LVwG-500140/13/Kü/BHu
Linz, 23.06.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Herrn K M, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R M, Dr. J K, x, R, vom 23. Juni 2015 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26. Mai 2015, GZ: Agrar96-3/4-2015/Ka, wegen Übertretung des Pflanzenschutzmittelgeset-zes 2011 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2016
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einen Kostenbeitrag von 90 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26. Mai 2015, GZ: Agrar96-3/4-2015/Ka, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 1 Z 1 lit. a) Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 eine Geldstrafe von 450 Euro, im Nichteinbringungsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, verhängt.
Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
Ferner wurde der Bf gemäß § 64 Abs. 3 VStG verpflichtet, den Betrag von 895,96 Euro als Ersatz der Barauslagen für die dem Bundesamt für Ernährungssicherheit entstandenen Gebühren für die Kontrolle am 18. September 2014 zu zahlen.
Zudem wurde gemäß § 16 Abs. 1 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 das mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7. Oktober 2014, GZ: Agrar96-11/2-2014/Ka, beschlagnahmte Pflanzenschutzmittel 2 x 1 Liter „L“, Pflanzenschutzmittelregisternummer x, für verfallen erklärt.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren zumindest in dubio einzustellen, in eventu unter Anwendung des § 45 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen und mit einer Ermahnung vorzugehen. In jedem Falle wäre die Geldstrafe entsprechend herabzusetzen und die Verpflichtung zur Bezahlung von Barauslagen aufzuheben.
Begründend wurde festgehalten, dass auf Grund des gegebenen Sachverhaltes das Pflanzenschutzmittel „L“ nicht zum Verkauf vorrätig gehalten und somit auch nicht in den Verkehr gebracht worden wäre.
Tatsächlich sei das Pflanzenschutzmittel im Pflanzenschutzmittellagerraum nur bis zur vorgesehenen Entsorgung zwischengelagert worden. Damit stehe doch eindeutig fest, dass es nicht zum Verkauf vorrätig gehalten worden wäre. Der Tatbestand des Inverkehrbringens im Sinne des § 3 Abs. 1 Pflanzenschutzmittelgesetz wäre nur dann erfüllt, wenn das Pflanzenschutzmittel „L“ zum Zweck des Verkaufes oder des Anbietens zum Verkauf bereitgehalten worden wäre.
Weiters sei festzustellen, dass ein Inverkehrbringen bzw. ein Verkauf an den Kunden, auf Grund der internen Sicherheitsvorkehrungen, geradezu ausgeschlossen gewesen wäre. Auf Grund der von Zeugen dargelegten Sicherheitsmaßnahme wäre nämlich bei einem Verkauf am Kassenbildschirm sofort eine Warnung angezeigt worden, wonach die Zulassung abgelaufen wäre und daher das Mittel nicht mehr verkauft werden dürfe. Auch aus diesem Grund wäre ein Inverkehrbringen ausgeschlossen gewesen.
Zudem sei der Lagerraum, in dem das verfahrensgegenständliche Pflanzenschutzmittel bis zur vorgesehenen Entsorgung aufbewahrt gewesen sei, stets versperrt gehalten worden und habe nur von vier hierzu berechtigten Personen betreten werden können, was entgegen der Ansicht der Behörde sehr wohl ausgeschlossen hätte, dass das Pflanzenschutzmittel in den Verkehr gebracht hätte werden können. Der angelastete Tatbestand sei bereits in objektiver Hinsicht nicht erfüllt.
Ausgehend vom völlig identen Sachverhalt wie im gegenständlichen Verfahren, sei dem Bf von der Bezirkshauptmannschaft Schärding bereits mit Straferkenntnis vom 19. Februar 2015, GZ: Agrar96-11/7-2014, eine Übertretung des § 3 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 1 Z 1 lit. a) Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 angelastet worden. Gegen dieses Straferkenntnis habe er Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erhoben. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20. März 2015 habe die Bezirkshauptmannschaft Schärding seiner Beschwerde Folge gegeben und das Straferkenntnis vom 19. Februar 2015 aufgehoben.
Wie ein Vergleich des seinerzeitigen Verfahrens mit dem gegenständlichen Verfahren zeige, haben sich gegenüber dem seinerzeitigen Verfahren weder die Rechtslage, noch der wesentliche Sachverhalt und auch nicht die Parteien geändert. Es liege daher eine bereits entschiedene Sache vor.
Im Hinblick auf die Größe der Genossenschaft, der Anzahl der Filialen (x) und der Mitarbeiter (ca. x) habe er als Obmann naturgemäß keine Kenntnis von allfälligen Verwaltungsübertretungen und habe seinerseits daher auch keine Möglichkeit bestanden, auf den gegenständlichen Sachverhalt verhindernd einzuwirken. Er habe mit gutem Glauben sich darauf verlassen dürfen, dass die entsprechenden Bestimmungen von den langjährigen und entsprechend geschulten Mitarbeitern eingehalten würden. Da es diesbezüglich auch nie Probleme gegeben habe, stehe fest, dass bei der Auswahl und der Überwachung der betreffenden Mitarbeiter mit der pflichtgemäßen Sorgfalt vorgegangen worden sei. Unter Berücksichtigung dieser Umstände treffe ihn daher kein Verschulden.
Zur Strafbemessung sei festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall keinerlei nachteilige Folgen entstanden seien und insbesondere auch keine Schädigung oder Gefährdung von Personen bestanden habe. Diese Umstände wären daher als mildernd zu werten gewesen. Davon ausgehend, sei die verhängte Geldstrafe von 450 Euro jedenfalls weit überhöht, und zwar sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Erwägungen. Entgegen der Ansicht der Behörde wären jedoch auch die Voraussetzungen des § 45 VStG, nämlich das Vorgehen mit einer Ermahnung, erfüllt.
Auch die Verpflichtung zum Ersatz von Gebühren sei unzulässig, unangemessen bzw. überhöht. Es sei nicht nachvollziehbar, woraus diese Kostenersatzpflicht, insbesondere was die Höhe betreffe, resultieren solle bzw. auf Grund welcher Rechtsgrundlage diese Gebühren überhaupt und in welcher Höhe solche zu ersetzen wären.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Beschwerde samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 25. Juni 2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2016, an welcher der Rechtsvertreter des Bf sowie eine Vertreterin des Bundesamtes für Ernährungssicherheit teilgenommen haben. In der mündlichen Verhandlung wurde Herr J F als Zeuge einvernommen.
4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Bf ist Obmann der L S eGen mit dem Sitz in der x, B. Von dieser Genossenschaft werden x xfilialen betrieben und ca. x Mitarbeiter beschäftigt. Auch die Filiale M, x, M, gehört zum Betrieb der L S eGen.
Am 18. September 2014 wurde von Kontrollorganen des Bundesamtes für Ernährungssicherheit in der Filiale M eine Kontrolle im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen des Pflanzenschutzmittelgesetzes durchgeführt. Bei der Kontrolle stellten Organe fest, dass im Pflanzenschutzmittellagerraum der Filiale zwei 1-Liter-Gebinde des Pflanzenschutzmittels „L“ mit der amtlichen Pflanzenschutzmittelregisternummer x, gemeinsam mit anderen verkaufsfähigen Pflanzenschutzmitteln, gelagert waren.
Die Zulassung des Pflanzenschutzmittels „L“ wurde mit 30. September 2012 aufgehoben, die Abverkaufsfrist endete am 31. März 2013.
Beim Pflanzenschutzmittellagerraum in der Filiale M handelt es sich um einen versperrten Raum, zu dem vier Mitarbeiter der Filiale M, und zwar der Filialleiter, dessen Stellvertreter und zwei Lagerarbeiter, Zugang haben. In diesem Pflanzenschutzmittellagerraum werden landwirtschaftliche Pflanzenschutzmittel gelagert. Der Verkauf dieser Pflanzenschutzmittel gestaltet sich in der Weise, dass der jeweilige Kunde nur im Verkaufsraum von einem geschulten Mitarbeiter des L im Hinblick auf den beabsichtigten Verwendungszweck beraten wird. Nachdem dann ein Pflanzenschutzmittel für den konkreten Bedarf ausgewählt wird, geht der Mitarbeiter in den Pflanzenschutzmittellagerraum und holt das ausgewählte Mittel, welches dann verkauft wird. Ein Kunde der xfiliale betritt damit den Pflanzenschutzmittellagerraum nicht.
Im Pflanzenschutzmittellagerraum selbst befindet sich noch ein versperrbarer Kasten mit der Aufschrift „Sperrlager“. Zweck dieses Sperrlagers ist, abgelaufene Pflanzenschutzmittel bis zur ordnungsgemäßen Entsorgung dort zu lagern. Auch dann, wenn von einer Herstellerfirma Probleme mit einem Pflanzenschutzmittel gemeldet werden, wird dieses Mittel grundsätzlich in diesem Sperrlager bis zur Rücknahme durch den Hersteller aufbewahrt.
Zum Pflanzenschutzmittel „L“, welches von den Kontrollorganen im Zuge der Kontrolle vorgefunden wurde, ist festzustellen, dass dieses nach Ablauf der Zulassung und der Abverkaufsfrist nicht in das Sperrlager im Pflanzenschutzmittellagerraum gegeben wurde. Vielmehr standen die zwei Gebinde dieses Pflanzenschutzmittels neben anderen verkaufsfähigen Produkten in diesem Lagerraum. Die zwei Behälter waren nicht dahingehend gekennzeichnet, dass die Zulassung bzw. Abverkaufsfrist abgelaufen ist und diese Pflanzenschutzmittel für die Entsorgung bereitgehalten werden.
Der Filialleiter war zum Kontrollzeitpunkt davon in Kenntnis, dass das Pflanzenschutzmittel „L“ abgelaufen ist und nicht mehr verkauft werden darf. Grundsätzlich wird die Filiale M wie auch andere Filialen von der R x - R W A x, der Zentrale der L in Österreich, über die Ablauffrist eines Pflanzenschutzmittels informiert. Von der Zentrale aus werden die einzelnen Filialen über die Artikelnummer des jeweiligen Pflanzenschutzmittels verständigt, dass die Registrierung bzw. Abverkaufsfrist eines Mittels abgelaufen ist. Wenn im EDV-System einer xfiliale sodann bei der Kassa dieses Mittel aufgerufen wird, erscheint im Bildschirm ein Hinweis, ob die Registrierung noch aufrecht oder bereits abgelaufen ist. Der Mitarbeiter des L kann dann erkennen, dass ein Produkt abgelaufen ist und nicht mehr verkauft werden darf. Auch das Pflanzenschutzmittel „L“ war im EDV-System der Filiale M mit dem Hinweis hinterlegt, dass die Zulassungsfrist abgelaufen ist und dieses Mittel nicht mehr verkauft werden darf.
Trotz des Hinweises der Zentrale über die abgelaufene Zulassungsfrist wurden die zwei 1-Liter Behälter im Pflanzenschutzmittellagerraum äußerlich nicht dahingehend gekennzeichnet, dass die Zulassungsfrist abgelaufen ist und dieses Mittel zu entsorgen ist.
Der Filialleiter, der - wie oben erwähnt - in Kenntnis des Ablaufes der Zulassungsfrist gewesen ist, beabsichtigte, anlässlich der im Oktober 2014 in der L anstehenden Entsorgungsaktion von abgelaufenen Pflanzenschutzmitteln auch diese beiden Gebinde des Pflanzenschutzmittels „L“ entsprechend zu entsorgen.
4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Ausführungen des Bf in seinem Beschwerdevorbringen bzw. den Aussagen des Filialleiters der Filiale M, die dieser in der mündlichen Verhandlung abgegeben hat. Grundsätzlich wird nicht bestritten, dass das abgelaufene Pflanzenschutzmittel „L“ neben anderen verkaufsfähigen Produkten im Pflanzenschutzmittellagerraum der Filiale gelagert gewesen ist. Auch bestätigt der Zeuge, dass das Pflanzenschutzmittel äußerlich nicht gekennzeichnet gewesen ist, dass die Zulassungsfrist abgelaufen ist und dieses Mittel zu entsorgen wäre. Bestätigt wird vom Filialleiter auch, dass sich dieses Mittel nicht im Sperrlager befunden hat. Die Aussagen des Zeugen werden auch durch die von den Kontrollorganen anlässlich der Überprüfung der Filiale aufgenommenen Lichtbilder bestätigt. Insofern steht daher unbestritten fest, dass die beiden Gebinde des Pflanzenschutzmittels neben den verkaufsfähigen Produkten im Pflanzenschutzmittellagerraum, der versperrt gewesen ist und nur von vier Mitarbeitern betreten werden konnte, gelagert waren.
Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass der Sachverhalt im Wesentlichen unbestritten feststeht.
I. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
1. Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011 lauten:
„Voraussetzungen für das Inverkehrbringen
§ 3. (1) Pflanzenschutzmittel und Zusatzstoffe dürfen nur dann zum Zwecke des Verkaufs oder der sonstigen Abgabe an andere gelagert oder vorrätig gehalten oder auf sonstige Weise in Verkehr gebracht oder beworben werden, wenn den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes einschließlich der darauf beruhenden Verordnungen und den Rechtsvorschriften der Europäischen Union entsprochen wird.
(2) Pflanzenschutzmittel,
1. auf die nachweislich die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 2 Buchstaben c und d der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zutreffen oder
2. die nachweislich zur Entsorgung oder Rückgabe an den Abgeber gelagert werden,
sind unverzüglich so zu kennzeichnen, dass eindeutig der vorgesehene Bestimmungszweck daraus hervorgeht. Die Nachweise sind durch Dokumentation der maßgeblichen Unterlagen, insbesondere hinsichtlich der Herkunft und der Bestimmung der Pflanzenschutzmittel, zu erbringen.
(3) Abnehmer sind berechtigt, Pflanzenschutzmittel, die nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen, dem Abgeber zurückzugeben. Der Abgeber ist zu deren kostenlosen Rücknahme einschließlich ihrer Verpackungen verpflichtet, sofern die Rückgabe in den Originalverpackungen ohne Beigabe anderer Stoffe oder Zubereitungen erfolgt und der Abnehmer dem Abgeber über dessen Verlangen seine Identität nachgewiesen hat.
[...]
Strafbestimmungen und Zuständigkeiten
§ 15. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen
1. mit Geldstrafe bis zu 15 000 €, im Wiederholungsfall bis 30 000 €, wer
a) Tätigkeiten entgegen § 3 Abs. 1 oder 2 oder § 4 Abs. 1 ausübt,
[...].“
2. Vorweg ist anzumerken, dass dem Einwand des Bf, wonach dem angefochtenen Straferkenntnis entschiedene Sache entgegensteht, keine Berechtigung zukommt. Richtig ist, dass von der Bezirkshauptmannschaft Schärding bereits mit Straferkenntnis vom 19. Februar 2015 über den Bf in seiner Funktion als Obmann der L S x eine Verwaltungsstrafe wegen Übertretung des § 15 Abs. 1 Z 1 lit. a) Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 verhängt wurde. Gegenstand des Straferkenntnisses war ebenfalls die Lagerung von 2 x 1-Liter-Gebinden des Pflanzenschutzmittels „L“. Auf Grund der vom Bf gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Beschwerde hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding das Straferkenntnis mittels Beschwerdevorentscheidung am 20. März 2015, GZ: Agrar96-11/11-2014, aufgehoben. Wesentlich ist, dass die Bezirkshauptmannschaft Schärding keine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Bf ausgesprochen hat und damit keine Entscheidung in der Sache getroffen hat. Vielmehr wurde von der Bezirkshauptmannschaft Schärding eine nicht den rechtlichen Gegebenheiten entsprechende Entscheidung beseitigt und nach Aufhebung des Straferkenntnisses das Verfahren gegen den Bf in seiner Funktion als Obmann der L S eGen mit Aufforderung zur Rechtfertigung fortgeführt und sodann mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis abgeschlossen. Im Ergebnis führt diese Sachlage zur Feststellung, dass gegenständlich - entgegen dem Beschwerdevorbringen - keine entschiedene Sache vorliegt und dies damit keinen Grund für die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses darstellt.
3. Unbestritten ist, dass die beiden 1-Liter-Gebinde des abgelaufenen Pflanzenschutzmittels „L“ im Pflanzenschutzmittellagerraum zwischen anderen verkaufsfähigen Produkten gelagert waren, ohne dass die beiden Gebinde mit einer Kennzeichnung versehen waren, die darauf hindeutet, dass die Produkte nicht zum Zweck des Verkaufes bereitgehalten werden und einer Entsorgung zuzuführen wären. Gemäß § 3 Abs. 2 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 sind Pflanzenschutzmittel, die nachweislich zur Entsorgung oder Rückgabe an den Abgeber gelagert werden, unverzüglich so zu kennzeichnen, dass eindeutig der vorgesehene Bestimmungszweck daraus hervorgeht. Dies war gegenständlich nicht der Fall. Somit muss davon ausgegangen werden, dass das Pflanzenschutzmittel „L“, bedingt durch die bei der Kontrolle vorgefundene, gemeinsame Lagerung mit verkaufsfähigen Produkten, insgesamt im Sinne des § 3 Abs. 1 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 zum Zweck des Verkaufes vorrätig gehalten wurde. Die fehlende Kennzeichnung des Mittels bzw. das Unterlassen der Aufbewahrung des Pflanzenschutzmittels im vorgesehenen Sperrlager des Pflanzenschutzmittellagerraumes lässt nur den Rückschluss auf ein Vorrätighalten zum Verkauf zu. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass ein tatsächlicher Verkauf dieses Pflanzenschutzmittels an einen Kunden durch das EDV-System, welches bei der Kassa den Ablauf der Registrierung dieses Mittels angezeigt hätte, zu verhindern gewesen wäre. Tatsache ist und bleibt, dass das Mittel zwischen anderen verkaufsfähigen Produkten vorgefunden und damit zum Verkauf vorrätig gehalten wurde. In diesem Sinne lässt sich daher festhalten, dass dem Bf die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht vorwerfbar ist.
4. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.
Der Bf verantwortet sich damit, dass auf Grund der Größe der Genossenschaft und der Anzahl der Filialen er nicht in der Lage ist, auf einen Sachverhalt, wie den gegenständlichen, verhindernd einzuwirken. Der Bf hätte aber zu seiner verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung darzutun und glaubhaft zu machen gehabt, warum es ihm ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist, sich den Anforderungen des Pflanzenschutzmittelgesetzes entsprechend zu verhalten, nämlich dafür Sorge zu tragen, dass eine dem Gesetz entsprechende Kennzeichnung abgelaufener und nicht verkaufsfähiger Pflanzenschutzmittel gewährleistet ist. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hätte der Bf zur Sicherstellung der Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben ein effizientes Kontrollsystem für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu errichten, welches gewährleistet, dass abgelaufene Pflanzenschutzmittel gekennzeichnet, allenfalls entsorgt und jedenfalls nicht zum Verkauf vorrätig gehalten werden. Dazu würde auch gehören, dass der Bf Weisungen an die von ihm beauftragten Mitarbeiter erteilt und deren Einhaltung regelmäßig überprüft. Gemäß dem Vorbringen des Bf hat allerdings ein derartiges Kontrollsystem nicht bestanden. Mithin ist dem Bf daher auch die Verwaltungsübertretung in subjektiver Hinsicht vorwerfbar.
5. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass bei gänzlichem Fehlen eines effizienten Kontrollsystems von einem geringfügigen Verschulden jedenfalls nicht gesprochen werden kann, weshalb die vom Bf angesprochenen Voraussetzungen für eine Anwendung des § 45 VStG als nicht erfüllt zu werten sind, weshalb gegenständlich auch nicht mit einer Ermahnung vorgegangen werden kann.
Sofern der Bf einwendet, dass im gegenständlichen Fall keine nachteiligen Folgen entstanden sind und dies als mildernd hätte beurteilt werden müssen, ist dem zu entgegnen, dass der Bf - wie von der belangten Behörde ausgeführt - nicht unbescholten ist und die festgesetzte Strafe im untersten Bereich des im Wiederholungsfall vorgesehenen Strafrahmens festgesetzt wurde. Weitere Milderungsgründe wurden vom Bf nicht vorgebracht bzw. sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Insgesamt begegnet daher die von der belangten Behörde vorgenommene Strafbemessung keinen Bedenken, weshalb die ausgesprochene Strafe im Beschwerdeverfahren zu bestätigen war.
6. Zur Vorschreibung der Gebühren des Bundesamtes für Ernährungssicherheit:
Nach § 18 Abs. 6 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 ist für Tätigkeiten des Bundesamtes für Ernährungssicherheit im Rahmen der Vollziehung dieses Bundesgesetzes eine Gebühr gemäß § 6 Abs. 6 GESG zu entrichten.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 GESG obliegt dem Bundesamt für Ernährungssicherheit die Vollziehung des Pflanzenschutzmittelgesetzes.
Nach § 6 Abs. 6 GESG ist für Tätigkeiten des Bundesamtes für Ernährungssicherheit anlässlich der Vollziehung der in Abs. 1 angeführten hoheitlichen Aufgaben eine Gebühr nach Maßgabe eines Tarifes (§ 57 AVG) zu entrichten, den das Bundesamt für Ernährungssicherheit mit Zustimmung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und des Bundesministers für Finanzen kostendeckend festzusetzen hat. Die Zustimmung gilt als erteilt, sofern innerhalb einer Frist von einem Monat ab Einlangen im jeweiligen Ressort kein schriftlicher Widerspruch durch zumindest einen der angeführten Bundesminister erfolgt. In diesem Tarif können Vorschriften über die Einhebung der Gebühr, insbesondere über den Zeitpunkt der Entrichtung, vorgesehen werden. Bis zur Erlassung dieses Tarifes bleiben die nach den in Abs. 1 angeführten Bundesgesetzen jeweils erlassenen Tarife in Geltung. Gebühren für Tätigkeiten anlässlich der Kontrolle, ausgenommen solcher, welche nach gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften vorgeschrieben sind, fallen jedoch nur dann an, wenn Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen der in Abs. 1 angeführten Bundesgesetze festgestellt werden. Im Verwaltungsstrafverfahren sind im Straferkenntnis dem Beschuldigten neben einer Verwaltungsstrafe die Gebühren vorzuschreiben; diese sind unmittelbar an das Bundesamt für Ernährungssicherheit zu entrichten.
Auf Grund des § 6 Abs. 6 GESG wurde vom Bundesamt für Ernährungssicherheit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Finanzen der Gebührentarif für Tätigkeiten im Rahmen der Vollziehung des DMG 1994, FMG 1999, PMG 2011 und SaatG 1997, VNG 2007, MOG 2007 (Kontrollgebührentarif 2014 - KGT 2014) erlassen.
Der KGT 2014 sieht in § 1 Abs. 1 vor, dass die Gebühren für die in der Anlage angeführten Tätigkeiten des Bundesamtes für Ernährungssicherheit im Rahmen der Vollziehung des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011, die auf Grund von Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz anfallen, in der Anlage festgesetzt werden.
Die Anlage lautet auszugsweise:
Allgemeine Gebühren
Code Nr. |
| Gebühr/Einheit in € |
0 | Allgemeine Gebühren |
|
01009 | Anteilige Anfahrtspauschale bei 3 Betriebsanfahrten pro Tag | 46,22 |
Gebühren Kontrollgebührentarif 2014
Code Nr. |
| Gebühr/Einheit in € |
1 | Gebühren bei Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen […] Pflanzenschutzmittelgesetzes […] im Falle einer Anzeige (exclusive der Kosten für die Probenahme, Prüfung und Bewertung) je festgestellter Verwaltungsübertretung |
|
12010 | Kosten für Kontrolltätigkeiten vor Ort ausgenommen jene für die vorläufige Beschlagnahme | 112,46 |
12011 | Kosten für innerdienstliche administrative, verwaltungsrechtliche und schriftliche Folgetätigkeiten | 249,92 |
12012 | Kosten für Tätigkeiten im Rahmen der vorläufigen Beschlagnahme vor Ort | 112,46 |
12013 | Kosten für die fachspezifische Bewertung der Anforderungen und schriftliche Folgetätigkeiten (je nach Aufwand, jedoch mindestens) | 374,90 |
Das Bundesamt für Ernährungssicherheit beantragte im Rahmen der Anzeige vom 29. September 2014 für seine Tätigkeiten Gebühren gemäß Gebührentarif vom 1. Jänner 2014 (Kontrollgebührentarif 2014) wie folgt:
Code Nr. |
| Gebühr in Euro |
01009 | Anteilige Anfahrtspauschale bei 3 Betriebsanfahrten pro Tag | 46,22 |
12010 | Kosten für Kontrolltätigkeiten vor Ort ausgenommen jene für die vorläufige Beschlagnahme | 112,46 |
12011 | Kosten für innerdienstliche administrative, verwaltungsrechtliche und schriftliche Folgetätigkeiten | 249,92 |
12012 | Kosten für Tätigkeiten im Rahmen der vorläufigen Beschlagnahme vor Ort | 112,46 |
12013 | Kosten für die fachspezifische Bewertung der Anforderungen und schriftliche Folgetätigkeiten (je nach Aufwand, jedoch mindestens) | 374,90 |
zu zahlende Gesamtsumme | 895,96 |
Die Gesamtsumme von 895,96 Euro wurde dem Bf im angefochtenen Straferkenntnis vorgeschrieben. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 6 Abs. 6 GESG. Die vom Bundesamt für Ernährungssicherheit geltend gemachten Gebühren betreffen allesamt Tätigkeiten, die in der Anlage des Kontrollgebührentarifes 2014, der auf Grund des § 6 Abs. 6 GESG vom Bundesamt für Ernährungssicherheit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Finanzen erlassen wurde, aufgelistet sind.
Dem Bundesamt für Ernährungssicherheit gebührt daher für jede Anzeige, d.h. für jede Übertretung des Pflanzenschutzmittelgesetzes, ein Ersatz der im Kontrollgebührentarif 2014 angeführten Gebühren im begehrten Ausmaß. Diese Gebühren sind unabhängig von der Strafhöhe bzw. dem Unwert der begangenen Verwaltungsübertretung vorzuschreiben. Dem Einwand des Bf, wonach diese Gebühren unzulässig, unangemessen bzw. überhöht sind, kommt auf Grund der dargestellten Rechtslage keine Berechtigung zu.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger