LVwG-410759/12/Gf/Mu – 410760/2
Linz, 06.07.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K !
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Grof über die Beschwerden 1.) der A GmbH (Geschäftsführer: F E, vertreten durch RA Dr. G G, und 2.) der S, vertreten durch RA Dr. F W, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 4. Mai 2015, Zl. Pol01-61-9-2015, wegen Anordnung einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 50 VwGVG abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Vorgängiges Behörden- und Verwaltungsgerichtsverfahren
1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 4. Mai 2015, Zl. Pol01-61-9-2015, wurde gemäß § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Glücksspielgesetzes, BGBl 620/1989 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 13/2014 (im Folgenden: GSpG), zur Verhinderung bzw. Fortsetzung der Begehung von weiteren Übertretungen des Glücksspielgesetzes die Beschlagnahme von 11 spruchmäßig näher bezeichneten, im Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin stehenden Eingriffsgegenständen angeordnet.
Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass diese Geräte im Zuge einer am 28. April 2015 in einem Lokal in x durchgeführten Kontrolle von Organen der Finanzpolizei bespielt worden seien, wobei Gewinnspiele durchgeführt werden konnten, bei denen jeweils keine Einflussnahme auf das Spielergebnis möglich gewesen sei. Da die Rechtsmittelwerberinnen keine Konzession zum Betrieb derartiger Geräte hätten vorweisen können, sei sohin eine verbotene Ausspielung, mit der in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden sei, vorgelegen. Um solche Verstöße gegen § 52 Abs. 1 GSpG künftig wirksam hintanzuhalten, sei die Beschlagnahme dieser Geräte anzuordnen gewesen.
2. Gegen diesen ihnen am 12. bzw. 15. Mai 2015 zugestellten Bescheid richteten sich die vorliegenden, am 5. Juni 2015 – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingegangenen Beschwerden.
Darin wurde von den Beschwerdeführerinnen – inhaltsgleich und auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass der angefochtene Bescheid an gravierenden Begründungsmängeln leide. Vor allem aber würden sich jene das Monopolsystem des GSpG tragenden einfachgesetzlichen Regelungen als unionsrechtswidrig erweisen. Zudem seien die Rechtsmittelwerberinnen in ihrem Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden.
3. Mit hg. Schreiben vom 15. Juni 2015, LVwG-410759/2/Gf/Mu, wurden die Verfahrensparteien dazu aufgefordert, Beweismittel vorzulegen, die geeignet sind, entweder die Unionsrechtskonformität oder die Unionsrechtswidrigkeit des im GSpG geregelten Monopolsystems zu belegen.
4. In weiterer Folge hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich mit Beschluss vom 6. Oktober 2015, LVwG-410759/5/Gf/Mu, das Beschwerdeverfahren gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zum Einlangen des Erkenntnisses oder Beschlusses des VwGH in einer dg. zu Zl. Ro 2015/17/0022 anhängigen gleichartigen („führenden“) Rechtssache ausgesetzt und dies dem VwGH mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 mitgeteilt.
5. Mit Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, hat der VwGH (nicht bloß mit einer kassatorischen, sondern) im Wege einer Entscheidung in der Sache selbst ausgesprochen, dass eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG nicht zu erkennen ist (RN 123), weil die mit diesem Gesetz angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden und diese Ziele nicht bloß als Vorwand für die Beibehaltung der Monopolregelung bzw. einer Einnahmenmaximierung angesehen werden können. Dass vom Staat – bei Verfolgung gerechtfertigter Ziele im Sinne von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses – im Zusammenhang mit dem Glücksspiel hohe Einnahmen erzielt werden, macht die Regelungen des GSpG nicht unionsrechtwidrig, denn es ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Maßnahmen des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung und der Kriminalitätsbekämpfung sowie die Aufsicht über die Glücksspielkonzessionäre und Bewilligungsinhaber und auch die medizinischen Behandlungskosten von Spielsüchtigen sowie Fürsorgeunterstützungen für Spielsüchtige und deren Familien hohe finanzielle Kosten verursachen. Daher ist es auch unter diesen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn neben der Verfolgung von legitimen Zielen zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit auch entsprechende Einnahmen aus Abgaben im Zusammenhang mit Glücksspiel durch den Staat lukriert werden, wobei im Übrigen gerade die vom LVwG OÖ geforderte Vergabe von Konzessionen und Bewilligungen in unbeschränkter Anzahl eine Erhöhung der vom Staat lukrierten Abgaben ermöglichen würde (RN 122).
6. Davon ausgehend hat das LVwG Oberösterreich die Beschwerdeführerinnen mit Schreiben vom 21. Juni 2016, LVwG-410759/7/Gf/Mu u.a., dazu aufgefordert, bekanntzugeben, ob der von der belangten Behörde bescheidmäßig festgestellte Sachverhalt auch vom LVwG OÖ seiner im gegenständlichen Verfahren zu treffenden Entscheidung als unbestritten zu Grunde gelegt werden kann sowie bejahendenfalls, ob auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet wird.
7. Mit e-mail vom 24. Juni 2016 hat der Rechtsvertreter der Erstbeschwerdeführerin (G) und mit e-mail vom 30. Juni 2016 der Rechtsvertreter der Zweitbeschwerdeführerin dementsprechend mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet wird.
II.
Fortgesetztes Verfahren – Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung
1. Zu den von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten sowie vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich ergänzend erhobenen Beweisen wurde bereits im hg. Verfahren LVwG-410287/42/Gf/Mu ausführlich Stellung genommen (und zwar mit dem Ergebnis, dass sich das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol nach hg. Ansicht als unionsrechtswidrig erweist – siehe BEILAGE).
2. Davon ausgehend konnte auf Grund des von den Rechtsmittelwerberinnen abgegebenen Verzichts von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen und der von der belangten Behörde ermittelte und dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Sachverhalt als auch für diese Entscheidung zutreffend festgestellt werden.
III.
Fortgesetztes Verfahren – Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsgerichte verpflichtet, dann, wenn der VwGH einer Revision stattgegeben hat, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Eine vergleichbar ausdrückliche Anordnung enthält § 34 Abs. 3 VwGVG zwar nicht; allerdings ergibt sich aus der Zielrichtung dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 B‑VG, wonach das Abweichen von der Rechtsprechung des VwGH explizit einen Revisionsgrund bildet, im Ergebnis eine dem § 63 Abs. 1 vergleichbare quasi-Bindungswirkung.
2. Aus verfahrensökonomischen Gründen ist daher die vom VwGH in dessen Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, wonach das im GSpG normierte Monopolsystem nicht als unionsrechtswidrig anzusehen ist, dem fortgesetzten Verfahren zu Grunde zu legen.
3.1. Vor diesem Hintergrund konnte die Behörde nach § 53 Abs. 1. Z. 1 lit. a GSpG u.a. dann die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, von sonstigen Eingriffsgegenständen oder von technischen Hilfsmitteln anordnen, wenn der Verdacht bestand, dass mit solchen Gegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.
Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 60.000 Euro zu bestrafen, der zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen veranstaltete, organisierte oder unternehmerisch zugänglich machte oder sich als Unternehmer daran beteiligte.
3.2. Im gegenständlichen Fall haben die einschreitenden Organe der Finanzpolizei im Zuge ihrer Kontrolle am 28. April 2015 festgestellt, dass die im Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin stehenden und im Lokal der Erstbeschwerdeführerin aufgestellten Eingriffsgeräte betriebsbereit waren, wobei auf diesen nach Eingabe von Geld entsprechende Testspiele – nämlich durchwegs solche, deren Ergebnisse vom Spieler nicht beeinflusst werden konnten – durchgeführt werden konnten; über die hierfür erforderliche Konzession verfügten die Rechtsmittelwerberinnen nicht.
Auf Grund dieser – auch von den Beschwerdeführerinnen selbst nicht in Zweifel gezogenen – Tatsachen steht sohin fest, dass die einschreitenden Beamten berechtigterweise vom Verdacht des Vorliegens einer gesetzwidrigen, nämlich das Glücksspielmonopol des Bundes beeinträchtigenden Ausspielung ausgehen konnten (zumal der VwGH mit Erkenntnis vom 20. April 2016, Ro 2015/17/0020, festgestellt hat, dass auch solche Eingriffsgegenstände, mit denen Glücksspiele erst nach dem Abspielen eines downloadbaren Musiktitels zugänglich gemacht werden, als Glücksspielgeräte zu qualifizieren sind).
4. Daher erweist sich weder die vorläufige noch die nachfolgende bescheidmäßige Anordnung der Beschlagnahme dieser Eingriffsgeräte als rechtswidrig, weshalb die vorliegenden Beschwerden gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abzuweisen waren.
IV.
Revision an den Verwaltungsgerichtshof
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren insbesondere im Hinblick auf das Erkenntnis des VwGH vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen weder fehlt noch uneinheitlich ist noch mit der gegenständlichen Entscheidung von dieser abgewichen wird.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.
Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich
Dr. G r o f