LVwG-000155/2/FP
Linz, 13.07.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von F Z, B.A., geb. 1984, R, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21. April 2016, GZ: SanRB96-56-2015, wegen einer Übertretung des LMSVG iVm der Lebensmittelinformationsverordnung [VO(EU)Nr. 1169/2011],
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren gem. § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verwaltungsstraf-verfahrens, noch des Beschwerdeverfahrens zu leisten; Weiters entfällt die Verpflichtung zum Ersatz von Kosten der Lebensmittel-untersuchung gemäß § 71 Abs 3 LMSVG.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Straferkenntnis vom 21. April 2016 verhängte die belangte Behörde eine Geldstrafe iHv € 20,-- (12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) über den Beschwerdeführer (Bf) und sprach aus, dass er neben den Kosten des Strafverfahrens iHv € 10,-- Lebensmitteluntersuchungskosten iHv 363,65 Euro zu bezahlen habe.
Die belangte Behörde stützte ihr Straferkenntnis auf § 4 Abs 1 LMSVG iVm Anhang VII Teil A Ziffer 8 und Art 7 Abs 1 lit. c VO (EU) 1169/2011 (LMIV) iVm § 90 Abs 3 Z 1 LMSVG und führte in ihrem Straferkenntnis wie folgt aus:
Im Zuge einer amtlichen Kontrolle gemäß dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz wurde am 28.07.2015, um 13:17 Uhr, im Betrieb Z Bio GmbH in B, P R, eine amtliche Probe (3 Originalpackungen a 500 g) des Produktes „B K H" (Mindesthaltbarkeitsdatum: 10.05.2016) entnommen und der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmittelsicherheit Innsbruck, zur Untersuchung übermittelt.
Diese Probe/dieses Erzeugnis war zum Zeitpunkt der Kontrolle im Lager für die Auslieferung in der festgestellten Aufmachung (Deklaration) für den Verkauf bereitgehalten und befand sich daher im Verkehr.
Laut dem amtlichen Untersuchungszeugnis der Lebensmitteluntersuchungsanstalt (Auftragsnummer: 150835x vom 11.08.2015) unterliegt das Produkt mit der Bezeichnung „B" der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV).
Die Kennzeichnung des Produktes entspricht in folgendem Punkt nicht der Vorschrift:
Das Produkt weist im Zutatenverzeichnis die Information „Palmfett ungehärtet" auf.
Gemäß Anhang VII Teil A Ziffer 8 muss der Hinweis auf ein gehärtetes Fett gegebenenfalls mit dem Ausdruck „ganz gehärtet" oder „teilweise gehärtet" versehen sein. Für ungehärtete Fette ist kein Hinweis vorgesehen.
Daher ist jedes Fett - ohne den Ausdruck „ganz gehärtet" oder „teilweise gehärtet" - immer ungehärtet.
Mit der Information „Palmfett ungehärtet" wird somit zu verstehen gegeben, dass sich das Lebensmittel durch ein besonderes Merkmal auszeichnet, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dasselbe Merkmal aufweisen.
Die Information „ungehärtet" im Zusammenhang mit der Zutat „Palmfett" ist somit nach Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe c zur Irreführung geeignet.
Es liegt daher ein Verstoß gegen die Lebensmittelinformationsverordnung in Verbindung mit dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz vor.
Als Betriebsverantwortlicher sind Sie verwaltungsstrafrechtlich für diese Übertretung verantwortlich. Sie haben nicht für eine ordnungsgemäße Kennzeichnung gesorgt.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 4 Abs. 1 LMSVG iVm Anhang VII Teil A Ziffer 8 VO (EU) 1169/2011 iVm Art. 7 Abs. 1 lit. c VO (EU) Nr. 1169/2011 LMIV idgF i.V.m. § 90 Abs. 3 Z. 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, BGBl. Nr. 13/2006 i.d.g.F.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe: 20 Euro
Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, BGBl. Nr. 13/2006 i.d.g.F.
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.
Weiters haben Sie Barauslagen (Lebensmitteluntersuchungskosten) zu bezahlen:
1. 126,40 Euro
2. 217,25 Euro
Rechtsgrundlage:
§ 71 Abs. 3 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, BGBl. Nr. 13/2006 i.d.g.F.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) einen Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 100 Euro angerechnet) zu zahlen.
Kosten des Strafverfahrens: 10 Euro
Somit ist folgender Gesamtbetrag
einzubezahlen: 373,65 Euro
[...]
Begründung:
Gegen die ha. Strafverfügung vom 28.09.2015, SanRB96-56-2015, erhoben Sie rechtzeitig Einspruch und verweisen auf die beiliegende Stellungnahme vom 06.10.2016 der S Consulting, Mag. Dipl.-HTL-Ing. Univ. Lektor A S, in welcher folgendes ausgeführt wird:
„Gegenständlich ist das von Ihnen hergestellte Produkt „B", welches nach Probenziehung durch die AGES (Institut für Lebensmitteisicherheit Innsbruck) untersucht und begutachtet wurde.
Die Strafverfügung führt aus:
Die Probe weist im Zutatenverzeichnis die Information "Palmfett ungehärtet" auf. Gemäß Anhang VII Teil A Ziffer 8 muss der Hinweis auf ein gehärtetes Fett gegebenenfalls mit dem Ausdruck "ganz gehärtet" oder "teilweise gehärtet" versehen sein. Für ungehärtete Fette ist kein Hinweis vorgesehen.
Daher ist jedes Fett - ohne den Ausdruck "ganz gehärtet" oder "teilweise gehärtet" - immer ungehärtet.
Mit der Information "Palmfett ungehärtet" wird somit zu verstehen gegeben, dass sich das Lebensmittel durch ein besonderes Merkmal auszeichnet, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dasselbe Merkmal aufweisen.
Die Information "ungehärtet" im Zusammenhang mit der Zutat "Palmfett" ist somit nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c zur Irreführung geeignet.
Die Kennzeichnung entspricht in einem Punkt nicht der LMIV.
Damit läge ein Verstoß gegen die LMIV iVm dem LMSVG vor.
Die Strafe wurde mit EUR 20,- durchaus verhältnismäßig bemessen. Allerdings wurden auch Untersuchungskosten von EUR 126,40 vorgeschrieben.
Sie haben mich um meine Einschätzung zu dieser Sache gebeten. Dem möchte ich nach dem derzeitigen Stand der Informationen, Richtlinien und der mir bekannten Auslegung nachkommen.
Stellungnahme:
Mit dem der Strafverfügung zugrundeliegenden amtlichen Untersuchungszeugnis 150835x der AGES wurde über folgende Untersuchungen berichtet: Sinnesprüfung, Bestimmung von Verunreinigungen und mikrobiologische Untersuchung. Die Gesamtkosten wurden mit EUR 126,40 angegeben.
Der Tatvorwurf bzw. die Frage zur richtigen Kennzeichnung von Palmfett in der Zutatenliste eines Müslis ist völlig unabhängig von den durchgeführten Untersuchungen zu sehen. Es bedarf keinerlei analytischer Tätigkeit hierfür. Daher ist fragwürdig, weshalb trotzdem Untersuchungskosten vorgeschrieben werden. Der Anspruch hierauf wird nach stRsp verneint. Der Tatvorwurf selbst subsummiert sich in der Feststellung, dass es sich bei der Zutatenbenennung „Palmfett ungehärtet" um eine unzulässige, weil irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten handelt.
Dem ist entgegenzuhalten:
1. Die Angabe ist obligat. Die Angabe der Zutaten ist nach Artikel 9 Abs 1 lit b obligat. Unbeschadet dessen, ob eine Pflichtinformation richtig ausgeführt ist, können obligate Angaben per se nicht irreführend sein, da keine Wahlfreiheit zu deren Angabe besteht.
Beispielsweise ist auch bei einem Orangensaft die Kennzeichnung mit „Zutaten: 100% Orangensaft" wohl selbstverständlich, aber nicht irreführend.
2. Die Angabe ist nicht selbstverständlich.
a. „Palmfett" bezeichnet die aus der Ölpalme gewonnene Fettphase, welche, bezogen auf die Referenztemperatur von 20°C als Öl (flüssig) oder Fett (nicht flüssig) vorliegen kann. Gerade durch den chemischen Vorgang der Härtung wird der Schmelzpunkt erhöht. Daher ist ein ungehärtetes Palmfett eher die Ausnahme denn die Regel.
b. „Palmett" als solches wird aus diesen Gründen auch stets entsprechend klassifiziert, als „ungehärtet" oder „ganz gehärtet" bzw. „teilweise gehärtet".
3. Die Angabe ist eine LMIV-konforme Bezeichnung.
a. Gemäß Art 18 Abs 2 werden die Zutaten mit ihrer speziellen Bezeichnung, gegebenenfalls nach Maßgabe der Bestimmungen in Artikel 17 und Anhang VI, bezeichnet.
b. Art 17 Abs 1 bestimmt: Ein Lebensmittel wird mit seiner rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung bezeichnet. Fehlt eine solche, so wird das Lebensmittel mit seiner verkehrsüblichen Bezeichnung oder, falls es keine verkehrsübliche Bezeichnung gibt oder diese nicht verwendet wird, mit einer beschreibenden Bezeichnung bezeichnet.
c. Die Angabe „Palmfett ungehärtet" ist jedenfalls eine übliche, beschreibende Bezeichnung der Zutat.
d. Als Bezeichnungsbestandteil wird „ungehärtet" auch in Rechtsvorschriften ver-wendet, bspw. in der EU-VO 1387/2013 zur Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte landwirtschaftliche und gewerbliche Waren.
4. LMIV Anhang VII ist klarstellend, nicht beschränkend
a. Die Verpflichtung zum Hinweis auf die Art der Härtung nach Anhang VII Teil A Z 9 gilt für pflanzliche Fette, die gehärtet sind und als Zutat eingesetzt werden.
b. Damit bestimmt die LMIV, dass die Angabe „gehärtet" für die Benennung von Zutaten nicht ausreichend ist. Vielmehr muss nach LMIV als Folge der Transfettsäurediskussionen nunmehr angegeben werden, ob die Härtung „ganz" oder „teilweise" erfolgt ist.
c. Daraus kann keinesfalls abgeleitet werden, dass eine beschreibende Bezeichnung einer Zutat unter Verwendung von „ungehärtet" nicht vorgesehen oder gar unzulässig sein soll.
5. „ungehärtet" ist nicht irreführend. Zusammenfassend ist die Bezeichnung „ungehärtetes Palmfett“ keinesfalls als irreführend zu klassifizieren. Würde man dieser im Strafbescheid zum Ausdruck kommenden Rechtsansicht weiterfolgen, wären wohl auch „Oliven mit Stein" oder „Zitronenschale unbehandelt" der Irreführung zu bezichtigen, als Zutat ebenso wie als Produkt. Außerdem würde diese Sichtweise voraussetzen, dass der Verbraucher mit den Spitzfindigkeiten des Anhang VII der LMIV vertraut ist, was für die Mehrzahl der Konsumenten (mit Ausnahme der zutiefst fachkundigen Experten) wohl zu verneinen ist. Somit kann die Angabe „Palmfett ungehärtet" gar nicht irreführend sein, vielmehr wäre unter Maßgabe des Klarheitsgebotes nach Artikel 7 Abs 2 LMIV die alleinige Angabe von „Palmfett" zu hinterfragen. Die damit verbundenen Zirkelschlüsse sind für den „Durchschnittskonsumenten" jedenfalls nicht ausreichend leicht verständlich."
Nach dem Einspruch wurde gemäß § 49 Abs. 2 VStG das ordentliche Verfahren eingeleitet. Im Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde 26.01.2016 dazu von Herrn Mag. A T, Institut für Lebensmittelsicherheit I, folgende Stellungnahme abgegeben:
Ad Untersuchungskosten:
Ich darf die Stellungnahme des Geschäftsfeldleiters Dr. F. S weitergeben:
"Die Institute des Geschäftsfeldes Lebensmittelsicherheit der AGES sind laut LMSVG dazu verpflichtet Proben die von Organen der Lebensmittelaufsicht der Bundesländer eingereicht werden zu untersuchen und zu begutachten.
Die Untersuchung soll die Sicherheit, die Kennzeichnung und die Täuschungseignung von Waren nach LMSVG überprüfen. Es wird dabei nach einem, auf Basis des Risikos der jeweiligen Warengruppe, mit dem Bundesministerium für Gesundheit abgestimmten und dem jeweiligem Stand der Technik entsprechendem, Prüfplan vorgegangen.
Im Falle der beeinspruchten Probe mit der Auftragsnummer 150835x handelt es sich um "B". Bei diesem Produkt wurde die mangelhafte Kennzeichnung beanstandet. Im Fall einer Beanstandung sind die, bei der AGES für die Untersuchung und Begutachtung anfallenden Gebühren, in Form einer Kostenmitteilung der Behörde mitzuteilen. Die Gebühren werden dann, im Wege des Verwaltungsverfahrens, von der AGES beansprucht. Im konkreten Fall wurde kein auf einer Untersuchung beruhender Sachverhalt beanstandet, weshalb lediglich die Gebühren für die Beschreibung des Produktes und die Begutachtung (0,5 Gutachter/Innenstunden) im Zuge des Verwaltungsverfahrens beansprucht werden.
Es ist deshalb nicht richtig, wie im Einspruch angeführt, dass Gebühren für Untersuchungen beansprucht werden.
Wir ersuchen deshalb den Einspruch abzuweisen und die Kosten entsprechend der Kostenmitteilung zu beantragen."
Ad Tatvorwurf: Zu Punkt 1:
Es ist nicht korrekt, dass obligate Angaben (Informationen) per se nicht irreführend sein können. Fallbeispiele aus der Praxis nach § 7 Absatz 1 Buchstabe a der LMIV sind u. a. irreführendes Haltbarkeitsdatum eines Lebensmittels oder irreführende Angaben hinsichtlich der Bezeichnung des Lebensmittel.
Zu Punkt 2a:
Wie oft ganz gehärtetes, teilweise gehärtetes oder ungehärtetes Palmfett bei der Erzeugung von Lebensmittel eingesetzt wird, ist nicht Gegenstand der Beanstandung.
Zu Punkt 2b:
Es wurden allerdings nur die Klassen „teilweise gehärtet" und „gehärtet" in den Anhang VII Teil A der LMIV aufgenommen. Folglich sind alle Fette, die nicht mit dem Hinweis „ungehärtet" deklariert werden, immer ungehärtet.
Zu Punkt 3a:
Es ist korrekt, dass die Zutaten nach Artikel 18 Absatz 2 mit ihrer speziellen Bezeichnung, ggf. nach Maßgabe des Anhangs VI, bezeichnet werden.
Nach Artikel 18 Absatz 4 sind aber auch die technischen Vorschriften nach Anhang VII für die Anwendung von Absatz 2 der LMIV zu berücksichtigen. In Teil A des Anhangs VII sind die „speziellen Vorschriften für die Angabe von Zutaten" festgelegt. U. a. fordert Ziffer 9, dass ein gehärtetes Fett mit dem Ausdruck „ganz gehärtet" oder „teilweise gehärtet" versehen sein muss. Der Ausdruck „ungehärtet" scheint in Ziffer 9 nicht auf und ist daher auch keine spezielle Vorschrift.
Zu Punkt 3 b:
Artikel 17 Absatz 1 LMIV ist korrekt zitiert.
Zu Punkt 3 c:
Da Palmfett von Natur aus ungehärtet ist, ist die Angabe „Palmfett" als Bezeichnung ausreichend.
Zu Punkt 3 d:
Die Verordnung (EU) Nr. 1387/2013 des Rates vom 17. Dezember 2013 zur Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte landwirtschaftliche und gewerbliche Waren und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1344/2011 stellt keine lebensmittelrechtlich relevante Norm dar.
Zu Punkt 4: Der Anhang VII der LMIV ist kein klarstellender Anhang, sondern er enthält nach Artikel 17 Absatz 4 technische Vorschriften für die Angabe von Zutaten.
Zu Punkt 4 a und b:
Anhang VII Ziffer 9 Ist korrekt zitiert und interpretiert.
Zu Punkt 4 c:
Diese Ableitung wird nicht gemacht. Es wird vielmehr daraus abgeleitet, dass ungehärtete Fette nicht deklariert werden müssen. Somit kann sich der Verbraucher darauf verlassen, dass alle Fette ohne einen Hinweis immer ungehärtet sind.
Zu Punkt 5:
„Oliven mit Stein" und „Zitronenschalen unbehandelt" sind nicht Teil einer speziellen technischen Vorschrift nach Anhang VII. Eine mögliche Irreführung bei einem derartigen Lebensmittel ist somit immer anhand des Einzelfalls zu beurteilen. Da diese beiden Lebensmittel nicht Gegenstand der Beanstandung sind, braucht dazu keine weitere Stellungnahme abgegeben werden.
Es kann durchaus zugestimmt werden dass die Mehrzahl der Verbraucher mit dem Anhang VII der LMIV nicht vertraut sind. Aber gerade nach Voit/Grube, dem Kommentar zur LMIV (2013), Artikel 7 Rdnr. 265 liegt eine Irreführung nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c in der Regel vor; „..., wenn der Verbraucher die Selbstverständlichkeit der Eigenschaft nicht (er)kennt".
Die Vorschrift, dass der Hinweis über ein „gehärtetes Fett" angegeben werden muss, war schon eine Forderung der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr. 72/1993 (außer Kraft). Somit ist es seit mehr als 20 Jahren selbstverständlich, dass eine Zutat wie „Palmfett“ ohne den Hinwies „ungehärtet“ immer ausreichend deklariert ist. Die Aufnahme von „ungehärtet“ in den Anhang VII Teil A war somit nicht notwendig. Die Kennzeichnungsvorschrift ist ausreichend klar.
Seit Gültigkeit der LMIV ist nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c insbesondere das besondere Hervorheben des Vorhandenseins einer bestimmten Zutat irreführend. Deshalb ist die Hervorhebung „ungehärtet“ bei einer Zutat wie Palmfett per se eine irreführende Information.
Die Beanstandung ist vollinhaltlich aufrecht zu halten.
Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde Ihnen mit Schreiben vom 29.02.2015 samt Stellungnahme ZI. 15122164 vom 26.01.2016, zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, hiezu binnen einer Frist von 10 Tagen ab Zustellung Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wurden Sie darauf hingewiesen, dass, sollte eine diesbezügliche Äußerung nicht erfolgen, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren ohne die weitere Anhörung fortgeführt werden wird.
In weiterer Folge verweisen Sie mit Schreiben vom 07.03.2016 auf die beiliegende Stellungnahme vom 06.03.2016 der S Consulting, Mag. Dipl.-HTL-Ing. Univ. Lektor A S, in welcher folgendes ausgeführt wird:
„Gegenständlich ist das von Ihnen hergestellte Produkt „B", welches nach Probenziehung durch die AGES (Institut für Lebensmittelsicherheit Innsbruck) untersucht und begutachtet und wegen Anführung der Zutat "Palmfett ungehärtet" im Zutatenverzeichnis als irreführend iSd LMSVG § 5 Abs 2 Z 3 beanstandet wurde. Sie haben mich um meine Einschätzung zur Stellungnahme des AGES-Gutachters gebeten. Dem möchte ich nach dem derzeitigen Stand der Informationen, Richtlinien und der mir bekannten Auslegung nachkommen.
Stellungnahme:
Ad Untersuchungskosten
Wie von der AGES selbst ausgeführt, wurde „im konkreten Fall [...] kein auf einer Untersuchung beruhender Sachverhalt beanstandet". Gerade dies ist aber für einen Kostenersatz nach § 71 LMSVG notwendig, da hierzu Voraussetzung ist, dass die Untersuchung Anlass zur Anzeige gegeben hat. Dies kommt auch in der höchstgerichtlichen Judikatur zum Ausdruck (VfGH, A4/02 V. 19.06.2008).
Auch können die Angaben nicht überprüft werden, da weder jetzt noch zum Zeitpunkt der Strafverfügung ein Kostenverzeichnis angeführt wurde. In der Strafverfügung ist schlicht von „Lebensmitteluntersuchungskosten" die Rede, obwohl eine Rechtsfrage beanstandet wurde, deren zugrundeliegender Sachverhalt keinerlei Untersuchung erfordert.
Ad Tatvorwurf
Der Gutachter bringt zu Punkt 1 richtigerweise am Beispiel Haltbarkeitsdatum oder Sachbezeichnung vor, dass obligate Informationen dann irreführend sind, wenn diese inhaltlich falsch sind, beispielsweise weil das Produkt am MHD bereits verdorben war oder es sich um etwas anderes handelte als die Bezeichnung zum Ausdruck bringt.
Allerdings ist ggst. nicht der Fall, es liegen keine inhaltlich falschen Informationen vor. Es ist unstrittig, dass die Zutat „Palmfett ungehärtet" verwendet wurde. Damit geht das Vorbringen der AGES ins Leere.
Die Meinung (zu Punkt 3 d.), dass der Inhalt der VO 1287/2013 in der Gesamtheit als lebensmittelrechtlich unrelevant beiseitegelassen werden kann, ist nicht zutreffend. Zum einen ist nach stRsp vom Grundsatz der „Einheit der Rechtsordnung" auszugehen (OGH 8Ob128/09w; RIS-Justiz RS0008856; RS0074824; RS0116996).
Zum anderen verweist die der Beanstandung zugrundeliegende Norm, die EU-LMIV 1169/2011, selbst mehrfach auf Begriffe und Regeln des Zollrechts, bspw. in Artikel 2 Abs. 2 lit g, Artikel 2 Absatz 3, Artikel 26 Abs 2 lit b.
Damit ist wohl jedenfalls eine grundsätzliche rechtliche „Relevanz" feststellbar, der Bezeichnungsbestandteil „ungehärtet" lt. EU-VO 1387/2013 ist zu berücksichtigen. Zu Punkt 4 meint der AGES-Gutachter, dass Anhang VII technische Vorschriften nach Artikel 17 Absatz 4 enthält. Nun ist das so nicht korrekt.
Artikel 17 Absatz 4 lautet: Die Bezeichnung des Lebensmittels darf durch keine als geistiges Eigentum geschützte Bezeichnung, Handelsmarke oder Fantasiebezeichnung ersetzt werden.
Dies hat mit der Sache wohl nichts zu tun.
Maßgeblich für die Zutatenkennzeichnung ist Artikel 18 Abs 2 (Die Zutaten werden mit ihrer speziellen Bezeichnung, gegebenenfalls nach Maßgabe der Bestimmungen in Artikel 17 und Anhang VI, bezeichnet), ergänzt um Abs 4 (Anhang VII enthält technische Vorschriften für die Anwendung der Absätze 1 und 2 dieses Artikels).
Dem kann entnommen werden, dass eine Zutat mit ihrer speziellen Bezeichnung zu kennzeichnen ist. Dazu bestimmt Art. 17 Abs 1:
Ein Lebensmittel wird mit seiner rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung bezeichnet. Fehlt eine solche, so wird das Lebensmittel mit seiner verkehrsüblichen Bezeichnung oder, falls es keine verkehrsübliche Bezeichnung gibt oder diese nicht verwendet wird, mit einer beschreibenden Bezeichnung bezeichnet.
Da es für „Palmfett ungehärtet" unstrittigerweise keine rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung gibt, wird diese Zutat ggst. mit seiner verkehrsüblichen Bezeichnung angeführt. Die Definition dazu bestimmt Artikel 2 Abs 2 lit o:
„verkehrsübliche Bezeichnung“ eine Bezeichnung, die von den Verbrauchern in dem Mitgliedstaat, in dem das Lebensmittel verkauft wird, als Bezeichnung dieses Lebensmittels akzeptiert wird, ohne dass eine weitere Erläuterung notwendig wäre;
Nun ist der AGES-Stellungnahme (zu Punkt 5, 2.Absatz) zu entnehmen, dass es unstrittig ist, dass die Mehrzahl der Verbraucher mit dem Anhang VII der LMIV nicht vertraut sind. Gerade das wäre aber Voraussetzung, um die Bezeichnung „Palmfett" (ohne „ungehärtet") iSd AGES-Vorbringens als verkehrsübliche Bezeichnung zu begründen. Somit widerspricht sich das Vorbringen der AGES im Ergebnis von selbst.
Auch ist der Meinung, dass alle Angaben, die über das vermeintlich ausreichende hinausgehen, überflüssig und in Folge auch noch irreführend wären, nichts abzugewinnen. Zwar stellt die AGES zutreffend fest, dass Palmfett von Natur aus ungehärtet ist. Allerdings ist bspw. gerade der Hinweis „von Natur aus" in der EU-claimsVO 1924/2006 als zulässige und nicht irreführende Angabe geregelt (z.B. „enthält von Natur aus Vitamin C"). Somit kann eine Eigenschaft nicht automatisch deshalb irreführend sein, weil diese von Natur aus vorhanden ist (hier: ungehärtet). Insbesondere dann, wenn diese Eigenschaft bei vergleichbaren Produkten (hier: Müsli) durch technische Verarbeitung (hier: Fetthärtung) verloren geht. Beispielsweise und vergleichbar wäre die Angabe „Extrawurst ungeräuchert" ja auch nicht als irreführend einzustufen, nur weil Extrawurst meist nicht geräuchert wird und bei jener, die einer Räucherung unterzogen wird, des ohnehin als „besonderes Verfahren" gem. Anhang VI Teil A Z 1 mit dem Wortlaut „geräuchert" angegeben ist.
Ergänzend zur Rückmeldung zu Punkt 5 ist festzustellen, dass auch „Palmfett ungehärtet" nicht Teil einer speziellen technischen Vorschrift nach Anhang Vll ist, da sich dieser - in diesem Zusammenhang - auf die Kennzeichnungserfordernisse von gehärteten Fetten bezieht, nämlich auf die unterschiedliche Kennzeichnung von voll ausgehärteten und nur zum Teil gehärteten Fetten, nicht aber auf ungehärtete Fette.
Daneben führt die AGES allgemein zutreffend aus, dass das besondere Hervorheben des
Vorhandenseins einer bestimmten Zutat eine Irreführung nach Art 7 Abs 1 lit c bedingen kann, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Merkmale aufweisen. Dies trifft ggst. aber konkret aus folgenden Gründen nicht zu:
1. „Hervorhebung": Die Zutat „Palmfett ungehärtet" wurde nicht hervorgehoben. Es handelt sich um eine schlichte Anführung in der Zutatenliste, die obligat ist.
2. „dieselben Merkmale": Es kann davon ausgegangen werden, dass zumindest eine erhebliche Anzahl, wenn nicht die Mehrheit der Vergleichsprodukte mit gehärtetem Palmfett gefertigt wird. Der Stellungnahme der AGES zu Punkt 2a kann entnommen werden, das dies auch nicht strittig ist. Daher sind konkret die Merkmale von vergleichbaren Produkten als durchaus unterschiedlich anzusehen.
Somit ist weder eine Zutat vorhanden, die auch in allen anderen Produkten verwendet wird noch wird dies besonders hervorgehoben, noch wird dem Produkt in Folge eine besondere Eigenschaft zugeschrieben. Damit kann auch keine Irreführung bei den Verbrauchern verwirklicht werden, die unstrittigerweise die komplexen Vorgaben, Zusammenhänge und Zirkelschlüsse der Kennzeichnung von pflanzlichen Fetten als Zutaten nicht kennen.
Zu Ihren Rechtfertigungsangaben vom 06.03.2016, dass in der Strafverfügung kein Kostenverzeichnis angeführt wurde und schlicht nur von Lebensmitteluntersuchungskosten die Rede wäre, wurde Ihnen mit Schreiben vom 17.03.2016 die Kostenmitteilung vom 12.08.2015 gemäß Gebührentarif 10076523, Auftragsnummer 15083570, übermittelt
Am 18.03.2016 äußerten Sie sich mit Schreiben dahingehend, dass aus der Kostenaufstellung nicht hervorgehen würde, welcher Befund erhoben wurde. Da ohnehin kein Untersuchungsbefund zur Anzeige geführt habe, halten Sie Ihren Einspruch vollinhaltlich aufrecht
Dazu ist von der Behörde auszuführen:
Der im Spruch angeführte Sachverhalt ist auf Grund des schlüssigen Gutachtens der AGES mit Auftragsnummer 150835x vom 11.08.2015, sowie durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren als erwiesen anzusehen.
Laut dem amtlichen Untersuchungszeugnis der Lebensmitteluntersuchungsanstalt (Auftragsnummer: 150835x vom 11.08.2015) unterliegt das Produkt mit der Bezeichnung „B K H" der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV).
Das Produkt weist im Zutatenverzeichnis die Information „Palmfett ungehärtet" auf und es liegt damit ein Verstoß gegen die LMIV iVm dem LMSVG vor.
Herr Mag. A T verweist in seiner Stellungnahme vom 26.01.2016 auf die Vorschrift, dass der Hinweis über ein „gehärtetes Fett" angegeben werden muss, war schon eine Forderung der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993 (außer Kraft). Somit ist es seit mehr als 20 Jahren selbstverständlich, dass eine Zutat wie „Palmfett" ohne den Hinweis „ungehärtet" immer ausreichend deklariert ist. Die Aufnahme von „ungehärtet" in den Anhang Vll Teil A war somit nicht notwendig. Die Kennzeichnungsvorschrift ist ausreichend klar. Somit kann sich der Verbraucher darauf verlassen, dass alle Fette ohne einen Hinweis immer ungehärtet sind.
Seit Gültigkeit der LMIV ist nach Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe c insbesondere das besondere Hervorheben des Vorhandenseins einer bestimmten Zutat irreführend. Deshalb ist die Hervorhebung „ungehärtet" bei einer Zutat wie Palmfett per se eine irreführende Information.
Zu Ihren Einspruchsangaben ad Untersuchungskosten, dass Gebühren für Untersuchungen beansprucht werden, wird in der Stellungnahme vom 26.01.2016 von Herrn Dr. F. S ausgeführt, dass „die Institute des Geschäftsfeldes Lebensmittelsicherheit der AGES laut LMSVG dazu verpflichtet sind, Proben die von Organen der Lebensmittelaufsicht der Bundesländer eingereicht werden, zu untersuchen und zu begutachten.
Die Untersuchung soll die Sicherheit, die Kennzeichnung und die Täuschungseignung von Waren nach LMSVG überprüfen. Es wird dabei nach einem, auf Basis des Risikos der jeweiligen Warengruppe, mit dem Bundesministerium für Gesundheit abgestimmten und dem jeweiligen Stand der Technik entsprechendem Prüfplan vorgegangen.
Im Falle der beeinspruchten Probe mit der Auftragsnummer 150835x handelt es sich um „B". Bei diesem Produkt wurde die mangelhafte Kennzeichnung beanstandet. Im Fall einer Beanstandung sind die, bei der AGES für die Untersuchung und Begutachtung anfallenden Gebühren, in Form einer Kostenmitteilung der Behörde mitzuteilen. Die Gebühren werden dann im Wege des Verwaltungsstrafverfahrens, von der AGES beansprucht. Im konkreten Fall wurde kein auf einer Untersuchung beruhender Sachverhalt beanstandet, weshalb lediglich die Gebühren für die Beschreibung des Produktes und die Begutachtung (0,5 Gutachter/Innen-stunden) im Zuge des Verwaltungsverfahrens beansprucht werden.
Es liege somit eine Übertretung nach der Lebensmittelinformationsverordnung in Verbindung mit dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz vor, da die Z Bio GmbH den Verkauf des Produktes mit der Bezeichnung „B" durchgeführt hat, obwohl das Produkt im Zutatenverzeichnis die Information „Palmfett ungehärtet" aufwies und Sie haben sohin aufgrund der Sach- und Gesetzeslage die Ihnen im Spruch zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.
Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass Grundlage hiefür gemäß § 19 VStG 1991 die Bedeutung des strafrechtlichen geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sind. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.
Da der Behörde Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht bekannt gegeben wurden, war von den im Schreiben vom 29.02.2016 geschätzten Einkommens- und Vermögensverhältnissen (monatliches Einkommen 2000 Euro, VM, Sorgepflichten) auszugehen. Der Einschätzung der Behörde wurde nicht widersprochen.
Bei der Strafbemessung war mildernd, dass von Ihnen keine einschlägigen lebensmittelrechtlichen Vorstrafen vorlagen.
Im Hinblick auf den vorgegebenen Strafrahmen bei Übertretungen gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG - Geldstrafen bis zu 50 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100 000 Euro -bewegt sich die verhängte Geldstrafe somit ohnehin im unteren Bereich des Strafrahmens und erscheint dem Unrechtsgehalt der Übertretungen angepasst und schuldangemessen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
I.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bf mit E-Mail vom 2. Mai 2016 rechtzeitig Beschwerde und führte aus wie folgt:
Begründung:
Mit gegenständlichem Bescheid wurde mir eine Geldstrafe von EUR 20,-, ein Verfahrenskostenbeitrag von EUR 10,- sowie Barauslagen für Lebensmitteluntersuchungskosten von EUR 126,40 und 217,25, sohin in Summe EUR 373,65 vorgeschrieben. Dies, weil beim „B" in der Zutatenliste die Zutat „BIO-Palmfett ungehärtet" angegeben war, was die belangte Behörde als vermeintliche irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten ansieht und deshalb nach § 90 Abs. 3 Z1 LMSVG einen vermeintlichen Verstoß gegen die EU-LMIV 1169/2011 Art. 7 Abs 1 lit c ahndet. Dem vorangegangen ist ein Ermittlungsverfahren, in dem ich am 07.10.2015, am 07.03.2016 und am 18.03.2016 Stellungnahmen abgegeben habe.
In offener Frist bringe ich Beschwerde gegen dieses Straferkenntnis ein, ersuche das Gericht um eine fundierte Bewertung der streitgegenständlichen Rechtsfrage und beantrage die Aufhebung des rechtswidrigen Bescheides, aus folgenden Gründen:
1. falsche rechtliche Beurteilung
Auf mein Vorbringen im Ermittlungsverfahren möchte ich nochmals verweisen.
Ich verwende für das ggst. Produkt „B" unstrittigerweise ein ungehärtetes BIO-Palmfett als Zutat. Dem ungehärteten Palmfett gegenüber gibt es auch gehärtetes Palmfett in verschiedenen Härtungsstufen, welches ich nicht verwende. Alle genannten Arten sind der Kategorie „Palmfett" zugeordnet.
Die LMIV beschreibt im ANHANG Vll Teil A Z 9 für „Raffinierte Fette pflanzlicher Herkunft“: Können im Zutatenverzeichnis unter der Bezeichnung „pflanzliche Fette" zusammengefasst werden, wobei unmittelbar danach eine Liste mit den Angaben der speziellen pflanzlichen Herkunft aufzuführen ist, nach der die Wendung in veränderlichen Gewichtsanteilen folgen kann. Im Falle einer Zusammenfassung werden die pflanzlichen Fette gemäß Artikel 18 Absatz 1 nach dem Gewichtsanteil der Gesamtheit der vorhandenen pflanzlichen Fette im Zutatenverzeichnis aufgeführt. Der Hinweis auf ein gehärtetes Fett muss gegebenenfalls mit dem Ausdruck „ganz gehärtet“ oder „teilweise gehärtet“ versehen sein.
Daraus leitet die belangte Behörde ab, dass durch die Kennzeichnungspflicht von 2 der 3 Härtungsarten sich die dritte Härtungsart (hier: ungehärtet) von alleine ergibt und daher die Nennung dieser Art in irreführender Art und Weise selbstverständlich sei, obwohl bereits im Ermittlungsverfahren einhellig erkannt wurde, dass der Verbraucher darüber nicht Bescheid weiss.
Weiters leitet die belangte Behörde ab, dass die bloße Nennung in der Zutatenliste bereits eine Hervorhebung einer selbstverständlichen Eigenschaft sei, die auch alle anderen Erzeugnisse aufweisen. Daraus wird in Summe ein Normverstoss abgeleitet.
Wie bereits in den von mir eingebrachten Stellungnahmen ersichtlich ist, kann die Angabe einer von mehreren Arten einer Kategorie nicht selbstverständlich und schon gar nicht irreführend sein.
Auch ist keine Hervorhebung gegenständlich, und überhaupt sind Produkte mit Palmfett nicht alle gleich, da diese auch gehärtetes Palmfett enthalten können.
Sogar der Gesetzgeber verwendet die präzisierende Angabe „ungehärtet" in Rechtsvorschriften, bspw. in der EU-VO 1387/2013 zur Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte landwirtschaftliche und gewerbliche Waren. Die im Zollkodex präzisierten Begriffe finden wiederum in den lebensmittelrechtlichen Kennzeichnungsvorschriften Beachtung, wie mehrere Verweise der EU-LMIV auf den Zollkodex zeigen.
Wenn selbst der Gesetzgeber dieser präzisen Angabe bedarf, kann der Konsument ohne präzise Angaben keinesfalls zutreffend, klar und für die Verbraucher leicht verständlich iSd EU-LMIV Artikel 7 Abs 2 Informiert werden. Zumindest kann der Versuch, diese Vorschrift einzuhalten, nicht durch spitzfindige Winkelzüge der Behörde genau in das Gegenteil verkehrt werden. Darüber hinaus ist die von der Behörde bemühte Kennzeichnungsvorschrift ausschließlich für raffinierte Fette (und auch Öle) anzuwenden, für unraffinierte Fette findet diese Vorschrift keine Anwendung. Im ggst. Verfahren wurde gar nicht erhoben, ob das ggst. BIO- Palmfett überhaupt raffiniert ist. Auch wurde nicht berücksichtigt, dass sich der Wortlaut der Vorschrift auf jene Fette bezieht, die unter der Bezeichnung „pflanzliche Fette" zusammengefasst werden. Dies ist ggst. ersichtlicherweise nicht der Fall.
Auch ist nach Angabe der AGES die Vorschrift zur Angabe einer Härtung von Fetten seit mehr als 20 Jahren bekannt, da dies bereits in der LMKV 1993 geregelt war, die nun durch die EU-LMIV abgelöst wurde. Ebenso lange war die präzise Benennung eines pflanzlichen Fettes als „ungehärtet" beanstandungsfrei möglich, denn nach Ausführung der AGES sei die gegenständliche präzise Zutatenbezeichnung erst mit der LMIV durch die Bestimmungen des Artikel 7 Abs 1 lit c zur irreführenden Selbstverständlichkeit geworden. Allerdings ist gerade der Regelungsinhalt von Artikel 7 Abs 1 lit c LMIV durch diese Norm nicht neu hinzugekommen, eine entsprechende Regelung war bereits in der, die LMKV bestimmende EG-Etikettierungsrichtlinie 2000/13 im Artikel 2 Abs 1 lit a Punkt iii vorhanden (vgl. VOIT/GRUBE LMIV-Kommentar 2.Aufl. (2016), Art. 7 Rn 32). Diese wurde zuletzt mit § 5 Abs 2 Z 3 LMSVG in österr. Recht umgesetzt und hat bis dato keinen Anlass zur Beanstandung von „Pflanzenfett ungehärtet" ergeben. Warum sich dies nun mit der LMIV geändert haben soll, bleibt unerfindlich.
Daher zeigt sich die ganze Begründung der Behörde als keinesfalls schlüssig iSd Norm und fehlerhaft, sowie die Beanstandung als den Intentionen der Vorschriften zur Verbraucherinformation zuwiderlaufend.
2. Berücksichtigung von Einwendungen
In Summe gibt die sprechende Behörde in der Bescheidbegründung unreflektiert die Meinung des AGES-Gutachters wieder. Dazu ist festzuhalten, dass es sich bei der Frage ausschließlich um eine Rechtsfrage handelt, Tatsachen sind nicht weiter strittig. Weder ist strittig, dass die Zutat Palmfett ungehärtet verwendet wurde, noch das diese als solches gekennzeichnet war.
Auf meine vorgebrachten Einwendungen, insbesondere jene vom 07.03.2016 und 18.03.2016 ist die Behörde überhaupt nicht eingegangen. Wenn die Behörde die Einwendungen - über die bloße Wiedergabe allein - überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt und sich auch nicht damit auseinandersetzt, ist das „Ermittlungsverfahren" ohnehin Makulatur. Ich erachte dies als fehlerhaft.
3. Vorschreibung von Untersuchungskosten, die keine sind.
In der Strafverfügung vom 28.09.2015 wurden „Untersuchungskosten" idHv EUR 126,40 angeführt, im ggst. Straferkenntnis ist diese Position um „Untersuchungskosten" idHv EUR 217,25 erweitert, obwohl gar keine weiteren Untersuchungen vorgenommen wurden. Vielmehr handelt es sich bei der 2ten Position um die Kosten für die von der Behörde bei der AGES eingeholte Rechtsmeinung. Dies sind keine Untersuchungskosten iSv § 71 LMSVG, zumal die Beantwortung von Rechtsfragen ohnehin nicht der AGES obliegt. Auch bei der ersten Position (EUR 126,40) handelt es sich um keine Untersuchungskosten, wie die AGES im Schreiben vom 26.01.2016 dargelegt hat. Vielmehr handelt es sich um Gebühren für die Beschreibung des Produktes und die Begutachtung, aber nicht um Kosten für Untersuchungen, die für die Beanstandung relevant wären. Gerade dies ist aber für einen Untersuchungskostenersatz nach § 71 LMSVG notwendig, da hierzu Voraussetzung ist, dass die Untersuchung Anlass zur Anzeige gegeben hat. Dies kommt auch in der höchstgerichtlichen Judikatur zum Ausdruck (VfGH, A4/02 v. 19.06.2008).
In Summe sehe ich daher die Vorschreibung dieser Gebühren als rechtswidrig an.
I.3. Mit Schreiben vom 2. Mai 2016 legte die belangte Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakt zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit, eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen, machte sie keinen Gebrauch. Das Verwaltungsgericht entscheidet durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter (§ 2 VwGVG).
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt. Die öffentliche mündliche Verhandlung entfällt, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 44 Abs 2 VwGVG).
II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T steht fest:
Am 28. Juli 2015 entnahm ein Aufsichtsorgan gemäß § 24 LMSVG des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Ernährungssicherheit und Veterinärwesen im Rahmen einer Kontrolle im Betrieb der Z B GmbH, P, B, deren Geschäftsführer der Bf ist, zum Probenkennzeichen 4000ETCH00x eine Probe (3 x 500 Gramm) des Produktes „B“. Das entnommene Produkt war im Lager zur Auslieferung bereit gestellt. (Anzeige, Probenbegleitschreiben)
Die Probe wurde zur Untersuchung an das Institut für Lebensmittelsicherheit Innsbruck (AGES) übermittelt und dort zur U-Zahl 150835x (Auftragsnummer) untersucht.
Das Gutachten der AGES lautet wie folgt:
„ GUTACHTEN
Die vorliegende Probe mit der Warenbezeichnung laut Probenbegleitschreiben „B K H“ unterliegt der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV).
Die Kennzeichnung der Probe entspricht in folgendem Punkt nicht der Vorschrift:
Die Probe weist im Zutatenverzeichnis die Information „Palmfett ungehärtet“ auf.
Gemäß Anhang VII Teil A Ziffer 8 muss der Hinweis auf ein gehärtetes Fett gegebenenfalls mit dem Ausdruck „ganz gehärtet“ oder „teilweise gehärtet“ versehen sein. Für ungehärtete Fette ist kein Hinweis vorgesehen.
Daher ist jedes Fett – ohne den Ausdruck „ganz gehärtet“ oder „teilweise gehärtet“ – immer ungehärtet.
Mit der Information „Palmfett ungehärtet“ wird somit zu verstehen gegeben, dass sich das Lebensmittel durch ein besonderes Merkmal auszeichnet, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dasselbe Merkmal aufweisen.
Die Information „ungehärtet“ im Zusammenhang mit der Zutat „Palmfett“ ist somit nach Artikel 7 Abs 1 Buchstabe c zur Irreführung geeignet.
Die Kennzeichnung entspricht in einem Punkt nicht der LMIV [...]‘
(Gutachten AGES)
Die Kostenmitteilung der AGES wies nachstehende Kosten aus:
Nr. | Anzahl | Bezeichnung | Einzelpreis | Preis |
1003619 | 0,50 | Amtl. Gutachten/Fachexpertise | 173,80 | 86,90 |
1000444 | 1,00 | Befund/Gutachten 1000444 | 39,50 | 39,50 |
2004519 | 1,00 | Beschreibung von Lebensmitteln | 39,50 | 39,50 |
|
| Nettobetrag | 126,40 |
(Kostenverzeichnis)
Das Zutatenverzeichnis der Probe lautet wie folgt:
„Zutaten: Vollkornhaferflocken, Sonnenblumenkerne, Blütenhonig 11 %, Kokosflocken, Leinsamen, Kürbiskerne 6 %, Palmfett ungehärtet, Sesam. Alle Zutaten aus kontrolliert biologischem Anbau.“ (Gutachten AGES, Foto Etikett)
Mit seinem Einspruch gegen die im Verfahren ergangene Strafverfügung übermittelte der Bf eine ausführliche Stellungnahme eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen (Fachbereiche Lebensmitteltechnologie, Fleisch, Fleischwaren, Ernährungsforschung, Lebensmittelhygiene) in welcher dieser, wie unter I.2. dargestellt in rechtlicher Hinsicht zur Rechtsansicht der Behörde, der AGES und den von ihr geltend gemachten Gebühren Stellung nahm. (Stellungnahme)
Die belangte Behörde übermittelte diese Stellungnahme der AGES, welche mit Schreiben vom 26. Jänner 2016, auch ausschließlich in rechtlicher Hinsicht (siehe I.2.), Stellung nahm und ihren Standpunkt verteidigte. Für diese Stellungnahme verrechnete die AGES mit Kostenmitteilung vom 27. Jänner 2016 217,25 Euro.
(Akt, Stellungnahme AGES vom 26. Jänner 2016, Kostenmitteilung AGES vom 27. Jänner 2016)
II.3. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, insbesondere den in Klammern angegebenen Beweismitteln.
III. Rechtliche Beurteilung
III.1. Relevante rechtliche Bestimmungen:
a) § 90 Abs 3 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 130/2015) lautet:
§ 90.
[...]
(3) Wer
1. den in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Union oder den näheren Vorschriften zur Durchführung dieser Rechtsakte gemäß § 4 Abs. 3 oder § 15 zuwiderhandelt,
2. den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 6, 7 Abs. 1, 9 Abs. 2, 10 Abs. 7 oder 8, der §§ 11, 12, 13, 14, 19, 20, 34, 47 Abs. 2, 53 Abs. 7 oder 57 Abs. 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt,
3. den Bestimmungen der in den §§ 96 und 97 angeführten Rechtsvorschriften zuwiderhandelt,
4. den Bestimmungen des in § 24 Abs. 1 Z 1 angeführten unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes der Europäischen Union zuwiderhandelt.
begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
[...]
b) Anl. 1 Z 35 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 88/2015) lautet:
Anlage
Verordnungen der Europäischen Union gemäß § 4 Abs. 1
Teil 1
[...]
35. Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. Nr. L 304 vom 22. November 2011);
[...]
c) Art 7, Art 8 Abs 1, Art 9, Art 18 sowie Anhang VI Teil A Z1 und VII Teil A Z9 der VERORDNUNG (EU) Nr. 1169/2011 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission lauten:
Artikel 7
Lauterkeit der Informationspraxis
(1) Informationen über Lebensmittel dürfen nicht irreführend sein, insbesondere
a) in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels, insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung;
b) indem dem Lebensmittel Wirkungen oder Eigenschaften zugeschrieben werden, die es nicht besitzt;
c) indem zu verstehen gegeben wird, dass sich das Lebensmittel durch besondere Merkmale auszeichnet, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Merkmale aufweisen, insbesondere durch besondere Hervorhebung des Vorhandenseins oder Nicht-Vorhandenseins bestimmter Zutaten und/ oder Nährstoffe;
d) indem durch das Aussehen, die Bezeichnung oder bildliche Darstellungen das Vorhandensein eines bestimmten Lebensmittels oder einer Zutat suggeriert wird, obwohl tatsächlich in dem Lebensmittel ein von Natur aus vorhandener Bestandteil oder eine normalerweise in diesem Lebensmittel verwendete Zutat durch einen anderen Bestandteil oder eine andere Zutat ersetzt wurde;
(2) Informationen über Lebensmittel müssen zutreffend, klar und für die Verbraucher leicht verständlich sein.
(3) Vorbehaltlich der in den Unionsvorschriften über natürliche Mineralwässer und über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, vorgesehenen Ausnahmen dürfen Informationen über ein Lebensmittel diesem keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen.
(4) Die Absätze 1, 2 und 3 gelten auch für
a) die Werbung;
b) die Aufmachung von Lebensmitteln, insbesondere für ihre Form, ihr Aussehen oder ihre Verpackung, die verwendeten Verpackungsmaterialien, die Art ihrer Anordnung und den Rahmen ihrer Darbietung.
Artikel 8
Verantwortlichkeiten
(1) Verantwortlich für die Information über ein Lebensmittel ist der Lebensmittelunternehmer, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird, oder, wenn dieser Unternehmer nicht in der Union niedergelassen ist, der Importeur, der das Lebensmittel in die Union einführt.
KAPITEL IV
VERPFLICHTENDE INFORMATIONEN ÜBER LEBENSMITTEL
ABSCHNITT 1
Inhalt und Darstellungsform
Artikel 9
Verzeichnis der verpflichtenden Angaben
(1) Nach Maßgabe der Artikel 10 bis 35 und vorbehaltlich der in diesem Kapitel vorgesehenen Ausnahmen sind folgende Angaben verpflichtend:
a) die Bezeichnung des Lebensmittels;
b) das Verzeichnis der Zutaten;
c) alle in Anhang II aufgeführten Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe sowie Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe, die Derivate eines in Anhang II aufgeführten Stoffes oder Erzeugnisses sind, die bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet werden und — gegebenenfalls in veränderter Form — im Enderzeugnis vorhanden sind und die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen;
d) die Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten;
e) die Nettofüllmenge des Lebensmittels;
f) das Mindesthaltbarkeitsdatum oder das Verbrauchsdatum;
g) gegebenenfalls besondere Anweisungen für Aufbewahrung und/oder Anweisungen für die Verwendung;
h) der Name oder die Firma und die Anschrift des Lebensmittelunternehmers nach Artikel 8 Absatz 1;
i) das Ursprungsland oder der Herkunftsort, wo dies nach Artikel 26 vorgesehen ist;
j) eine Gebrauchsanleitung, falls es schwierig wäre, das Lebensmittel ohne eine solche angemessen zu verwenden;
k) für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent die Angabe des vorhandenen Alkoholgehalts in Volumenprozent;
l) eine Nährwertdeklaration.
(2) Die in Absatz 1 genannten Angaben sind in Worten und Zahlen zu machen. Unbeschadet des Artikels 35 können sie zusätzlich durch Piktogramme oder Symbole ausgedrückt werden.
(3) Erlässt die Kommission die in diesem Artikel genannten delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte, können die in Absatz 1 genannten Angaben alternativ durch Piktogramme oder Symbole anstatt durch Worte oder Zahlen ausgedrückt werden.
Um sicherzustellen, dass die Verbraucher verpflichtende Informationen über Lebensmittel auch auf andere Weise als durch Worte oder Zahlen erhalten, und sofern derselbe Umfang an Informationen wie mit Worten oder Zahlen gewährleistet ist, kann die Kommission gemäß Artikel 51 durch delegierte Rechtsakte die Kriterien festlegen, anhand deren eine oder mehrere der in Absatz 1 genannten Angaben durch Piktogramme oder Symbole anstatt durch Worte oder Zahlen ausgedrückt werden können, wobei sie Nachweisen eines einheitlichen Verständnisses der Verbraucher Rechnung trägt.
(4) Um die einheitliche Durchführung von Absatz 3 dieses Artikels zu gewährleisten, kann die Kommission Durchführungsrechtsakte zu den Modalitäten der Anwendung der gemäß Absatz 3 festgelegten Kriterien erlassen, nach denen eine oder mehrere Angaben durch Piktogramme oder Symbole anstatt durch Worte oder Zahlen ausgedrückt werden können. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 48 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 18
Zutatenverzeichnis
(1) Dem Zutatenverzeichnis ist eine Überschrift oder eine geeignete Bezeichnung voranzustellen, in der das Wort „Zutaten“ erscheint. Das Zutatenverzeichnis besteht aus einer Aufzählung sämtlicher Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels.
2) Die Zutaten werden mit ihrer speziellen Bezeichnung, gegebenenfalls nach Maßgabe der Bestimmungen in Artikel 17 und Anhang VI, bezeichnet.
(3) Alle Zutaten, die in Form technisch hergestellter Nanomaterialien vorhanden sind, müssen im Zutatenverzeichnis eindeutig aufgeführt werden. Auf die Bezeichnung solcher Zutaten muss das in Klammern gesetzte Wort „Nano“ folgen.
(4) Anhang VII enthält technische Vorschriften für die Anwendung der Absätze 1 und 2 dieses Artikels.
(5) Damit die Ziele dieser Verordnung erreicht werden, passt die Kommission durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 51 die in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe t aufgeführte Begriffsbestimmung für technisch hergestellte Nanomaterialien an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt oder die auf internationaler Ebene vereinbarten Begriffsbestimmungen an.
ANHANG VI
BEZEICHNUNG DES LEBENSMITTELS UND SPEZIELLE ZUSÄTZLICHE ANGABEN
TEIL A — VERPFLICHTENDE ANGABEN ZUR ERGÄNZUNG DER BEZEICHNUNG DES LEBENSMITTELS
1. Die Bezeichnung des Lebensmittels enthält oder wird ergänzt durch Angaben zum physikalischen Zustand des Lebensmittels oder zur besonderen Behandlung, die es erfahren hat (z. B. pulverisiert, wieder eingefroren, gefriergetrocknet, tiefgefroren, konzentriert, geräuchert), sofern die Unterlassung einer solchen Angabe geeignet wäre, den Käufer irrezuführen.
[...]
ANHANG VII
ANGABE UND BEZEICHNUNG VON ZUTATEN
TEIL A — SPEZIELLE VORSCHRIFTEN FÜR DIE ANGABE VON ZUTATEN IN ABSTEIGENDER REIHENFOLGE IHRES GEWICHTSANTEILS
Zutatenklasse | Vorschriften für die Angabe des Gewichtsanteils |
9. Raffinierte Fette pflanzlicher Herkunft | Können im Zutatenverzeichnis unter der Bezeichnung „pflanzliche Fette“ zusammengefasst werden, wobei unmittelbar danach eine Liste mit den Angaben der speziellen pflanzlichen Herkunft aufzuführen ist, nach der die Wendung „in veränderlichen Gewichtsanteilen“ folgen kann. Im Falle einer Zusammenfassung werden die pflanzlichen Fette gemäß Artikel 18 Absatz 1 nach dem Gewichtsanteil der Gesamtheit der vorhandenen pflanzlichen Fette im Zutatenverzeichnis aufgeführt.
Der Hinweis auf ein gehärtetes Fett muss gegebenenfalls mit dem Ausdruck „ganz gehärtet“ oder „teilweise gehärtet“ versehen sein. |
III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
III.2.1. Zur Frage der Irreführung
Aufgrund der Regelung des § 9 Abs 1 lit b LMIV ist der Lebensmittelunternehmer (Hersteller) zur Angabe der Zutaten verpflichtet. Der Bf war aufgrund dieser Bestimmung verbunden, den Inhaltsstoff Palmfett im Zutatenverzeichnis aufzuführen.
Die LMIV hat mit ihrem § 7 ein eigenes Regime im Hinblick auf die Irreführung des Verbrauchers in Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Lebensmitteln eingeführt, welches die Bestimmungen des LMSVG zum Teil überlagert.
Die belangte Behörde hat ihr Verfahren, formell richtig, auf die Strafbestimmung des § 90 Abs 3 Z1 LMSVG in Verbindung mit der LMIV gestützt.
Gemäß Art 7 Abs 1 lit c LMIV dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere indem zu verstehen gegeben wird, dass sich das Lebensmittel durch besondere Merkmale auszeichnet, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Merkmale aufweisen, insbesondere durch besondere Hervorhebung des Vorhandenseins oder Nicht-Vorhandenseins bestimmter Zutaten und/oder Nährstoffe.
Auf dem Etikett des von der Gesellschaft, deren Geschäfte der Bf führt, vertriebenen Produktes ist im Zutatenverzeichnis zu lesen, dass das Produkt ungehärtetes Palmfett („Palmfett ungehärtet“) enthält.
Die belangte Behörde vermeint, gestützt auf ein Gutachten der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES, Agentur), darin eine der „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ ähnliche „Kennzeichnung mit Selbstverständlichkeiten“ zu erblicken.
Sie gründet ihre Ansicht hiebei primär auf Anhang VII Z9 der LMIV.
Anhang VII der LMIV kennt bezogen auf Art 18 Abs 1 LMIV (Zutatenverzeichnis) spezielle Vorschriften für die Angabe bestimmter Zutaten in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtes.
Z9 sieht hinsichtlich raffinierter Fette pflanzlicher Herkunft vor, dass diese im Zutatenverzeichnis unter der Bezeichnung „pflanzliche Fette“ zusammengefasst werden können und im Falle einer solchen Zusammenfassung unmittelbar danach eine Liste mit deren pflanzlicher Herkunft zu folgen hat.
Es ergibt sich sohin aus dieser Bestimmung, dass der Klassenname (pflanzliche Fette) für die Kennzeichnung ausreicht, wenn in der Folge eine Auflistung der Herkunftsnamen folgt, weil der Gesetzgeber den Umstand der Raffinierung voraussetzt. Die genannte Bestimmung regelt insofern eine Kennzeichnungs-vereinfachung im Hinblick auf raffinierte Fette. Die führende Kommentarliteratur geht davon aus, dass im Falle der Angabe der Herkunft des Fetts (Öls) (bspw. „Sonnenblumenöl“), also wenn nicht mittels Klassennamen deklariert wird, die Ergänzung „raffiniert“ und im Umkehrschluss bei nicht raffinierten die Angabe „unraffiniert“ hinzuzusetzen ist (vgl. Grube, in Voit/Grube, LMIV², Art 17, S. 375, RN 144).
In Z9 folgt folgender Passus:
‚Der Hinweis auf ein gehärtetes Fett muss gegebenenfalls mit dem Ausdruck „ganz gehärtet“ oder „teilweise gehärtet“ versehen sein.‘ (im Englischen deutlicher: „The expression ‘fully hydrogenated’ or ‘partly hydrogenated’, as appropriate, must accompany the indication of a hydrogenated fat“).
Wie die belangte Behörde der AGES folgend richtig erkannt hat müssen also die Wendungen „ganz gehärtet“ oder „teilweise gehärtet“ den Hinweis auf ein gehärtetes (raffiniertes) Fett begleiten.
Es muss also nach der Verordnung eine Deklaration von gehärteten (raffinierten) Fetten in bestimmter Form erfolgen.
Einen besonderen Hinweis auf ungehärtete Fette verlangt die Verordnung aus nachvollziehbaren Gründen (die Verordnung dient auch dem Gesundheitsschutz und erklärt sich die Vorschrift im Hinblick auf gehärtete Fette durch die seit Jahren geführte Transfettsäurediskussion) nicht ausdrücklich. Sie verbietet eine derartige Deklaration aber auch nicht.
Um nun, wie von der belangten Behörde und der AGES angenommen, einen Verstoß gegen § 7 der LMIV annehmen zu können, bedarf es einiger Kreativität und insbesondere eines formalistischen Ansatzes:
Da die sachlich der Wahrheit entsprechende und im Hinblick auf die analytische Zusammensetzung unbeanstandet gebliebene Angabe „Palmfett ungehärtet“ für sich alleine keinerlei Irreführungseignung entfalten kann, bedarf es, um eine solche annehmen zu können, vor allem eines Verstoßes gegen die lebensmittelrechtliche Bestimmung des § 7 Abs 1 lit c LMIV, welche eine Irreführung annimmt, wenn dem Lebensmittel besondere Eigenschaften beigemessen werden, die es ohnehin hat bzw. haben muss, weil alle vergleichbaren Lebensmittel diese Eigenschaft haben.
Diesen Verstoß leiten AGES und ihr folgend die belangte Behörde bloß aus der Verpflichtung ab, dass gehärtete Fette zu deklarieren sind. Sie konstruieren aus dieser Verpflichtung im Wege des § 7 Abs 1 lit c LMIV ein ihrem Wortlaut nicht entnehmbares Verbot der Deklaration ungehärteter Fette.
Die belangte Behörde geht formallogisch vor dem Hintergrund des Anh. VII Z9 leg. cit. davon aus, dass der Verbraucher in die Irre geführt werden könne, weil „jedes Fett“ – ohne den Ausdruck ‚ganz gehärtet‘ oder ‚teilweise gehärtet‘ immer ungehärtet sei. Es dürfe eine Deklaration demnach nur unter Angabe des Fetts und seiner spezifischen Herkunft (Palmfett) erfolgen.
Diese Ansicht ist aus folgenden Gründen überzogen:
a) Analogieverbot nach Art 7 EMRK und Zweck der Norm:
Der dem Gutachten der AGES folgende rechtliche Schluss, die Vorschrift der Deklaration gehärteter Fette impliziere, dass im Falle der Verwendung nicht gehärteter Fette eine der Wahrheit entsprechende Deklaration „ungehärtet“ nicht erfolgen dürfe, also verboten ist, und die daraus folgende Konstruktion einer Irreführung durch Kennzeichnung mit Selbstverständlichkeiten, setzt ein extensives Verständnis der herangezogenen Regelung des Anhanges VII dahingehend voraus, dass er nicht nur ein Gebot zur Deklaration gehärteter Fette in bestimmter Form, sondern auch das Verbot der Deklaration ungehärteter Fette durch Verwendung des Begriffs „ungehärtet“ umfasst. Abgesehen davon, dass dem normgerechten Durchschnittsverbraucher (zum Maßstab siehe weiter unten) dafür die genaue Kenntnis des Anhangs VII zugesonnen werden muss (was kaum der Fall sein wird), gerät ein solches Begriffsverständnis auch in das Spannungsverhältnis zum speziellen Bestimmtheitsgebot im Strafrecht.
Es widerspräche einem der tragenden Prinzipien des Strafrechts, nämlich dem Verbot der Analogie bzw. der extensiven Auslegung zulasten des Beschuldigten. Es ergibt sich dieses Verbot aus dem Grundsatz „nullum crimen sine lege“ (Art. 7 EMRK). Das Ausfüllen einer Gesetzeslücke durch Analogie ist im Verwaltungsstrafrecht unzulässig (vgl. VfGH v. 11. Oktober 1962 Slg. 4280 uva.), sodass eine Bestrafung des Bf, ohne ausdrückliche Ge- oder Verbotsnorm (inkl. Blankettstrafbestimmung), von vorneherein ausscheidet. Eine derart extensive Auslegung, wie sie die AGES und ihr folgend die belangte Behörde annehmen, überschreitet die Wortlautschranke bei Weitem und kann dem Anhang VII der LMIV schlicht nicht entnommen werden.
Die Auslegung widerspricht zudem dem Geist der Verordnung selbst, welche zum Zwecke des Verbraucher-, insbesondere des Gesundheitsschutzes, geschaffen wurde (vgl. Punkt 3 der Erwägungsgründe). Folgte man der Ansicht der AGES, würde dies bedeuten, dass aus einem Gebot betreffend Angaben, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes, der Qualitätssicherung oder der Vereinfachung erforderlich erscheinen, zu folgern wäre, dass Angaben im Hinblick auf gegenteilige (ggf. positive) Eigenschaften generell verboten wären. Demnach würden dem Verbraucher dienende Informationen von eigenem Informationswert vorenthalten. Dass mit der Beifügung des Begriffes „ungehärtet“ keinerlei Informationsverlust zulasten des Verbrauchers verbunden ist (die LMIV bezweckt eine möglichst breite Information des Verbrauchers) versteht sich von selbst. Diese Auslegung der AGES widerspricht zudem der Judikatur des EuGH zum Vorrang der Informationspflicht vor Verkehrsbeschränkungen (vgl. EuGH, Rs. C-193/80, Slg. 1980, 3019). Die Kennzeichnung als ungehärtetes Fett führt zu einer Unterscheidbarkeit von Fetten verschiedener Aggregatzustände und ist damit für die Warenverkehrsfreiheit von Vorteil.
b) Anwendbarkeit des Anhanges VII:
Belangte Behörde und AGES verkennen die Bedeutung und den Zweck des Anhanges VII. Wie der Bf in seiner Beschwerde richtig ausführt, ist Anhang VII auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Anhang VII sieht spezielle Vorschriften für bestimmte Zutatenklassen vor. Er ergänzt die allgemeine Vorschrift des Art 18 leg. cit. und wurde primär deshalb als technische Vorschrift ausgestaltet, um ihn im Wege des vereinfachten Rechtssetzungsverfahren gem. Art 46, 51 iVm VO (EU) 182/2011, leichter der technischen Entwicklung anpassen zu können. Der Unionsgesetzgeber kam zum Schluss, dass im Hinblick auf bestimmte Zutaten bestimmte Vereinfachungen (vgl. Grube, in Voit/Grube, LMIV², Art 17, S. 350, RN 16) erforderlich sind. Im Hinblick auf Fette hat der Gesetzgeber eine Norm geschaffen, die es erlaubt Fettmischungen vereinfacht zu deklarieren. Er schuf deshalb eine spezielle technische Vorschrift für die Deklaration der dort taxativ, also abschließend aufgezählten Zutaten. Insofern gilt die Norm für die dort genannten raffinierten Fette. Ist ein raffiniertes Fett außerdem gehärtet, hat die Deklaration genauer „teilweise oder ganz gehärtet“ zu lauten.
Da das in gegenständlichem Produkt enthaltene Fett nicht gehärtet ist, kommt eine Anwendung des letzten Satzes der Z9 nicht in Betracht, auch nicht im Wege der Konstruktion einer Irreführungseignung. Der rechtsfortbildende Rückschluss, dass eine korrekte Deklaration als ungehärtetes Fett unzulässig sei, weil der Gesetzgeber die besondere Deklaration im Hinblick auf gehärtete Fette vorgeschrieben hat, ist nur mit einem speziellen Vorverständnis ohne Rücksicht auf den Empfängerhorizont des Durchschnittsverbrauchers argumentierbar. Gerade auf diesen kommt es vorliegend aber an (vgl. dazu III.2.1.d).
c) Art 18 Abs 2 iVm mit Anhang VI Teil A Z1 LMIV
Art 18 Abs 2 leg. cit. regelt, wie Zutaten zu bezeichnen sind.
Dort wo in der LMIV spezielle Bezeichnungen („specific names“) für Zutaten vorgesehen sind, sind die Zutaten mit dieser zu bezeichnen, ansonsten – gegebenenfalls – nach Maßgabe der Bestimmung in Artikel 17 und Anhang VI. Es ist insofern die nach der Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung oder eine beschreibende Bezeichnung zu verwenden (vgl. Grube, in Voit/Grube, LMIV², Art 18, S. 403, RN 15). Für die Zutatenbezeichnungen sind die vorgeschriebenen Zusatzangaben in Anhang VI zu beachten (aaO RN 17).
AGES und belangte Behörde übersehen in diesem Zusammenhang, dass Anhang VI Teil A Z1 zur LMIV eine Ergänzung der Bezeichnung eines Lebensmittels durch Angaben zum physikalischen Zustand (hydriert, unhydriert) oder zu einer besonderen Behandlung vorsieht, wenn ansonsten die Unterlassung der Angabe eine Irreführung herbeiführen könnte. Es ergibt sich aus dieser Regelung neuerlich, dass die LMIV eine fundierte und umfassende Information des angesprochenen Verkehrskreises (Verbraucher) bezweckt und sich aus dieser Bestimmung ableiten lässt, dass der Bf aufgrund Anh. VI Z1 sogar verpflichtet gewesen wäre, im Falle einer möglichen Irreführungseignung, den physikalischen Zustand des von ihm verwendeten Fettes anzugeben. Im Umkehrschluss muss gefolgert werden, dass es dem Bf aber jedenfalls erlaubt war, den physikalischen Zustand der Zutat anzugeben, wenn er in bestimmten Fällen sogar zu einer derartigen Konkretisierung der Angabe verpflichtet ist (vgl. Grube, in Voit/Grube, LMIV², Art 17, S. 375, RN 144 und die Ansicht, dass im Falle der Angabe der Herkunft eines Öls, wenn also nicht gem. Anhang VII Z9 vereinfacht mittels Klassennamen deklariert wird, die Ergänzung „raffiniert“ und im Umkehrschluss bei nicht raffinierten die Angabe „unraffiniert“ hinzuzusetzen ist). Wenn die Angabe des physikalischen Zustands in einem solchen Fall klarstellend wirkt und vom Gesetz verlangt wird, kann sie in einem anderen Fall (dort wo an sich keine Irreführungseignung besteht) aus logischen Erwägungen nicht irreführend wirken. Sie bleibt immer eine Konkretisierung.
Die Frage der Irreführungseignung ist dabei kein monokausaler Umstand, sondern einzelfallbezogen von vielen Faktoren abhängig.
Im Sinne des vom EuGH geschaffenen Grundsatzes des effet utile, der als eine Form der teleologischen Auslegung, also der Interpretation nach dem Zweck der Norm, anzusehen ist, ist eine allzu strenge und am reinen Wortsinn (der im vorliegenden Fall ein Verbot der Verwendung des Begriffes „ungehärtet“ aber ohnehin nicht ergibt) klebende Interpretation generell nicht angebracht. Wie bereits mehrfach dargestellt, bezweckt die LMIV insgesamt den Schutz des Verbrauchers und dessen umfassende Information. Deshalb erscheint die Annahme, es dürfe keine über ausdrückliche Regelungen hinausgehende Kennzeichnung erfolgen auch aus teleologischer Sicht verfehlt. Im Gegenteil. Diese Annahme widerspräche sogar Art 18 leg. cit., der eine Verwendung „spezieller Bezeichnungen“, also solcher, die gesetzlich vorgegeben sind, nur in untergeordnetem Ausmaß vorgibt.
d) Dem Grunde nach keine Irreführungseignung:
Vorauszuschicken ist, dass es bei der Frage der Irreführungseignung von Lebensmittelkennzeichnungen, in Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die mutmaßliche (wahrscheinliche) Auffassung bzw Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnitts-verbrauchers ankommt (vgl mit Hinweisen auf EuGH-Judikatur VwGH 22.11.2006, Zl. 2003/10/0042; VwGH 20.09.2011, Zl. 2011/10/0128; VwGH 26.09.2011, Zl. 2010/10/0145 = VwSlg 18217 A/2011). Gemeint ist damit der „aufmerksame und verständige“ Durchschnittsverbraucher als Maßfigur (Vgl. dazu etwa LVwG Oö. v. 25. November 2015; LVwG-000081).
Vorliegend ist also die Frage zu stellen, ob die Angabe „Palmfett ungehärtet“ geeignet war, diese Maßfigur in die Irre zu führen.
Es kommt dabei nicht auf die Sichtweise, insbesondere nicht auf die auf einem formalistischen Ansatz beruhende Rechtsansicht, eines hochspezialisierten Naturwissenschaftlers bei der AGES an, und ist dieser deshalb auch nicht als Maßfigur heranzuziehen.
Auch dies hat der Bf in seiner Stellungnahme vollkommen richtig herausgestrichen.
Art 7 LMIV geht es um verständliche Angaben ohne Irreführungspotential für den Verbraucher. Es soll ein legitimes Informationsbedürfnis des Verbrauchers über die Inhaltsstoffe des Lebensmittels befriedigt werden. Praktiken des Betrugs oder der Täuschung, die Verfälschung von Lebensmitteln und alle sonstigen Praktiken, die den Verbraucher irreführen können, sollen verhindert werden (vgl. Grube, in Voit/Grube, LMIV², Art 7, S. 149, RN 2).
Die an dieser Zielsetzung der LMIV orientierte teleologische Auslegung (siehe dazu oben zum Prinzip „effet utile“) erfordert kein besonderes Verständnis des Hinweises „Palmfett ungehärtet“. Der Begriff ist selbsterklärend. Für den aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher besteht keinerlei Täuschungsgefahr, weil er im Falle einer derartigen Deklaration schlicht davon ausgeht, dass im Produkt ein ungehärtetes Palmfett, aber kein gehärtetes vorhanden ist. Es ist dies eine dem Verbraucher dienliche, wertvolle Information, die ihm nützlich ist und ihn über die tatsächlichen Umstände informiert. Das Gericht vermag hier beim besten Willen keine Irreführungseignung erkennen. Sie ergibt sich auch nicht aus der LMIV, zumal diese keine Vorschrift enthält, die eine solche Deklaration verbietet.
Der Umstand, dass im Müsli des Bf ungehärtetes Palmfett enthalten ist, ist auch keineswegs selbstverständlich. Die belangte Behörde geht in diesem Zusammenhang offenbar davon aus, dass alle vergleichbaren Lebensmittel (auf diese kommt es nach § 7 LMIV an) nur Müslis sind, die unter Verwendung eines ungehärteten Fetts hergestellt werden. Dieser Vergleichbarkeitsbegriff ist aber schon aus logischen Erwägungen bei weitem zu eng gewählt, weil das Abstellen auf eine einzelne Zutat bedeuten müsste, dass alle Zutaten unmittelbar vergleichbar wären. Diese Annahme ist verfehlt, weil sie dazu führen würde, dass praktisch kein Produkt aus einer Produktgruppe (zB. Müsli) mit einem anderen aus dieser Gruppe vergleichbar wäre. Schon das Fehlen einer Zutat, würde eine Vergleichbarkeit ausschließen. Tatsächlich ist auch hier auf die beschriebene Maßfigur abzustellen und zu fragen, welche Produkte diese miteinander vergleichen würde („Verbraucherleitbild“; vgl. Grube, in Voit/Grube, LMIV², Art 7, S. 158, RN 48; EuGH, Rs. C-201/96, Slg. 1998, I-4657). Der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, würde die im Supermarkt nebeneinander angebotenen Müslis vergleichen und nach der Auslobung, allenfalls der Zutatenliste jenes Produkt auswählen, das nach seinem Geschmack das von ihm präferierte ist. Dem Umstand, welches Fett in geringen Mengen im Produkt enthalten ist, würde der Durchschnittsverbraucher, der keine besonderen Fachkenntnisse im Hinblick auf Ernährungskunde aufweist, wohl höchstens im Hinblick auf den Brennwert, also im Hinblick auf die zugesetzte Menge beachten. Zweifellos handelt es sich also beim hier strittigen Merkmal (ungehärtetes Palmfett) um keines, das alle vergleichbaren Lebensmittel aufweisen.
Eine tragfähige Begründung, worin die Irreführungseignung gelegen sein soll lässt der bekämpfte Bescheid, der AGES folgend, vollends vermissen, weil er einen formellen Ansatz, im Hinblick auf den Umstand, dass die LMIV die Deklaration eines ungehärteten Fetts nicht ausdrücklich festschreibt, verfolgt.
Der schlichten Behauptung, es sei die Hervorhebung „ungehärtet“ bei einer Zutat wie Palmfett „per se“ eine irreführende Information, folgt das Gericht nicht. Das Gegenteil ist der Fall, zumal eine der Wahrheit entsprechende Information ohne Hinzutreten weiterer Elemente (gesetzliche Vorschriften und Hervorhebung), also „per se“ (von selbst), nicht irreführend sein kann. Sie erfordert auch die von der belangten Behörde behauptete Hervorhebung von welcher angesichts der beiläufigen Nennung im Zutatenverzeichnis nicht gesprochen werden kann.
Die konstruiert erscheinende Darstellung einer Irreführungseignung dahingehend, dass der Verbraucher (Maßfigur) aus dem Umstand der aus Anhang VII resultierenden Kennzeichnungspflicht in Bezug auf gehärtete Fette folgern muss, dass jedes nicht als gehärtetes (nur als Fett) bezeichnetes Fett ungehärtet sein müsse, ist wenig überzeugend, zumal sie einerseits die Kenntnis einer aus Verbrauchersicht irrelevanten Kennzeichnungsvorschrift in einem von etlichen komplexen und an Lebensmittelunternehmer gerichteten Anhängen zur LMIV, andererseits den von der AGES im Gutachten dargestellten Gedankengang voraussetzt. Es ist auszuschließen, dass ein normaler Verbraucher diese Formallogik der AGES nachvollziehen und ihren Gedankengang bei flüchtiger Betrachtung des Müsli-Pakets im Supermarkt treffen kann.
Tatsächlich versteht der Durchschnittsverbraucher den Begriff Fett oder Palmfett gegenüber Kennzeichnungen, die die Attribute ungehärtet, gehärtet oder teilweise gehärtet aufweisen, als Überbegriff und wird bei Kennzeichnung ohne Attribut letztlich davon ausgehen, dass ein Fett in einer der drei Formen enthalten ist. Er wird aber nicht schließen, dass es sich um ein ungehärtetes Fett handelt. Insofern führt ein fehlendes Attribut viel eher zur Verwirrung des Konsumenten.
Die Annahme einer zur Täuschung geeigneten Angabe im Fall eines korrekten Hinweises zur Herstellungsweise ohne denkbare Irreführungsmöglichkeit läuft nach hg Ansicht dem von der LMIV verfolgten Schutzzweck eines hohen Verbraucherschutz- und Informationsniveaus zuwider und verkehrt ihn geradezu ins Gegenteil, weil damit sinnvolle und unbedenkliche Informationen des Verbrauchers verhindert werden können. Die in Anhang VII zum Ausdruck kommenden Deklarationspflichten im Hinblick auf gewisse, dem Gesetzgeber wichtig erscheinende Angaben, dürfen somit auch aus teleologischen Gründen nicht extensiv verstanden werden und haben überdies einen rein technischen Zweck, nämlich im Hinblick auf Teil A der Anlage ausschließlich für die dort aufgeführten Zutaten spezielle Ausnahmen und Vereinfachungen im Hinblick auf die allgemeine Vorschrift der absteigenden Gewichtsreihenfolge zu regeln (vgl. Grube, in Voit/Grube, LMIV², Art 18, S. 407, RN 25). Was raffinierte Fette betrifft, kann es zu einer Zusammenfassung kommen. In diesem Zusammenhang (und nur in diesem) hat bei gehärteten Fetten der zweistufige Härtungshinweis zu erfolgen (ganz oder teilweise).
Zur „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ kann in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des VwGH VwSlg 16364 A/2004 (18. Mai 2004, 2003/10/0028), die u.a. zum vergleichbaren Art 2 Abs 1 lit a der RL 2000/13/EG (Etikettierungsrichtlinie) ergangen ist, verwiesen werden. Der VwGH hat folgenden Rechtssatz gebildet:
„Nach Rechtsprechung und Lehre zu § 2 UWG kann eine Werbeaussage zur Irreführung auch dann geeignet sein, wenn ihr die beteiligten Verkehrskreise trotz objektiver Richtigkeit etwas Unrichtiges entnehmen können. Ein unrichtiger Eindruck objektiv richtiger Angaben kann auch dann entstehen, wenn der Werbende etwas Selbstverständliches betont und damit auf Umstände hinweist, die bei allen Wettbewerbern und bei allen Konkurrenzerzeugnissen - etwa weil es sich um gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder zum Wesen der angebotenen Ware oder Leistung gehörende Umstände handelt - vorliegen müssen. Entscheidend für die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes ist in solchen Fällen, dass durch die Betonung eines solchen selbstverständlichen Umstands eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise herbeigeführt wird, weil das Publikum eine besondere Leistung gerade nur des - mit dem vermeintlichen Vorteil werbenden - Herstellers annimmt (vgl zB den Beschluss des OGH vom 7. Oktober 2003, 4 Ob 198/03a, mwN). (Hervorhebung nicht im Original). Nichts anderes gilt für Deklarationen.
Obiger Rechtsprechung folgend ist von einem Verstoß gegen das Lebensmittelrecht nur dann auszugehen, wenn eine Betonung erfolgt und die Betonung von Selbstverständlichkeiten tatsächlich auch Irreführungseignung aufweist. Demgemäß ist also erforderlich, dass derlei Aussagen (1) besonders betont werden und (2) beim Konsumenten den Eindruck einer im Vergleich zu Konkurrenzprodukten besseren Beschaffenheit erwecken (Natterer, Lebensmittelrecht [2008] RZ 54). Sie müssen also dazu geeignet sein, eine Irreführung beim angesprochenen Verkehrskreis herbeizuführen.
Zudem müssen dem Produkt besondere Vorzüge zugeschrieben werden. (Natterer, Konstenzer, ecolex 2013/353).
Erfolgt ein Hinweis auf Selbstverständliches unbetont und beiläufig im Fließtext der Produktinformation, scheidet eine Irreführungsgefahr regelmäßig aus (Natterer, Konstenzer, ecolex 2013/353).
Im Unterschied zur Etikettierungsrichtlinie hat der Gemeinschaftsgesetzgeber den Umstand der Betonung in der LMIV ausdrücklich herausgestrichen, wenn er in Art 7 Abs 1 lit c LMIV ausführt, dass ein Zu-Verstehen-Geben besonderer Merkmale, „insbesondere durch besondere Hervorhebung des Vorhandenseins oder Nicht-Vorhandenseins bestimmter Zutaten und/oder Nährstoffe“, gegeben ist.
Im vorliegenden Fall tritt die Wendung „Palmfett ungehärtet“ auf der Rückseite der Verpackung auf. Die Wendung findet sich unbetont im Fließtext der Zutatenliste und ist durch nichts hervorgehoben. Sie ist eine schlichte Information, die vom Bf in keiner Weise betont wird.
Selbst dann, wenn von einem Verstoß gegen die LMIV auszugehen wäre, besäße diese Wendung für den mündigen Verbraucher keine Irreführungseignung, da sie lediglich beiläufig erscheint, die Wahrheit wiedergibt, und im Hinblick auf die LMIV nicht selbstverständlich ist.
Damit scheidet auch die Eignung aus, dem Produkt besondere Vorzüge zuzuschreiben, die letztendlich dazu führen könnten, einen Kaufentschluss beim diesfalls getäuschten Konsumenten herbeizuführen. Bei flüchtiger Betrachtung und durchschnittlicher Aufmerksamkeit wird diese Auslobung dem mündigen Verbraucher nicht einmal auffallen.
Aus der Entscheidung des VwGH v. 16. Dezember 2015, Ro 2015/10/0013 kann abgeleitet werden, dass eine Irreführungseignung durch Werbung mit einer Selbstverständlichkeit etwa dann gegeben ist, wenn ein Orangensaft auf der Packung „mehrfach und in augenfälliger Weise“ mit dem Hinweis „ohne Zusatz von Konservierungsmitteln“ beworben wird, obwohl derartige Produkte ohnehin keine Konservierungsmittel enthalten dürfen und somit alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen. Dies gebe einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher zu verstehen, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaft besitze.
Der vorliegende Sachverhalt erweist sich als gänzlich unterschiedlich, zumal nach der oben dargestellten rechtlichen Situation die Verordnung nicht einmal eine Regelung kennt, die ungehärtete Fette betrifft.
Insofern bestünde allenfalls dann Irreführungseignung, wenn es eine Regelung gäbe, die den Zusatz oder die ausschließliche Verwendung ungehärteter Fette vorschreiben würde, also alle vergleichbaren Produkte ohnehin nur mit ungehärteten Fetten in Verkehr gebracht werden dürften und der Bf dennoch, an prominenter Stelle herausstreichend, auf seinem Produkt auf diesen Zusatz hinweisen würde.
Auf das Wesentliche zusammengefasst, kann eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten dann vorliegen, wenn eine von Gesetzes wegen vorgeschriebene (positive) Eigenschaft eines Produktes vom Lebensmittelunternehmer als (nur) sein Produkt auszeichnender Umstand hervorgehoben wird. Nichts anderes gilt im Hinblick auf eine Kennzeichnung.
Der Umstand, dass das Gesetz aus bestimmten sachlich gerechtfertigten Gründen (bspw. dem Gesundheitsschutz) bestimmte Deklarationen im Hinblick auf negative Eigenschaften eines Produktes ausdrücklich verlangt, kann nicht dazu führen, dass Lebensmittelunternehmer nicht auf gegenteilige positive Eigenschaften ihres Produktes hinweisen dürfen. Es würde dies zu einer den Schutzzweck des Gesetzes ins Negative verkehrenden Wirkung führen, die dem Schaffer eines Gesetzes, welches die Verbraucherinformation zum Inhalt hat, kaum zugesonnen werden kann.
Auf die der AGES folgende Argumentation der belangten Behörde, die Kennzeichnung als „Palmfett“ reiche aus, kommt es im Übrigen nicht an, weil der Lebensmittelunternehmer seine Ware kennzeichnen kann, wie es ihm beliebt, solange er sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewegt. Dies ist vorliegend in Bezug auf die LMIV der Fall.
III.3. Zur Rolle der Agentur
Angesichts des darüberhinausgehenden Vorbringens, insbesondere auch im Hinblick auf die Kostenersatzansprüche der AGES und deren Stellungnahmen ist Folgendes auszuführen:
Gemäß § 65 Abs 1 LMSVG nimmt die AGES in Bezug auf Waren die in § 8 GESG angeführten Aufgaben wahr. Im Hinblick auf das LMSVG sind das gem. § 8 Abs 2 Z6 GESG im Wesentlichen Untersuchungen und Begutachtungen von Proben nach dem LMSVG und den unmittelbar anzuwendenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften der EU.
Der gem. § 66 LMSVG erlassene Katalog an Gebührenposten (Anl. 1 der Gebührentarifverordnung, BGBl. Nr. 189/1989 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 48/2010) lässt auf die Aufgaben der AGES schließen. Er beschreibt weitgehend analytische Prüfmethoden und deren Bepunktung aus welcher sich der Gebührenanspruch ergibt (1 Punkt = 1,58 Euro).
Gem § 69 LMSVG ist die AGES verpflichtet, von ihr festgestellte Verletzungen lebensmittelrechtlicher Vorschriften in ihrem Gutachten festzustellen und dies der Behörde mitzuteilen.
Eine Parteistellung kommt der AGES in Verfahren nach dem LMSVG nicht zu.
Wie vom Verwaltungsgericht wiederholt dargestellt, stellen Fragen wie die vorliegende, also das Unterstellen des von der AGES als Lebensmittelgutachter festgestellten Sachverhaltes (Kennzeichnung unter Verwendung der Begrifflichkeit „Palmfett gehärtet“) unter den gesetzlichen Tatbestand (Zuwiderhandlung gegen unmittelbar anwendbare Rechtsakte der EU) Rechtsfragen dar, deren Beurteilung (Subsumtion) der belangten Behörde und dem Verwaltungsgericht, nicht aber dem sachverhaltsfeststellenden Sachverständigen zukommt (vgl. VwGH v. 16. Dezember 2015, Ro 2015/10/0013; Natterer in Natterer Lebensmittelrecht [2008], S.44, Rz 121). Die AGES hat im Rahmen ihrer Verpflichtungen allenfalls einen entsprechenden Verdacht zu äußern (vgl. aaO S. 55, RZ 121)
Bereits das Gutachten vom 11. August 2015 beinhaltet neben der Feststellung, dass das Etikett die Information „Palmfett ungehärtet“ trägt, (Sachverhaltsermittlung) eine ausführliche rechtliche Beurteilung (Verstoß gegen Anhang VII) den die belangte Behörde in ihre Strafverfügung übernimmt.
[Es darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass Strafverfügungen gem. § 47 Abs 1 VStG nur vorgesehen sind, wenn ein Organ der öffentlichen Aufsicht auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung oder eines vor ihnen abgelegten Geständnisses eine Verwaltungsübertretung angezeigt. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil die Anzeige des Aufsichtsorganes gem. § 24 LMSVG nicht aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung sondern aufgrund eines Gutachtens der AGES (kein Organ der öffentlichen Aufsicht, vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 47 VStG RZ6; Stand 1.7.2013, rdb.at) erfolgt ist].
Die belangte Behörde war in diesem Zusammenhang berufen zu beurteilen, wo Befund und Gutachten rechtliche Wertungen enthielten (Natterer in Natterer Lebensmittelrecht [2008], S. 54, Rz 121 unter Verweis auf Barfuß/Smolker/Onder, LMR2 Komm zu § 43 LMR 5f).
Nach fundierten und im Ergebnis korrekten rechtlichen Ausführungen des Bf, erließ die belangte Behörde ein verurteilendes Straferkenntnis, das auf einer rein rechtlichen und ihren Rechtsstandpunkt verteidigenden (ergänzenden) Stellungnahme der AGES basierte.
Die belangte Behörde war aber weder gehalten, der nach obigen Darstellungen unrichtigen rechtlichen Ansicht der AGES zu folgen, noch diese im Hinblick auf das Vorbringen des Bf zur Replik auf die rechtlichen Ausführungen des Bf aufzufordern, zumal keine weiteren Sachverhaltsfragen zu klären waren. Einzig relevante Frage im Verfahren war von allem Anfang an die Rechtsfrage, ob die Angabe „Palmfett gehärtet“ nach der LMIV zulässig ist. Diese Frage ist durch Subsumtion also das Unterstellen des stets unbestrittenen Sachverhalts unter den gesetzlichen Tatbestand zu klären.
Die Frage der Irreführungseignung der vermeintlich rechtswidrigen Kennzeichnung (ausschließliche Rechtsfrage, vgl. aaO, S. 55, RZ 121) war indes keine Frage, die einem Sachverständigengutachten zu unterziehen, sondern von der belangten Behörde alleine zu beurteilen war (vgl. VwGH v. 16. Dezember 2015, Ro 2015/10/0013).
III.4. Aus den unter III.2. dargestellten Gründen war das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.
Bei diesem Ergebnis waren dem Bf weder Gebühren für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren, noch für das Beschwerdeverfahren aufzuerlegen.
Ein Ersatz der Kosten der Lebensmitteluntersuchung durch den Bf entfällt dem Grunde nach, weil es zu keiner Bestrafung gekommen ist (VwGH v. 15. Oktober 1999, 96/10/0025 zum vergleichbaren § 45 Abs 2 LMG 1975: „Aus der Verwendung des Wortes "Straferkenntnis" im § 45 Abs 2 LMG 1975 folgt, daß eine Kostenauferlegung nur dann stattfinden kann, wenn es zu einer Bestrafung des Beschuldigten kommt.“). Auf die Bemessung der Kosten und die Frage, inwieweit sie ersatzfähig waren, musste insofern nicht mehr eingegangen werden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es existiert ausreichend Judikatur des VwGH zur ggst. zu klärenden Rechtsfrage (Irreführung, Selbstverständlichkeiten), die verwertet wurden. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Angesichts der Notwendigkeit der Einzelfallbeurteilung, ist der Fall nicht verallgemeinerungsfähig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
P o h l