LVwG-490012/9/Gf/Mu – 490013/9

Linz, 28.06.2016

B E S C H L U S S

 

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Grof aus Anlass der Beschwerden des M D, vertreten durch RA Dr. F M, gegen die Bescheide des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 2. Juni 2015, Zl. Pol96-23-3-2015, und vom 24. Juni 2015, Zl. Pol96-23-4-2015, wegen der Verhängung von Zwangsstrafen aus Anlass der Nichterfüllung von auf Grund des Glücksspielgesetzes erteilten Anordnungen

 

 

 

 b e s c h l o s s e n :

 

 

 

I.          Die Beschwerden werden gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B‑VG als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

B e g r ü n d u n g

 

 

I.

 

Vorgängiges Behörden- und Verwaltungsgerichtsverfahren

 

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 2. Juni 2015, Zl.Pol96-23-3-2015, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 56a des Glücksspielgesetzes, BGBl 620/1989 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 105/2014 (im Folgenden: GSpG), i.V.m. § 5 VVG eine Zwangsstrafe in Höhe von 20.000 Euro verhängt, weil er die über ihn mit Bescheid vom 23. Februar 2015, Zl. Pol96-23-2015, ab diesem Tag verfügte Verpflichtung zur Schließung seines in x situierten Betriebes trotz Verhängung von bescheidmäßigen Zwangsstrafen am 4. März, am 24. März und am 13. April sowie Setzung einer weiteren Nachfrist bis zum 16. April 2015 nicht erfüllt habe.

 

Mit weiterem Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 24. Juni 2015, Zl.Pol96-23-4-2015, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 56a GSpG i.V.m. § 5 VVG eine neuerliche Zwangsstrafe in Höhe von 22.000 Euro verhängt, weil er die über ihn mit Bescheid vom 23. Februar 2015, Zl. Pol96-23-2015, ab diesem Tag verfügte Verpflichtung zur Schließung seines in x situierten Betriebes trotz Verhängung von bescheidmäßigen Zwangsstrafen am 4. März, am 24. März, am 13. April und am 2. Juni sowie Setzung einer weiteren Nachfrist bis zum 8. Juni 2016 nicht erfüllt habe.

 

Begründend wurde dazu jeweils im Wesentlichen ausgeführt, dass im Zuge entsprechender polizeilicher Kontrollen festgestellt worden sei, dass der Rechtsmittelwerber die ihm bescheidmäßig (und mittlerweile bereits rechtskräftig; vgl. LVwG-410608/9/Zo) auferlegten Verpflichtungen bislang nicht erfüllt habe, sodass diese – weil es sich insoweit um eine unvertretbare Leistung handle – im Wege der Anordnung von Beugestrafen zu erzwingen sei.

 

2. Gegen diese ihm am 8. Juni bzw. am 29. Juni 2015 zugestellten Bescheide richteten sich die am 22. Juni bzw. am 16. Juli 2015 – und damit jeweils rechtzeitig – zur Post gegebenen Beschwerden.

 

Darin wurde – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass die angefochtenen Bescheide an einer Vielzahl von Begründungs- und Verfahrensmängeln leiden, wie z.B., dass weder feststehe, ob die verfahrensgegenständlichen Geräte überhaupt als Glücksspielautomaten anzusehen seien und der Entscheidung keine ausreichende Sachverhaltsfeststellung zu entnehmen sei. Zudem würden sich jene das Monopolsystem des GSpG tragenden einfachgesetzlichen Regelungen als verfassungs- bzw. unionsrechtswidrig erweisen.

 

3. Mit Beschluss vom 13. Oktober 2015, LVwG-490012/5/Gf/Mu, hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich das Beschwerdeverfahren gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zum Einlangen des Erkenntnisses oder Beschlusses des VwGH in einer dg. zu Zl. Ro 2015/17/0022 anhängigen gleichartigen („führenden“) Rechtssache ausgesetzt und dies dem VwGH mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 mitgeteilt.

 

4. Mit Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, hat der VwGH (nicht bloß mit einer kassatorischen, sondern) im Wege einer Entscheidung in der Sache selbst ausgesprochen, dass eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG nicht zu erkennen ist (RN 123), weil die mit diesem Gesetz angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden und diese Ziele nicht bloß als Vorwand für die Beibehaltung der Monopolregelung bzw. einer Einnahmenmaximierung angesehen werden können. Dass vom Staat – bei Verfolgung gerechtfertigter Ziele im Sinne von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses – im Zusammenhang mit dem Glücksspiel hohe Einnahmen erzielt werden, macht die Regelungen des GSpG nicht unionsrechtwidrig, denn es ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Maßnahmen des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung und der Kriminalitätsbekämpfung sowie die Aufsicht über die Glücksspielkonzessionäre und Bewilligungsinhaber und auch die medizinischen Behandlungskosten von Spielsüchtigen sowie Fürsorgeunterstützungen für Spielsüchtige und deren Familien hohe finanzielle Kosten verursachen. Daher ist es auch unter diesen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn neben der Verfolgung von legitimen Zielen zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit auch entsprechende Einnahmen aus Abgaben im Zusammenhang mit Glücksspiel durch den Staat lukriert werden, wobei im Übrigen gerade die vom LVwG geforderte Vergabe von Konzessionen und Bewilligungen in unbeschränkter Anzahl eine Erhöhung der vom Staat lukrierten Abgaben ermöglichen würde (RN 122).

 

5. Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 12. Mai 2016, LVwG-410348/22/Gf/Mu u.a., dazu aufgefordert, bekanntzugeben, ob der von der belangten Behörde bescheidmäßig festgestellte Sachverhalt auch vom LVwG seiner in den vorliegenden Beschwerdeverfahren zu treffenden Entscheidung als unbestritten zu Grunde gelegt werden kann sowie bejahendenfalls, ob auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet wird.

 

6. Dementsprechend hat der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 1. Juni 2016 (telefonisch) mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet wird.

 

 

 

II.

 

Fortgesetztes Verfahren – Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung

 

 

1. Zu den vom Beschwerdeführer vorgelegten sowie vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich ergänzend erhobenen Beweisen wurde bereits im hg. Verfahren LVwG-410287/42/Gf/Mu ausführlich Stellung genommen (und zwar mit dem Ergebnis, dass sich das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol nach hg. Ansicht als unionsrechtswidrig erweist – siehe BEILAGE).

 

2. Davon ausgehend konnte auf Grund des vom Rechtsmittelwerber abgegebenen Verzichts von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen und der von der belangten Behörde ermittelte und dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Sachverhalt als auch für diese Entscheidung zutreffend festgestellt werden.

 

 

 

III.

 

Fortgesetztes Verfahren – Rechtliche Beurteilung

 

 

1. Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsgerichte verpflichtet, dann, wenn der VwGH einer Revision stattgegeben hat, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

 

Eine vergleichbar ausdrückliche Anordnung enthält § 34 Abs. 3 VwGVG zwar nicht; allerdings ergibt sich aus der Zielrichtung dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 B‑VG, wonach das Abweichen von der Rechtsprechung des VwGH explizit einen Revisionsgrund bildet, im Ergebnis eine dem § 63 Abs. 1 vergleichbare quasi-Bindungswirkung.

 

2. Aus verfahrensökonomischen Gründen ist daher die vom VwGH in dessen Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, wonach das im GSpG normierte Monopolsystem nicht als unionsrechtswidrig anzusehen ist, prinzipiell auch hier dem fortgesetzten Verfahren zu Grunde zu legen.

 

3.1. Gemäß § 56a Abs. 1 GSpG konnte die Behörde dann, wenn der begründete Verdacht bestand, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit entgegen den Vorschriften des GSpG Glücksspiele veranstaltet oder durchgeführt werden und mit Grund anzunehmen war, dass eine Gefahr der Fortsetzung bestand, ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung war Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden konnte.

 

Über eine derartige Verfügung war nach § 56a Abs. 3 (und zwar auch nach der gegenwärtig maßgeblichen Fassung [BGBl I 118/2015]) GSpG binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben galt (bzw. gilt). Solche Bescheide traten (bzw. treten), wenn sie nicht ohnehin kürzer befristet waren (bzw. sind), mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit.

 

3.2. Angesichts dessen, dass sich diesbezüglich weder in § 56a GSpG noch in § 34 Abs. 3 VwGVG eine entsprechende Regelung findet, ist davon auszugehen, dass der Lauf der in § 56a Abs. 6 GSpG normierten Höchstfrist von einem Jahr durch eine Aussetzung gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG nicht unterbrochen wird.

 

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass jener die in Beschwerde gezogenen Zwangsstrafen tragende Titelbescheid vom 23. Februar 2015, Zl. Pol96-23-2015, ex lege als seit dem 23. Februar 2016 außer Wirksamkeit getreten anzusehen ist.

 

Da somit die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Erbringung dieser bescheidmäßig verfügten Leistung nicht mehr besteht, ist seit dem 23. Februar 2016 infolge entsprechende rechtlicher Akzessorietät auch die zu deren Erzwingung angeordnete Beugestrafe als weggefallen anzusehen.

 

3. Davon ausgehend kann der Rechtsmittelwerber durch die angefochtenen Bescheide gegenwärtig auch nicht mehr in seinen subjektiven Rechten verletzt werden, weshalb die vorliegenden Rechtsbehelfe jeweils mangels rechtlicher Beschwer i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG als unzulässig zurückzuweisen waren.

 

 

 

IV.

 

Revision an den Verwaltungsgerichtshof

 

 

Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren insbesondere im Hinblick auf das Erkenntnis des VwGH vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen weder fehlt noch uneinheitlich ist noch mit der gegenständlichen Entscheidung von dieser abgewichen wird.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Beschlusses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Gegen diesen Beschluss kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

Rechtssatz:

 

Erkenntnis

 

LVwG-490012/9/Gf/Mu - 490013/9 vom 28. Juni 2016

 

Normen:

Art. 132 B-VG

§ 56a GSpG

§ 34 VwGVG

§ 5 VVG

 

Rechtssätze:

 

* Angesichts dessen, dass sich diesbezüglich weder in § 56a GSpG noch in § 34 Abs. 3 VwGVG eine entsprechende Regelung findet, ist davon auszugehen, dass der Lauf der in § 56a Abs. 6 GSpG normierten Höchstfrist von einem Jahr durch eine Aussetzung gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG nicht unterbrochen wird;

 

* Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass jener die in Beschwerde gezogenen Zwangsstrafen tragende Titelbescheid vom 23. Februar 2015 ex lege als seit dem 23. Februar 2016 außer Wirksamkeit getreten anzusehen ist; da somit die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Erbringung dieser bescheidmäßig verfügten Leistung nicht mehr besteht, ist seit dem 23. Februar 2016 infolge entsprechende rechtlicher Akzessorietät auch die zu deren Erzwingung angeordnete Beugestrafe als weggefallen anzusehen.

 

* Davon ausgehend kann der Rechtsmittelwerber durch den angefochtenen Bescheid gegenwärtig auch nicht mehr in seinen subjektiven Rechten verletzt werden, weshalb der vorliegende Rechtsbehelf mangels rechtlicher Beschwer i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG als unzulässig zurückzuweisen war.

 

 

Beschlagwortung:

 

Betriebsschließungsbescheid, Geltungsdauer;Aussetzung gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG; keine Unterbrechung

 

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerden wurde abgelehnt.

VfGH vom 15. Oktober 2016, Zln.: E 1275/2016-11, E 1050/2016-10, E 1163/2016-7, E 1164/2016-7,

E 1179/2016-7, E 1272/2016-9, E 1273/2016-7, E 1438/2016-4