LVwG-000099/2/WEI

Linz, 24.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des Ing. R S, Qualitätsmanager der Fa H KG, vertreten durch Dr. J H und Mag. Dr. T H, LL.M., Rechtsanwälte in W, Dr.-K-S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20. Februar 2015, Zl. SanRB96-4-2014, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 90 Abs 1 Z 2 iVm § 5 Abs 1 Z 2 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde (§ 66 Abs 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht (§ 52 Abs 9 VwGVG) zu leisten. Weiters entfällt auch die Verpflichtung zum Ersatz von Kosten der Lebensmitteluntersuchung gemäß § 71 Abs 3 LMSVG.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wurde über den Beschwerdeführer (Bf) wie folgt abgesprochen:

 

„Straferkenntnis

 

Sie haben als gemäß § 9 Abs. 2 VStG. 1991 idgF verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes des Lebensmittelunternehmens H KG mit dem Sitz in S, L, folgendes zu verantworten:

 

Das Lebensmittelunternehmen H KG, S, L, hat die als Lebensmittel einzustufende Ware „R mariniert, Charge L 753413xxx, Verbrauchsdatum: 28.08.2013" am 16.08.2013 an die H KG in R verkauft und somit in Verkehr gebracht.

Bei einer lebensmittelpolizeilichen Überprüfung am 21.08.2013 um 09:02 Uhr in der H KG in  L, F, wurden 2 Packungen (475 g und 469 g) „R" mariniert, Charge/Los: L753413xxx, Verbrauchsdatum: 28.08.2013" als amtliche Probe mit dem Probenzeichen 7006H0AL0124/13 gezogen und dem Institut für Lebensmittelsicherheit Wien, S, W, zur Begutachtung übergeben. Die Lebensmittel wurden am 17.08.2013 von der H KG. Zweigniederlassung R, R, H, bezogen.

Laut Gutachten des Institutes für Lebensmittelsicherheit W, S, W, vom 13.11.2013, Dok.Nr. D-2632234, wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

 

Die Probe mit der Bezeichnung „"R mariniert" ist mikrobiell verunreinigt (Enterobakteriacean: 1,2 Millionen koloniebildende Einheiten pro Gramm).

 

Die Probe hat eine erhebliche Minderung ihrer spezifischen, wertbestimmenden Eigenschaft (Frische) erfahren und ist daher nach den Allgemeinen Anforderungen des § 5 Abs. 5 Ziffer 4 LMSVG als wertgemindert zu beurteilen. Auf den Umstand der Wertminderung wurde nicht hingewiesen und wurden diese Lebensmittel somit in Verkehr gebracht, obwohl gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 2 LMSVG das Inverkehrbringen von wertgeminderten Lebensmitteln verboten ist, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 90 Abs. 1 Ziffer 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Ziffer 2 Lebensmitteisicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, BGBl. I Nr. 13/2006 sowie Art. 3 Ziffer 3 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002“

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde über den Bf „gemäß § 90 Abs. 1 Ziffer 2 LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006“ eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 50 Euro (10% der Strafe) und als Ersatz der Barauslagen für Lebensmitteluntersuchungskosten 63,50 Euro vorgeschrieben.

 

I.2. Zur Begründung des Straferkenntnisses führt die belangte Behörde aus:

 

„Anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen Revision am 21.08.2013 um 09.02 Uhr in der H KG in  L, F, wurden durch ein Lebensmittelaufsichtsorgan 2 Packungen (475 g und 469 g) „R mariniert", Charge/Los: L753413xxx, Verbrauchsdatum: 28.08.2013, als amtliche Probe gezogen und dem Institut für Lebensmittelsicherheit W zur Begutachtung übermittelt.

 

Im Gutachten des Institutes für Lebensmittelsicherheit Wien vom 13.11.2013, Dok.Nr,_D-2632234, wurde folgendes festgestellt:

 

"Die Probe mit der Bezeichnung „R mariniert" ist mikrobiell verunreinigt (Enterobakteriaceaen: 1,2 Millionen koloniebildende Einheiten pro Gramm).

Die Probe hat eine erhebliche Minderung ihrer spezifischen, wertbestimmenden Eigenschaft (Frische) erfahren und ist daher nach den Allgemeinen Anforderungen des § 5 Abs. 5 Ziffer 4 LMSVG als wertgemindert zu beurteilen. Auf den Umstand der Wertminderung wurde nicht hingewiesen und wurden diese Lebensmitte! somit in Verkehr gebracht, obwohl gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 2 LMSVG das Inverkehrbringen von wertgeminderten Lebensmitteln verboten ist, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht wurde."

 

Der verantwortlich Beauftragte des Lebensmittelunternehmens H KG, Herr Ing. R S, wurde mit Schreiben vom 11.03.2014 aufgefordert, sich binnen 14 Tagen zu der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen.

 

Mit Eingabe vom 24.03.2014 wurde von den Rechtsvertretern des Beschuldigten folgende Rechtfertigung abgegeben:

 

„Der Beschuldigte bestreitet den ihm zur Last gelegten Sachverhalt, beantragt das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und wendet ein:

 

Die Anschuldigungen der Behörde sind aus folgenden Gründen haltlos:

 

1. Diskrepanz zwischen der Analyse beim Einlangen der Probe und nach dem Laqerversuch am Ende der Verbrauchsfrist:

 

Die festgestellten Keimzahlen beim Einlangen der Probe sind deutlich höher als nach dem Lagerversuch am Ende der Verbrauchsfrist. Aufgrund dessen geht der Beschuldigte davon aus, dass die Analyse als solche anzuzweifeln ist und nicht korrekt durchgeführt wurde.

 

2. Beurteilung Gutachten:

 

Das Gutachten ist nicht schlüssig, alleine aufgrund der Keimzahl ist keine Beanstandung ableitbar. Die Sensorik des Produktes ist einwandfrei und es gibt die H KG zusätzlich den Hinweis „Vor dem Verzehr durcherhitzen" an. Aufgrund dieser beiden Tatsachen ist das Produkt als verkehrsfähig zu werten. Zusätzlich existieren keine rechtsverbindlichen Grenzwerte für Keimzahlen.

 

3. Gegenprobe:

 

Die H KG hat die Gegenprobe zu dieser amtlichen Probenziehung im akkreditierten Institut e, W, untersuchen lassen. Aufgrund der Keimzahl ist laut Gutachten kein Beanstandungsgrund ableitbar. Die Gegenprobe ist somit verkehrsfähig und das Verfahren ist aus diesem Grund einzustellen (Gegenprobenanalyse Nr. 2013-18136 anbei).

 

4. Laufende Eigenkontrolle:

Dieses Produkt wird im Rahmen der Eigenkontrolle der H KG laufend überprüft; die H KG schließt zwei Untersuchungszeugnisse, welche die Verkehrsfähigkeit bestätigen, bei.

 

5. Kühlkette:

 

Eine mögliche Unterbrechung der Kühlkette an einer Handelsstufe kann ebenfalls zur Vermehrung von Keimen im Produkt führen. Für folgende Abschnitte der Handelskette kann die H KG keine Verantwortung für die lückenlose Einhaltung der Kühlkette übernehmen:

        Transport der Ware ab Rampe H an die Spedition F G, S a W, durch Spedition F G, S a W, selbst

        Zwischenlagerung der Ware bei der Spedition F G, S a W

        Transport der Ware von der Spedition F G, S a W, an die H Zentrainiederlassung R

        Zwischenlagerung der Ware in der H Zentralniederlassung R

        Transport der Ware von der Firma H an die entsprechende Filiale in  L, F

        Lagerung in der H Filiale in L, F

        Probentransport der amtlichen Probe von der Filiale in das Institut für Lebensmittelsicherheit W, S, W.

 

Der Beschuldigte wiederholt daher seinen Antrag auf Einstellung des Verfahrens."

 

Darüber hat die Behörde erwogen:

 

Gemäß § 90 Abs. 1 Ziffer 2 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, BGBl. I Nr. 13/2006 idgF. begeht, wer Lebensmittel, die wertgemindert oder verfälscht sind, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, in Verkehr bringt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100 000 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei vorsätzlichen Verstößen gegen Z. 1 und 2, die in Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Handels begangen werden, ist, sofern die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind, eine Geldstrafe in der Höhe von zumindest 700 Euro, bei Wiederholung von 4000 Euro festzusetzen. Im Fall der Uneinbringlichkeit ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen.

 

Es ist gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 2 leg.cit. verboten, Lebensmittel, die verfälscht oder wertgemindert sind, ohne dass dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, in Verkehr zu bringen.

 

Das Institut für Lebensmittelsicherheit W hat mit Datum 30.10.2014 zu den Rechtfertigungsangaben der Rechtsvertreter des Beschuldigten folgendes ausgeführt:

 

„Die untersuchte Probe besteht aus 2 verschiedenen Packungen, wobei die erste Packung am Tag des Einlangens mikrobiologisch untersucht wird und die zweite Packung einige Tage später (am Ende des Verbrauchsdatums). Die beiden Packungen entsprechen einer Charge. Der konkrete Wert der mikrobiologischen Befunde der unterschiedlichen „Stücke" einer Charge ist davon abhängig, wie und von wem das konkrete Stück in der Erzeugung gehandhabt wird (z.B.: das eine Stück wurde intensiver bearbeitet als das andere und ist damit mehr mit dem dementsprechenden Menschen oder einer anderen Kontaminationsquelle in Kontakt gekommen). Es ist in beide Packungen dieselbe Flora anzutreffen nur in unterschiedlicher Intensität. Der Wert der Packung, die sofort beim Einlangen mikrobiologisch untersucht wurde, ist bereits überhöht und damit als „wertgemindert" zu beurteilen.

 

In der Begutachtung stützen wir uns aufwerte die dementsprechende internationale Expertengremien veröffentlicht haben. In diesem Fall auf die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM), und diese wiederum auf die Werte der ICMSF (International Commission On Microbial Specification For Food). Der von der DGHM vorgeschlagene Richtwert für rohes und gewürztes oder mariniertes Rindfleisch liegt bei 10.000 KBE/g (Koloniebildende Einheit pro Gramm) und der dementsprechende Warnwert liegt bei 100.000 KBE/g. Die Menge an Enterobakteriaceae der vorliegenden Probe liegt bei 1.200.000 KBE/g und ist damit erheblich überschritten.

 

Enterobakteriaceae sind „Schmutzkeime" die auch Verderbnis hervorrufen können. Sie gelangen erst nach der Schlachtung durch die nachfolgenden Manipulationen auf das Produkt (ev. auch durch Gewürze). Selbst eine Charge ist somit nicht homogen. Dadurch kann es zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

 

Erhebliche Überschreitung von DGHM Richt- und Warnwerten vermögen Schwachstellen im Herstellungsprozess bzw. eine Verletzung der guten Hygiene- und/oder Herstellerpraxis aufzeigen, und führen ab einem bestimmten Ausmaß zu einer dementsprechenden lebensmittelrechtlichen Bewertung.

Die erhebliche Überschreitung eines Warnwertes stellt den objektivierten Nachweis für eine erhebliche Minderung spezifischer wertbestimmender Eigenschaften dar.

 

Die Beanstandung der gegenständlichen Ware „R mariniert" bleibt somit voll inhaltlich aufrecht."

 

Es liegt somit eindeutig eine Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutzgesetzes, BGBl, i Nr. 13/2006 idgF vor. Der zur Last gelegte Sachverhalt stützt sich auf das Gutachten des Institutes für Lebensmittelsicherheit Wien und ist somit fachlich untermauert.

 

Die Einspruchsangaben konnten zu keiner Änderung dieses Ergebnisses führen.

 

Gemäß § 16 Abs. 2 und 19 VStG 1991 idgF sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

 

Demzufolge ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß zu verwenden.

 

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

 

Der Unrechtsgehalt der Tat ist im vorliegenden Fall durch die Tatsache, dass die Probe mikrobiell verunreinigt (Enterobaktleraceaen: 1,2 Millionen koloniebildende Einheiten pro Gramm) ist und somit eine erhebliche Minderung ihrer spezifischen, wertbestimmenden Eigenschaft (Frische) erfahren hat und daher nach den Allgemeinen Anforderungen des § 5 Abs. 5 Ziffer 4 LMSVG als wertgemindert zu beurteilen ist. Auf den Umstand der Wertminderung wurde nicht hingewiesen und wurden diese Lebensmittel somit in Verkehr gebracht, obwohl gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 2 LMSVG das Inverkehrbringen von wertgeminderten Lebensmitteln verboten ist, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht wurde.

 

Hinsichtlich des Ausmaßes des Verschuldens wird die Schuldform zumindest der Fahrlässigkeit angenommen.

 

Strafmilderungsgründe konnten keine festgestellt werden. Straferschwerend war die Tatsache, dass der Beschuldigte bereits wegen Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes mit Erkenntnis des OÖ. Landesverwaltungsgerichtes vom 27.05.2014 rechtskräftig mit 150 Euro bestraft wurde.

 

Die verhängte Strafe entspricht daher dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Grad des Verschuldens.

 

Unter Heranziehung der in den §§ 32 bis 35 StGB genannten Bestimmungen ist jedoch aus dem Text des § 19 Abs. 2 VStG. 1991 auch auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten entsprechend Rücksicht zu nehmen.

 

Von den Rechtsvertretern des Beschuldigten wurde im Verwaltungsstrafverfahren mit dem Aktenzeichen SanRB96-40-2014 mitgeteilt, dass er kein Vermögen besitzt, sein monatliches Nettoeinkommen ca. 2000 Euro beträgt und keine Sorgepflichten bestehen.

 

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien und im Hinblick auf den gesetzlich vorgeschriebenen Strafrahmen in der Höhe bis zu 50 000 Euro stellte nach Ansicht der Behörde der Betrag von 500 Euro die unterste Grenze darf, die gerade noch ausreichen müsste, den Beschuldigten in Hinkunft von der Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.“

 

 

II. Gegen dieses dem Bf zu Händen seiner Rechtsvertreter am 26. Februar 2015 zugestellte Straferkenntnis wendet sich die rechtsfreundlich eingebrachte Beschwerde vom 26. März 2015 (rechtzeitige Postaufgabe), die bei der Strafbehörde am 30. März 2015 einlangte. Zur Begründung führt die Beschwerde aus:

 

Gegen das Straferkenntnis vom 20.02.2014 erhebt der Beschwerdeführer

 

Beschwerde

 

Er ficht die Entscheidung zur Gänze an und zwar aus folgenden Gründen:

 

1. Angefochtener Bescheid:

 

Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.02.2014, SanRB96-4-2014.

 

2. Belangte Behörde:

 

Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck.

 

3. Ablehnungsantrag gegen AGES:

 

In der Vergangenheit wurde beobachtet, dass die AGES ihre Tätigkeit nicht als objektiver Gutachter, sondern zum Nachteil des Beschuldigten ausrichtet. Außerdem unterlaufen der AGES immer wieder Fehler, die begründete Zweifel einerseits an der Kompetenz und andererseits an der Unbefangenheit aufkommen lassen. In jedem Falle ist die AGES befangen.

 

Der Beschwerdeführer lehnt die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) hiermit ab. In der Vergangenheit konnten der AGES Analysefehler nachgewiesen werden, außerdem lässt die AGES die erforderliche Objektivität als Sachverständiger vermissen. Die Gutachten werden willkürlich Änderungen der Rechtslage angepasst. Es fehlt also an Kompetenz und es ist das Bemühen erkennbar, eine Verurteilung des Beschwerdeführers unter allen Umständen herbeizuführen.

 

Als Beispiele werden angeführt:

 

a) SanRB96-56-2013:

 

Nach dem Prüfbericht der AGES soll beim Produkt „N a B-F" ein zu hoher Natriumnitratgehalt nachgewiesen worden sein. Dies hat sich als unzutreffend erwiesen. Der Beschwerdeführer konnte mit dem Gutachten über die Gegenprobe nachweisen, dass es zu keiner Überschreitung gekommen war. Das Gutachten der AGES musste fehlerhaft sein. Bei den Angaben für Nitrat und Nitrit lautete es nämlich: mg/100g statt: mg/kg. Dies dürfte die Ursache für das fehlerhafte Ergebnis gewesen sein. Das Verwaltungsstrafverfahren wurde eingestellt.

 

b) PLS2-V-1439675/5:

 

Im Verfahren PLS2-V-1439675/5 der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten wurde die AGES bereits als Gutachter abgelehnt. Die AGES hatte eine Zubereitung aus Faschiertem mit dem Zusatzstoff Kaliumlactat in mehreren Verfahren beanstandet. Nach einem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich hat die AGES ihr Gutachten geändert. Es wurde nicht mehr behauptet, der Zusatzstoff dürfe nicht für unbehandeltes Faschiertes Verwendung finden, sondern es müssten noch weitere Zutaten, wie z.B. Gewürze, enthalten sein. Dies gilt allerdings erst aufgrund einer Änderung des Anhanges II der VO (EG) Nr. 1333/2008, welche am 04.06.2014 in Kraft getreten ist. Die AGES hat jedoch die geänderte Rechtslage auf eine Probennahme vom 31.03.2014 angewendet. Daraus ergab sich, dass die AGES ihre Gutachten nach Belieben ändert und im konkreten Fall die Rechtslage verkannt und eine spätere Verordnung auf einen früheren Sachverhalt angewendet hat.

 

c)

 

Auch in Bezug auf Diphosphat hat die AGES unrichtige Gutachten erstattet, welche durch die Gegenprobenanalysen widerlegt werden konnte:

 

- fehlerhaftes AGES-Gutachten zu MUER0028-13 und Gegenprobenanalyse GA185205 von Analytec

- fehlerhaftes AGES- Gutachten zu MUER0095-12 und Gegenprobenanalyse GA176295 von Analytec

 

In diesen beiden Gutachten liegt ein weiterer Beweis der fehlenden Kompetenz der AGES. Im Gutachten zu MUER0095-12 führte der Nachweis von Diphosphat zu einer Beanstandung, im Folgejahr lautete das Gutachten zu MUER0028-13 zu einem gleichgelagerten Sachverhalt: Keine Verletzung lebensmittelrechtlicher Vorschriften.

 

d)

 

Eine unangemeldete Vorortkontrolle der Bio-Kontrollstelle der SGS Austria Controll-Co Ges.m.b.H am 01.10.2012 hat Folgendes ergeben:

 

Aufgrund der haltlosen Anschuldigungen der AGES wurden die H KG aufgrund des Probenzeichens 4017MUER 0059/12 unangemeldet hinsichtlich der Verwendung von Phosphat in der Bio-Produktion kontrolliert. In Zuge der vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung in Auftrag gegebenen Zusatzkontrolle vom 01.10.2012 wurden ebenfalls keine Abweichungen festgestellt und es wurde bestätigt, dass die H KG kein Diphosphat zusetzt.

 

e) Gesamtphosphatmenge 2,5g/kg:

 

Im Prüfbericht der AGES wurde der Gesamtphosphatgehalt von 2,5g/kg festgestellt. Dies entspricht der natürlichen im Fleisch vorhandenen Menge, eine Zugabe ist ausgeschlossen und bewiesen. Dies ergibt sich aus der Bestätigung durch die Expertise des DI L - Gutachter nach §73 LMSVG, Hygienicum G.

 

Beweis:

Gutachten, wie oben detailliert angeführt

Expertise des DI L, Hygienicum G

 

Die Ablehnung der AGES als Gutachter im weiteren Verfahren erfolgt daher zu Recht.

 

Auch dieser Fall gibt neuerlich Anlass einen begründeten Ablehnungsantrag zu stellen, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden.

 

4. Gründe:

 

a) Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

 

Die Behörde bezieht sich auf Seite 4 des angefochtenen Bescheides auf die Stellungnahme der AGES vom 30.10.2014. Nach der dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vorliegenden Aktenlage wurde diese Stellungnahme weder dem Beschwerdeführer, noch dessen Rechtsvertreter zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer hatte keine Gelegenheit, sich im Verwaltungsverfahren mit dieser Stellungnahme auseinander zu setzen. Die belangte Behörde hat damit das rechtliche Gehör nicht gewahrt. Hätte der Beschwerdeführer diese Stellungnahme gekannt, so hätte er dazu Stellung nehmen können und es wäre die Behörde zu einem anderen Bescheid gekommen, wie im Folgenden auszuführen ist.

 

b) Begründungsmängel:

 

Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist mangelhaft. Die Behörde gibt zunächst das Gutachten wieder, es folgt die Rechtfertigung des Beschwerdeführers vom 24.03.2014, sodann wird die Stellungnahme des Instituts für Lebensmittelsicherheit W vom 30.10.2014 zitiert. Im Zuge der Erwägungen gibt die belangte Behörde die Rechtslage (unvollständig) wieder, stützt sich auf das Gutachten und das Untersuchungszeugnis über die Gegenprobe, zieht daraus den Schluss, es liege eine Verwaltungsübertretung vor und begründet dies letztlich mit dem Satz:

„Die Einspruchsangaben konnten zu keiner Änderung dieses Ergebnisses führen."

 

Die Behörde hat sich mit den einzelnen Beweisergebnissen, vor allem aber mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur Lebensmittelinformationsverordnung nicht auseinandergesetzt. Der Begründung ist nicht zu entnehmen, aus welchen Erwägungen den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Rechtfertigung, vor allem aber seinen rechtlichen Argumenten, keine Bedeutung zukommen soll. Damit ist die Begründung mangelhaft geblieben.

 

In seinem Schriftsatz zur Rechtfertigung vom 24.03.2014 hat der Beschuldigte darauf hingewiesen, dass die Analyse als solche schon anzuzweifeln ist und nicht korrekt durchgeführt wurde, weil die festgestellten Keimzahlen beim Einlangen der Probe deutlich höher waren als nach dem Lagerversuch am Ende der Verbrauchsfrist. Der Befund ist eindeutig. Die AGES versucht nun diesem Argument mit der Erklärung zu begegnen, es seien zwei Proben genommen worden und man habe die erste Probe am Tag des Einlangens, die zweite Probe einige Tage später untersucht. Dies ist aus dem Befund des Prüfungsberichtes nicht klar zu entnehmen. Es wurde nur eine Probenummer vergeben, es ist nur von einer Originalprobe dort die Rede.

 

Sodann verweist die AGES in ihrer Stellungnahme vom 30.10.2014 zu den Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten auf Werte der DGHM. Diese Werte sind im Gutachten nicht enthalten. Der Beschuldigte konnte dazu bis jetzt nicht Stellung nehmen.

 

Zur Beurteilung im Gutachten:

 

Die Sensorik des Produktes ist einwandfrei. Die AGES argumentiert lediglich mit Werten der DGHM. Der im Prüfbericht der AGES Wien angeführte Gehalt an Enterobacteriaceae von 1.200.000 KBE/g liegt über dem von der DGHM vorgeschlagenen Wert. Der Warenwert der DGHM bezieht sich auf rohes, gewürztes oder mariniertes Rindfleisch, stellt jedoch keinen rechtlich verbindlichen Grenzwert dar. Der im Prüfbericht der AGES Wien angeführte Gehalt an Enterobacteriaceae von 1.200.000KBE/g kann als erhöht eingestuft werden, die Sinnenprüfung zeigte jedoch keinerlei nachteiligen Einfluß auf die Ware.

Die amtliche Gegenprobe wurde durch Eurofins Wien (Zahl AR-14-FA-012749-01) untersucht und zeigte am Ende des deklarierten Verbrauchsdatums einen vielfach niedrigeren Gehalt an

Enterobacteriaceae von <10 KBE/g. Die ermittelten Gehalte an Enterobacteriaceae der amtlichen Probe und der amtlichen Gegenprobe zeigen somit kein vergleichbares Ergebnis. Zudem zeigen die beiden Ergebnisse der AGES Untersuchung innerhalb des Prüfberichtes kein vergleichbares Ergebnis. Es ist zu hinterfragen weshalb so stark divergierende Ergebnisse erzielt wurden.

Es kann aus den vorliegenden Prüfergebnissen noch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Wertminderung vorliegt.

Mögliche Ursachen könnten vorliegen:

        Analysenfehler der AGES beim Probeneingang

        Unterbrechung der Kühlkette an einer unserer Produktion nachgelagerten Stelle (wie bereits in unserer ersten Eingabe erwähnt)

        Möglicherweise wurde eine Einzelpackung, vor der amtlichen Probenahme, aus der Kühlung durch einen Endkonsumenten entnommen und später wieder zum Verkauf in die Kühlung zurückgelegt

 

Gegenprobe:

 

Der Beschuldigte hat einen exakten Gegenbeweis angestellt, da er die amtliche Gegenprobe in einem staatlich akkreditierten Institut untersuchen und durch einen Gutachter nach §73 LMSVG beurteilen hat lassen. Dieses Faktum muss seiner Ansicht nach zur Einstellung führen. Das Beweismittel wurde überhaupt nicht berücksichtigt. Zur Gegenprobe hat die AGES nicht Stellung genommen, was neuerlich einen Grund darstellt, an der Unbefangenheit zu zweifeln.

Der Beschuldigte hat das Gutachten von E über die Gegenprobe vorgelegt und ist der Beurteilung der AGES somit auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Es liegen unterschiedliche Beweisergebnisse vor, die nicht aufgeklärt werden können. So ist im Zweifel nach dem Grundsatz „in dubio pro reo" vorzugehen.

 

Es ist davon auszugehen, dass bei der AGES ein Analysefehler vorliegt.

 

Unrichtige rechtliche Beurteilung:

 

Die DGHM ist kein Gesetzgeber. Deren empfohlene Werte stellen keine verbindlichen Grenzwerte dar. Es fehlt somit auch unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen Beurteilung an einem Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften (vgl. LVwG-000062/2/FP/CG).

 

Schließlich hat der Beschuldigte vorgetragen, dass laufend eine Eigenkontrolle erfolgt und er hat zwei Untersuchungszeugnisse vorgelegt, welche die Verkehrsfähigkeit bestätigen.

 

Er konnte daher subjektiv davon ausgehen, dass das Produkt nicht wertgemindert war.

 

Die AGES übergeht auch die Tatsache, dass nicht bloß unterschiedliche Kontaminationen, sondern auch eine spätere unterschiedliche Behandlung der Ware oder eine Unterbrechung der Kühlkette zur Vermehrung von Keimen im Produkt führen kann. Für folgende Abschnitte der Handelskette kann die H KG keine Verantwortung für die lückenlose Einhaltung der Kühlkette übernehmen:

 

• Transport der Ware ab Rampe H an die Spedition F G, S a W, durch Spedition F G 13, S a W, selbst

• Zwischenlagerung der Ware bei der Spedition F G, S a W

• Transport der Ware von der Spedition F G, S a W, an die H Zentralniederlassung R

• Zwischenlagerung der Ware in der H Zentralniederlassung R

• Transport der Ware von der Firma H an die entsprechende Filiale in L, F

• Lagerung in der H Filiale in L, F

• Probentransport der amtlichen Probe von der Filiale in das Institut für Lebensmittelsicherheit W, S, W

• Schließlich kann auch ein Kunde im Einzelhandel eine Packung entnommen und später wieder in die Kühlung zurückgelegt haben

 

 

5. Antrag:

 

Der Beschwerdeführer stellt daher den

 

Antrag,

 

I.

eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, und

 

II.

den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen bzw. den Bescheid dahingehend abzuändern, dass das Verfahren eingestellt werde.

 

6. Rechtzeitigkeit:

 

Der angefochtene Verwaltungsakt wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 26.02.2015 zugestellt. Mit am 26.03.2015 zur Post gegebenem Schriftsatz wird die Beschwerde fristgerecht erhoben.

 

 

Wels, 26.03.2015 Ing. R S

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegte Beschwerde und den gegenständlichen Verfahrensakt der belangten Behörde. Auf Grund der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

 

III.1. Bei der am Standort der H KG in L, F, durchgeführten Lebensmittelkontrolle vom 21. August 2013 um 09:02 Uhr wurden aus der Kühlvitrine vom Lebensmittelaufsichtsorgan 2 Packungen (475 g und 469 g) „R mariniert“, Charge/Los: L753413xxx, Verbrauchsdatum: 28.08.2013 des herstellenden Lebensmittelunternehmens H KG in S, L, als amtliche Probe mit dem Probenzeichen 7006H0AL0124/13 gezogen und in weiterer Folge zur Begutachtung bei der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Institut für Lebensmittelsicherheit W, S, W (im Folgenden nur AGES), eingereicht. Eine entsprechende Gegenprobe als augenscheinlich gleiche Wareneinheit wurde laut Probenbegleitschreiben ausgefolgt. Die Ware war am 13. August 2013 im Wege der Spedition F (mit Zwischenlagerung in S a W) an die H KG. Zweigniederlassung R, R, H, 1, ausgeliefert worden und wurde von dort am 17. August 2013 von der H Filiale L bezogen.

 

Aus dem Prüfbericht der AGES (zu Dok.Nr. D-2632234) geht hervor, dass die zwei Originalpackungen mit Verbrauchsdatum „28.08.2013“ als amtliche Probe am 21.08.2013 um 10:25 Uhr einlangten. Die amtliche Probe wurde nach der Protokollierung in Teilproben zur Untersuchung beim Einlangen (XLV0) und nach einem Lagerversuch (XLV1) aufgeteilt. Beim Bericht über die Untersuchung wird diese Teilung allerdings nicht mehr ausdrücklich erwähnt. Es ist nur von der „Untersuchung beim Einlangen der Probe“ und von der „Untersuchung nach dem Lagerversuch“ die Rede, ohne ausdrücklich zwischen Teilproben zu differenzieren.

 

Bezüglich der Untersuchung beim Einlangen am 21. August 2013 sind zur „Sinnenprüfung“ keine Auffälligkeiten angeführt, jedoch wird im Rahmen der mikrobiologischen Prüfung eine Verunreinigung mit Enterobacteriaceae: 1,2 Millionen KBE/g (koloniebildende Einheiten pro Gramm) festgestellt. Im Gutachten wird dazu festgestellt:

 

„Die vorliegende Probe mit der Bezeichnung "R mariniert" ist mikrobiell verunreinigt (Enterobacteriaceaen: 1,2 Millionen koloniebildende Einheiten pro Gramm).

 

Die Probe hat eine erhebliche Minderung ihrer spezifischen, wertbestimmenden Eigenschaft (Frische) erfahren und ist daher nach den Allgemeinen Anforderungen des § 5 Abs. 5 Ziffer 4 LMSVG als wertgemindert zu beurteilen.“

 

Bezüglich der Untersuchung nach dem Lagerversuch am 28. August 2014 hat die AGES weder zur Sinnenprüfung noch zur mikrobiologischen Prüfung Auffälligkeiten oder Beanstandungen zum Ausdruck gebracht. Diese Untersuchung wird im Gutachten nicht einmal erwähnt. Im Befund werden beispielsweise Enterobacteriaceae mit 8900 KBE/g und Milchsäurebakterien mit 31 Millionen KBE/g angegeben.

 

III.2. Nach Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1. März 2014 brachte der Bf durch seine Rechtsvertreter den Schriftsatz vom 24. März 2014 ein, und legte seiner Rechtfertigung (vgl Wiedergabe im angefochtenen Straferkenntnis) Untersuchungszeugnisse von akkreditierten Instituten als Gegenbeweise vor.

 

Die aus 2 Originalpackungen bestehende amtliche Gegenprobe (Probenkennung Zl. 7006HOAL0124/13) wurde von der H KG beim akkreditierten Institut „E – ofi Lebensmittelanalytik GmbH“ in W, B, zur Untersuchung auf ausgewählte Parameter und Begutachtung eingereicht. Zu der für diese Probe vergebenen Zahl 975-2013-00018136 wurden der Prüfbericht AR-13-FA-012749-01 vom 11. September 2013 und das dazugehörige Gutachten einer Lebensmittelgutachterin gemäß § 73 LMSVG erstattet. Die sensorische Untersuchung der Probe blieb ohne Beanstandung. Die mikrobiologische Untersuchung zum Ende der Haltbarkeitsfrist ergab für Enterobacteriaceae einen Wert <10 KbE/g, Milchsäurebakterien 13 Millionen KbE/g und für die aerobe Keimzahl bei 30°bzw Gesamtkeimzahl 20 Millionen KbE/g.

 

Im Gutachten der Lebensmittelgutachterin Dr. J R wird dazu ausgeführt:

 

„Die bei der gegenständlichen Probe (eine Packung) am Ende der Verbrauchsfrist ermittelte Gesamtkeimzahl und die Zahl an Milchsäurebakterien sind als erhöht anzusehen. Dies kann auf unzureichende Hygiene- und/oder Kühlhaltebedingungen während der Phasen Produktion, Verpackung, Lagerung und Transport hinweisen.

Aufgrund des zum Zeitpunkt der Untersuchung festgestellten nicht zu beanstandenden sensorischen Befundes und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Untersuchungen am Ende der Verbrauchsfrist durchgeführt wurden, ist aus dem Ergebnis des mikrobiologischen Befundes allein derzeit kein unmittelbarer Beanstandungsgrund ableitbar.

Es wird jedoch empfohlen, der aufgezeigten mikrobiologischen Problematik entsprechendes Augenmerk zu widmen.“

 

Der Bf hat noch zwei weitere Untersuchungszeugnisse, die die H KG im Rahmen der Eigenkontrolle zur Verkehrsfähigkeit des Produkts „R mariniert“ eingeholt hatte, vorgelegt:

 

Die ANALYTEC® Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik in Salzburg bestätigt im Gutachten zu Zl. G178013/2013 vom 31. Jänner 2013 hinsichtlich der substantiellen Beschaffenheit der Probe (Verbrauchsdatum 21.01.2013) die Verkehrsfähigkeit und hält fest, dass die mikrobiologische Untersuchung keinen Anlass für eine Bemängelung ergab. Vom HYGIENICUM® Institut für Mikrobiologie und Hygiene-Consulting GmbH in Graz wird im Gutachten Nr.: G2014/0349 vom 27. Jänner 2014 zur untersuchten Probe (Verbrauchsdatum 14.01.2014) unter Bezugnahme auf die untersuchten mikrobiologischen Anforderungen bestätigt, dass die Ware hinsichtlich ihrer substantiellen Beschaffenheit in Österreich verkehrsfähig sei.

 

III.3. Aus Anlass der Rechtfertigungsangaben des Bf ersuchte die belangte Behörde die AGES um eine Stellungnahme. Diese erstattete ein weiteres „Amtliches Untersuchungszeugnis“ vom 30. Oktober 2014 ohne Prüfbericht, aber mit „Gutachten“, welches eine ergänzende Stellungnahme enthält. Aus dieser geht nunmehr ausdrücklich hervor, dass die beiden Packungen der amtlichen Probe getrennt untersucht wurden, die eine am Tag des Einlangens, die andere am Ende der Verbrauchsfrist. Der unterschiedliche Wert der mikrobiologischen Befunde der Packungen von einer Charge wird im Wesentlichen damit erklärt, dass ein Stück des Erzeugnisses mehr mit Kontaminationsquellen in Kontakt gekommen sein könne als ein anderes. In beiden Packungen sei dieselbe Flora – nur in unterschiedlicher Intensität - anzutreffen gewesen.

 

Die Begutachtung stütze sich auf veröffentlichte Werte internationaler Expertengremien. Im vorliegenden Fall sei dies die DGHM (Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie), welche sich ihrerseits auf die ICMSF (International Commission On Microbial Specification For Food) berufe. Der von der DGHM vorgeschlagene Richtwert für rohes und gewürztes oder mariniertes Rindfleisch liege bei 10.000 KBE/g und der Warnwert bei 100.000 KBE/g. Diese Menge an Enterobacteriaceae überschreite die vorliegende Probe mit 1,2 Millionen KBE/G erheblich. Enterobacteriaceae seien Schmutzkeime, die erst durch Manipulationen nach der Schlachtung auf das Produkt gelangen. Auch bei einer Charge könne es zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Erhebliche Überschreitung von Richt- und Warnwerten der DGHM können Schwachstellen im Herstellungsprozess bzw eine Verletzung der guten Hygienepraxis und/oder Herstellerpraxis aufzeigen. Die erhebliche Überschreitung des Warnwertes stelle den objektiven Nachweis für eine erhebliche Verminderung spezifischer wertbestimmender Eigenschaften dar. Die Beanstandung der gegenständlichen Ware bleibe daher aufrecht.

 

III.4. Der erkennende Richter sieht zunächst im Rahmen der Beweiswürdigung keinen Grund daran zu zweifeln, dass die von der AGES als Beurteilungsmaßstab herangezogenen Richtwerte und Warnwerte der DGHM eine dem Stand der Wissenschaft entsprechende Expertenmeinung darstellen, die auch für österreichische Lebensmittelgutachter fachlich relevant ist. Dass es sich um keine rechtlich verordneten Grenzwerte handelt, vermag nichts an der Richtigkeit der auf entsprechendem Fachwissen beruhenden sachverständigen Aussage zu ändern, wonach die erhebliche Überschreitung des DGHM-Warnwertes Schwachstellen bzw eine Verletzung der guten Hygienepraxis aufzeigen kann. Es handelt sich insofern um eine Tatfrage. Auch kann die grundsätzliche Annahme der AGES, dass die erhebliche Überschreitung des Warnwerts für Enterobacteriaceae (konkret um den Faktor 12 laut AGES Prüfbericht) als objektivierter Nachweis für eine erhebliche Minderung der spezifischen wertbestimmenden Eigenschaften eines Lebensmittels anzusehen sei, nicht als unschlüssig betrachtet werden. Für berechtigte Zweifel an dieser Fachmeinung sind keinen Gründe ersichtlich. Die Beschwerde kann dem nur die noch nicht auffällige Sinnenprüfung entgegen halten. Dieses Argument ist aber nicht ausreichend, zumal eine mikrobiologische Untersuchung bekanntlich wesentlich exakter ist.

 

Allerdings trifft der Beschwerdeeinwand zu, dass schon die mikrobiologischen Untersuchungsergebnisse der AGES zu den Teilproben der amtlicher Probe (getrennte Prüfung der beiden Packungen: einerseits beim Einlangen weit überhöhte 1,2 Millionen KBE/g und andererseits zum Ende der Haltbarkeit noch unbedenkliche 8900 KBE/g) wesentlich voneinander abweichen. Darüber hinaus weicht die in einer der amtlichen Teilproben ermittelte Menge Enterobacteriaceae von 1,2 Millionen KBE/g vom Untersuchungsergebnis zur amtlichen Gegenprobe in der geringfügigen Menge von <10 KBE/g, das überdies erst am Ende der Verbrauchsfrist ermittelt wurde, so krass ab, dass keine vergleichbaren Prüfergebnisse vorliegen, obwohl auch die Gegenprobe vom Lebensmittelaufsichtsorgan als augenscheinlich gleiche Wareneinheit der gleichen Charge entnommen wurde.

 

Die AGES hat durch ihren Gutachter in der Stellungnahme vom 30. Oktober 2014 die nicht vergleichbaren Untersuchungsergebnisse der beiden Teilproben der amtlichen Probe damit erklärt, dass „Stücke“ einer Charge verschieden kontaminiert sein könnten. Sinngemäß soll diese Erklärung wohl auch für das völlig abweichende Ergebnis der Untersuchung der Gegenprobe durch die Eurofins gelten, auf das die AGES allerdings nicht ausdrücklich Bezug nimmt. In der Stellungnahme der AGES wird zum eigenen unterschiedlichen Befund ganz allgemein argumentiert, dass die Stücke einer Charge je nach Handhabung unterschiedlich sein könnten. So könnte ein Stück intensiver bearbeitet worden und dadurch mit mehr Kontaminationsquellen in Berührung gekommen sein. Enterobacteriaceae kämen erst nach der Schlachtung durch Manipulationen (ev. auch Gewürze) auf das Produkt. Selbst eine Charge sei nicht homogen und es könne zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

 

Das abstrahierende Argument von der verschieden intensiven Bearbeitung von Einheiten einer Charge erscheint dem erkennenden Richter sehr weit hergeholt und vermag schon nicht zu überzeugen, weil viele Arbeitsvorgänge maschinell und einheitlich erfolgen. Wenn kontaminierte Gewürze verwendet worden sind, müssten auch mehr als nur einzelne Wareneinheiten einer Charge betroffen sein. Dies wäre auch bei Manipulation durch im Herstellungsprozess tätige Arbeitnehmer anzunehmen, die als verschiedene Kontaminationsquellen in Betracht kämen. Wenn die Behauptungen des Gutachters der AGES zuträfen, dürfte dem Ergebnis der Untersuchung einer amtlichen Probe bzw von einzelnen Originalpackungen einer Charge auch keine repräsentative Bedeutung zukommen. Denn die Überschreitung eines Warnwertes wäre immer nur für eine einzelne Packungen und nicht für die gesamte Charge bedeutsam und aussagekräftig. Eine Kontamination würde eher nur vom Zufall abhängen und man könnte darin auch keinen Indikator für eine generelle Schwachstelle im Herstellungsprozess sehen. Ohne repräsentative Bedeutung ließe sich auch die Kausalität einer bestimmten Kontaminationsquelle kaum eingrenzen.

 

Der Bf hat zur amtlichen Gegenprobe das Gutachten vom 11. September 2013 der akkreditierten „Eurofins – ofi Lebensmittelanalytik GmbH“ mit Sitz in 1110 Wien eingeholt und vorgelegt, welches hinsichtlich der Belastung mit Enterobacteriaceae zu einem völlig anderen Ergebnis gelangt als die AGES bei der Untersuchung der amtlichen Probe. Damit ist er dem Amtlichen Untersuchungszeugnis der AGES durch ein Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene (Lebensmittelgutachter gemäß § 73 LMSVG) im entscheidungswesentlichen Punkt entgegengetreten. Beim erkennenden Gericht sind Zweifel an der Richtigkeit des Prüfberichtes der AGES entstanden, die durch die zitierte Stellungnahme der AGES nicht ausgeräumt werden konnten. Es liegen diametral verschiedene Gutachten zur mikrobiellen Verunreinigung von Packungen der amtlichen Probe und Gegenprobe vor. Eine zuverlässige Aufklärung des Widerspruchs erscheint nicht möglich. Ein Analysefehler der AGES kann weder bewiesen, noch ausgeschlossen werden.

 

III.5. Außerdem muss im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Probeziehung in einem Einzelhandelsmarkt und nicht im Betrieb des Herstellers noch berücksichtigt werden, dass nicht bloß die Kontamination der Ware mit Keimen im Herstellungsprozess, sondern auch deren übermäßige Vermehrung im Nachhinein durch unterschiedliche Behandlung der Ware, insbesondere durch eine mögliche Unterbrechung der Kühlkette, in Betracht kommen kann. Die Beschwerde weist im Einzelnen auf die der Herstellung nachfolgenden Abschnitte der Handelskette hin. Der Transport der Ware wurde zunächst durch die Spedition F ab Rampe im Betrieb der H KG (mit Zwischenlagerung in S a W) nach Tirol zur H Zentralniederlassung R durchgeführt. Von dort erfolgte nach Zwischenlagerung der Weitertransport von der Firma H an die Filiale in L.

 

Es könnte außerhalb des Einflussbereiches des Bf zu einer Unterbrechung der Kühlkette an einer dem Produktionsbetrieb H KG nachfolgenden Stelle gekommen sein. Da die mikrobielle Untersuchung der AGES die hohe Belastung mit Enterobacteriaceae von 1,2 Millionen KBE/g nur für eine Packung bzw Teilprobe der amtlichen Probe ergab, könnte eine unsachgemäße, nur dies Packung betreffende Manipulation vor der Probenahme durch das Lebensmittelaufsichtsorgan ursächlich dafür sein. Es kommt nach der allgemeinen Lebenserfahrung immer wieder vor, dass Kunden etwas aus einer Kühlvitrine entnehmen und dann doch nicht kaufen wollen oder können und das Produkt irgendwo vor dem Passieren der Kassa zurücklassen und nicht in die Kühlvitrine zurücklegen. Ungeachtet einer Unterbrechung der Kühlkette kann die Packung vom Personal einfach der Ordnung halber wieder in die Kühlvitrine zurückgelegt worden sein.

 

III.6. Nach der aktenkundigen Beweislage kann schon auf Grund des vorgelegten Fachgutachtens zur Gegenprobe im Zweifel nicht festgestellt werden, dass die Belastung der amtlichen Teilprobe mit Enterobacteriaceae von 1,2 Millionen KBE/g im Amtlichen Untersuchungszeugnis der AGES zutreffend festgestellt wurde. Ein Analysefehler ist nicht auszuschließen. Selbst wenn man aber von der Richtigkeit des Befundes der AGES ausgeht, fällt auf, dass nur eine einzige Packung bzw Wareneinheit des Produkts „R mariniert“ von dieser massiven mikrobiellen Verunreinigung mit Enterobacteriaceae, die eine erhebliche Minderung der wertbestimmenden Eigenschaften (Frische) bedeutet, betroffen war und dies auf die zweite Teilprobe der amtlichen Probe sowie auf die Gegenprobe nicht zutraf. Somit erscheint eine Vermehrung der Keime durch unsachgemäßen Umgang und Unterbrechung der notwendigen Kühlung bei Lagerung des beanstandeten Produkts – wie etwa unter III.5. beschrieben - als naheliegende Erklärung. Diese realistische Möglichkeit muss zumindest im Zweifel zugunsten des Bf  angenommen werden. Es kann daher jedenfalls nicht mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass eine erhöhte Belastung mit Enterobacteriaceae bereits m Zeitpunkt der Auslieferung durch die H KG vorlag.

 

Im Zweifel ist zugunsten eines Beschuldigten von der Annahme des günstigeren Sachverhalts auszugehen („in dubio pro reo“). Im Strafverfahren darf nämlich ein den Beschuldigten belastender Sachverhalt nur angenommen werden, wenn entsprechende Feststellungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit getroffen werden können. Die Möglichkeit von Feststellungen zu Lasten des Bf scheidet nach Überzeugung des erkennenden Richters bei der gegebenen Beweislage aus. Insbesondere auf Basis des oberflächlichen „Gutachtens“ der AGES war eine Strafverfolgung des Bf problematisch und mit dem Zweifelsgrundsatz kaum vereinbar. Die AGES hatte ursprünglich im Amtlichen Untersuchungszeugnis die Tatsache der voneinander stark abweichenden Analyseergebnisse der Teilproben der amtlichen Probe nicht einmal kommentiert, obwohl insofern offenkundig Aufklärungsbedarf bestand. Im „Gutachten“ wurde nur pauschal die mikrobielle Verunreinigung der Probe „R mariniert“ und die Wertminderung iSd § 5 Abs 5 Z 4 LMSVG festgestellt. Zu den aus fachlicher Sicht möglichen Ursachen für die mikrobielle Belastung, die für einen Tatvorwurf der Strafbehörde wesentlich sind, fehlten jegliche sachdienlichen Hinweise.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat rechtlich erwogen:

 

IV.1.Gemäß § 90 Abs 1 Z 2 LMSVG (BGBl I Nr. 13/2006, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 67/2014) begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen,

 

wer Lebensmittel, die wertgemindert oder verfälscht sind, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, in Verkehr bringt.

 

Bei vorsätzlichen Verstößen gegen Z 1 und 2, die in Kenntnis der Rechtwidrigkeit des Handelns begangen werden, ist, sofern die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind, eine Geldstrafe in der Höhe von zumindest 700 Euro, bei Wiederholung von 4000 Euro, festzusetzen. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist bis zu sechs Wochen festzusetzen.

 

Nach § 5 Abs 1 Z 2 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel, die verfälscht oder wertgemindert sind, ohne dass dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht wird, in Verkehr zu bringen.

 

Gemäß der Begriffsbestimmung des § 5 Abs 5 Z 4 LMSVG sind Lebensmittel wertgemindert, wenn sie nach der Herstellung, ohne dass eine weitere Behandlung erfolgt ist, eine erhebliche Minderung an wertbestimmenden Bestandteilen oder ihrer spezifischen, wertbestimmenden Wirkung oder Eigenschaft erfahren haben, soweit sie nicht für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind.

 

IV.2. Was unter Inverkehrbringen zu verstehen ist, ergibt sich aus der Begriffsbestimmung nach § 3 Z 9 LMSVG, die grundsätzlich auf den Art 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist.

 

Nach dem Art 3 Z 8 der EG-BasisVO, das ist die Verordnung (EG) 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (ABl 2020 L 31 idF ABl 2003 L 245 und ABl 2006 L 100), bezeichnet der Ausdruck "Inverkehrbringen" das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jede andere Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

 

Das Inverkehrbringen der beanstandeten Ware erfolgte durch Verkauf und Auslieferung der Ware von der H KG im Wege einer Spedition an die Zentralniederlassung R der H KG in Tirol. Damit sind die begrifflichen Voraussetzungen des § 3 Z 9 LMSVG erfüllt. Dem Bf wurde das Inverkehrbringen der Ware vom Lebensmittelunternehmen, für das er verwaltungsstrafrechtlich gemäß § 9 Abs 2 VStG verantwortlich ist, angelastet.

 

IV.3. Wie bereits bei den Feststellungen unter Punkten III.4. bis III.6. näher dargestellt worden ist, kann das Oö. Landesverwaltungsgericht schon in tatsächlicher Hinsicht nicht davon ausgehen, dass die Ware von der Firma H KG in wertgemindertem Zustand verkauft und ausgeliefert bzw an den Transporteur übergeben wurde. Schon deshalb wurde das angelastete Tatbild nicht erfüllt.

 

Außerdem hat der Bf zur Gegenprobe durch das Fachgutachten eines gemäß dem § 73 LMSVG autorisierten Lebensmittelgutachters in Bezug auf ein verpacktes Produkts aus der gleichen Charge die mikrobielle Unbedenklichkeit bescheinigt. Zwei vorangegangene weitere Übersuchungen von Proben durch andere akkreditierte Institute im Rahmen der Eigenkontrolle bestätigen ebenfalls die substanzielle Verkehrsfähigkeit.

 

Selbst wenn man von einer Wertminderung der von der AGES untersuchten Teilprobe im Zeitpunkt des Inverkehrbringens durch die H KG ausginge, hätte der Bf durch die Fachgutachten iSd § 5 Abs 1 Satz 2 VStG glaubhaft gemacht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Denn es ist angesichts der wiederholten Beiziehung geeigneter Sachverständiger nicht ersichtlich, welche Sorgfaltspflicht er noch verletzt haben könnte. Den Lebensmittelunternehmer trifft im Falle der Beiziehung geeigneter Sachverständiger nur eine eingeschränkte Kontrollpflicht. Da keine offenkundigen, auch für Laien erkennbare Mängel der gegenständlichen Gutachten vorliegen, konnte eine weitere fachliche Überprüfung dieser Gutachten nicht gefordert werden, zumal dies auf eine unzulässige Überspannung der objektiven Sorgfaltspflicht im Geschäftsleben hinauslaufen würde (vgl dazu näher VwSlg 12947 A/1989).

 

IV.4. Im Ergebnis kann die dem Bf gemäß § 90 Abs 1 Z 2 iVm § 5 Abs 1 Z 2 LMSVG angelastete Übertretung des Inverkehrbringens eines wertgeminderten Lebensmittels ab Betrieb der H KG nicht angenommen werden.

 

Der Beschwerde war daher stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt sowohl die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens (§ 66 Abs 1 VStG) als auch zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 52 Abs 9 VwGVG) und weiter die Verpflichtung gemäß § 71 Abs 3 LMSVG zum Ersatz von Kosten der Lebensmitteluntersuchung, zumal insofern ein Straferkenntnis und damit eine Verurteilung vorausgesetzt wird.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. normativen Maßstab der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im gegenständlichen Fall ging es nicht um besondere Rechtsfragen, sondern im Wesentlichen um Tatfragen und um Fragen der Einzelfallgerechtigkeit (vgl dazu etwa VwGH 23.9.2014, Zl. Ro 2014/01/0033). Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof  beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß