LVwG-490046/2/Kü

Linz, 28.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde der P GmbH, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, x, vom 26. April 2016, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 29. März 2016, Pol96-12-2016-1, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) verhängte mit Bescheid vom 29. März 2016, Pol96-12-2016-1, über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) eine Zwangsstrafe in Höhe von 12.000 Euro gemäß § 5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), weil sie die Verpflichtungen aus dem auf § 56a Glücksspielgesetz gestützten Bescheid vom 25.02.2016, Pol01-19-2016, über die gänzliche Schließung des Betriebes des Lokals „L" in R nicht erfüllt habe.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Bf rechtzeitig durch ihren ausgewiesenen Vertreter Beschwerde erhoben und die Aufhebung des Bescheides unter Darlegung einer näheren Begründung beantragt.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 21. Juni 2016 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt, welches gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie den die Verfahrenspartei betreffenden Akt des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, LVwG-411387.

 

Daraus ergibt sich, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 15. Juni 2016, LVwG-411387/2, der Beschwerde der Bf gegen den Betriebsschließungsbescheid der belangten Behörde vom 25.02.2016, Pol01-19-2016, stattgegeben hat und diesen Bescheid ersatzlos aufgehoben hat.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist (vgl. § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VVG wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unter-lassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

 

Voraussetzung für eine Vollstreckung nach den Bestimmungen des VVG ist, dass ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (VwGH 28.04.1992, 92/07/0027 mwN). Die Aufhebung eines verwaltungsbehördlichen Bescheides bewirkt, dass ein inzwischen eingeleitetes Vollstreckungsverfahren unter Umständen nicht mehr fortgesetzt werden darf bzw. dass die in einem solchen Verfahren gesetzten behördlichen Handlungen die Eigenschaft von Vollstreckungshandlungen verlieren (VwGH 28.04.1992, 92/07/0027). Der nachträgliche Wegfall des Titelbescheides macht dessen Vollstreckung unzulässig (vgl. VwGH 28.04.1992, 92/07/0027; Larcher, Vollstreckung im Verwaltungsrecht Rz 128; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungs­verfahrens­recht10 Rz 1294; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 66 AVG Rz 107).

 

Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung jenen Sachverhalt zu Grunde zu legen, der im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung besteht (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 836).

 

Durch die (bereits erfolgte) Aufhebung des Titelbescheides durch das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG-411387/2) ist die (weitere) Vollstreckung des (aufgehobenen) Titelbescheides unzulässig. Die verfahrensgegenständliche Zwangsstrafe stellt im Übrigen auch keine vor der Aufhebung des Titelbescheides abschließend erledigte Maßnahme der Zwangsvollstreckung dar, da hinsichtlich dieser Zwangsstrafe das gegen­ständliche Rechtsmittelverfahren anhängig ist, in dem über die Rechtsrichtigkeit der Zwangsstrafe zu befinden ist. Aufgrund des im Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Erkenntnisses vorliegenden (nachträglichen) Wegfalls des Titelbescheides ist dessen weitere Vollstreckung unzulässig, sodass die auf diesem Titelbescheid basierende Verhängung einer Zwangsstrafe aufzuheben war.

 

Das, den Titelbescheid aufhebende Erkenntnis des LVwG ist im Zeitpunkt seiner Erlassung formell rechtskräftig, unabhängig davon, ob Revision an den VwGH eingebracht wurde.

 

Aufgrund der Entscheidung in der Sache erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Thomas Kühberger