LVwG-840106/3/KLi/Rd
Linz, 03.06.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über den Antrag vom 30. Mai 2016 des Dipl.-Ing. K B, Zivilingenieur für Bauwesen, x, x, vertreten durch H L P Rechtsanwälte GmbH, x, x, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der F OÖ I GmbH betreffend das Vorhaben "Abbruch des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Plänen des Auftraggebers, Erwerb des Grundstücks samt Gebäude, x, x",
zu Recht e r k a n n t :
I. Dem Antrag wird gemäß §§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl.Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, stattgegeben und der Auftraggeberin F OÖ I GmbH die Erteilung des Zuschlags für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens aber bis 30. Juli 2016, untersagt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Eingabe vom 30. Mai 2016 hat Herr Dipl.-Ing. K B, Zivilingenieur für Bauwesen (im Folgenden: Antragsteller), einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, da die vorliegende Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist, sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen,
in eventu einen Antrag auf Feststellung gemäß § 12 Abs.1 Z2 Oö. VergRSG 2006
a) das Feststellungsverfahren einzuleiten;
b) festzustellen, dass das gegenständliche Vergabeverfahren (Errichtung eines Laborgebäudes bekannt gemacht zu 2016/S 095-170536) ohne vorherige Bekanntmachung bzw ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hierzu ergangenen Verordnungen und/oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war;
c) festzustellen, dass der Zuschlag in dem in lit.b) genannten Vergabeverfahren rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 BVergG 2006 erteilt wurde;
d) den zwischen der Antragsgegnerin und dem beauftragten Auftragnehmer in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Vertrag über die Erbringung von Bauleistungen (Errichtung eines Laborgebäudes bekannt gemacht zu 2016/S x) für absolut nichtig zu erklären oder aufzuheben bzw für den Fall, dass von der Nichtigerklärung des Vertrages abgesehen wird, eine Geldstrafe über die Antragsgegnerin zu verhängen,
gestellt.
Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 9.000 Euro beantragt.
Begründend führte der Antragsteller eingangs hiezu aus, dass das Verfahren auf der Homepage "T – t e d, Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Nr. 2016/S x" mit 19. Mai 2016 erstmals bekannt gemacht wurde. Des Weiteren wurde die gegenständliche Vergabe am 20. Mai 2016 auf der Homepage des Landes OÖ (x) bekannt gemacht. Die Auftraggeberin beabsichtige diesen Auftrag im Wege des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung eingeschränkt auf einen Bieter gemäß § 28 Abs.2 Z2 BVergG 2006 zu vergeben. Der Nachprüfungsantrag beziehe sich auf die Zuschlagsentscheidung iSd § 2 Z 16 lit.a sublit.ee BVergG 2006. Weitere Informationen zum gegenwärtigen Stand des Vergabeverfahrens würden nicht vorliegen und könne insbesondere nicht verifiziert werden, dass eine Zuschlagserteilung tatsächlich noch nicht erfolgt sei.
Der Antragsteller verfüge über eine aufrechte Befugnis als Zivilingenieur für Bauwesen und sei zur Erbringung der gegenständlichen Leistungen als freiberuflicher Bauträger gemäß § 4 Abs.1 ZTG befugt.
Die Auftraggeberin ist eine 100%-ige Tochter der F OÖ M GmbH (Gesellschafterinnen: Stadt W, Stadt S, Marktgemeinde H, Stadt L und Oö. I GmbH). Die Oö. I GmbH wird wiederum zu 100 % von der Oö. L GmbH gehalten, die wiederum zu 100 % vom Land OÖ gehalten wird.
Zur Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss wurde vom Antragsteller ausgeführt, dass die Auftraggeberin am 19. Mai 2016 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union und am 20. Mai 2016 auf der Homepage des Landes OÖ jeweils zwei freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachungen iZm dem Bauvorhaben der F OÖ, C W, veröffentlicht habe.
Die erste Bekanntmachung (Homepage des Landes OÖ zu x; Homepage "T", Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union unter Bauleistung – x-2016) betreffe die "Errichtung eines Managementgebäudes samt Grundstückserwerb", CPV x und x und erging die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Bauunternehmung R G.
Die antragsgegenständliche Bekanntmachung (Homepage des Landes OÖ zu x; Homepage "T", Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union unter Bauleistung – 2016/S x) betreffe den "Abbruch des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Plänen des Auftraggebers, Erwerb des Grundstücks samt Gebäude", wobei die Zuschlagsentscheidung zugunsten der N W mbH gefallen sei.
Beide Ausschreibungen würden im unmittelbaren Zusammenhang stehen, wobei auch auf die Tatsache verwiesen werde, dass die Unternehmen auf die die jeweilige Zuschlagsentscheidung gefallen sei, personell ident seien. So seien bei beiden Unternehmen – mal als Gesellschafter, mal als Komplementär – sowohl DI F M als auch DI P M H beteiligt.
Der Bauauftrag sei unter Pkt. II 1.2 und II 1.4. der Bekanntmachung (T) wie folgt beschrieben worden:
"Bauauftrag
Erbringung einer Bauleistung, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber / vom Auftraggeber genannten Erfordernissen Hauptort der Ausführung, Lieferung oder Dienstleistungserbringung: x W, xstraße/xstraße. NUTS-Code x"
"Abbruch des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Vorgaben des Auftraggebers, schlussendlich Erwerb des Grundstückes samt Gebäude durch Auftraggeber".
Aufgrund der vorliegenden "freiwilligen Ex-ante-Transparenzbekanntmachung" im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union unter Bauleistung 2016/x (T), am 19. Mai 2016, die detaillierter als jene auf der Homepage des Landes OÖ sei, sei davon auszugehen, dass eine Zuschlagserteilung gemäß §§ 132 Abs.2 und 133 BVergG 2006 noch nicht erfolgt sei und daher ein Nachprüfungsantrag gemäß § 3 Oö. VergRSG 2006 jedenfalls zulässig sei.
Diese Einschätzung gründe darauf, dass das Formular Nr. 15 von der Auftraggeberin genutzt worden sei, mit welchem freiwillige Vorabangaben im Sinne der Transparenz beigebracht werden, wie sie in Art. 2d Abs.4 der RL 89/665/EWG und 92/13/EWG über Nachprüfungsverfahren und Art. 60 Abs.4 der RL 2009/81/EG vorgesehen seien. Durch eine solche freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung soll im Vergabeverfahren eine Möglichkeit geschaffen werden, dass ein Vertrag durch eine vom Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle für unwirksam erklärt werden könne.
Ausgehend von den Vorschriften des BVergG 2006 sei davon auszugehen, dass sich das Verfahren derzeit in der sog. 10-tägigen Stillhaltefrist des § 132 Abs.1 BVergG 2006 befinde, wobei die Datumsangabe hinsichtlich des Tages der Zuschlagsentscheidung von der Auftraggeberin nicht bekannt gegeben worden sei.
Der Vollständigkeit halber werde auch darauf verwiesen, dass der Pkt. V.3. in der deutschen Fassung des herangezogenen Formulars Nr. 15 ungenau übersetzt worden sei (Name und Anschrift des Wirtschaftsteilnehmers, zu dessen Gunsten der Zuschlag erteilt wurde). Im Zusammenhang mit Pkt. V.1 würde daher die richtige Übersetzung "Name und Anschrift des Wirtschaftsteilnehmers, zu dessen Gunsten die Zuschlagsentscheidung erteilt wurde bzw auf den die Zuschlagsentscheidung gefallen ist", lauten.
Zusammengefasst ergebe sich, dass im vorliegenden Fall der Auftraggeber von einer freiwilligen Ex-ante-Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung auf
Gemeinschaftsebene iSd § 49 Abs.2 BVergG 2006 Gebrauch gemacht habe.
Die Gesetzesmaterialien EBRV 327 BlgNR XIV GP führen zu § 49 Abs.2 BVergG 2006 aus, dass die Bekanntgabe bzw Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung – obwohl sie im vorliegenden Kontext freiwillig erfolgt sei – jedenfalls eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 lit.a ist. Die freiwillige
Ex-ante-Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der N W mbH sei demnach als gesondert anfechtbare Entscheidung iSd § 2 Z16 lit.a sublit.ee BVergG 2006 zu qualifizieren.
Als Zivilingenieur für Bauwesen erfülle der Antragsteller alle Voraussetzungen, um sich am gegenständlichen Vergabeverfahren zu beteiligen und den Zuschlag zu erhalten. Hätte die Auftraggeberin ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durchgeführt, hätte sich der Antragsteller daran auch beteiligt und fristgerecht ein Angebot gelegt. Abgesehen davon, dass die Durchführung eines Projekts dieser Größenordnung nicht nur ein sehr lukrativer Auftrag gewesen wäre, der abgesehen vom erzielbaren Gewinn auch für eine längere Auslastung des Büros gesorgt und einen entsprechenden Beitrag zu den Fixkosten geleistet hätte, verliere der Antragsteller durch die unzulässige Vergabe des Auftrags im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung ein Referenzprojekt.
Der Antragsteller erachte sich in seinem Recht auf Durchführung des Vergabeverfahrens entsprechend den bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens oder den dazu ergangenen Verordnungen und dem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht sowie auf Durchführung des Vergabeverfahrens mittels einem offenen Verfahren oder einem nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung, verletzt.
Zu den Gründen auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, wurde vorgebracht, dass sich die Auftraggeberin unter Bezugnahme auf § 28 Abs.2 Z 2 BVergG 2006 auf den Schutz von Ausschließlichkeitsrechten für berechtigt erachtet habe, den Auftrag im Wege des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zu vergeben. Mit dieser Vorgangsweise verstoße die Auftraggeberin in mehrfacher Hinsicht gegen die Bestimmungen des BVergG 2006.
Die Auftraggeberin begründe in Pkt. IV.1 die Wahl der Verfahrensart damit, dass die F OÖ neue Räumlichkeiten benötigen würde. Das vorliegende Grundstück (Gst.Nr. x, KG x W) würde sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum bereits bestehenden Standort der F W befinden und wäre das einzige in Frage kommende Grundstück, das direkt an das bestehende
F-Gebäude grenze. Die Synergieeffekte von nebeneinander liegenden Gebäuden betreffe vor allem eine direkte Verbindung zwischen Haupt- und Laborgebäude, die Verbindung der Tiefgaragen usw. Das zu errichtende Laborgebäude solle maßgeschneidert nach den Vorgaben der F OÖ errichtet werden, wodurch es sich nicht mehr um einen schlichten Grundstückskauf iSd § 10 Z 8 BVergG 2006 handle. Der Grundstückseigentümer (Auftragnehmer) sei nur unter der Voraussetzung zum Verkauf des Grundstücks bereit, dass die Planungs- und Bauarbeiten des Laborgebäudes durch die N W mbH erfolge, somit liege ein vergaberechtliches Ausschließlichkeitsrecht nach § 28 Abs.2 Z 2 BVergG 2006 vor und sei eine vergaberechtliche Stellungnahme dazu vorhanden. Die veranschlagte Summe sei nach ziviltechnischen Gutachten angemessen.
Aus der Begründung unter Pkt. IV.1, die die einzige Information hinsichtlich des Vergabeverfahrens darstelle, ergebe sich weder wie sich die Gesamtkosten in der Höhe von 8.060.000 Euro zusammensetzen bzw welcher Teil der Kosten auf die Abbruchleistung und die Errichtung fallen noch lasse sich ob der Angaben nachvollziehen, welches Grundstück tatsächlich gemeint sei. Das in der Bekanntgabe genannte Grundstück Nr. x der KG x W sei gemäß grundbücherlicher Abfrage nicht existent.
Bei den in § 28 Abs.2 Z 2 BVergG 2006 genannten Ausschließlichkeitsrechten sei vor allem an Patent-, Urheber-, Marken- und Musterschutzrechten zu denken. Es handle sich somit um absolut wirkende Rechte. In den Erläuternden Materialien werde ausgeführt, dass unter den Tatbestand "Schutz eines Ausschließlichkeitsrechtes" jene Fälle zu subsumieren seien, in denen ein bestimmter Unternehmer das ausschließliche Verfügungs- oder Nutzungsrecht besitze.
In der Rs C-328/92 habe der EuGH jedoch betont, dass es nicht genüge, dass die in Rede stehenden Produkte (Arzneimittel und Arzneispezialitäten) durch Ausschließlichkeitsrechte geschützt seien. Es sei auch erforderlich, dass sie nur von einem bestimmten Unternehmer hergestellt oder geliefert werden können. Diese Voraussetzungen lagen nach dem EuGH nur bei denjenigen Arzneimitteln und Arzneispezialitäten vor, für die es auf dem Markt keinen Wettbewerb gebe. Diese Ausnahmebestimmung könne auch nicht in Anspruch genommen werden, wenn Dritte über Lizenzen zur Nutzung dieses ausschließlichen Rechts verfügen oder in angemessener Weise erlangen können.
Laut ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe komme die Anwendung des Ausnahmetatbestandes gemäß § 28 Abs.2 Z 2 BVergG 2006 nur dann in Betracht, wenn es das Ausschließlichkeitsrecht unbedingt erforderlich mache, den Auftrag an ein bestimmtes Unternehmen und nur an dieses zu vergeben, wobei die Beweislast die Auftraggeberin treffe (vgl. VwGH 9.9.2015,
Ro 2015/04/0013). Des Weiteren sei dieser Ausnahmetatbestand laut EuGH äußerst restriktiv auszulegen und sei die Anwendung nur bei jenen Produkten denkbar, für die es auf dem Markt keinen Wettbewerb gebe. Die Berufung auf Ausschließlichkeitsrechte könne und müsse sohin ultima ratio sein, wenn tatsächlich ansonsten keine andere Möglichkeit bestehen würde, ein bestimmtes Projekt umzusetzen. Dies sei aber gegenständlich nicht der Fall.
Auch wenn man den Begriff des Ausschließlichkeitsrechts weit auslegen würde, sei doch die von der Auftraggeberin vertretene Ansicht, das Bestehen des Grundstückseigentümers auf ein bestimmtes Unternehmen, welches sodann die Planungs- und Bauarbeiten durchführen solle, ein Ausschließlichkeitsrecht (des zu beauftragenden Unternehmers) und daher unter § 28 Abs.2 Z 2 BVergG 2006 zu subsumieren, nicht nachvollziehbar.
Ein solches Verständnis des Begriffs "Ausschließlichkeitsrecht" im vergaberechtlichen Sinn würde auch zu dem Ergebnis führen, dass die vergaberechtlichen Bestimmungen völlig außer Acht gelassen werden könnten, wenn ein Grundstückseigentümer, der entweder selbst als Bauträger oder Bauunternehmer tätig sei oder von einem solchen finanziell dazu motiviert werden würde, auf die Beauftragung eines bestimmten Unternehmers bestehen könnte.
Aber auch wenn man im Eigentumsrecht des Liegenschaftseigentümers ein zu schützendes Ausschließlichkeitsrecht des Bauträgers ersehen würde, würden die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen zur Anwendung des § 28 Abs.2 Z 2 BVergG 2006 nicht vorliegen.
Dass das geplante Laborgebäude unmittelbar am bestehenden Bauteil A der
F OÖ C W angrenze, mache die dergestalt vorgenommene Vergabe nicht unbedingt erforderlich.
Schon in Anbetracht der bestehenden Hochschulstrukturen in den Landeshauptstädten sei das Abstellen auf eventuell zu erreichende Synergieeffekte keinesfalls ausreichend, um in diesem Fall davon sprechen zu können, dass die Nutzung von Synergieeffekten wesentlich für die Gewährung einer Hochschulausbildung wäre. Zudem bestehe der Standort C W schon jetzt aus insgesamt acht Bauteilen, die sich nicht in unmittelbarer Nähe zueinander befinden und schon gar nicht angrenzend erbaut sind. Inwiefern nunmehr nicht mehr auf die angeführten Synergieeffekte verzichtet werden könne, sei ebenso wie das angebliche Ausschließlichkeitsrecht der Auftragnehmerin, welches sich aufgrund der Vorgaben des Liegenschaftseigentümers ergebe, in Anbetracht der vergaberechtlichen Vorgaben nicht nachzuvollziehen. Im Gegenteil, durch das gewählte Vergabeverfahren würden die Grundsätze des Vergaberechts, insbesondere der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbs gänzlich ignoriert werden.
Aus den dargestellten Gründen sei die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 28 Abs.2 Z 2 BVergG 2006 nicht vorliegen würden.
Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde zunächst auf die Ausführungen im Hauptantrag verwiesen. Der Antragsteller erfülle alle Voraussetzungen um sich am gegenständlichen Auftrag zu beteiligen und den Zuschlag zu erhalten. Durch ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren hätte er sich daran beteiligt und fristgerecht ein Angebot gelegt. Die Durchführung eines Projekts dieser Größenordnung wäre nicht nur ein lukrativer Auftrag gewesen, der abgesehen vom erzielbaren Gewinn auch für eine längere Auslastung des Büros gesorgt und einen entsprechenden Beitrag zu den Fixkosten geleistet hätte. Es drohe auch der Verlust eines Referenzprojekts.
Da hinsichtlich des direkt vergebenen Bauauftrages eben aufgrund der gewählten Vorgehensweise keine näheren Vorgaben bekannt seien, sei es dem Antragsteller nicht möglich eine seriöse Kalkulation des Auftrages vorzulegen.
Darüber hinaus wurde vom Antragsteller ein Eventualantrag auf Feststellung gemäß § 12 Abs.1 Z 2 Oö. VergRSG 2006 gestellt. Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass die Auftraggeberin in der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung hinsichtlich der Rechtsmittelfrist auf § 14 Abs.6 Oö. VergRSG 2006 verwiesen habe und auch Pkt. V.3 "Name und Anschrift des Wirtschaftsteilnehmers, zu dessen Gunsten der Zuschlag erteilt wurde", laute. Zwar sei, wie in Pkt. I.4.3. des Hauptantrages bereits ausgeführt wurde, von einem Übersetzungsfehler auszugehen, jedoch könne eine allfällige schon erfolgte Zuschlagserteilung nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Dies insbesondere auch nicht, da die Auftraggeberin keine Datumsangabe hinsichtlich des Tages der Zuschlagsentscheidung bekannt gegeben habe. Der Antragsteller erachte sich daher in seinem Recht, dass das Vergabeverfahren entsprechend den Bestimmungen des BVergG 2006, den dazu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht mit vorheriger Bekanntmachung und/oder mit vorherigem Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wird und dass der Zuschlag erst nach Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 BVergG 2006 erteilt wird, verletzt.
2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die F
OÖ I GmbH als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Eine Stellungnahme hinsichtlich der Erlassung einer einstweiligen Verfügung langte bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht ein.
3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z 2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.
Die F OÖ I GmbH steht in 100%igem Eigentum der F OÖ M GmbH. Diese wiederum steht im Eigentum der Marktgemeinde H (0,5%), Oö. I GmbH (98%), Stadt L, Stadt S und Stadt W (jeweils 0,5%). Eigentümer der Oö. I GmbH ist alleinig die Oö. L GmbH deren Eigentümerin wiederum das Land Oberösterreich zu 100% ist. Die Vergabe fällt daher in den Vollzugsbereich des Landes iSd Art.14b Abs.2 Z 2 lit.c B-VG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.
Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.
3.2. Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z 16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.
Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.
3.3. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.
Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.
3.4. Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.
Art.2 Abs.4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art.2 Abs.5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).
Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu
Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.
3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).
Der Antragsteller hat denkmöglich ausgeführt, dass ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.
Die im Vorbringen des Antragstellers behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.
Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3
Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006. Gemäß § 20 Abs.1
Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.
Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlagserteilung für zwei Monate, auszusprechen.
Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Lidauer