LVwG-601409/2/ZO
Linz, 12.07.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn M L, geb. 1972, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B H, I, vom 25.5.2016, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Linz-Land vom 20.4.2016, GZ. VerkR96-31942-2015, wegen mehrerer Übertretungen des GGBG
zu Recht e r k a n n t :
I. Hinsichtlich Punkt 1 wird die Beschwerde abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der angeführte Erlass des BMVIT als Rechtsgrundlage bzw. verletzte Rechtsvorschrift zu entfallen hat.
II. Hinsichtlich Punkt 2 wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als gemäß § 45 Abs. 1 Z.4 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abgesehen und dieses eingestellt wird.
III. Die behördlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 20 Euro, für das Beschwerdeverfahren ist ein Kostenbeitrag in Höhe von 40 Euro (20 % der zu Punkt 1 bestätigten Geldstrafe) zu bezahlen.
IV. Gegen Punkte I und III dieser Entscheidung ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
V. Gegen Punkt II dieser Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) hat dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:
2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte der Bf zusammengefasst aus, dass der objektive Tatbestand der mangelhaften Ladungssicherung insofern nicht bestritten werde, als offensichtlich zwei Umverpackungen im hinteren Bereich der Ladefläche ungesichert befördert wurden. Die gegenständliche Beförderung unterliege der Freistellung nach 1.1.3.6 ADR, weshalb der Fahrer keine besondere Lenkerausbildung benötige. Dennoch sei dieser, Herr E A, in Bezug auf die Beförderung von Gefahrgut im Jahr 2012, 2014 und am 13.6.2015 geschult worden und habe am 29.11.2014 eine Weiterbildung absolviert. Dieser sei daher ausreichend geschult und jederzeit in der Lage gewesen, zwei Umverpackungen mit einem Gesamtgewicht von 24 Kg fachgerecht zu sichern. Er habe die entsprechenden Sicherungsmittel mitgeführt und die Weiterfahrt sei nach Sicherung der Ladung bereits nach 15 Minuten gestattet worden.
Der Bf sorge in der R Transport KG dafür, dass alle Fahrer regelmäßig geschult werden und so die Bestimmungen bei der Güterbeförderung einhalten können. Er unterhalte ein Schulungs- Kontroll- und Sanktionssystem, welches die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften mit gutem Grund erwarten lasse. Der Fahrer habe bei der Kontrolle angegeben, dass er in der Eile vergessen habe, das Gefahrgut zu sichern, dieses sei bei der übernächsten Lieferadresse abgeladen worden. Auch das beste Kontrollsystem könne ein Vergessen nicht verhindern. Der Lenker sei bisher zuverlässig gewesen, weshalb der Bf nicht für das Vergessen des Lenkers verantwortlich gemacht werden könne. Wäre der Lenker als „vergesslicher Mitarbeiter“ bekannt gewesen, so hätten von Seiten des Unternehmens Maßnahmen ergriffen werden müssen, um ein solches „Vergessen“ zu vermeiden. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, aus einem Vergessen des Fahrers könne nicht zwangsläufig auf eine Mangelhaftigkeit des betriebsinternen Managements geschlossen werden.
Der Vorwurf in Spruchpunkt 2 sei verfehlt, weil die Fa. G W ein vollständig ausgefülltes Beförderungspapier übergeben habe, welches der Lenker mitgeführt habe. Dass in diesem die Menge des Gefahrgutes in KG anstatt in Liter angeführt sei, sei dem Absender, nicht aber dem Beförderer, vorzuwerfen. Inhaltliche Mängel des Beförderungspapieres würden dem Vertrauensschutz unterliegen, wonach sich der Beförderer auf die vom Absender zur Verfügung gestellten Unterlagen verlassen dürfe.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Beschwerde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergab sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich war. In der Beschwerde wurde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und der anwaltlich vertretene Bf hat keine Verhandlung beantragt.
4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:
Herr E A lenkte am 22.5.2015 um 09:28 Uhr den Lkw mit dem Kennzeichen x in Saxen auf der B 3 bei Strkm 197,680 in Fahrtrichtung Grein. Er wurde von GrInsp. R zu einer Verkehrskontrolle angehalten, wobei festgestellt wurde, dass er die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Gefahrgüter transportierte. Bei der Kontrolle stellte der Polizeibeamte fest, dass die Gefahrgüter in einer Schachtel als Umverpackung im hinteren Bereich der Ladefläche geladen waren, wobei sie überhaupt nicht gegen ein Verrutschen nach vorne bzw. nach links und rechts zu den Bordwänden oder einer Veränderung ihrer Ausrichtung gesichert waren. Die Schachtel war mit Ausrichtungspfeilen nach oben versehen. Der Lenker hatte die Güter selbst geladen und nach seinen eigenen Angaben „in der Eile vergessen, das Gefahrgut zu sichern“.
Dem Lenker war bei der Ladestelle ein Beförderungspapier übergeben wurden, in welchem die Menge der beförderten Gefahrgüter mit 1 Kanister zu 5 KG (UN 1993, entzündbarer flüssiger Stoff, n.a.g.) bzw. mit 2 Kanister, 11 KG (UN 1789, Chlorwasserstoff-Säure) angegeben war. Es wurde die Gesamtmenge mit 16 KG in der Beförderungskategorie 2 ausgewiesen, die Gefahrgutpunkte wurden mit 48 angegeben und der Transport als nicht kennzeichnungspflichtig bezeichnet.
Der Lenker des gegenständlichen Transportes wurde von der R Transporte KG in den Jahren 2012, 2014 und am 13.6.2015 einer Gefahrgutunterweisung unterzogen und absolvierte am 29.11.2014 eine Weiterbildung. Er führte ausreichende und geeignete Ladungssicherungsmittel mit. Er ist im Unternehmen als zuverlässiger Lenker bekannt und es hat bisher keine derartigen Vorfälle gegeben.
Der Bf ist seit 2009 Verantwortlicher Beauftragter der R Transporte KG u.a. betreffend den Bereich Gefahrgut. Er sorgt für eine regelmäßige Schulung aller Fahrer betreffend die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften im Rahmen einer Güterbeförderung. Weitere Kontrollmaßnahmen bzw. Sanktionen bei Nichteinhalten der gesetzlichen Bestimmungen wurden nicht behauptet.
5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
5.1. Gemäß § 13 Abs.1a GGBG hat der Beförderer im Rahmen des § 7 Abs.1 u.a.
........
2. sich zu vergewissern, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden;
3. sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Fahrzeuge und die Ladung keine den gemäß § 2 Z. 1 in Betracht kommenden Vorschriften widersprechenden offensichtlichen Mängel, insbesondere keine Undichtheiten oder Risse aufweisen und dass keine Ausrüstungsteile fehlen;
.......
Dies ist gegebenenfalls anhand der Beförderungsdokumente und der Begleitpapiere durch eine Sichtprüfung des Fahrzeuges oder des Containers und gegebenenfalls der Ladung durchzuführen.
Der Beförderer kann jedoch in den Fällen der Z. 1,2,5 und 6 auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen.
Gemäß Unterabschnitt 5.4.0.1 ADR sind bei jeder durch das ADR geregelten Beförderung von Gütern die in diesem Kapitel jeweils vorgeschriebenen Dokumente mitzuführen, sofern nichts anderes festgelegt ist.
Gemäß Absatz 5.4.1.1.1 ADR muss das oder die Beförderungspapiere für jeden zur Beförderung aufgegebenen Stoff oder Gegenstand folgende Angaben enthalten:
a) die UN-Nummer, der die Buchstaben „UN“ vorangestellt sind;
b) die gemäß Abschnitt 3.1.2 bestimmte offizielle Benennung für die Beförderung, sofern zutreffend (siehe Abs.3.1.2.8.1), ergänzt durch die technische Benennung in Klammern (siehe Abs.3.1.2.8.1.1);
c) für Stoffe und Gegenstände der übrigen Klassen: die in Kapitel 3.2 Tabelle A Spalte 5 angegebenen oder nach einer Sondervorschrift gemäß Spalte 6 anwendbaren Nummern der Gefahrzettelmuster. Wenn mehrere Nummern der Gefahrzettelmuster angegeben sind, sind die Nummern nach der ersten Nummer in Klammern anzugeben. Bei Stoffen und Gegenständen, für die in Kapitel 3.2 Tabelle A Spalte 5 keine Nummern der Gefahrzettelmuster angegeben sind, ist anstelle dessen die Klasse gemäß Spalte 3a anzugeben;
d) gegebenenfalls die dem Stoff zugeordnete Verpackungsgruppe der die Buchstaben „VG“ oder die Initialen vorangestellt werden dürfen, die dem Ausdruck „Verpackungsgruppe“ in dem gemäß Abs.5.4.1.4.1 verwendeten Sprachen entsprechen;
e) soweit anwendbar, die Anzahl und Beschreibung der Versandstücke; UN-Verpackungscodes dürfen nur als Ergänzung zur Beschreibung der Art der Versandstücke angegeben werden;
f) die Gesamtmenge jedes gefährlichen Gutes mit unterschiedlicher UN-Nummer, unterschiedlicher offizieller Benennung für die Beförderung oder unterschiedlicher Verpackungsgruppen (als Volumen bzw. als Brutto- oder Nettomasse);
g) den Namen und die Anschrift des Absender;
h) den Namen und die Anschrift des Empfängers (der Empfänger). Wenn gefährliche Güter für die Lieferung an mehrere Empfänger befördert werden, die am Anfang der Beförderung nicht festgestellt werden können, darf mit Zustimmung der von der Beförderung berührten Staaten stattdessen der Ausdruck "Verkauf bei Lieferung" angegeben werden;
i) eine Erklärung entsprechend den Vorschriften einer Sondervereinbarung;
.....
Die Stelle und die Reihenfolge der Angaben, die im Beförderungspapier erscheinen müssen, dürfen frei gewählt werden; a), b), c) und d) müssen in der Reihenfolge wie oben angegeben ohne eingeschobene weitere Angaben mit Ausnahme der im ADR vorgesehenen angeben werden.
In der in Absatz 1.1.3.6.3. ADR angeführten Tabelle bedeutet “höchstzulässige Gesamtmenge je Beförderungseinheit“:
- für Gegenstände die Bruttomasse in Kg;
- für feste Stoffe, verflüssigte Gase, tiefgekühlte verflüssigte Gase und gelöste Gase die Nettomasse in Kg;
- für flüssige Stoffe die Gesamtmenge der gefährlichen Güter in Litern.
Gemäß Unterabschnitt 7.5.7.1 ADR müssen die Fahrzeuge oder Container gegebenenfalls mit Einrichtungen für die Sicherung und Handhabung der gefährlichen Güter ausgerüstet sein. Versandstücke, die gefährliche Güter enthalten und unverpackte gefährliche Gegenstände müssen durch geeignete Mittel gesichert werden, die in der Lage sind, die Güter im Fahrzeug oder Container so zurückzuhalten, dass eine Bewegung während der Beförderung, durch die die Ausrichtung der Versandstücke verändert wird oder die zu einer Beschädigung der Versandstücke führt, verhindert wird. Wenn gefährliche Güter zusammen mit anderen Gütern (zB schwere Maschinen oder Kisten) befördert werden, müssen alle Güter in den Fahrzeugen oder Containern so gesichert oder verpackt werden, dass das Austreten gefährlicher Güter verhindert wird.
5.2. Im gegenständlichen Fall wurden die Gefahrgüter in einer Schachtel, welche sich ungesichert im hinteren Teil der Ladefläche befand, befördert. Die gesamte Schachtel hätte bei einem entsprechenden Fahrmanöver (z.B. starkes Abbremsen und Verlenken) verrutschen können, wobei es auch zu einer Änderung der Ausrichtung der Gefahrgüter oder zu einer Beschädigung der Versandstücke hätte kommen können. Der Beförderer – bzw. eine von ihm beauftragte Person – hat auch keine Sichtprüfung durchgeführt. Bei einer solchen hätte die fehlende Ladungssicherung leicht auffallen und die Übertretung verhindert werden können. Der objektive Tatbestand der Übertretung des § 13 Abs. 1a Z. 3 GGBG ist daher bezüglich Punkt 1 erfüllt.
5.3.1. Die Gesamtmenge der beförderten Gefahrgüter kann gemäß Absatz 5.4.1.1.1 lit.f ADR grundsätzlich entweder als Volumen (Liter) oder als Masse (Kilogramm) angegeben werden. Wenn jedoch – so wie im gegenständlichen Fall – die Freistellungen im Zusammenhang mit begrenzten Mengen in Anspruch genommen werden, muss gemäß Absatz 1.1.3.6.3 ADR die Gesamtmenge der gefährlichen Güter bei flüssigen Stoffen in Litern angegeben werden. Da es sich um Spezialbenzin sowie eine Säure gehandelt hat, hätte die Mengenangabe in Litern erfolgen müssen, weshalb die Angaben im Beförderungspapier nicht dem ADR entsprechen. Darüber hat sich der Beförderer nicht vergewissert, weshalb ein Verstoß gegen § 13 Abs. 1a Z. 2 GGBG vorliegt.
5.3.2. Das Beförderungspapier wurde vom Absender zur Verfügung gestellt. Der in § 13 Abs. 1a letzter Satz angeführte „Vertrauensschutz“ ist so zu verstehen, dass sich der Beförderer darauf verlassen darf, dass jene Informationen über das Gefahrgut, welche der Absender angibt, grundsätzlich richtig sind. Dies betrifft insbesondere die Zuordnung eines bestimmten Produktes zu einem bestimmten Gefahrgut, die richtige Benennung und die Angabe der richtigen UN-Nummer. Eine Überprüfung dieser Angaben ist dem Beförderer in der Regel nicht zumutbar.
Wenn jedoch auf dem Beförderungspapier bestimmte Angaben zur Gänze fehlen oder diese augenscheinlich unrichtig sind (wenn z.B. zwei Kanister transportiert werden, auf dem Beförderungspapier aber nur 1 Kanister aufscheint), so darf der Beförderer nicht auf solche offensichtlich falsche Angaben vertrauen. Würde man den „Vertrauensschutz“ des letzten Satzes des § 13 Abs. 1a GGBG auch auf solche Fälle ausdehnen, so wäre die Pflicht des Beförderers, sich zu vergewissern, dass alle im ADR vorgeschriebenen Informationen zur Verfügung gestellt wurden (§ 13 Abs. 1a Z. 2 GGBG), weitgehend sinnentleert. Der Beförderer müsste dann nur noch prüfen, dass ihm irgendein Beförderungspapier – unabhängig von dessen Inhalt – übergeben wird. Diese Bestimmung ist daher nach hs. Ansicht so auszulegen, dass der Beförderer auf offensichtlich unrichtige Angaben nicht vertrauen darf. Dass die Gesamtmenge der Gefahrgüter bei Anwendung des Unterabschnittes 1.1.3.6 ADR bei flüssigen Stoffen in Litern (und nicht in Kilogramm) angegeben werden muss und die Angabe in Kilogramm daher falsch ist, kann von jedermann – die Kenntnis der entsprechenden Bestimmung vorausgesetzt – leicht erkannt werden. Der Beförderer kann sich daher bezüglich dieser falschen Mengenangabe auch nicht auf den „Vertrauensschutz“ des letzten Satzes des § 13 Abs. 1a GGBG berufen.
5.3.3. Gemäß § 45 Abs. 1 Z4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Der Zweck der Vorschrift, dass bei Anwendung der „freigestellten Menge“ bei Flüssigkeiten die Menge des Gefahrgutes in Litern (und nicht in Kilogramm) anzugeben ist, besteht offenbar darin, dass für die Berechnung der Gefahrpunkte anstelle der Masse das bei Flüssigkeiten oft höhere Volumen zugrunde gelegt wird. Im gegenständlichen Fall wurde jedoch die Grenze von 1.000 Gefahrpunkten bei weitem nicht erreicht (nämlich nur 48), weshalb es im Ergebnis keinen Unterschied macht, ob die Menge der Gefahrgüter in Kilogramm oder in Liter angegeben wurde. Die Bedeutung des geschützten Rechtsgutes ist daher im konkreten Fall nur sehr gering und wurde im Ergebnis überhaupt nicht beeinträchtigt. Da auch von einem lediglich geringen Verschulden des Bf auszugehen ist, war das Verfahren einzustellen. Auch eine Ermahnung erscheint nicht erforderlich.
5.4. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiters anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Es ist daher bezüglich der fehlenden Sichtprüfung von Fahrlässigkeit auszugehen, wenn nicht der Beschuldigte glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist dann der Fall, wenn der Beschuldigte im Betrieb ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte (vgl etwa VwGH 25. März 2009, Zl. 2006/03/0010, mwH). Ein solches liegt aber nur dann vor, wenn dadurch die Überwachung der Einhaltung der Rechtsnormen, deren Übertretung dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde, jederzeit sichergestellt werden kann. Damit ein solches Kontrollsystem den Beschwerdeführer von seiner Verantwortung für die vorliegende Verwaltungsübertretung hätte befreien können, hätte er konkret darlegen müssen, welche Maßnahmen von ihm getroffen wurden, um einen derartigen Verstoß zu vermeiden (vgl VwGH 17. März 2011, Zl 2008/03/0041). Die vom Bf insofern ins Treffen geführte wiederholte Schulung des Lenkers reicht aber –ebenso wenig wie stichprobenartige Kontrollen oder Belehrungen- nicht aus, die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft zu machen (vgl VwGH 19. April 2012, Zl 2010/03/0108, mwH). Weitere konkrete Überwachungsmaßnahmen bzw Sanktionen bei festgestellten Verstößen wurden vom Bf nicht vorgebracht.
Das Kontrollsystem muss gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern greifen (VwGH vom 23.03.2012, 2010/02/0263 und andere). Diese Überlegungen müssen auch für das Vergessen durch den Lenker gelten. Dass ein Lenker eine notwendige Maßnahme vergisst, ist nicht völlig ungewöhnlich und das Kontrollsystem müsste Maßnahmen enthalten, um ein solches Vergessen weitgehend zu verhindern oder zumindest sicherstellen, dass dieses bemerkt und der Fehler umgehend behoben wird. Der Bf hat daher fahrlässiges Verhalten zu verantworten.
5.5.1. Gemäß § 37 Abs. 2 Z. 8 GGBG begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 13 Abs. 1a oder § 23 Abs. 2 oder § 25 Abs. 1 oder § 32 Abs. 1, 3 oder 4 befördert und ist
a) wenn gemäß den Kriterien des § 15a in Gefahrenkategorie I einzustufen ist, mit einer Geldstrafe von 750 Euro bis 50.000 Euro, im Fall der Z. 9 mit einer Geldstrafe von 150 Euro bis 6.000 Euro oder
b) wenn gemäß den Kriterien des § 15a in Gefahrenkategorie II einzustufen ist, mit einer Geldstrafe von 110 Euro bis 4.000 Euro oder
c) wenn gemäß den Kriterien des § 15a in Gefahrenkategorie III einzustufen ist, mit einer Geldstrafe bis 80 Euro zu bestrafen.
Der gesetzliche Strafrahmen ist daher davon abhängig, in welche Gefahrenkategorie der gegenständliche Mangel fällt. § 15a Abs. 2 bis 4 lauten:
„(2) In Gefahrenkategorie I ist einzustufen, wenn der Mangel geeignet sein könnte, eine große Gefahr des Todes oder der schweren Verletzung von Personen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt herbeizuführen.
(3) In Gefahrenkategorie II ist einzustufen, wenn der Mangel geeignet sein könnte, eine Gefahr der schweren Verletzung von Personen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt herbeizuführen und nicht in Gefahrenkategorie I einzustufen ist.
(4) In Gefahrenkategorie III ist einzustufen, wenn der Mangel mit geringer Gefahr hinsichtlich Verletzung von Personen oder Schädigung der Umwelt verbunden und nicht in Gefahrenkategorie I oder II einzustufen ist.“
5.5.2. Bei fehlender oder mangelhafter Ladungssicherung ist die Einstufung in die Gefahrenkategorie im Wesentlichen von der Menge und der Gefährlichkeit der beförderten Gefahrgüter abhängig. Die fehlende Ladungssicherung hätte im konkreten Fall zu einem Austreten von Stoffen mit einem erheblichen Gefahrenpotential und damit zu einer erheblichen Schädigung der Umwelt führen können, dabei darf aber nicht übersehen werden, dass es sich nur um eine relativ geringe Menge gehandelt hat. Die Übertretung in Punkt 1 fällt daher in die Gefahrenkategorie II, weshalb der gesetzliche Strafrahmen zwischen 110 und 4.000 Euro liegt.
Die fehlerhafte Mengenangabe im Beförderungspapier kann kaum zu einer Gefährdung von Personen oder der Umwelt führen, weshalb dieser Mangel zu Recht in die Gefahrenkategorie III eingestuft wurde. Für diese Übertretung beträgt die gesetzliche Höchststrafe daher 80 Euro.
5.5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.
Im gegenständlichen Fall kann als strafmildernd berücksichtigt werden, dass es zu der Übertretung lediglich aufgrund eines Vergessens eines Mitarbeiters gekommen ist, welches der Beschwerdeführer im Rahmen seines Kontrollsystems nicht bemerkt bzw. korrigiert hat. Es ist dem Beschwerdeführer also lediglich fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Weitere Strafmilderungsgrüne liegen nicht vor. Als straferschwerend sind zwei einschlägige – wenn auch nur geringe -Vormerkungen des Bf zu berücksichtigen. Die Strafe bewegt sich im untersten Bereich des Strafrahmens und erscheint aus general- und spezialpräventiven Überlegungen notwendig. Sie entspricht auch den finanziellen Verhältnissen des Bf, wobei die behördliche Einschätzung zu Grunde gelegt wird, weil der Bf dieser nicht widersprochen hat.
Zu III.: Die Entscheidung über die Kosten ist in § 64 VStG sowie § 52 VwGVG begründet.
Zu IV.: Unzulässigkeit der ordentlichen Revision zu Punkt I und III:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Ladungssicherung nach den Bestimmungen des GGBG sowie zu den Voraussetzungen eines exkulpierenden Kontrollsystems ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Zu V: Zulässigkeit der ordentlichen Revision zu Punkt II für die belangte Behörde:
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde zulässig, weil es zur Rechtsfrage des § 13 Abs. 1a letzter Satz GGBG, inwieweit der Beförderer auf falsche Informationen des Beförderungspapieres vertrauen darf bzw. wie weit er die Angaben auf diesem überprüfen muss, - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des VwGH gibt und dieser Frage über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukommt.
Für den Beschwerdeführer ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Zu Punkt I und III:
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Zu Punkt II:
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Gottfried Zöbl