LVwG-840092/4/JS/Rd

Linz, 11.03.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Jörg Steinschnack über den Antrag der L G x, x, S (FN x), vom 4. März 2016, verbessert mit Schreiben vom 7. März 2016, die Stadtgemeinde  V als Auftraggeberin aufzufordern, die rechtlichen Grundlagen bei der Ausschreibung einzuhalten und die bereits vorgenommenen falschen Verfahrensschritte (Ausschreibung nach dem von der Auftraggeberin gewählten nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung) betreffend das Vorhaben "K Ax V, Bx x" (wohl gemeint: Bx x) zu widerrufen, den

 

 

 

B E S C H L U S S

 

 

gefasst:

 

I.         Der Antrag vom 4. März 2016, verbessert mit Schreiben vom 7. März 2016, wird gemäß §§ 28, 31 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG und § 5 Abs. 2 Z 1 Oö. VergRSG 2006 als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

II.       Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Eingabe vom 4. März 2016 stellte die L G x, x, S (FN x; im Folgenden kurz: Antragstellerin), den Antrag, die Stadtgemeinde  V aufzufordern, die rechtlichen Grundlagen bei der Ausschreibung Bx "Ax V Bx x" einzuhalten.

 

Begründet wurde die Eingabe dahingehend, dass die Stadtgemeinde  V in (in der Folge kurz: Auftraggeberin) für K (Ax V x x) im Umfang von ca. 4.000.000 Euro exkl. USt. als Ausschreibungsverfahren entgegen der rechtlichen Grundlagen oberhalb der Schwellenwerte-Verordnung das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung gewählt habe. Bei diesem Bauvorhaben handle es sich eindeutig um einen Bauauftrag und keine Sektorenauftragsvergabe. Hiefür sei gemäß Bundesvergabegesetz bzw. verlängerter Schwellenwerte-Verordnung, da das Auftragsvolumen wesentlich über 1.000.000 Euro (exkl. USt.) liege, das gewählte „nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung“ unzulässig. Dem Wissensstand entsprechend bestehe das Überwiegenheitsprinzip eindeutig dahingehend, dass vorwiegend K zu errichten seien. Daher (die Stadtgemeinde V sei auch kein EVU) könne keine Sektorenauftragsvergabe mit höheren Schwellenwerten bestehen. Es werde das Landesverwaltungsgericht als zuständige Vergabe­kontrollbehörde „um Überprüfung und Herstellung eines gesetzeskonformen Zustandes in der Form, dass Sie den Auftraggeber auffordern, die bisher gewählten Verfahrensschritte mittels Widerruf aufzuheben“, ersucht. Betreffend Fristen sei festzuhalten, dass die Angebotsabgabe nach dem Wissensstand entweder vor kurzem erfolgt sei bzw. in Kürze erfolgen werde, jedoch bis dato keinesfalls eine Vergabe stattgefunden habe.

 

2. Die Eingabe der Antragstellerin erfüllte nicht die Antragsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 und der Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung 2014, weshalb die Antragstellerin mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 4. März 2016 gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert wurde, den Schriftsatz entsprechend zu verbessern. Die Antragstellerin ist der Verbesserungsaufforderung fristgerecht – wenngleich nicht inhaltlich ausreichend - mit Schreiben vom 7. März 2016 nachgekommen.

 

3. Im Schreiben vom 7. März 2016 wurde von der Antragstellerin im Wesentlichen klargestellt, dass „die Entscheidung des Auftraggebers das falsche Ausschreibungsverfahren zu wählen“, angefochten werde, da entgegen der gültigen gesetzlichen Grundlagen bei einem Auftragsvolumen von wesentlich über 1.000 Euro (gemeint wohl: 1 Mio Euro) (exkl. USt.) unzulässiger Weise das „nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung“ von der Auftraggeberin gewählt worden sei. Es werde daher der Antrag gestellt „einen gesetzes­konformen Zustand der Form herzustellen, dass der Auftraggeber aufgefordert wird, die bisher gewählten Verfahrensschritte (Ausschreibung nach dem vom Auftraggeber gewählten nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekannt­machung) zu widerrufen.“ Es sei das falsche Ausschreibungsverfahren gewählt worden. Es liege nach Kenntnis der Antragstellerin noch keine Zuschlags­entscheidung vor, sondern sei die Anbotseröffnung am 4. März 2016 erfolgt. Es werde keine Zuschlagsentscheidung sondern die Wahl des Ausschreibungs­verfahrens bekämpft. Das Interesse der Antragstellerin an der Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen bei der Ausschreibung bestehe dahingehend, dass sie als regionales Unternehmen, das die ausgeschriebenen Leistungen ausführen könne, durch die unzulässige Wahl des Ausschreibungsverfahrens als „nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung“ vom Wettbewerb ausge­schlossen worden sei.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Sicht erwogen:

 

Gemäß Art. 14b Abs. 3 B-VG ist die Gesetzgebung und die Vollziehung Landessache in den Angelegenheiten der Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Sinne des Abs. 2 Z 2.

 

Gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 2 lit. a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Vergaberechts­schutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006).

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 regelt dieses Landesgesetz den Rechts­schutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber bzw. Auftraggeberinnen in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabeverfahren), die gemäß Artikel 14b Abs. 2 Z 2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß § 2 Oö. VergRSG 2006 obliegt die Gewährung von Rechtsschutz im Sinne des § 1 Abs. 1 leg cit dem Landesverwaltungsgericht, welches nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Landesgesetzes auf Antrag zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren, zur Erlassung einstweiliger Verfügungen und zur Durchführung von Feststellungsverfahren zuständig ist.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist daher gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Landesverwaltungsgerichtsgesetz zur Gewährung von Rechtsschutz im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren zuständig, welches durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter gemäß § 2 Verwaltungsgerichts­verfahrensgesetz (VwGVG) entscheidet.

 

Gemäß § 2 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z 16 lit. a Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006) des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zuständig.

 

Gemäß § 2 Z 16 lit. a sublit. cc BVergG 2006 sind im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung die Aufforderung zur Angebotsabgabe, sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist, das Ausscheiden eines Angebotes, die Widerrufsentscheidung und die Zuschlagsentscheidung gesondert anfechtbare Entscheidungen. Die gesondert anfechtbaren Entscheidungen werden in § 2 Z 16 lit. a BVergG 2006 taxativ aufgezählt (vgl. M. Sachs, Rz. 46 zu § 2 Z 16 in: Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel (Hrsg), Bundesvergabegesetz 2006).

 

Gemäß § 2 Z 16 lit. b BVergG 2006 sind nicht gesondert anfechtbare Entscheidungen alle übrigen, den gesondert anfechtbaren Entscheidungen zeitlich vorhergehenden Entscheidungen. Diese können nur in dem gegen die ihnen nächst folgende gesondert anfechtbare Entscheidung gerichteten Nach­prüfungsantrag angefochten werden.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 Oö. VergRSG 2006 ist ein Nachprüfungsantrag jedenfalls unzulässig, wenn er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet.

 

Durch die Unterscheidung zwischen gesondert und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen des Auftraggebers soll eine Strukturierung des Vergabe­verfahrens und eine effiziente Abwicklung von Rechtsschutzverfahren erreicht werden. Letzterem Ziel dienen auch die flankierenden Bestimmungen betreffend die Fristen und die Präklusionsregelung (zur Zulässigkeit derartiger Regelungen vgl. u.a. EuGH Rs C-470/99, Universale Bau, Rs C-327/00, Santex). Durch die gesondert anfechtbaren Entscheidungen wird ein Vergabeverfahren in verschie­dene Abschnitte unterteilt. Jeder Abschnitt endet mit einer gesondert anfecht­baren Entscheidung, die nach außen in Erscheinung tritt. Alle der gesondert anfechtbaren Entscheidung vorangegangenen (nicht gesondert anfechtbaren) Entscheidungen sind zusammen mit dieser anzufechten. (vgl. zu allem RV 1171 BlgNR XXII. GP, 13 f).

 

Nach dem System des BVergG richtet sich die Anfechtbarkeit von Auftrag­geberentscheidungen danach, welches Verfahren vom Auftraggeber tatsächlich gewählt und durchgeführt wird (VwGH 01.07.2010, 2009/04/0207; VwGH 26.04.2007, 2005/04/0222 mwN). Der Nachprüfungsantrag verlangt, dass sich der Antrag gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung der Auftraggeberin wendet, ansonsten ein derartiger Antrag nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH als unzulässig zurückzuweisen ist (VwGH 20.05.2015, 2013/04/0004; VwGH 20.10.2004, 2004/04/0105; M. Sachs, Rz. 37 und 49 zu §  2 Z 16 aaO).

 

Die Prüfungsbefugnis der Vergabekontrollbehörde beschränkt sich auf den jeweiligen Beschwerdepunkt. Daraus ergibt sich, dass ein Nachprüfungsantrag ein bestimmtes Begehren zu enthalten hat. Eine derartige Regelung wäre überflüssig, wenn die Behörde nicht an ein solches Begehren gebunden wäre (vgl. dazu zB VwGH, 2000/04/0051). Der Antragsteller hat die Verpflichtung zu präzisieren, in welchem subjektiven Recht er sich als verletzt erachtet. Andere als die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten kann die Vergabekontrollbehörde daher nicht aufgreifen, insbesondere kann daher die Vergabekontrollbehörde auch nicht im Rahmen allfälliger „obiter dicta“ Aussagen zu nicht vorgebrachten Beschwerdepunkten treffen (vgl. RV 1171 BlgNR XXII. GP, 133). Ein Nachprüfungsverfahren dient ausschließlich der Durchsetzung subjektiver Rechte von Bietern, nicht aber der objektiven Rechtsmäßigkeitskontrolle (BVwG 26.03.2015, W187 2017416-2; BVA 02.10.2003, 17N-80/03-37; ua.).

 

Von der Antragstellerin wurde in ihrem Antrag ausschließlich die Wahl des Verfahrens durch die Auftraggeberin, nämlich die Wahl eines nicht offenen Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung für das gegenständliche Vorhaben, bekämpft. Die Wahl des Verfahrens stellt bei Ausschreibungen im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung jedoch keine gesondert anfechtbare Entscheidung dar und kann somit im konkreten Verfahren nicht singulär bekämpft werden. So hat schon das frühere Bundesvergabeamt die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne Bekanntmachung als nicht anfechtbar qualifiziert, weil sie nicht nach außen in Erscheinung tritt (vgl. R. Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel (Hrsg), § 312, Rz 121 unter Verweis auf die Entscheidung des BVA 29.8.2002, N-19/02-19). Lediglich bei Direktvergaben würde die Wahl des Vergabeverfahrens ex lege eine gesondert anfechtbare Entscheidung darstellen (§ 2 Z 16 lit. a sublit. nn und oo BVergG 2006).

 

In einem nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung kann die Wahl des Vergabeverfahrens durch den Auftraggeber hingegen gemäß § 2 Z 16 lit. b BVergG 2006 nur gemeinsam mit der ihr nächst folgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Sinne des § 2 Z 16 lit. a sublit. cc BVergG 2006 angefochten werden. Es war daher der Antrag vom 4. März 2016, verbessert mit Schreiben vom 7. März 2016, im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 1 Oö. VergRSG 2006 als unzulässig zurückzuweisen, da er sich lediglich gegen die Wahl des Vergabeverfahrens und damit gegen eine nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Sinne des § 2 Z 16 lit. a sublit. cc BVergG 2006 allein gerichtet hat.

 

Überdies wird auch noch bemerkt, dass das Landesverwaltungsgericht Ober­österreich als Vergabekontrollbehörde im Nachprüfungsverfahren vor Zuschlags­erteilung gemäß § 2 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 ausschließlich eine Nichtigerklärung von selbständig anfechtbaren Entscheidungen von Auftrag­gebern autoritativ aussprechen kann, keinesfalls kommt Vergabekontroll­behörden aber die Befugnis zu, Entscheidungen für den Auftraggeber zu fällen oder diesen zu einem rechtskonformen Verhalten oder zu einem Widerruf aufzufordern. So ist etwa auch der Antrag, den Auftraggeber zur gesetzes­konformen Neudurchführung zu verhalten, unzulässig (BVA 09.11.1998,
N-27/98-14; BVA 18.09.1998, N-28/98-3; BVA 28.08.2002, N-40/02-6; BVA 19.05.2004, 11N-131/01-5; ua.) Es stellt sich daher auch das Begehren der Antragstellerin, „die Stadtgemeinde  V aufzufordern, die rechtlichen Grundlagen bei der Ausschreibung Ihres Bx Ax V Bx x (wohl gemeint: Bx x) einzuhalten und die bereits vorgenommenen falschen Verfahrensschritte (Ausschreibung) zu wider­rufen“, als unzulässig dar.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

5. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückzuweisen ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG entfallen, zumal auch von der Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag keine mündliche Verhandlung im Sinne des § 19 Abs. 2 Oö. VergRSG 2006 begehrt wurde.

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Jörg Steinschnack