LVwG-650664/2/MZ
Linz, 08.07.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des R T, geb x, vertreten durch RA Mag. B S, O M, B, gegen die Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27.5.2016, GZ. VerkR21-669-2014, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27.5.2016, GZ. VerkR21-669-2014, wurde der Antrag des Beschwerdeführers (in Folge: Bf) vom 28.8.2015 auf uneingeschränkte Akteneinsicht gemäß § 17 Abs 4 AVG verweigert.
II. Gegen die in vorigem Punkt genannte Verfahrensanordnung brachte der Bf Bescheidbeschwerde ein.
Der Bf argumentiert – auf das für diese Entscheidung Wesentliche verkürzt – dass nach Abschluss eines Verfahrens Akteneinsicht nur in Bescheidform verweigert werden dürfe, weshalb im ggst Fall ein – mit Rechtswidrigkeit behafteter – verfahrensrechtlicher Bescheid vorliege.
III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von keiner der Verfahrensparteien beantragt. Da sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollinhaltlich aus dem Verwaltungsakt ergibt, war die Durchführung einer solchen auch im Sinne des § 24 Abs 1 VwGVG nicht erforderlich bzw durch die mündliche Erörterung im Sinne des Abs 4 leg cit eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten. Dass der Entfall der Verhandlung Art 6 EMRK oder Art 47 GRC entgegenstünde, vermag ebenfalls nicht erkannt zu werden.
c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem, unstrittigem Sachverhalt aus:
Aufgrund einer E-Mail vom 22.10.2014 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden ein Verfahren zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Bf zum Lenken von KFZ eingeleitet. Dieses Verfahren wurde mit (mündlich verkündetem) Bescheid vom 16.2.2015 (SZ 17 des vorgelegten Verwaltungsaktes) abgeschlossen.
Um Kenntnis vom Absender der verfahrenseinleitenden E-Mail zu erlangen stellte bzw wiederholte der Bf am 28.8.2015 einen Antrag auf uneingeschränkte Akteneinsicht. In Ansehung einer vom Bf eingebrachten Säumnisbeschwerde erging die hier verfahrensggst Erledigung.
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
a) Die einschlägige Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG idF BGBl I 2013/161, lautet:
„Akteneinsicht
§ 17. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.
(2) …
(3) Von der Akteneinsicht sind Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.
(4) Die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei eines anhängigen Verfahrens erfolgt durch Verfahrensanordnung.“
b) § 17 Abs 4 AVG normiert ausdrücklich, dass nur die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei „eines anhängigen Verfahrens“ durch Verfahrensanordnung zu erfolgen hat. Die Anordnung ist von dem Gedanken getragen, als die Partei die Rechtswidrigkeit der Verfahrensanordnung erst und nur im Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid geltend machen können soll (vgl [zu § 17 Abs 4 vor BGBl I 2013/33] VwGH 18.9.2000, 2000/17/0052; 28.1.2004, 2003/12/0173; Hengstschläger/Leeb, AVG I² [2014] § 17 Rz 13)
Umgekehrt bedeutet dies, dass nach Abschluss eines Verfahrens die Akteneinsicht entweder zu gewähren oder mit Bescheid zu verweigern ist. Widrigenfalls würde dem Antragsteller die Möglichkeit genommen, gegen eine rechtswidrige Verweigerung der Akteneinsicht vorgehen zu können.
c) Im vorliegenden Fall wurde das aufgrund der E-Mail vom 22.10.2014 eingeleitete Verfahren zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Bf zum Lenken von KFZ mit Bescheid vom 16.2.2015 abgeschlossen. Bis zum letztgenannten Zeitpunkt hätte also eine Verweigerung der Akteneinsicht im Wege einer Verfahrensanordnung erfolgen können. Seit Beendigung des Verfahrens ist die Weigerung jedoch bescheidmäßig – im konkreten Fall innerhalb der Schranken des § 16 VwGVG – zu verfügen.
d) Die in Beschwerde gezogene behördliche Erledigung trägt die Überschrift „Verfahrensanordnung“, stützt sich in Spruch und Begründung auf § 17 Abs 4 AVG und erklärt ausdrücklich, dass „[g]egen diese Verfahrensanordnung … kein Rechtsmittel zulässig [ist]“. Vor diesem Hintergrund ist nicht davon auszugehen, dass sich die Behörde bloß im Ausdruck vergriffen hat und die hier zu beurteilende Erledigung einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstellen sollte. Eine Umdeutung im Sinne des Beschwerdeführers ist dem Landesverwaltungsgericht daher versagt.
e) Gemäß Artikel 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit, gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde und gegen Weisungen gemäß Art 81a Abs 4 B-VG.
Die in Beschwerde gezogene Verfahrensanordnung stellt somit keinen tauglichen Anfechtungsgegenstand dar, weshalb die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da der Wortlaut des § 17 Abs 4 AVG unmissverständlich ist und die Entscheidung darüber hinaus der zitierten, einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Markus Zeinhofer