sich die Frist ergeben hätte können) kein Einspruch eingebracht worden sei und die Frist zur Erhebung des Einspruches bereits abgelaufen sei. Dem Beschuldigten war es sohin weder selbst noch durch seine Rechtsvertreterin mehr möglich, fristgerecht einen Einspruch gegen die Strafverfügung vom 16.07.2015 zu erheben.

 

Bei den Umständen, die zu der konkreten Fristversäumung geführt haben, lag offensichtlich ein nicht vom Beschuldigten zu verantwortender und ihm nicht vorwerfbarer bzw zurechenbarer Kommunikationsfehler zwischen dem Beschuldigten und seiner Rechtsschutzversicherung vor, der für den Beschuldigten ein unvorhersehbares bzw. unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs 1 Z 1 AVG darstellt, welches es ihm unmöglich gemacht hat, den Einspruch fristgerecht bei der zuständigen Behörde einzubringen; daran trifft ihn auch kein Verschulden bzw. allenfalls nur ein minderer Grad des Versehens.

 

Durch den Ausschluss von der vorzunehmenden Verfahrenshandlung, nämlich der Erhebung des Einspruches, erleidet der Beschuldigte einen Rechtsnachteil, weil über ihn mit der gegenständlichen Strafverfügung eine Geldstrafe in Höhe von EUR 60,00 verhängt wurde und er überdies dadurch die Möglichkeit verliert, Einwendungen gegen die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung zu erheben und im Verfahren ein Vorbringen zu erstatten, welches geeignet ist, die Abstandnahme von der verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung des Beschuldigten zu rechtfertigen.

 

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auch rechtzeitig, zumal dieser gemäß § 71 Abs 2 AVG binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt werden muss und der Wegfall des Hindernisses frühestens am 19.10.2015 mit Zustellung des Schreibens der Rechtsschutzversicherung an den Beschuldigten erfolgte.

 

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen sind die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren gegeben. Da über den Beschuldigten mit der gegenständlichen Strafverfugung eine Geldstrafe in Höhe von EUR 60,00 verhängt wurde, ist dem Antrag auf Wiedereinsetzung zudem aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da der Vollzug der Strafe ansonsten einen erheblichen Nachteil des Beschuldigten darstellen würde.

 

Bescheinigungsmittel: E-Mail des Beschuldigten an dessen Vertreterin vom 23.10.2015;

Einvernahme des Beschuldigten im Rechtshilfeweg.

Der Beschuldigte beantragt sohin den

 

BESCHLUSS,

 

die Behörde möge dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Erhebung eines Einspruches gegen die Strafverfugung vom 16.07.2015 zu GZ VerkR96-28267-2015 bewilligen und dem Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 71 Abs 6 AVG aufschiebende Wirkung zuerkennen.

 

 

 

III.

Gleichzeitig holt der Beschuldigte hiermit die versäumte Verfahrenshandlung nach und erhebt hiermit

 

 

EINSPRUCH

 

gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 16.07.2015 zu GZ VerkR96-28267-2015. Zum konkreten Vorwurf wird der Beschuldigte nach Erhalt einer (nachstehend beantragten) vollständigen Aktenkopie Stellung nehmen.

 

 

Weiters stellt der Beschuldigte hiermit den

 

ANTRAG auf AKTENEINSICHT

 

und beantragt zu diesem Zweck, die Behörde möge den gesamten Akt samt den allenfalls vorhandenen Lichtbildbeilagen an seine Rechtsvertretung übermitteln, die durch Fertigung dieses Schriftsatzes die persönliche Haftung für die dafür anlaufenden Kosten übernimmt.“

 

3. In Folge wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. Mai 2016, GZ: VerkR96-28267-2015, in Spruchpunkt 1 der og. Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 24 VStG iVm § 71 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen und in Spruchpunkt 2 der Einspruch gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Zu 1.:

 

Gemäß § 71 Abs 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG - BGBl Nr. 51/1991 idgF) ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Gem Abs 2 leg cit muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt werden.

 

Nach § 71 Abs 3 AVG hat die Partei im Fall der Versäumung einer Frist die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen. Gem. § 71 Abs 4 AVG ist zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war, sodass über Ihren Antrag die Bezirkshauptmannschaft von Linz-Land zu entscheiden hat.

 

Nach der ständigen Rsp des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus § 71 AVG, dass im Wiedereinsetzungsantrag anzugeben ist, aus welchem Grund der Antragsteller einen Tatbestand des § 71 Abs 1 AVG als erfüllt ansieht. Dabei trifft ihn die Obliegenheit, bereits im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat, und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund bereits im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen (vgl. z.B. VwGH 04.12.1998, Zlen 96/19/3315, 3316, 3674 und 3675, und VwGH 24.10.2000, ZI 99/11/0158).

 

Gemäß § 71 Abs 1 Z 1 AVG setzt die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand voraus, dass die Partei an der Versäumung der Frist oder der mündlichen Verhandlung kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes muss der noch nicht durch einen Anwalt vertretene Rechtsmittelwerber für die Einhaltung der Rechtsmittelfrist sorgen, zumal aufgrund der Rechtsmittelbelehrung bekannt ist, dass für die Erhebung des Rechtsmittels nur eine begrenzte Frist zur Verfügung steht. Es liegt daher am Rechtsmittelwerber, innerhalb dieser Frist entweder selbst ein Rechtsmittel einzubringen oder - wenn er sich dazu eines Rechtsvertreters bedienen wollte - diesen so rechtzeitig damit zu betrauen, dass ihm die fristgerechte Einbringung möglich ist. Dass dies zwingend eine entsprechende Kontaktaufnahme mit einem Rechtsvertreter noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist erfordert, muss dem Rechtsmittelwerber bewusst sein. Daran würde sich nach der Rsp des VwGH sogar dann nichts ändern, wenn versucht wurde, mit dem Vertreter in Kontakt zu treten, aber ein Besprechungstermin erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist angeboten wird, weil der Rechtsmittelwerber diesfalls anderweitig die Einhaltung der Frist sicherstellen muss. Das diesen Anforderungen widersprechende Verhalten des Rechtsmittelwerbers kann nicht als minderen Grad des Versehens qualifiziert werden; vielmehr trifft jede Verfahrenspartei eine erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Wahrnehmung von Fristen (vgl. VwGH 25.06.1996, Zl. 94/11/0388).

 

Ferner wurde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in der Rsp des VwGH bspw. auch dann als unberechtigt erachtet, wenn der Vertreter - der bisher im Verfahren nicht involviert war - vom angefochtenen Bescheid keine Kenntnis hatte und von der Partei durch eine unbescheinigte Postsendung mit der Erhebung eines Rechtsmittels beauftragt wurde, ohne dass sich die Partei in der Folge etwa telefonisch vergewissert hätte, ob die Sendung angekommen und der Vertreter zur Einbringung des Rechtsmittels bereit sei (VwGH 27.06.1991, Zl. 90/06/0191), sowie für den Fall, dass es der Bescheidadressat unterlässt, Unklarheiten bzgl. der Bekämpfbarkeit eines Bescheides durch Einholung von Informationen bei Rechtskundigen zu beseitigen (VwGH 09.11.1995, ZI. 95/19/0637).

 

In der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes zeigt sich damit ein eher restriktives Bild, was das Vorliegen der Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anbelangt (siehe etwa auch Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71 AVG Rz 41, mit einer umfassenden Darstellung der Rsp des VwGH).

 

Auch im ggst. Fall wären Sie jedenfalls gehalten gewesen, die rechtzeitige Beauftragung Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung zu veranlassen bzw. sich zu vergewissern, ob die von Ihnen vermutete Beauftragung durch Ihre Rechtsschutzversicherung tatsächlich erfolgen würde - zumal es prima vista nicht naheliegend erscheint, dass die Bevollmächtigung eines Rechtsvertreters sowie die Verfassung eines Rechtsmittels (ohne Übermittlung des zugrundeliegenden Bescheides bzw. näherer Angaben, etwa zum Zustellzeitpunkt) automatisch erfolgen würde.

 

Darin, dass Sie diese Vermutung während offener Rechtsmittelfrist offensichtlich nicht mit den beteiligten Personen abklärten, ist jedenfalls eine über einen minderen Grad des Versehens hinausgehende Sorglosigkeit zu erkennen. Dadurch, dass Sie sich nicht vergewisserten, dass es zur rechtzeitigen Erhebung eines Rechtsmittels in Ihrem Namen kommen würde, haben Sie im Ergebnis die erhöhte Sorgfaltspflicht iZm. der Wahrnehmung von Fristen nicht eingehalten.

 

Hinzu kommt, dass Ihnen mit Schreiben der Rechtsschutzversicherung vom 15.10.2015, zugestellt am 19.10.2015, mitgeteilt wurde, dass Sie sich mit der Rechtsvertreterin in Verbindung setzen könnten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten Sie jedenfalls mit Ihrer Rechtsanwältin Kontakt aufnehmen bzw. die Bevollmächtigung abklären müssen; dieser Zeitpunkt wäre aber noch innerhalb der offenen Einspruchsfrist gelegen.

 

Die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen daher aufgrund Ihres Verschuldens an der Fristversäumnis nicht vor, weshalb wie in Spruchpunkt 1 zu entscheiden war.

 

Zu 2.:

 

Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach Zustellung Einspruch erheben. Diese Frist bildet eine verfahrensrechtliche Frist, die gern § 32 Abs 2 und § 33 AVG zu berechnen und nicht erstreckbar ist (VwGH 11.07.1988, ZI. 88/10/0113).

 

Im gegenständlichen Fall wurde die Strafverfügung am 06.10.2015 zugestellt und beginnt die zweiwöchige Frist somit an diesem Tag zu laufen. Die zweiwöchige, nicht erstreckbare Frist des § 49 Abs 1 VStG endete somit mit 20.10.2015.

 

Der von Ihnen am 30.10.2015 eingebrachte Einspruch erweist sich daher - vor dem Hintergrund der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - als verspätet.“

 

4. Gegen diesen Bescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und führt dahin Nachstehendes aus:

 

„In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache wurde dem Beschwerdeführer mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 16.07.2015 zur Last gelegt, am 29.05.2015 um 22:45 Uhr im Gemeindegebiet Pucking, Rampe 3 A25 bei km 0.400 in Fahrtrichtung Linz mit dem auf ihn zugelassenen PKW mit dem amtlichen Keimzeichen HF-x die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 15 km/h überschritten zu haben und wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von € 60.00 (bzw. im Nichteinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Stunden) verhängt. Die vorstehend genannte Strafverfügung wurde per Post an die Adresse des Beschwerdeführers in Deutschland (B, L, Deutschland) versendet. Zugestellt wurde die Strafverfügung dein Beschwerdeführer am 06.10.2015, sodass die 14-tägige Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen die Strafverfugung mit 20.10.2015 endete.

 

Um die Frist zur Erhebung des Einspruchs jedenfalls zu wahren, setzte sich der Beschwerdeführer umgehend mit seiner Rechtsschutzversicherung, der ADAC Allgemeine Rechtsschutz-Versicherung AG, in Verbindung. Eine Einspruchserhebung durch den Beschwerdeführer selbst erfolgte nicht, weil dieser der Auffassung war, der einzubringende Einspruch werde nach erfolgter Mitteilung an die Rechtsschutzversicherung von dieser fristgerecht veranlasst und bei der zuständigen Behörde eingebracht. Dies war jedoch tatsächlich nicht der Fall, was dem Beschwerde­führer zunächst nicht bekannt war. Am 22.10.2015 nahm der Beschwerdeführer Kontakt mit der bevollmächtigten Rechtsvertreterin auf, um sich über den aktuellen Verfahrensstand des bereits eingebracht geglaubten Einspruchs zu informieren, jedoch wurde ihm mitgeteilt, dass mangels bis dahin erfolgter Bevollmächtigung und Beauftragung (und auch mangels bis dahin erfolgter Übermittlung der bezughabenden Informationen und Unterlagen, aus denen sich die Frist ergeben hätte) kein Einspruch eingebracht worden war und die Frist zur Erhebung des Einspruchs bereits abgelaufen sein dürfte. Dem Beschwerdeführer war es sohin weder selbst, noch durch seine Rechtsvertreterin mehr möglich, fristgerecht einen Einspruch gegen die Strafverfügung vom 16.07.2015, zugestellt am 06.10.2015, zu erheben.

 

Diese Umstände legte der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung vom 29.10.2015 dar und brachte weiters vor, dass es sich bei den Umständen, die zur konkreten Fristversäumung geführt haben, um ein Versehen minderen Grades handelt, zumal offensichtlich ein nicht vom Beschuldigten zu verantwortender und ihm nicht vorwerfbarer bzw. zurechenbarer Kommunikationsfehler zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Rechtsschutzversicherung vorlag, der für den Beschwerdeführer ein unversehbares [sic] und unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs 1 Z 1 AVG darstellt, welches es ihm unmöglich gemacht hat, den Einspruch fristgerecht bei der zuständigen Behörde einzubringen, wobei ihn daran auch kein Verschulden trifft (sondern lediglich ein bloß minderer Grad des Versehens).

 

Auch der durch den Ausschluss von der vorzunehmenden Verfahrenshandlung (konkret der Einspruchserhebung) für den Beschwerdeführer entstehende Rechtsnachteil wurde im Wiedereinsetzungsantrag vom 29.10.2015 argumentiert. Zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungs-antrages wurde vorgebracht, dass der Wegfall des Hindernisses frühestens per 19.10.2015 (sohin mit Zustellung des Schreibens der Rechtsschutzversicherung an den Beschwerdeführer, mit welchem erklärt wurde, er könne sich mit der nunmehrigen bevollmächtigten Rechtsvertreterin in Verbindung setzen) erfolgte.

 

Überdies wurde gleichzeitig beantragt, dem Antrag auf Wiedereinsetzung möge aufschiebende Wirkung zu erkannt werden, zumal der Vollzug der Strafe ansonsten einen erheblichen Nachteil des Beschwerdeführers darstellen würde,

 

Gleichzeitig holte der Beschwerdeführer die versäumte Verfahrenshandlung, nämlich die Einspruchserhebung gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz- Land vom 16.07.2015 zu GZ VerkR96-28267-2015 zugestellt am 06.10.2015, nach.

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.05.2016, zugestellt am 10.05.2016, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt 1.) und der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 16.07.2015 als verspätet eingebracht zurückgewiesen (Spruchpunkt 2.).

 

Begründend führte die belangte Behörde im bekämpften Bescheid im Wesentlichen aus, dass der noch nicht durch einen Anwalt vertretene Rechtsmittelwerber für die Einhaltung der Rechtsmittelfrist zu sorgen hat, zumal aufgrund der Rechtsmittelbelehrung bekannt sei, dass für die Erhebung des Rechtsmittels nur eine begrenzte Frist zur Verfügung steht. Der Rechtsmittelwerber habe daher innerhalb dieser Frist entweder selbst ein Rechtsmittel einzubringen oder - wenn er sich dazu eines Rechtsvertreters bedienen möchte - diesen so rechtzeitig zu betrauen, dass ihm die fristgerechte Einbringung möglich ist. Auch müsste dem Rechtsmittelwerber bekannt sein, dass dies zwingend eine entsprechende Kontaktaufnahme mit dem Rechtsvertreter noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist erfordert. Das diesen Anforderungen widersprechende Verhalten des Beschwerdeführers könne aus Sicht der Behörde nicht als minderer Grad des Versehens qualifiziert wären, sondern treffe vielmehr jede Verfahrenspartei eine erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Wahrnehmung von Fristen. Demzufolge sei der Beschwerdeführer gehalten gewesen, die rechtzeitige Beauftragung seiner rechtsordentlichen Vertretung zu veranlassen bzw. sich zu vergewissern, ob die von ihm vermutete Beauftragung durch seine Rechtsschutzversicherung tatsächlich erfolgt ist bzw. erfolgen wird, zumal es prima vista nicht naheliegend erscheine, dass die Bevollmächtigung eines Rechtsvertreters sowie die Verfassung eines Rechtsmittels automatisch erfolgen würde.

 

In diesem Verhalten sei eine über einen minderen Grad des Versehens hinausgehende Sorglosigkeit des Beschwerdeführers zu erkennen, weil sich dieser nicht vergewissert habe, dass es zur rechtzeitigen Erhebung des Rechtsmittels kommen würde. Auch sei es anlässlich des Schreibens der Rechtsschutzversicherung vom 15.10.2015, zugestellt am 19.10.2015, dem Beschwerdeführer noch möglich gewesen, mit der nunmehr bevollmächtigten Rechtsvertretung Kontakt aufzunehmen bzw. die Bevollmächtigung abzuklären, zumal dieser Zeitpunkt noch innerhalb der offenen Einspruchsfrist gelegene wäre.

 

Zu Spruchpunkt 2. führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der erhobene Einspruch vor dem Hintergrund der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als verspätet zurückzuweisen gewesen sei.

 

Gegen den vorstehend genannten Bescheid der belangten Behörde vom 03.05.2016 zugestellt am 10.05.2016 erhebt sohin der Beschwerdeführer nunmehr durch seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin binnen offener Frist

 

Beschwerde

 

An das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und führt dazu aus wie folgt:

 

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde hätte dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben werden müsse[n], zumal ihm im konkreten Fall höchstens ein Versehen minderen Grades vorwerfbar ist, welches die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu beseitigen vermag; eine (von der belangten Behörde angenommene) darüber hinausgehende Sorglosigkeit ist im konkreten Fall hingegen nicht gegeben. Dies hat der Beschwerdeführer auch bereits hinreichend in seinem Wiedereinsetzungsantrag vom 29.10.2015 dargetan, zumal ihm nicht subjektiv vorwerfbar ist, dass es zur konkreten Fristversäumnis gekommen ist. Dementsprechend liegt [-] wie bereits ausgeführt - maximal ein Versehen minderen Grades vor, weshalb dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand von der belangten Behörde stattgegeben werden hätte müssen. Die Abstimmung des Beschwerdeführers mit seiner Rechtsschutzversicherung war jedenfalls auch Sicht des Beschwerdeführers geeignet, eine fristgerechte Einspruchserhebung zu veranlassen, und musste er sich nicht extra vergewissern, ob dies auch tatsächlich erfolgt ist. Dass es dennoch aufgrund des geschilderten Versehens zur Fristversäumung gekommen ist, ist eben - wie bereits dargelegt - auf die im Wiedereinsetzungsantrag geschilderte Kommunikationsproblematik zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Rechtsschutzversicherung zurückzufuhren, wobei dies eben dem Beschwerdeführer mangels Vorwerfbarkeit nicht zum Nachteil gereichen darf.

 

In diesem Zusammenhang ist auch auf die entsprechende Rechtsprechung des VwGH hinzuweisen, wonach ein minderer Grad des Versehens, der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht hindert, dann vorliegt, wenn ein Fehler begangen wird, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterläuft (VwGH 08.05.2008, 2004/06/0031). Unter einem Ereignis im Sinn des § 71 Abs 1 Z 1 AVG, das zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fuhren kann, ist nicht nur ein von der Partei unbeeinflussbares Geschehen in der Außenwelt zu verstehen, sondern auch menschliche Unzulänglichkeiten und innere Vorgänge wie Vergessen, Versehen, Irrtum usw (VwGH 05.05.2011, 2011/22/0021; VwGH 10.12.2013, 2011/22/0144). Ein solches Versehen bzw. ein solcher Irrtum liegt im konkreten Fall seitens des Beschwerdeführers - wie vorstehend geschildert - vor und hat zur Fristversäumnis geführt, weshalb die entsprechenden Voraussetzungen für die Stattgabe des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben sind.

 

Auch erfolgte der Wiedereinsetzungsantrag binnen der Frist gemäß § 71 Abs 2 AVG und war sohin rechtzeitig.

 

Die belangte Behörde hätte dem Wiedereinsetzungsantrag sohin stattgeben müssen und hätte darauf aufbauend hinsichtlich Spruchpunkt 2. zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass der Einspruch eben gerade nicht als verspätet zurückzuweisen ist.

 

Der Beschwerdeführer beantragt vorsichtshalber, das angerufene Verwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen.

 

Beweis:

-      Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei im Rechtshilfeweg;

-      E-Mail des Beschuldigten an dessen Vertreterin vom 22.10.2015, Beilage ./A (bereits vorgelegt mit Eingabe vom 29.10.2015);

-      weiterer Beweis ausdrücklich vorbehalten.

 

Der Beschwerdeführer stellt sohin die

 

Anträge

 

das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge

 

1. den angefochtenen Bescheid aufheben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Einspruchsfrist bzw. der gegenständlichen Beschwerde stattgeben;

sowie

2. das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß § 45 Ab 1 Z 4 VStG einstellen;

3. in eventu das Verfahren gegen den Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Erteilung einer Ermahnung gemäß §45 Abs 1 letzter Satz VStG einstellen;

4. in eventu die über den Beschwerdeführer verhängte Strafe auf schuldangemessenes Maß der Berücksichtigung der §§ 19, 20 VStG herabsetzen.“

 

5. Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht durchgeführt.

 

 

II.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem in Punkt I. dargestellten, unstrittigen Sachverhalt aus.

 

Gemäß § 44 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war, sich die gegenständliche Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine der Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung beantragt hat, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

III.

 

1. Der die Einspruchsfrist gegen eine Strafverfügung und deren Lauf regelnde § 49 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 (WV), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

 

§ 49. (1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung zu vollstrecken.

 

Die einschlägige, in Verbindung mit § 24 VStG anzuwendende Bestimmung des § 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 (WV), in der Fassug BGBl. I Nr. 161/2013, lautet:

 

„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1.

die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2.

die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

(5) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.

(6) Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(7) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Behörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist oder die Verlegung der versäumten Verhandlung zu bewilligen.“

 

2. Der Bf hätte den Einspruch gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 16. Juli 2015, ihm zugestellt am 6. Oktober 2015, gemäß § 49 Abs. 1 VStG innerhalb von zwei Wochen, also bis 20. Oktober 2015, erheben müssen. Sein Einspruch mit Schreiben vom 29. Oktober 2015, abgesendet am 30. Oktober 2015, war daher verspätet. Mit demselben Schreiben beantragte der Bf daher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG.

 

Begründet wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand damit, dass sich der Bf mit seiner Rechtsschutzversicherung in Verbindung gesetzt hat, um deren Zustimmung einzuholen, ob diese die Kosten für eine rechtsfreundliche Vertretung in der gegenständlichen Angelegenheit übernehmen würde. Die Rechtsschutzversicherung hat mit Schreiben vom 15. Oktober 2015, welches dem Bf am 19. Oktober 2015 zugestellt wurde, erklärt, dass sich der Bf mit der nunmehr bevollmächtigten Rechtsvertreterin in Verbindung setzen soll. Der Bf hat daraufhin erst am 22. Oktober 2015 Kontakt mit der Rechtsvertreterin aufgenommen, welche mit dem oben erwähnten Schreiben vom 29. Oktober 2015 - unter gleichzeitiger Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - den Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben hat.

 

3. Zweck des Rechtsbehelfes der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist es, die für eine Partei eintretenden Nachteile im Falle einer nicht verschuldeten Versäumung einer Frist zu beseitigen. Dazu ist festzustellen, dass die verschuldensausschließenden Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes äußerst restriktiv auszulegen sind. Diesbezüglich ist auch auf die von der belangten Behörde zitierte Judikatur zu verweisen.

 

Vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 71 (Stand 1.1.2014, rdb.at), Rz40:

„Nach § 71 Abs 1 Z 1 AVG setzt die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand voraus, dass die Partei an der Versäumung der Frist oder der mündlichen Verhandlung kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Ein Verschulden der Partei steht der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand demnach nur dann entgegen, wenn es den „minderen Grad des Versehens“ übersteigt. Darunter ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen (vgl. VwGH vom 17.05.1990, 90/06/0062; oder VwGH vom 27.06.2008, 2008/11/0099), die dann vorliegt, wenn dem Wiedereinsetzungswerber ein Fehler unterlaufen ist, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VwGH vom 22.11.1996, 95/17/0112; oder VwGH vom 01.06.2006, 2005/07/0044). Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, d.h. er darf die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH 8. 10. 1990, 90/15/0134; oder VwGH vom 27.06.2008, 2008/11/0099).“

 

4. Die Nichtbeachtung der Frist durch den Bf, weil er auf eine Antwort seiner Rechtsschutzversicherung gewartet hat, liegt alleinig in der Sphäre des Bf. Es ergibt sich für das erkennende Gericht kein Anhaltspunkt dafür, warum dieser Umstand nicht dem Bf als ein den Grad eines minderen Versehens übersteigendes Verschulden anzulasten sein sollte.

 

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass alleinig die Anfrage bei einer Rechtsschutzversicherung, ob diese einer Finanzierung der Rechts­vertretung zustimmen würde, keine inhaltliche Erledigung in der Sache durch die Rechtsschutzversicherung auslösen wird. Für die Argumentation des Bf, er wäre der Auffassung gewesen, dass der Einspruch von der Rechtsschutzversicherung fristgerecht veranlasst werde, bleibt daher kein Raum und der Bf muss sich die damit seinerseits einhergehende Untätigkeit vorwerfen lassen.

 

Der Bf hätte also in Anbetracht an die endende Rechtsmittelfrist - im Rahmen der ihm zumutbaren Sorgfaltspflicht - entweder selbst Einspruch erheben oder bei der Rechtsschutzversicherung telefonisch nachfragen müssen. So hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.05.2001, 2001/06/0036, erkannt, dass es dem Beschwerdeführer als ein den Grad eines minderen Versehens übersteigendes Verschulden anzulasten ist, „dass er sich nach Übergabe der Unterlagen an die deutsche Rechtsschutzversicherung in der Folge nicht einmal etwa durch einen telefonischen Anruf von der rechtzeitigen Weiterleitung seines Auftrages an die Rechtsschutzversicherung in Österreich überzeugt hat“.

 

Spätestens mit dem Schreiben der Rechtsschutzversicherung vom 15. Oktober 2015, dem Bf zugestellt am 19. Oktober 2015, in welchem dem Bf mitgeteilt worden ist, er solle sich mit der nunmehr bevollmächtigten Rechtsvertreterin in Verbindung setzen, hätte der Bf erkennen müssen, dass er zur Einhaltung der Frist unverzüglich tätig werden müsse. Auch diesbezüglich hat der Bf nicht rechtzeitig gehandelt und die Rechtsvertreterin erst am 22. Oktober 2015 kontaktiert.

 

5. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie zum Ergebnis gelangt ist, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist abzuweisen war.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die Frage, ob im konkreten Beschwerdefall in Bezug auf das Übersehen einer ordnungsgemäß hinterlassenen Hinterlegungsanzeige ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden vorliegt, nicht verallgemeinerungsfähig ist. Zudem weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter