LVwG-350179/14/Re/TO

Linz, 20.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde der Frau M.H., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J.S., x, P., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 02.09.2015, GZ: P707439, wegen Kostenersatz nach dem Oö. Sozialhilfegesetz (Oö. SHG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 02.06.2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vom 02.09.2015, GZ: P707439, nach abgeschlossenem Vergleich ersatzlos behoben.

 

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg (in der Folge: belangte Behörde) vom 02.09.2015, GZ: P707439, wurde die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) verpflichtet, dem Sozialhilfeverband P., als Träger sozialer Hilfe im Bezirk P., für die Hilfe zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs des M.H. Kostenersatz aus dem Vermögen in Höhe von 23.627,36 Euro zu leisten.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde Folgendes aus:

„Gem. § 56 AVG hat der Erlassung eines Bescheides, wenn es sich nicht um eine Ladung (§ 19) oder einen Bescheid nach § 57 handelt, die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vornherein klar gegeben ist, nach den §§ 37 und 39 voranzugehen.

 

Gem. § 24 Abs. 2 Oö. SGH 1998 ist die hilfesuchende Person verpflichtet (ihr gesetzlicher Vertreter), an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht sind die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen und die dafür erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen. Weiters hat sich die hilfesuchende Person den für die Entscheidungsfindung unerlässlichen Untersuchungen zu unterziehen.

 

Gem. § 28 Abs. 1 OÖ. SHG hat der Hilfeempfänger (sein gesetzlicher Vertreter) jede ihm bekannte Änderung der für die Hilfeleistung maßgeblichen Umstände, insbesondere Änderungen der Vermögen-, Einkommens-, Familien- und Wohnverhältnisse sowie Aufenthalte in Kranken- oder Kuranstalten, binnen 2 Wochen bei jener Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen, in deren Zuständigkeitsbereich der Empfänger der Hilfe seinen Hauptwohnsitz hat. Gemäß Abs. 2 haben Hilfebedürftige oder deren gesetzliche Vertreter, denen soziale Hilfe wegen Verletzung der Anzeigepflicht nach Abs. 1 oder wegen bewusst unwahrer Angaben oder bewusster Verschweigung wesentlicher Tatsachen zu Unrecht zugekommen ist, diese rückzuerstatten oder dafür angemessenen Ersatz zu leisten. Gemäß Abs. 3 kann der Träger sozialer Hilfe, der Hilfe geleistet hat - sofern sein Anspruch nicht ohnehin anerkannt wird - über die Rückerstattung einen Vergleichsversuch mit der oder dem Ersatzpflichtigen vornehmen. Einem Vergleich über die Rückerstattung kommt, wenn er von der Behörde beurkundet wird, die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs (§ 1 Z 15 EO) zu. Gemäß Abs. 4 ist auf Antrag des Trägers sozialer Hilfe über die Rückerstattung von der Behörde (§66) mit schriftlichem Bescheid abzusprechen, wenn ein Vergleichsversuch nicht unternommen wird oder ein Vergleich im Sinn des Abs. 3 nicht zustande kommt. Gemäß Abs. 5 kann die Rückerstattung in angemessenen Teilbeträgen bewilligt werden, wenn sie auf andere Weise nicht möglich oder der rückerstattungs­pflichtigen Person nicht zumutbar ist.

Gemäß § 48 Abs. 1 Oö. SHG sind zum Ersatz der Kosten für soziale Hilfe auch Personen verpflichtet, denen der Empfänger sozialer Hilfe in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Leistung sozialer Hilfe während oder drei Jahre nach deren Leistung Vermögen verschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat, soweit der Wert des Vermögens das Achtfache des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende übersteigt; dies gilt auch für Schenkungen auf den Todesfall.

 

Gemäß § 48 Abs. 2 Oö. SHG ist die Ersatzpflicht nach Abs. 1 mit der Höhe des Geschenkwertes (Wert des ohne entsprechende Gegenleistung übernommenen Vermögens) begrenzt.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 Oö. SHG ist auf Antrag des Trägers sozialer Hilfe über den Kostenersatz von der Behörde mit schriftlichem Bescheid abzusprechen.

 

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Im S. M. sind Ihr Bruder, Herr M.H., seit 19.11.2014 und Sie seit dem 16.02.2015 untergebracht. Die diesbezüglich anfallenden Kosten wurden sowohl von Ihnen als auch Ihrem Bruder aus dem eigenen Einkommen bezahlt.

Mit Schreiben vom 21.04.2015 teilte Ihr Bruder dem Sozialhilfeverband mit, die anfallenden Kosten nicht mehr selbst bezahlen zu können, da sein Vermögen bis auf die Freibetragsgrenze von 7.300,-- Euro aufgebraucht wurde. In der Folge stellte Ihr Bruder den Antrag auf Kostenübernahme der nicht gedeckten Kosten für den Heimaufenthalt durch den Sozialhilfeverband, soweit diese nicht durch 80% der Pension (ausgenommen der Sonderzahlungen) und 80% des Pflegegeldes gedeckt sind.

 

Der Sozialhilfeverband P. erhob sodann die Vermögenswerte Ihres Bruders und stellte fest, dass dieser am 05.07.2013 einen Betrag in Höhe von 27.600,-- Euro von seinem Sparbuch Kontonummer x/BLZ x behob und Ihnen schenkte.

Mit Schreiben vom 03. August 2015 des Sozialhilfeverbandes P. wurde Ihnen mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Sie zum Ersatz der Kosten in Höhe von Euro 27.600,-- gemäß § 48 Abs. 1 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 (Oö. SHG 1998) zu verpflichten. Sie haben nämlich eindeutig in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung Ihres Bruders auf Kostenübernahme von Ihm einen Geldbetrag in Höhe von Euro 27.600,- geschenkt bekommen und übersteigt dieser Geldbetrag das Achtfache des Netto-Ausgleichszulaqen-Richtsatzes für Alleinstehende (2013: € 6.701,04).

Da Herr H. nachweislich an Sie die Betriebskosten nicht entrichtete, wird der geschuldete und nicht verjährte Betriebskostenanteil in Anrechnung gebracht.

 

Dieser Sachverhalt wurde durch Einsichtnahme in folgende, durchaus glaubhafte und nachvollziehbare Beweise erhoben:

1. Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 16.06.2014 hinsichtlich Ihres Pensionsanspruches (Beilage A)

2. Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom 16.06.2014 betreffend der Witwenpension (Beilage D)

3. Feststellungsbescheide d. Finanzamtes Kirchdorf P. Steyr v. 10.07.2015 (Beilage B, C)

4. Verständigung der Pensionsversicherungsanstalt an M.H. über die Pensionshöhe zum 01.01.2005 (Beilage F)

5. Antrag des H.M. vom 21.07.2011 auf Zuerkennung von Pflegegeld (Beilage E, G).

6. Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt auf Zuerkennung von Pflegegeld der Stufe 2 ab 01.08.2011 (Beilage H) für M.H.

7. Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 10.10.2014 auf Zuerkennung von Pflegegeld der Stufe 2 ab 01.08.2014 für M.H. (Beilage I)

8. Einsicht in das Grundbuch der KG x O.,. Einlagezahl x; Im Blatt C ist unter LN x ein Wohnungsgebrauchsrecht für M.H. gem. Pkt. 2 des Dienstbarkeitsvertrages vom 02.06.2006 ersichtlich gemacht

9. Einsicht in die vorgelegten Kopien des Girokonto Nummer x, BLZ x der R. P.

10. Einsicht in die Kopien des Sparbuches Kontonummer x, BLZ x der R. P. sowie in die Quittung vom 05.07.2013

11. Auszüge des Zentralen Melderegisters betreffend die Ehegatten H. und Herrn H.

12. Einsicht in den Dienstbarkeitsvertrag vom 02.06.2006, abgeschlossen zwischen Franz und M.H. und M.H.

 

In Ihrem Schreiben vom 18.08.2015 bezogen Sie durch Ihren Rechtsanwalt Dr. J.S. fristgerecht Stellung wie folgt:

„Beim gegenständlichen Betrag in der Höhe von € 27.600,00 handelt es sich nicht um eine Schenkung sondern um eine fremdvergleichstaugliche Gegenleistung, Entgegen der Ansicht des Sozialhilfeverbandes P. ist die Heranziehung eines etwaigen Pflegegeldes nicht gangbar. Unrichtig ist nämlich, dass Herr M.H. durchgehend - während der ganzen Zeit der Verpflegung - einen Pflegegeldanspruch gehabt hat. Erst in den letzten 4 Jahren wurde M.H. der Anspruch auf Pflegegeld gewährt. Davor bestand zu Gunsten von Herrn H. kein Pflegegeldanspruch. Die Versorgungsleistungen der Partei M.H. zogen sich über einen Zeitraum von 25 Jahren hin. Sämtliche Versorgungsleistungen zu Gunsten M.H.s wurden mit dem gegenständlichen Betrag € 27.600.00 abge­golten, sodass von entsprechenden Gegenleistungen auszugehen ist.

 

In den 25 Jahren lebte Herr H. bei der Partei M.H. Diese bezahlte sämtliche Betriebskosten, erbrachte des Weiteren Versorgungs­leistungen wie Wäschereinigung, Kochen, Putzen, Körperpflege, tägliche Gabe der notwendigen Medikationen, Organisation von Arztbesuchen, Medikamente, Operationen udgl, Pflege nach 2 Hüftoperationen und Pflege nach einer komplexen und langwierigen Darmerkrankung.

 

Die von der Partei M.H. erbrachten Gegenleistungen, übersteigen den Betrag € 27.600,00 bei weitem: Allein aufgrund des Umstandes, dass Herr H. keine Betriebskosten im Laufe der 25 Jahre bezahlt hat, errechnet sich ein Betriebskostenbeitrag in der Höhe von € 1200,00 pro Jahr (Zimmer mit 30 m2; reduzierter Betriebskostenanteil € 100,00 pro Monat). Über einen Zeitraum von 25 Jahren errechnet sich sohin ein Betriebskostenanteil in der Höhe von €30.000.00.

 

Nicht enthalten sind sämtliche Versorgungsleistungen wie Kochen, Putzen, Wäschereinigung udgl. Zusammengefasst wurde die Gegenleistung, die von der Partei M.H. erbracht wurden, den Betrag € 27.600,00 bei weitem übersteigen, wobei die Pflegegeldleistung für ca. 3 Jahre bei einer Pflegestufe 2 keinesfalls die von der Partei M.H. erbrachten Leistungen abdecken würde. Zusammengefast liegt daher keine Schenkung vor und wird der Antrag auf Einstellung des Verwaltungsverfahrens gestellt. In Hinblick auf die aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der M.H. werden auch die Urkunden siehe Beweismittel 1 bis 7 (Beilagen ./A bis ./I) vorgelegt."

 

 

Rechtliche Beurteilung

Zu ihrem Vorbringen, der Betrag in der Höhe von € 27.600,-- sei eine fremdvergleichstaugliche Gegenleistung, da von Ihnen ein Betriebskostenbeitrag nicht eingefordert wurde und Versorgungsleistungen (Wäschereinigung, Kochen, Putzen, Körperpflege etc.) über einen Zeitraum von 25 Jahren zu Gunsten von M.H. erbracht wurden und diese Leistungen mit dem gegenständlichen Betrag in Höhe von € 27.600,-- abgegolten seien wird ausgeführt, dass Herrn M.H. entsprechend dem Dienstvertrag vom 02.06.2006 seit dem 06.03.1961 ein Wohnungsrecht sowie die Reallast des Unterhaltes eingeräumt wurde. Dieses Wohnrecht, welches auf der Liegenschaft in der KG x B., EZ x eingetragen war und bis 1971 von Herrn H. ebendort ausgeübt wurde ehe er 1971 in das Anwesen „M. in R." verzog, wurde mit Dienstbarkeitsvertrag vom 02.06.2006 auf die Liegenschaft KG x O., EZ x (M. in R.) in der Form übertragen, als für Herrn H. das weitere lebenslängliche und vollkommen unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht verbunden mit dem Recht auf Mitbenützung der Wirtschafts- und Nebenräume sowie den Hausgarten eingeräumt wurde und im Gegenzug das Wohnrecht für Herrn H., eingetragen in der Liegenschaft KG x B., EZ x gestrichen wurde.

Hinsichtlich des Einwandes, Herr H. würde einen reduzierten Betriebskostenanteil in der Höhe von € 30.000,- schulden wird ausgeführt, dass die rückständigen Forderungen aus dem Übergabsvertrag vom 06.03.1961 gem. § 1480 ABGB erloschen sind und das Recht auf Einforderung der Zahlung von Betriebskosten verjährt ist.

Auch die Forderungen auf Zahlung der Betriebskosten aus dem Dienstbar­keitsvertrag vom 02.06.2006 sind zumindest bis zum 04.07.2010 erloschen, sodass ein Betriebskostenanteil von € 3.972,64 für den Zeitraum vom 05.07.2010 - 18.11.2014 in Anrechnung gebracht werden kann. Hingewiesen wird, dass auf das im Übergabsvertrag vom 06.03.1961 eingeräumte Unterhaltsrecht von Herrn H. im Dienstbarkeitsvertrag vom 02.06.2006 ausdrücklich nicht verzichtet wurde, wohl aber auf dessen grundbücherliche Sicherstellung. Dies bedeutet jedoch auch, dass die von Ihnen erbrachten Versorgungsleistungen (Wäschereinigung, Kochen, Putzen, Körperpflege etc.) im Rahmen der geschuldeten Unterhaltsleistung erbracht wurden.

Darüber hinaus wurde anlässlich der Errichtung des Dienstbarkeitsvertrages am 02.06.2006 festgehalten, dass Herr H. seinen Unterhalt auch in Zukunft wie schon bisher aus Eigenem zu bewerkstelligen habe, da er bis zum Zeitpunkt seiner Pensionierung voll erwerbstätig war und eine Alterspension von etwa netto monatlich ca. € 1.000,- Euro bezieht.

Die erfolgte Schenkung in Höhe von € 27.600,- als Abgeltungsleistung für erbrachte Versorgungsleistungen darzustellen ist als Schutzbehauptungen zu werten und ist Ihnen unter Berücksichtigung des Betriebskostenanteiles in Höhe von € 3.972,64 gem. § 48 Oö SHG der Kostenersatz in Höhe von € 23.627,36 Euro vorzuschreiben.“

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der vorgebracht wird:

 

„Der Sozialhilfeverband P. hat die Beschwerdeführerin am 21.05.2015 erstmals vom Verfahren gem.§ 48 (1) Oö. SHG in Kenntnis gesetzt. Demnach sei ein Betrag in der Höhe von € 27.600,00 von Herrn M.H. an die Beschwerdeführerin geschenkt worden. Die Beschwerdeführerin trat dieser Ansicht mehrfach entgegen, weil es sich zum einen um keine Schenkung gehandelt hat und zum anderen der Geldbetrag gutgläubig verbraucht wurde.

Am 03.08.2015 forderte der Sozialhilfeverband P. die Beschwerdeführerin auf, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse bekanntzugeben. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin fristgerecht nach und äußerte sich umfassend zur behaupteten Schenkung. Die Beschwerdeführerin brachte zusammengefasst vor, dass dem Betrag € 27.600,00 Gegenforderungen gegenübergestanden sind. So erbrachte die Beschwerdeführerin Pflege-und Versorgungsleistungen gegenüber M.H. Auch diente der Betrag zur \ Abgeltung der angefallenen Betriebskosten.   

Mit dem nun vorliegenden Bescheid der BH-P. geht die belangte Behörde erneut von einem unrichtigen Sachverhalt aus, weil sie eine Schenkung annimmt. Widersprüchlich ist in diesem Zusammenhang, dass die belangte Behörde die Argumentation der Beschwerdeführerin als Schutzbehauptungen darzustellen versucht, obwohl sie selbst von der Anrechnung der Betriebskosten ausgeht. D. h. die belangte Behörde hat selbst erkannt, dass es sich nicht um eine Schenkung handelt. Weiters behauptet die belangte Behörde, dass ein Großteil der in Anschlag gebrachten Betriebskosten gem. § 1480 ABGB bereits verjährt sei.

 

Die Entscheidung der belangten Behörde ist falsch und wird vollinhaltlich angefochten.

 

Der Betrag € 27.600,00 war der Abgeltung der aufgelaufenen Versorgungs- und Betriebskosten gewidmet. Soweit die belangte Behörde vermeint, dass gem. § 1480 ABGB rückständige Forderungen erloschen seien, ist ihr entgegenzuhalten, dass M.H. zum damaligen Zeitpunkt gem. §  1502 ABGB auf den Einwand der Verjährung verzichtet hat. Unabhängig davon steht der Beschwerdeführerin ohnehin ein Verwendungsanspruch gem. § 1042 ABGB zu, der erst nach 30 Jahren verjährt (vgl. dazu RS0019832). Ferner stünde ein etwaiger Verjährungseinwand ausschließlich dem Berechtigten, sohin M.H. zu.

 

Im Hinblick auf die geltend gemachten Betriebs- und Versorgungskosten ist eine Verjährung daher nicht eingetreten.

 

Die belangte Behörde führt unter anderem den Dienstbarkeitsvertrag vom 02.06.2006 ins Treffen. Dem lebenslänglich und vollkommen unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrecht des M.H. steht allerdings eine vertragliche Gegenleistung gegenüber. Laut Dienstbarkeitsvertrag vom 02.06.2006 hat sich M.H. dazu verpflichtet, am 1. eines jeden Kalendermonats jeweils als pauschale Abgeltung für sämtliche auf ihn entfallenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben den Betrag von € 70,00 zu bezahlen. Im Hinblick auf § 48 Abs.1 Oö. SHG Ist daher nicht von einer Schenkung auszugehen, wobei der Wert von Leistung und Gegenleistung nicht notwendigerweise deckungsgleich sein muss (vgl. dazu VwSen-560003/3/Gf/Km).

 

Die Beschwerdeführerin erbrachte jedenfalls Versorgungsleistungen gegenüber M.H. über einen Zeitraum von 25 Jahren. Sämtliche Kosten wurden von der Beschwerdeführerin zunächst selbst getragen. Zu den erbrachten Versorgungsleistungen zählten Wäschereinigung, Kochen, Putzen, Körperpflege, tägliche Gabe der notwendigen Medikationen, Organisation von Arztbesuchen, Medikamente, Operationen udgl., Pflege nach 3 Hüftoperationen und Pflege nach einer komplexen und langwierigen Darmerkrankung. Dem gegenüber steht der Betrag € 27.600,00, der der Abgeltung dieser Leistungen sowie der Betriebskosten dient. Unter der Berücksichtigung der entsprechenden Wertanpassung ist bei einem Zimmer mit 10 - 30 m2 von einem reduzierten Betriebskostenanteil in der Höhe von € 100,00 pro Monat auszugehen. Über einen Zeitraum von 25 Jahren errechnet sich sohin ein Betriebskostenbeitrag von € 30.000,00. Nicht enthalten sind sämtliche Versorgungsleistungen wie Kochen, Putzen, Wäschereinigung udgl. Zusammengefasst übersteigt der Wert der Gegenleistung den überwiesenen Betrag € 27.600,00 bei weitem.

 

Es kann daher der Ansicht der belangten Behörde, es läge eine Schenkung iSd §  48 Oö. SHG vor, nicht gefolgt werden. Ferner wurde der Betrag € 27.600,00 zwischenzeitlich von der Beschwerdeführerin gutgläubig verbraucht.“

 

3. Mit Schreiben vom 10.10.2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 02.06.2016. An dieser nahmen der Rechtsvertreter der Bf sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teil.

 

4.1. Im Rahmen dieser Verhandlung schließen die Verfahrensparteien im Grunde des § 52 SHG einvernehmlich nachstehenden Vergleich:

„Es wird einer Teilung des Kostenersatzes dahingehend zugestimmt, als von den Verfahrensparteien, dem Sozialhilfeverband P. einerseits sowie Frau H. andererseits je 50 % der im Bescheid vom 2. September 2015, GZ: P707439, vorgeschriebenen Summe von 23.627,36 Euro übernommen werden.

 

Der Vergleich wird mit folgenden Bedingungen abgeschlossen:

 

1. Der Rechtsvertreter von Frau H. behält sich vor, die ausdrückliche

persönliche Zustimmung der Frau H. zu diesem Vergleich einzuholen, da heute lediglich die Zustimmung des Schwiegersohnes der Frau H., der heute als Zuhörer anwesend war, eingeholt werden konnte.

 

2. Die Vertreterin der belangten Behörde gibt an, dass Voraussetzung für diesen Vergleich ist, dass Frau H., die derzeit als Selbstzahlerin im S. M. aufhältig ist, auch in Zukunft Selbstzahlerin bleibt.

 

Die Einsichtnahme in den Grundbuchsbestand (lt. Aussagen der heute anwesenden Vertreter) ergibt, dass sich im Eigentum der Frau H. nach wie vor das Objekt L. Nr. x, R., befindet. Allein diese Eigentumsverhältnisse stellen ausreichend sicher, dass Frau H. auch in Zukunft jederzeit die Selbstzahlung vornehmen kann.

 

Vereinbart wird, dass diese Bedingungserfüllung von den Verfahrensparteien binnen zwei Wochen ab Zustellung des Verhandlungsprotokolls dem Oö. LVwG mitgeteilt wird.

 

Sodann ist es Aufgabe der Behörde, im Grunde des § 52 Abs. 2 Oö. SHG, den Vergleich über den Kostenersatz zu beurkunden. Gemäß dieser Bestimmung kommt diesem Vergleich in der Folge die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs (§ 1 Z.15 Exekutionsordnung) zu.“

 

4.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat mit Schreiben vom 02.06.2016, LVwG-350179/10/Re/SH, - abgesandt am 06.06.2016 – den Verfahrensparteien die Verhandlungsniederschrift mit dem Ersuchen, die endgültige Zustimmung zum protokollierten Vergleich bekanntzugeben, übermittelt.

Mit Schreiben vom 16.06.2016 wurde dem Landesverwaltungsgericht vom rechtlichen Vertreter der Bf die Zustimmung der Bf zum abgeschlossenen Vergleich übermittelt und einen Widerruf desselben ausgeschlossen. Die Zustimmung des Trägers der sozialen Hilfe gab die Bezirkshauptmannschaft Perg mit Schreiben vom 30.06.2016 bekannt.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 48 Abs. 1 Oö. SHG sind zum Ersatz der Kosten für soziale Hilfe auch Personen verpflichtet, denen der Empfänger sozialer Hilfe in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Leistung sozialer Hilfe während oder drei Jahre nach deren Leistung Vermögen verschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat, soweit der Wert des Vermögens das Achtfache des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende übersteigt; dies gilt auch für Schenkungen auf den Todesfall.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 Oö. SHG kann der Träger sozialer Hilfe, der Hilfe geleistet hat, über den Kostenersatz – sofern sein Anspruch nicht ohnehin anerkannt wird – einen Vergleichsversuch mit der oder dem Ersatzpflichtigen vornehmen. Einen Vergleich über den Kostenersatz kommt, wenn er von der Behörde beurkundet wird, die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches (§ 1 Z 15 Exekutionsordnung) zu.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 Oö. SHG ist auf Antrag des Trägers sozialer Hilfe über den Kostenersatz von der Behörde mit schriftlichem Bescheid abzusprechen. Wenn ein Vergleichsversuch nicht unternommen wird oder ein Vergleich im Sinn des Abs. 2 nicht zustande kommt.

 

Aufgrund des Zustandekommens eines Vergleiches im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 02.06.2016, protokolliert in der Verhandlungs­schrift zu LVwG-350179/9/Re/SH, war spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Der mit dem nunmehr behobenen Bescheid vorgeschriebene Betrag in der Höhe von 23.627,36 Euro ist in der Folge von der Bf an den Sozialhilfeverband P. zur Hälfte, somit in einer Höhe von 11.813,68 Euro, im Rahmen der für die Hilfe der Sicherstellung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs des Herrn M.H. angefallenen Kosten, zu leisten.

 

Insgesamt war somit auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger