LVwG-350212/4/Py/TO

Linz, 16.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn D. L., x, W., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 21.01.2016, GZ: SO-SH-23894-2015 CS, wegen bedarfsorientierter Mindestsicherung (Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der behördliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass in Spruchpunkt I. die angewandte Rechtsnorm „gemäß § 1 Abs.1 Z3 lit a Oö. BMSV“ zu lauten hat.

 

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels (in der Folge: belangte Behörde) vom 21.01.2016, GZ: SO-SH-23894-2015 CS, wurde in Spruchpunkt I. ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf)  aufgrund seines Antrages vom 02.11.2015 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 (gemeint wohl: Z 3) lit.a OÖ. BMSV zuerkannt wird. In Spruchpunkt II wurde ausgesprochen, dass der Bf ab 01.12.2015 seinen Lohn als eigene Mittel einzusetzen hat. Die Leistung wurde ab 02.11.2015 befristet bis 30.04.2016 zuerkannt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der Rechtsgrundlagen aus, dass der Bf seit 01.12.2015 einen Aushilfslohn in Höhe von 400 Euro monatlich beziehe und mit 01.04.2016 bei diesem Arbeitgeber eine Vollzeitbeschäftigung mit Krankenversicherungsschutz haben werde. Daher werde die Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung befristet bis 30.04.2016 gewährt.

 

2. Dagegen brachte der Bf mit Schreiben vom 01.02.2016 Beschwerde gegen den in Spruchpunkt I.a) angeführten Mindeststandard für volljährige Personen, die in Haushaltgemeinschaft leben, ein. Begründend führt der Bf dazu Folgendes vor (wörtliche Wiedergabe):

„Ich bewohne nicht mit der Wohnungshauptmieterin, Frau M. E., gemeinsam die Wohnung in der x, sondern habe von Frau E. ein Zimmer mit Bad- und Küchenbenützung zur Untermiete angemietet (Untermietvertrag anbei).

Zwischen Frau E. und mir besteht kein lebensgemeinschaftliches Verhältnis.

Frau E. und ich haben jeweils ihren eigenen sozialen Lebensablauf welcher gemeinsamen Parallelen aufweist.

Mit Frau E. gibt es ebenfalls keine gemeinsame Haushaltsführungen und Gemeinschaftskassen.

Des Weiteren verweise ich auf das Protokoll vom 22.12.2016 des LVwG, geführt unter dem Geschäftszeichen: LVwG-350192/14/Py/JW.“

 

3. Mit Schreiben vom Februar 2016 (eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 02.03.2016) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

Im Vorlageschreiben wird festgehalten, dass die Lebens- und Wohnsituation des Bf bereits bei der mündlichen Verhandlung am 22.12.2015 zu LVwG-350192 erörtert wurde und sich an dieser Situation nichts geändert habe.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG unterbleiben, da sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus dem Verfahrensakt ergibt und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht erwarten lässt. Zudem wurden die Wohnverhältnisse des Bf bereits in der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2015 betreffend das Beschwerdeverfahren zu LVwG-350192 unter Einvernahme der Zeugin E. mit den nunmehrigen Verfahrensparteien erörtert, worauf auch beide Parteien in ihrem Vorbringen hinweisen. Dass eine Änderung der Wohnsituation eingetreten sei, wird zudem nicht behauptet, weshalb das Ergebnis dieser Verhandlung der gegenständlichen Entscheidung zu Grund gelegt werden konnte.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf ist am x geboren und wohnt in W., x. Diese Wohnung, die aus Vorraum, Wohnzimmer, Wohnküche, Schlafzimmer und Sanitärräumen besteht, wurde angemietet von Frau M. E., die diese Wohnung ebenfalls bewohnt, jedoch ihr Schlafzimmer gegen eine monatliche Miete in Höhe von 300 Euro an den Bf untervermietet hat. Küche, Bad und WC werden gemeinsam genutzt.

 

4.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie dem Akt LVwG-350192 mit dem darin einliegenden Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2015 und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. § 4 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBL. Nr. 74/2011 idgF, lautet:

(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.   ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl.Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.   a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familien­ angehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Dauer­aufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend von Abs. 1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1.   der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2.   dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

Gemäß § 5 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBL. Nr. 74/2011 idgF, ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht decken können. Nach Abs. 2 leg.cit. umfasst der Lebensunterhalt den Aufwand für die regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse für die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.

 

Gemäß § 1 der Verordnung der Oö. Landesregierung über die Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung und den Einsatz der eigenen Mittel (Oö. Mindestsicherungsverordnung – Oö. BMSV) wird die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs geregelt. Entsprechend § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindest­standards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs für allein­stehende oder alleinerziehende Personen 903,20 Euro für 2015, ab 1.1.2016 914 Euro.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 lit. a Oö. BMSV betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs für volljährige Personen, die in Hausgemeinschaft leben pro Person 636,30 Euro für 2015, ab 1.1.2016 643,90 Euro.

 

5.2. Vom Bf wird als Beschwerdegrund vorgebracht, dass ihm der Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV für alleinstehende oder alleinerziehende Personen zu gewähren wäre und nicht jener gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 lit. a Oö. BMSV für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben.

 

Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass der Bf eine Wohnung in W., x mit einer weiteren Person bewohnt, welche Hauptmieterin ist. Der Bf hat mit ihr einen Untermietvertrag abgeschlossen. Er verfügt in dieser Wohnung über ein Zimmer und verwendet die gemeinsamen Einrichtungen, nämlich Küche, Bad, WC, mit der Hauptmieterin.

 

Der Bf begründet seine Beschwerde damit, dass er nicht in einer Haushaltsgemeinschaft mit Frau E. wohnt, sondern als „alleinstehende Person“ ein Zimmer bei ihr bewohnt. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht davon ausgeht, dass zwischen dem Bf und Frau E. eine Lebensgemeinschaft besteht. Zur Frage, was als „Haushaltsgemeinschaft“ zu gelten hat, darf auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 23.10.2012, Zl. 2012/10/0020, zum Nö. Mindestsicherungsgesetz verwiesen werden: „Nach dem Willen des Gesetzgebers liegt ein „gemeinsamer Haushalt“ vor, wenn das Zusammenleben von Personen zu einer deutlichen Kostenersparnis gegenüber getrennten Haushalten führt. Ein gemeinsamer Haushalt liegt nicht dann bereits vor, wenn ein Teil der Wohneinheit (unter)vermietet wird. Es kommt vielmehr darauf an, dass zumindest in Teilbereichen eine gemeinsame Wirtschaftsführung besteht. Eine solche gemeinsame Wirtschaftsführung in Teilbereichen ist etwa dann gegeben, wenn der (Unter-)Mieter auch Einrichtungen, die für die Haushaltsführung notwendig sind, wie Küche, Badezimmer oder Waschmaschine mitbenützt. Weist der (unter)gemietete Bereich einer Wohneinheit also etwa keine eigenen Einrichtungen zum Kochen, zur Körperreinigung und zum Waschen der Wäsche auf, so wird das Bestehen einer Haushaltgemeinschaft im Sinn des Nö MSG anzunehmen sein, wenn der Hilfesuchende nicht nachweist, diese Bedürfnisse außerhalb der Wohneinheit zu befriedigen“.

 

Auch im gegenständlichen Fall verfügt der Bf über ein Zimmer in einer von einer weiteren Person verwendeten Wohnung. Insbesondere die allgemeinen Einrichtungen wie Küche, Bad und WC werden von beiden Bewohnern gemeinsam verwendet. Insofern ist eine deutliche Kostenersparnis gegenüber einem alleinigen Haushalt anzunehmen. In den Erläuterungen zur Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung, BGBl. I Nr. 96/2010, RV 677 BlgNR, XXIV GP, 14, wird dazu festgehalten, dass in Anlehnung an EU-SILC (Statistik der Europäischen Union über Einkommen und Lebensbedingungen) davon ausgegangen wird, dass der Regelbedarf eines Haushaltes mit zwei volljährigen Personen 150% dessen einer alleinstehenden Person beträgt. Die Qualifikation der gegenständlichen Wohnsituation des Bf als in Haushaltgemeinschaft lebend erfolgte daher von der belangten Behörde zu Recht und war daher der Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 lit.a Oö. BMSV der Berechnung über die Höhe der dem Bf zuerkannten bedarfsorientierten Mindestsicherung zugrunde zu legen. Diese rechtliche Würdigung steht im Übrigen auch im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Beurteilung einer Haushaltsgemeinschaft und des zugrunde zu legenden Mindeststandards (vgl. LVwG-350041/15/KLi/TK vom 19.5.2014, LVwG-350075/6/GS/BD/IH vom 27.10.2014, LVwG-350157/4/KLi/PP vom 17.7.2015 ua.).

 

Der Beschwerde war daher keine Folge zu geben und der angefochtenen Bescheid zu bestätigen, wobei die irrtümliche Zitierung der zur Berechnung herangezogenen Rechtsvorschrift im Spruch des angefochtenen Bescheides (nämlich Z 2 lit.a statt Z 3 lit.a des § 1 Abs.1 Oö. BMSV) anlässlich des Beschwerdeverfahrens richtigzustellen war.

 

  

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny