LVwG-350197/8/Py/PP
Linz, 14.04.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde der Frau M.M., x, L., gegen das Ausmaß der in Spruchpunkt 1. des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. Oktober 2015, GZ: 0048692/2007 SJF, zuerkannten Hauptleistung Persönliche Assistenz nach dem Oö. Chancengleichheitsgesetz (Oö. ChG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und ausgesprochen, dass die Hauptleistung Persönliche Assistenz im Ausmaß von durchschnittlichen 100 Stunden/Monat nach Maßgabe der angebotenen und tatsächlich verfügbaren Ressourcen zuerkannt wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. Oktober 2015, GZ: 0048692/2007 SJF, wurde der Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) aufgrund ihres Antrages vom 21. Oktober 2015 auf Weitergewährung einer Hauptleistung Persönliche Assistenz nach § 19 Oö. ChG unter Zugrundelegung des ermittelten Assistenzplanes vom 29. September 2008 die Hauptleistung Persönliche Assistenz im Ausmaß von durchschnittlich 80 Stunden/Monat für den Zeitraum 3. Oktober 2015 bis 2. Oktober 2018 durch die P. A. GmbH, X, L., zuerkannt (Spruchpunkt 1.). Begründend wird dazu ausgeführt, dass sich die getroffenen Feststellungen auf den vorliegenden Akt, insbesondere auf das Ergebnis der Assistenzkonferenz und den Assistenzplan vom 29. September 2008, GZ: 0048692/2007, gründen.
2. Gegen das in diesem Bescheid ausgesprochene Stundenausmaß in Höhe von 80 Stunden/Monat hat die Bf rechtzeitig mit Schreiben vom 30. November 2015 Beschwerde erhoben und beantragt, dass die Hauptleistung Persönliche Assistenz in Höhe von durchschnittlich 100 Stunden/Monat gewährt werden möge. Begründend wird dazu zusammengefasst ausgeführt, dass im Oktober 2001 erstmals von der Bf ein Antrag auf Gewährung von Hilfe durch ambulante und mobile Pflege und Betreuung gestellt wurde, wobei ihr von der Behörde ein notwendiges Stundenausmaß von durchschnittlich 92 Stunden monatlich gewährt wurde. Da in den Jahren 2007/2008 zum Bedauern der Bf das mit Bescheid zugestandene Stundenausmaß nicht abgedeckt werden konnte und dadurch nicht mindestens 75 % der gewährten Stunden im vorgegebenen Zeitraum verbraucht wurden, erfolgte eine Kürzung des Stundenausmaßes auf 80 Stunden monatlich. Trotz dem neuerlichen Vorbringen der Bf, wonach eine zunehmende Verschlechterung ihres Krankheitsverlaufes und ein damit verbundener Mehrbedarf vorliegt, wurde im gegenständlichen Bescheid aufgrund ihres Antrages um Weitergewährung neuerlich ein Stundenausmaß von 80 Stunden gewährt, wobei keine ausreichenden Ermittlungen hinsichtlich des inzwischen vorliegenden Bedarfsausmaßes durchgeführt wurden, weshalb bei ausreichender Tatsachenfeststellung die Behörde zu einer anderen, dem beantragten Ausmaß entsprechenden Beurteilung gekommen wäre.
3. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor, das zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.
4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Einholung eines psychologischen Gutachtens durch den Sachverständigendienst Oö. Chancengleichheitsgesetz beim Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Soziales, vom 3. März 2016, zu dem den Parteien mit Schreiben vom 4. März 2016 Gelegenheit gegeben wurde, eine Stellungnahme abzugeben. Davon machte die Bf mit Eingabe vom 18. März 2016 Gebrauch.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da der entscheidungswesentliche Sachverhalt durch das vorliegende Gutachten und die dazu von der Bf abgegebene Stellungnahme ausreichend erhoben werden konnte und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsache nicht erwarten lässt.
4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Die Bf, geb. x, leidet an der progressiv-degenerativen Muskelerkrankung, die in Schüben auftritt. Sie ist seit dem 13. Lebensjahr nicht mehr gehfähig und bewohnt derzeit mit ihrem Lebensgefährten eine barrierefreie Wohnung in L., x. Die Bf bezieht Pflegegeld der Stufe 5 und bewegt sich in der Wohnung so lange wie möglich mit einem Hand-Rollstuhl fort, wenn ihr dafür jedoch die nötige Kraft fehlt wechselt sie auf den Elektrorollstuhl, mit dem sie auch im Außenbereich mobil ist, wobei sie nur im Sommer allein ausfährt und nur wenn der Lebensgefährte zu Hause ist, im Winter kann sie die Wohnung nicht alleine verlassen, da sie auf Hilfe beim Ankleiden angewiesen ist.
Erstmals mit Bescheid vom 25. Februar 2002, GZ: III/1-12-2/5-620006416, wurde der Bf aufgrund ihres Antrages vom 12. Oktober 2001 Hilfe durch ambulante und mobile Pflege und Betreuung aufgrund des Protokolls der Assistenzkonferenz vom 2. Oktober 2001 im Ausmaß von durchschnittlich 92 Stunden/Monat für die Dauer eines Jahres nach dem damaligen Oö. Behindertengesetz zuerkannt und mit Bescheid vom 21. November 2002 zunächst bis 2. Oktober 2005 und anschließend mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. September 2005 für den Zeitraum 3. Oktober 2005 bis 2. Oktober 2008 in Form von persönlicher Assistenz durch „die P. A. GmbH“ weitergewährt.
Dem Antrag der Bf vom 29. September 2008 auf Gewährung einer Hauptleistung Persönliche Assistenz nach dem inzwischen in Kraft getretenen Oö. Chancengleichheitsgesetz wurde vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 30. September 2008, GZ: 0048692/27 ASJF, in der Form stattgegeben, dass der Bf die Hauptleistung Persönliche Assistenz unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Assistenzkonferenz sowie dem Assistenzplan vom 29. September 2008 im Ausmaß von durchschnittlich 80 Stunden/Monat für den Zeitraum 3. Oktober 2008 bis 2. Oktober 2009 durch die P. A. GmbH gewährt wurde. Diese Leistung wurde im gleichbleibenden Ausmaß zunächst mit Bescheid vom 9. September 2009 für den Zeitraum 3. Oktober 2009 bis 2. Oktober 2012 und in weiterer Folge aufgrund des Antrages vom 5. September 2012 für den Zeitraum 3. Oktober 2012 bis 2. Oktober 2015 weiter zugesprochen.
Am 16. Mai 2014 beantragte die Bf bei der belangten Behörde eine Erhöhung der zuerkannten monatlichen Stunden der Persönlichen Assistenz um 20 Stunden aufgrund des progressiven Krankheitsverlaufes und am 11. August 2015 die Weitergewährung der bis 2. Oktober 2015 befristet zuerkannten Hauptleistung Persönliche Assistenz, worauf in Spruchpunkt 1. des verfahrensgegenständlichen Bescheides vom 30. Oktober 2005 die der Bf gewährte Hauptleistung Persönliche Assistenz unter Zugrundelegung des ermittelten Assistenzplans vom 29. September 2008 neuerlich im Ausmaß von durchschnittlich 80 Stunden/Monat für den Zeitraum 3. Oktober 2005 bis 2. Oktober 2018 durch die P. A. GmbH, X, L., zuerkannt wurde.
Aus dem dazu eingeholten psychologischen Gutachten der Amtssachverständigen Frau Mag. D.K. über das bei der Bf vorliegende Ausmaß des Hilfebedarfs geht hervor, dass bei der Bf ein Assistenzbedarf für die Bereiche der Grundversorgung, „Begleitung und Mobilität“ sowie „hauswirtschaftliche Tätigkeiten“ in dem von der Bf beantragten Ausmaß von 100 Stunden/Monat jedenfalls vorliegt.
4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der psychologischen Amtssachverständigen vom 3. März 2016, dem hinsichtlich der Höhe des erhobenen Assistenzbedarfs die Bf in ihrer Stellungnahme vom 18. März 2016 nicht entgegentrat.
5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
5.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Chancengleichheitsgesetz – Oö. ChG, LGBl. Nr. 41/2008 idF LGBl. Nr. 10/2015 ist Ziel dieses Landesgesetzes, Menschen mit Beeinträchtigung insbesondere durch die Vermeidung des Entstehens von Beeinträchtigungen und von Behinderungen und durch die Verringerung von Beeinträchtigungen nachhaltig zu fördern sowie ihnen ein normales Leben und eine umfassende Eingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen, um die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen zu erreichen.
Gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 Oö. ChG kommen zur Erreichung des Ziels nach § 1 Abs. 1 Hauptleistungen in Betracht.
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 5 kommt als Hauptleistung Persönliche Assistenz (§ 13) in Betracht.
Gemäß § 8 Abs. 2 Oö. ChG besteht auf die Hauptleistungen nach Abs. 1 nach Maßgabe der von Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 26 Abs. 3 besteht, angebotene und tatsächliche verfügbaren Ressourcen ein Rechtsanspruch. Dies gilt auch für Hauptleistungen, die in Form von Geldleistungen zuerkannt werden. Auf eine bestimmte Maßnahme im Rahmen einer Leistung nach Abs. 1 besteht jedoch kein Rechtsanspruch.
Gemäß § 13 Abs. 1 Oö. ChG ist Persönliche Assistenz zu leisten um Menschen mit Beeinträchtigungen je nach Eigenart der Beeinträchtigung und dem Grad der Selbstbestimmungsfähigkeit die erforderliche persönliche Hilfe für ein selbstbestimmtes Leben in allen Bereichen des täglichen Lebens zu ermöglichen. Zu diesen Bereichen gehören insbesondere die Sicherstellung der Grundversorgung, hauswirtschaftliche Tätigkeiten, Mobilität, Freizeitgestaltung und Unterstützung bei der Kommunikation, insbesondere bei Sprach- oder Sinnesbeeinträchtigungen, nicht jedoch medizinische, therapeutische oder solche der Arbeitsbegleitung oder der Arbeitsassistenz.
§ 11 der Verordnung der Oö. Landesregierung, mit der der Umfang der Ansprüche der Hauptleistungen gemäß §§ 10 bis 14 Oö. ChG festgelegt wird (Oö. ChG – Hauptleistungsverordnung), LGBl. Nr. 79/2008 idF LGBl. Nr. 73/2015 lautet:
§ 11
Persönliche Assistenz (Trägermodel)
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr.in Andrea Panny