LVwG-650016/11/Kof/HK

Linz, 14.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Josef Kofler über die Beschwerde der Frau x, geb. x, x, vertreten durch Frau x gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. November 2013, VerkR21-610-2013 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung den  

 

B E S C H L U S S

 

gefasst.

I.          

Gemäß § 28 Abs.3 VwGVG wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

 

Die Behörde ist dabei an folgende rechtliche Beurteilung gebunden:

o Erforderlich ist

·           die Einholung einer fachärztlich-psychiatrischen Stellungnahme

    und einer internistisch-fachärztlichen Stellungnahme,

nicht jedoch einer verkehrspsychologischen Stellungnahme

·      anschließend die Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens

o Gefahr im Verzug liegt nicht vor.

 

 

 

 

II.       

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid der nun-mehrigen Berufungswerberin (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG die Lenkberechtigung für die Klassen AM, B und F für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung – gerechnet ab Bescheidzustellung – entzogen.

 

Gegen diesen Bescheid hat die Bw innerhalb offener Frist

eine begründete Berufung vom 19. November 2013 erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1. Satz B-VG) erwogen:

 

Mit Wirksamkeit 1. Jänner 2014 ist

·                    die Berufung als Beschwerde iSd Art. 130 Abs.1 Z1 B-VG und

·                    die Berufungswerberin als Beschwerdeführerin (Bf) iSd Art. 132 Abs.1 Z1 B-VG

anzusehen.

 

Das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung wurde eingeleitet, da es zwischen der Bf einerseits und ihren Nachbarn sowie in einem Fall in einem Möbelhaus mit einem Kind andererseits zu Auseinandersetzungen gekommen ist.

siehe die im amtsärztlichen Gutachten der belangten Behörde vom 24.09.2013 angeführte „Vorgeschichte“.

 

Diese Auseinandersetzungen standen – soweit ersichtlich – in keinem wie immer gearteten Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges;

siehe dazu die in Grundtner-Pürstl, FSG, 5. Auflage, E79 zu § 24 FSG (Seite 204) zitierte Judikatur sowie VwGH vom 21.09.2010, 2010/11/0105.

 

Nicht jedes „fragwürdige“ bzw. auffällige Verhalten rechtfertigt Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen;

VwGH vom 25.07.2007, 2007/11/0024.

 

Psychische Krankheiten und Behinderungen im Sinne des § 13 FSG-GV schließen nicht schlechthin die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aus, sondern nur dann, wenn sie auf das Verhalten der betreffenden Person im Straßenverkehr – somit auf das Fahrverhalten – von Einfluss sein könnten.

 

 

Ob eine psychische Krankheit die Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lässt, hat der Amtsarzt bei Erstattung des Gutachtens gemäß § 8 Abs.2 FSG unter Berücksichtigung der psychiatrisch-fachärztlichen Stellungnahme zu beurteilen;

VwGH vom 02.03.2010, 2008/11/0001; vom 20.11.2007, 2007/11/0127 ua.

 

Die amtsärztliche Sachverständige, Frau Dr. E. W. hat in der gutachtlichen Stellungnahme vom 07. März 2014, Ges-311375/2-2014 – mit ausführlicher Begründung – ausgeführt, dass bei der Bf die Vorlage folgender Unterlagen erforderlich ist:

·                    eine weitere fachärztlich-psychiatrische Stellungnahme, da die letzte

    fachärztliche Stellungnahme, erstellt von Herrn Dr. H. S. vom 19.06.2013

    bereits älter als sechs Monate ist  und

·                    eine internistisch-fachärztliche Stellungnahme.

 

Gemäß der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 16. September 2013 – Seite 1 ist bei der Bf die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit derzeit insgesamt knapp gegeben.

 

Gemäß § 17 Abs.1 FSG-GV kann von einer mangelnden Bereitschaft

zur Verkehrsanpassung nur bei einem Verhalten gesprochen werden,

·         bei dem es zu relativ schwerwiegenden Verstößen

 gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften gekommen ist und/oder

·         das bereits innerhalb eines bestimmten Zeitraumes

 zu mehreren Vorentziehungen geführt hat.

VwGH vom 20.11.2012, 2012/11/0172 und vom 30.09.2002, 2002/11/0120.

 

Bei der Bf ist – das Verkehrsrecht betreffend – in der Verwaltungsstrafevidenz nur eine einzige geringfügige Verwaltungsübertretung (Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Strafbetrag von 50 Euro) vorgemerkt.

Weiters stand – wie bereits dargelegt – das zitierte Fehlverhalten der Bf nicht
im Zusammenhang mit kraftfahrrechtlichen und/oder straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. 

Bei der Bf liegt somit die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung vor und ist

eine neuerliche verkehrspsychologische Stellungnahme nicht erforderlich.

 

Nach Vorlage der fachärztlich-psychiatrischen und der internistisch-fachärztlichen Stellungnahme ist von der Amtsärztin der belangten Behörde anschließend
das amtsärztliche Gutachten betreffend die gesundheitliche Eignung der Bf zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 zu erstellen.

 

Gefahr in Verzug (§ 13 Abs.2 VwGVG) liegt nicht vor;

siehe dazu den ausführlich begründeten Beschluss des LVwG OÖ. vom 03.02.2014, LVwG-650016/4 sowie die – mehrfach erwähnte – Tatsache, dass das zitierte Fehlverhalten der Bf in keinem Zusammenhang mit dem Lenken eines KFZ stand.  

 

Gemäß § 28 Abs.3 VwGVG war daher der angefochtene Bescheid mittels Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an
die Behörde zurückzuverweisen.

Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das LVwG OÖ. bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren
eine Rechtsfrage zu lösen war, der iSd Art. 133 Abs.4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere da eine solche Rechtsprechung des VwGH
zu § 28 Abs.3 VwGVG fehlt.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim VfGH und/oder einer Revision beim VwGH.

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch eine/n bevollmächtigte/n Rechtsanwalt/Rechtsanwältin erfolgen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro

zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Richter Mag. Josef Kofler