LVwG-301040/10/KLi/PP

Linz, 15.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 2. Mai 2016 des A.E.C., geb. x, S., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 19. April 2016, GZ: SV-26/15, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung samt mündlicher Verkündung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde im Hinblick auf Spruchpunkt 1 und Spruchpunkt 2 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde im Hinblick auf Spruchpunkt 3 insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe gemäß § 111 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 ASVG auf 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.      Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde entfällt im Hinblick auf Spruchpunkt 1 und 2; im Hinblick auf Spruchpunkt 3 reduzieren sich die Kosten auf 36,50 Euro. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG fallen im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keine Kosten an.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 19. April 2016, GZ: SV-26/15, wurden dem Beschwerdeführer (Bf) drei Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) wie folgt vorgeworfen:

„Sie haben es als Gewerbeinhaber der Firma C.A.E. in S., X, verwaltungstrafrechtlich zu vertreten, dass

1. Fr. E.C., geb. am x, am 26.6.2015 und am 27.6.2015 beim "S. S." jeweils von 16.00 Uhr bis 23.00 Uhr von oa. Firma als Aushilfe beschäftigt wurde, ohne dass diese Dienstnehmerin vor Arbeitsantritt von oa. Firma als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Die Entlohnung von Fr. E.C. hiefür lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Fr. E.C. arbeitete gemäß den Anweisungen und auf Rechnung oa. Firma. Sie war somit Dienstnehmerin. Da die Dienstgeber jeden von ihnen Beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.

2. Fr. S.C., geb. am 27.5.1971, am 26.6.2015 und am 27.6.2015 beim "S. S." jeweils von 16.00 Uhr bis 23.00 Uhr von oa. Firma als Aushilfe beschäftigt wurde, ohne dass diese Dienstnehmerin vor Arbeitsantritt von oa. F als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Die Entlohnung von Fr. S.C. hiefür lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Fr. S.C. arbeitete gemäß den Anweisungen und auf Rechnung oa. Firma. Sie war somit Dienstnehmerin. Da die Dienstgeber jeden von ihnen Beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.

3. Hr. C.G., geb. am x, zumindest seit 7.7.2015 bis zum 29.7.2015, von oa. Firma in der Betriebsstätte oa. Firma in S., X, als Aushilfe beschäftigt und mit einer Mindestangaben-Anmeldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet wurde ohne dass innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die fehlenden Angaben an den zuständigen Sozialversicherungsträger übermittelt wurde. Die Entlohnung von Hm. C.G. hiefür lag - bein Annahme einer kollektivvertraglichen Entlohnung - über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Hr. C.G. arbeitete gemäß den Anweisungen und auf Rechnung oa. Firma. Er war somit Dienstnehmer. Da die Dienstgeber jeden von ihnen Beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Kranken­versicherungsträger anzumelden haben stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.“

 

Über den Bf wurde gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 und 2 ASVG eine Geldstrafe iHv jeweils 730 Euro, insgesamt daher 2.190 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 12 Stunden, insgesamt daher 36 Stunden verhängt. Ferner wurde der Bf verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens iHv 219 Euro zu bezahlen.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund einer Anzeige der Finanzpolizei Team 47 gegen den Beschuldigten mit Aufforderung zur Recht­fertigung, wegen des im Spruch angeführten Tatbestandes, ein Verwaltungs­strafverfahren eingeleitet worden sei.

 

Der Bf habe als Rechtfertigung angegeben, dass seine Schwester E.C. und seine Mutter S.C. unentgeltlich ausgeholfen hätten. Herr C.G. sei mit einer Mindestangaben-Anmeldung angemeldet gewesen. Zur Verantwort­lichkeit des Bf werde von der erkennenden Behörde erwogen, dass er als Inhaber der Gewerbeberechtigung für die ggst. Firma für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich sei. Demzufolge sei er auch für die ggst. Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

Die Übertretungen der Bestimmungen des ASVG seien aufgrund der Anzeige der Finanzpolizei Team 47 sowie aufgrund der behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Als strafmildernd sei die völlige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet worden. Erschwerende oder weitere mildernde Umstände seien nicht bekannt.

 

Der Bf habe seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekannt gegeben, sodass diese mit einem Nettoeinkommen von 2.000 Euro pro Monat und keinen Sorgepflichten geschätzt werden hätten müssen.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 2. Mai 2016, mit welcher der Bf vorbringt, darum zu bitten, seinen Fall nochmals neu zu prüfen.

 

Begründend führte der Bf aus, dass Vereinbarungen seiner Schwester und seiner Mutter vorliegen würden, welche sich als eidesstattliche Erklärungen verstünden. Es gebe also keinen Grund dafür, diese als „Gefälligkeitsbestätigungen“ anzusehen.

 

Weiters führe er an, dass er seiner Mutter und seiner Schwester zusammen 50 Euro übergeben habe, welche nicht als Tageslohn oder als Lohn für beide Tage anzusehen seien, sondern als Ersatz für die Fahrtkosten (mit dem Bus von der Wohnadresse bis zur Geschäftsadresse und mit dem Taxi zurück nach Hause, da um 23 Uhr kein öffentliches Verkehrsmittel mehr zur Verfügung stehe).

 

In seiner Eigenschaft als Sohn bzw. Bruder hätte er dies auch gar nicht extra erwähnen müssen, da es sich innerfamiliär nicht anders geziemen würde, dass er seiner Mutter und seiner Schwester die Fahrtkosten bezahle. Es könne somit nicht von einer Entlohnung gesprochen werden. Der vorgeworfene Tatbestand sei somit völlig haltlos.

 

Es könne sich nur um ein Missverständnis handeln, welches auf seine (leider unzureichende bzw. missverständliche) Ausdrucksweise in deutscher Sprache zurückzuführen sei.

 

Zur Beschäftigung von C.G. von 7.7.2015 bis 29.7.2015 füge er eine Bestätigung der Oö. GKK an, die beweise, dass er für den genannten Zeitraum die geforderten Beiträge einbezahlt habe. Somit sei auch dieser Punkt der gegenständlichen Darstellung haltlos und könne ihm nicht zur Last gelegt werden.

 

Zu Spruchpunkt 1 und 2 führe er aus, dass bei Geschwistern dann, wenn Unentgeltlichkeit vereinbart worden sei, bei einer kurzfristigen Tätigkeit nicht von einem Dienstverhältnis auszugehen sei. Dies werde durch die abgegebene Vereinbarung zwischen ihm und seiner Schwester klargestellt.

 

Wenn bei Eltern für eine Tätigkeit Unentgeltlichkeit vereinbart worden sei, so werde ein Dienstverhältnis nicht angenommen, wenn der Betrieb grundsätzlich auch ohne die Mithilfe der Eltern aufrechterhalten werden könne. Auch dies sei mit der Vereinbarung zwischen ihm und seiner Mutter bestens dargestellt.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Der Bf betreibt unter der Adresse S., x, ein „F. F. Restaurant“. In der Zeit von 26.6.2015 bis 27.6.2015 nahm er beim „S. S.“ teil und hatte dort einen Standplatz mit Imbissen.

 

II.2. Sowohl am 26.6.2015 als auch am 27.6.2015 waren E.C. – die Schwester des Bf – und S.C. – die Mutter des Bf – aushilfsweise am „S. S.“ tätig.

 

II.3. Bevor das Stadtfest stattfand, erkundigte sich der Bf bei seinem Steuerberater und bei der Wirtschaftskammer, ob es möglich wäre, seine Schwester und seine Mutter als Aushilfskräfte einzusetzen.

 

Ihm wurde angeraten, schon vor dem Stadtfest Vereinbarungen über die Tätigkeiten und die Bezahlung bzw. Unentgeltlichkeit mit seiner Schwester und mit seiner Mutter abzuschließen.

 

Mit einer Vereinbarung vom 25.6.2015 haben der Bf und seine Schwester sowie seine Mutter vereinbart, dass diese im Rahmen einer Mithilfe im Familienbetrieb des Bruders tätig werden und dafür kein Entgelt erhalten.

 

Die Tätigkeiten der Schwester und der Mutter waren kurzfristig (jeweils nur am 26.6.2015 und am 27.6.2015 von 16 Uhr bis 23 Uhr) und betrafen kleinere Hilfstätigkeiten (z.B. Schneiden von Salaten).

 

II.4. Die Schwester und die Mutter des Bf erhielten für ihre Aushilfstätigkeiten keine Bezahlungen.

 

Nachdem die Schwester und die Mutter allerdings zunächst von der Wohnadresse zur Geschäftsstelle (Standplatz) sowie zurück fahren mussten, wurden die diesbezüglichen Fahrtkosten vom Bf bezahlt. Für die Hinfahrt konnten öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch genommen werden. Für die Rückfahrt musste der Bf die Taxikosten refundieren, weil nach 23 Uhr kein öffentliches Verkehrsmittel mehr zum Wohnort der Schwester und der Mutter fährt. An Taxikosten ist mit zirka 21 Euro für eine Strecke zu rechnen. Der Bf übergab an seine Schwester und an seine Mutter insgesamt 50 Euro.

 

II.5. In der Zeit von 7.7.2015 bis 29.7.2015 beschäftigte der Bf in der Betriebsstätte in S., X, den Dienstnehmer C.G. als Aushilfe. Er erstattete rechtzeitig eine Mindestangaben-Anmeldung bei der zuständigen Krankenversicherung. Allerdings erstattete er eine Vollanmeldung nicht innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung.

 

Der Bf gestand in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu, die Vollanmeldung verabsäumt zu haben. Der Bf hat die Sozialversicherungsbeiträge für C.G. vollständig bezahlt.

 

II.6. Hinsichtlich seiner Schwester und seiner Mutter erhielt der Bf Zahlungs­aufforderungen der Oö. GKK iHv 147 Euro. Der Bf bezahlte diese Beträge ohne eine Beschwerde zu erheben.

 

In der Vergangenheit hatte er aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nicht immer alle Sozialversicherungsbeiträge bezahlen können, seit geraumer Zeit bestehen keine Rückstände mehr. Um Schwierigkeiten zu vermeiden, hat der Bf die von der GKK für seine Schwester und seine Mutter geforderten Beträge einbezahlt.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Sachverhaltsfeststellungen zum Bf selbst sowie seinem Unternehmen ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus der Aussage des Bf in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

III.2. Auch die Tätigkeit des Bf am „S. S.“ geht aus dem Akteninhalt hervor und wurde vom Bf im Zuge seiner Aussage bestätigt. Diesbezüglich konnten weitere Erhebungen daher unterbleiben.

 

III.3. Dass der Bf seine Schwester und seine Mutter ersuchte, ihm am „S. S.“ zu helfen, ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt, insbesondere auch aus der Vernehmung des Bf durch die Finanzpolizei am 29.7.2015.

 

Im Zuge der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wurde außerdem die Mutter des Bf eingehend befragt. Die Mutter des Bf legte nach Belehrung, ihren Sohn nicht belasten zu müssen, unter Wahrheitspflicht eine glaubwürdige Aussage ab. Die Mutter war sehr darum bemüht, den gegenständlichen Vorfall wahrheitsgemäß darzustellen und den Sachverhalt aufzuklären. Insbesondere konnte die Mutter des Bf bestätigen, dass die vorliegende Vereinbarung zwischen ihr und ihrem Sohn nicht eine Gefälligkeitsbestätigung darstellt, sondern bereits vor dem Stadtfest abgegeben wurde. Wenngleich sich im Zuge der Vernehmung sprachliche Probleme ergaben, waren diese nicht derart unüberwindlich, dass ein Dolmetscher beigezogen werden hätte müssen. Dass die Mutter des Bf der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, ergibt sich auch daraus, dass sie die ihr vorgehaltene Vereinbarung vorlesen konnte.

 

Die Schwester des Bf hat von dem ihr zukommendes Entschlagungsrecht Gebrauch gemacht. Daraus können insofern keine Schlüsse gezogen werden.

 

III.4. Dass die Schwester und die Mutter des Bf keine Entlohnung erhalten haben, geht einerseits aus den Vereinbarungen vom 25.6.2015 hervor. Die Mutter des Bf hat darüber hinaus auch bestätigt, keine Bezahlung sondern lediglich einen Ersatz für die Fahrtkosten erhalten zu haben. Sie bestätigte auch die Angaben ihres Sohnes, dass ein Taxi erforderlich war, um nach 23 Uhr nach Haus zu kommen, zumal keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr zur Verfügung stehen.

 

Für das erkennende Gericht bestand überhaupt kein Anlass dazu, die Aussage der Mutter in Zweifel zu ziehen. Die Mutter gab unumwundene und schlüssige Antworten auf sämtliche an sie gerichteten Fragen.

 

III.5. Im Hinblick auf den zu Spruchpunkt 3 zitierten Tatvorwurf hat sich der Bf geständig verantwortet und angegeben, eine Vollanmeldung tatsächlich nicht erstattet zu haben. Der Bf gab zwar an, nicht gewusst zu haben, dass nach der Mindestangaben-Anmeldung auch noch eine Vollanmeldung durchgeführt werden muss, war aber einsichtig dazu, dass ihn Unwissenheit nicht vor einer Bestrafung schützen kann.

 

 

IV. Rechtslage:

 

IV.1. Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hierzu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig  sind,  soweit  es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit.c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

IV.2. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten ist.

 

IV.3. Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

IV.4. Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes 1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder 2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder 3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete oder Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt. Gemäß § 111 Abs. 2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hierzu erwogen:

 

V.1. Zur Beschäftigung der Schwester und der Mutter:

 

V.1.1. Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat sich ergeben, dass es sich bei den im Spruchpunkt 1 bzw. 2 genannten Personen um die Schwester bzw. die Mutter des Bf handelt. Auch hat sich ergeben, dass diese Personen für ihre Hilfeleistungen keine Bezahlung erhalten haben und ihrem Bruder bzw. Sohn unentgeltlich zur Verfügung standen. Insofern ist im Hinblick auf die Schwester und die Mutter von einer familienhaften Mitarbeit auszugehen.

 

V.1.2. Als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste sind kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. die zum Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom 6.3.2008, Zl. 2007/09/0285, mwN, und vom 14.1.2010, Zl. 2009/09/0276, sowie auf letzteres Bezug nehmend, das vom 19.1.2011, 2009/08/0062). Für die Abgrenzung zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei trifft die Partei – unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes und über die oben erwähnte Darlegungspflicht hinaus – eine entsprechende Mitwirkungs­pflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umständen und Motiven um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist in diesen Fällen daher Sache der Partei, entsprechend konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. die zum Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom 18.5.2010, Zl. 2007/09/0374, und vom 12.7.2011, Zl. 2009/09/0101) [VwGH 12.7.2011, 2009/09/0101 und 19.12.2012, 2012/08/0165].

 

V.1.3. So hat sich im Hinblick auf die Schwester und die Mutter des Bf ergeben, dass ihm diese beiden Personen aufgrund ihres Naheverhältnisses ohne Bezahlung am Standplatz auf dem „S. S.“ geholfen haben. Der Betrag von 50 Euro, den der Bf ausbezahlt hat, war lediglich eine Aufwandsentschädigung für die Anfahrt vom Wohnort zum Standplatz und zurück (Fahrkosten).

 

Zusammengefasst ergibt sich insofern im Hinblick auf die Schwester und die Mutter, dass ein Verstoß gegen das ASVG nicht vorliegt und das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf Spruchpunkt 1 und 2 insofern aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

V.2. Zur Vollanmeldung (Spruchpunkt 3 des Straferkenntnisses):

 

V.2.1. Im Hinblick auf die im Spruchpunkt 3 genannte Person hat der Bf im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung zugestanden, eine Vollanmeldung nicht erstattet zu haben. Wohl aber wurden die Sozialversicherungsbeiträge vollständig entrichtet. Außerdem ist der Bf unbescholten.

 

V.2.2. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetz­buches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelte es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgeblichen Umstände und Erwägungen für diese Ermessenabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

Nach der Rechtsprechung des VfGH steht für jene von den UVS (nunmehr: LVwG) ins Treffen geführten Fallkonstellationen, in denen – weil die Tatfolgen im Einzelfall als unbedeutend erscheinen – die Verhängung einer Mindeststrafe eine unangemessene Härte darstellt, in Fällen geringfügigem Verschuldens und unbedeutender Folgen – § 21 VStG (nunmehr § 45 Abs. 1 Z 4 VStG) oder – bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe – die Anwendung des § 20 VStG zur Verfügung (VfGH 27.9.2002, G 45/02).

 

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG kann bei erstmaliger Übertretung dieser Bestimmung die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabgesetzt werden, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

V.2.3. Zusammengefasst hat sich der Bf zum 3. Tatvorwurf geständig verantwortet. Die Sozialversicherungsbeiträge wurden vollständig bezahlt, sodass ein Schaden nicht eingetreten ist. Außerdem liegen keine verwaltungsstraf­rechtlichen Übertretungen des Bf vor und hat auch die belangte Behörde schon die völlige Unbescholtenheit als Milderungsgrund gewertet.

 

Zusammengefasst sind also die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Unter Zugrundelegung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe ergibt sich, dass besondere – verfahrensgegenständlich relevante – Milderungsgründe sind, dass der Bf bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten im auffallenden Widerspruch steht (§ 34 Abs. 1 Z 2 StGB), dass er ein reumütiges Geständnis abgelegt hat (§ 34 Abs. 1 Z 17 StGB) und dass die Sozialversicherungsbeiträge bezahlt wurden.

 

Bei Abwägung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe sowie unter Zugrundelegung der persönlichen Verhältnisse des Bf sind die Voraussetzungen des § 111 Abs. 2 Satz 2 ASVG erfüllt, sodass die Geldstrafe auf 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Stunden herabgesetzt werden konnte.

 

Die Kosten im Verfahren vor der belangten Behörde reduzieren sich auf 36,50 Euro. Im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fallen gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Kosten an.

 

V.3. Zusammengefasst war insofern spruchgemäß zu entscheiden, der Beschwerde im Hinblick auf Spruchpunkt 1 und 2 Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; im Hinblick auf Spruchpunkt 3 waren die Geldstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe (und die Kosten) entsprechend zu reduzieren.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

1.   Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichts­hof einzubringen.

 

2.   Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

3.   Ein Ersuchen um Ratenzahlung ist direkt an die belangte Behörde und nicht an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu richten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer