LVwG-840105/13/KLi/BHu/IH LVwG-840108/6/KLi/BHu/IH

Linz, 05.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über den Antrag vom 30. Mai 2016 des Dipl.-Ing. K B, Zivilingenieur für Bauwesen, x, B, vertreten durch die H L Partner Rechtsanwälte GmbH, x, L, auf Nichtigerklärung der freiwilligen Ex-ante-Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung als gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2
Z 16 lit. ee BVergG im Vergabeverfahren, hinsichtlich des Abbruches des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Plänen des Auftraggebers, Erwerb des Grundstückes samt Gebäude, der Antragsgegnerin / Auftraggeberin Fachhochschule X I GmbH, x, W, vertreten durch die S C & Partner Rechtsanwälte GmbH, x, L und unter Beitritt der mitbeteiligten Partei / präsumtiven Zuschlagsempfängerin N Wohnungsbaugesellschaft m.b.H., x, W, vertreten durch die x K W Rechtsanwälte GmbH, x, W, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Antrag vom 30. Mai 2016 auf Nichtigerklärung der Zuschlags-entscheidung vom 19. Mai 2016 (Ex-ante-Transparenz-bekanntmachung betreffend das Vorhaben "Abbruch des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborge­bäudes nach den Plänen des Auftraggebers, Erwerb des Grundstücks samt Gebäude" – Bekanntgabe der Zuschlags-entscheidung; Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung), wird gemäß §§ 1, 2 und 7 Oö. Vergabe-rechtsschutzgesetz 2006 - Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, abgewiesen.

 

II.      Der Antrag, der Fachhochschule X I GmbH den Ersatz der Pauschalgebühr für diesen Antrag zu Handen der ausgewiesenen Vertreter des Antragstellers aufzuerlegen, wird abgewiesen.

 

III.   Das Eventualbegehren,

gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 Oö. Vergabe RSG festzustellen, dass das gegenständliche Vergabeverfahren (Errichtung eines Labor-gebäudes bekannt gemacht zu 2016/X) ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hiezu ergangenen Verordnungen und/oder unmittelbar anwend­bares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig gewesen sei;

gemäß § 12 Abs. 1 Z 3 Oö. VergRSG festzustellen, dass der Zuschlag in dem genannten Vergabeverfahren rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 BVergG 2006 erteilt worden sei;

den zwischen der Antragsgegnerin und dem beauftragen Auftrag­nehmer in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Vertrag über die Erbringung von Bauleistungen (Errichtung eines Laborgebäudes bekannt gemacht zu 2016/X) für absolut nichtig zu erklären oder aufzuheben

bzw. für den Fall, dass von der Nichtigerklärung des Vertrages abgesehen werde, eine Geldstrafe über die Antragsgegnerin zu verhängen;

wird zurückgewiesen.

 

IV.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VWGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1.            Mit Eingabe vom 30. Mai 2016 brachte der Antragsteller einen Antrag auf Nachprüfung gemäß § 3 Oö. VergRSG bzw. einen Eventualantrag auf Feststellung gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 Oö. VergRSG ein, welcher sich gegen die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung als gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2
Z 16 lit.ee BVergG im Vergabeverfahren hinsichtlich des Abbruches des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Plänen des Auftraggebers, Erwerb des Grundstückes samt Gebäude im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung ohne Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes gemäß § 28 Abs. 2 BVergG richtet.

 

Begründend führt der Antragsteller aus, die Antragsgegnerin (Auftraggeberin, die Fachhochschule X I GmbH) plane den Abbruch des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Plänen des Auftraggebers, Erwerb des Grundstückes samt Gebäude. Es handle sich um einen Bauauftrag samt Planung und Ausführung und werde sich der Hauptort der Ausführung in W, Xstraße, befinden.

 

Das Verfahren sei auf der Homepage „x“, Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union“ (x) unter der Nummer 2016/X bekannt gemacht worden und sei diese Bekanntmachung erstmals am 19. Mai 2016 zur Verfügung gestanden. Des Weiteren sei die Vergabe des gegenständlichen Auftrages am 20. Mai 2016 auf der Homepage des Landes O (OOE-x) bekannt gemacht worden.

 

Soweit für den Antragsteller ersichtlich, beabsichtige die Antragsgegnerin, diesen Auftrag „im Wege des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung eingeschränkt auf einen Bieter gemäß iSd § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG“ zu vergeben. Der gegenständliche Antrag auf Nachprüfung beziehe sich auf die Zuschlagsentscheidung iSd § 2 Z 16 lit. a sublit. ee BVergG, bekannt gemacht unter 2016/X.

 

Weitere Informationen zum gegenwärtigen Stand des Vergabeverfahrens würden nicht vorliegen und könne so insbesondere nicht verifiziert werden, dass eine Zuschlagserteilung tatsächlich noch nicht erfolgt sei. Auf Grund der Verfahrensvorschriften, dass die Zuschlagserteilung aber tatsächlich erst nach Ablauf der Stillhaltefrist erfolgen könne und auf Grund der Rechtsprechung sei aber jedenfalls von der Zulässigkeit des gegenständlichen Nachprüfungsantrages auszugehen.

 

Sowohl in der europaweiten Bekanntmachung vom 19. Mai 2016 als auch in der Bekanntmachung des Landes O vom 20. Mai 2016, werde als Auftraggeberin die Fachhochschule X I GmbH genannt.

 

Der Antragsteller verfüge über eine aufrechte Befugnis als Zivilingenieur für Bauwesen und sei daher zur Bringung der gegenständlichen Leistungen als freiberuflicher Bauträger gemäß § 4 Abs. 1 ZTG befugt. Die Antragsgegnerin sei eine Einrichtung des Privatrechts im Eigentum einer Gebietskörperschaft. Der Bieter, auf den die Zuschlagsentscheidung gefallen sei, sei die N Wohnungsbaugesellschaft m.b.H. Dies ergebe sich für den Antragsteller aus den Bekanntmachungen.

 

Die Antragsgegnerin habe am 19. Mai 2016 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union und am 20. Mai 2016 auf der Homepage des Landes O jeweils zwei freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachungen im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben der Fachhochschule O, Campus W, veröffentlicht.

 

Die erste Bekanntmachung (Homepage des Landes O zu OOE-x; Homepage „x“, Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union unter Bauleistung x-2016) betreffe die „Errichtung eines Managementgebäudes samt Grundstückserwerb“, X x und x und sei die Zuschlagsentscheidung auf die Bauunternehmung R G gefallen.

 

Des Weiteren sei die – antragsgegenständliche – Bekanntmachung (Homepage des Landes O zu OOE-x; Homepage „X“, Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union unter Bauleistung 2016/X-2016) im Zusammenhang mit dem „Abbruch des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Plänen des Auftraggebers, Erwerb des Grundstückes samt Gebäude“, wobei die Zuschlagentscheidung auf die mitbeteiligte Partei gefallen sei.

 

Beide Ausschreibungen würden im unmittelbaren Zusammenhang stehen, wobei auch auf die Tatsache verwiesen werde, dass die Unternehmen auf die die jeweilige Zuschlagsentscheidung gefallen sei, personell ident seien.

 

Am 19. Mai 2016 bzw. 20. Mai 2016 habe die Antragsgegnerin die Ausschreibung des Bauauftrages bekannt gemacht. Der Bauauftrag werde dabei wie folgt beschrieben:

 

„Bauauftrag

Erbringung einer Bauleistung, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber/vom Auftraggeber genannten Erfordernissen, Hauptort der Ausführung, Lieferung oder Dienstleistungserbringung: W, Xstraße/Xstraße.

NUTS-Code X“

„Abbruch des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Vorgaben des Auftraggebers, schlussendlich Erwerb des Grundstückes samt Gebäude durch Auftraggeber.“

Auf Grund der vorliegenden „freiwilligen Ex-ante-Transparenzbekanntmachung“ im Suppelement zum Amtsblatt der Europäischen Union unter Bauleistung 2016/X (X), am 19. Mai 2016, die detaillierter als jene auf der Homepage des Landes O sei, sei davon auszugehen, dass eine Zuschlagserteilung gemäß der §§ 132 Abs. und 133 BVergG noch nicht erfolgt sei und daher ein Nachprüfungsantrag gemäß § 3 Oö. VergRSG jedenfalls zulässig sei.

 

Diese Einschätzung gründe darauf, dass das Formular Nr. 15 von der Auftraggeberin genutzt worden sei, mit welchem freiwillige Vorabangaben im Sinne der Transparenz beigebracht würden, wie sie in Artikel 2d Abs. 4 der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG über Nachprüfungsverfahren und
Artikel 60 Abs. 4 der Richtlinie 2009/81/EG vorgesehen seien. Durch eine solche freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung solle im Vergabeverfahren eine Möglichkeit geschaffen werden, dass ein Vertrag durch eine von dem Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle für unwirksam erklärt werden könne.

 

Ausgehend von den Vorschriften des BVergG sei davon auszugehen, dass sich das Verfahren derzeit in der sogenannten 10-tägigen „Stillhaltefrist“ des § 132 Abs.1 BVergG befinde, wobei die Antragsgegnerin, die Datumsangaben hinsichtlich des Tages der Zuschlagsentscheidung nicht bekannt gegeben habe.

 

Der Vollständigkeit halber werde auch darauf verwiesen, dass der Punkt V.3. in der deutschen Fassung des herangezogenen Formulares (Nr. 15, freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung) ungenau übersetzt worden sei („Name und Anschrift des Wirtschaftsteilnehmers, zu dessen Gunsten der Zuschlag erteilt wurde“). In der englischen Originalfassung heiße es jedoch “ame and address of economic operator in favour of whom the contract award decision has been taken“. In Zusammenhang mit Punkt V.1. würde daher die richtige Übersetzung wie folgt lauten: „Name und Anschrift des Wirtschaftsteilnehmers, zu dessen Gunsten die Zuschlagsentscheidung erteilt wurde bzw. auf den die Zuschlagsentscheidung gefallen ist.“

 

Zusammengefasst ergebe sich daher folgendes Bild: Der Auftraggeber könne gemäß § 49 Abs. 1 BVergG Bekanntmachungen und Mitteilungen, die nicht einer Bekanntmachungsverpflichtung gemäß diesem Bundesgesetz unterliegen, der Kommission unter Verwendung allenfalls existierender einschlägiger Standardformulare für Bekanntmachungen übermitteln. Gemäß § 49 Abs. 2 BVergG kann der Auftraggeber, wenn ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Oberschwellenbereich durchgeführt wurde, der Kommission unter Verwendung des einschlägigen Standardformulars für Bekanntmachungen die Entscheidung bekannt geben, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Im vorliegenden Fall habe der Auftraggeber von einer solchen freiwilligen Ex-ante-Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung auf Gemeinschaftsebene iSd § 49 Abs. 2 BVergG Gebrauch gemacht. Die Gesetzesmaterialien EBRV 327 BlgNR 24. GP führen zu § 49 Abs. 2 BVergG aus: „Die Bekanntgabe bzw. Bekanntmachung der „Zuschlagsentscheidung“ ist – obwohl sie im vorliegenden Kontext erfolgt – jedenfalls eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 lit. a (das Gesetz differenziert nicht, aus welcher Motivation die Bekanntgabe oder Bekanntmachung erfolgt)“.

 

Die freiwillige Ex-ante-Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung zugunsten der mitbeteiligten Partei sei demnach als gesondert anfechtbare Entscheidung (Zuschlagsentscheidung) iSd § 2 Z 16 lit a sublit. ee BVergG zu qualifizieren.

 

Die gegenteilige Ansicht würde dazu führen, dass ein potentieller Auftragsinteressent, der im Falle der Durchführung eines Verhandlungs-verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung naturgemäß von der Zuschlags-entscheidung keine Kenntnis erhalte, keine Möglichkeit hätte, die Zuschlags-entscheidung zu bekämpfen. Damit würde ein potentieller Auftragsinteressent jeglichen Rechtsschutzes verloren gehen. Einem am Auftragserhalt interessierten Unternehmer – konkret dem Antragsteller – sei es nämlich nicht einmal möglich, mit Erfolg ein – ohnedies nicht auf den Auftragserhalt, sondern nur auf Schadenersatzansprüche abzielendes – Feststellungsverfahren anzustreben, da ein Feststellungsverfahren erst nach erfolgter Zuschlagserteilung in Betracht komme.

 

Mit dem Antrag auf Nichtigerklärung der freiwilligen Ex-ante-Transparenzmachung über die beabsichtigte Vergabe (Mitteilung, welchem Bieter der Auftrag erteilt werden solle), bekämpfe er daher zulässigerweise mittels des gegenständlichen Nachprüfungsantrages die Zuschlagsentscheidung iSd § 2 Z 16 lit. a sublit. ee BVergG.

 

Als Zivilingenieur für Bauwesen erfülle er alle Voraussetzungen, um sich an einer Vergabe des gegenständlichen Auftrages zu beteiligen und den Zuschlag zu erhalten. Hätte die Antragsgegnerin ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durchgeführt, hätte er sich daran auch beteiligt und fristgerecht in Angebot gelegt. Abgesehen davon, dass die Durchführung eines Projektes dieser Größenordnung – die Antragsgegnerin gehe selbst von Errichtungskosten in der Höhe von zumindest 8.060.000 EURO (exkl. USt) aus – nicht nur ein sehr lukrativer Auftrag gewesen wäre, der abgesehen vom erzielbaren Gewinn auch für eine längere Auslastung seines Büros gesorgt und einen entsprechenden Beitrag zu den Fixkosten geleistet hätte, verliere er durch die unzulässige Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung des Auftrages auch noch den besonderen Wert des gegenständlichen Bauauftrages als Referenzprojekt für zukünftige Ausschreibungen.

 

Hinsichtlich des ihm entstandenen Schadens werde zur Vermeidung von Wiederholungen auf die bereits getätigten Ausführungen verwiesen. Da ihm hinsichtlich des direkt vergebenen Bauauftrages eben auf Grund der gewählten Vorgehensweise (Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung) keine näheren Vorgaben bekannt seien, sei es ihm nicht möglich, eine seriöse Kalkulation des Auftrages vorzulegen. Tatsache sei aber jedenfalls, dass er im Fall der Zuschlagsentscheidung und in weiterer Folge dann Zuschlagserteilung einen Gewinn lukriert hätte und diesen Auftrag dann jedenfalls für eine entsprechende Auslastung seines Büros gesorgt und auch einen Deckungsbeitrag zu den laufenden Fixkosten geleistet hätte. Er behalte sich jedenfalls vor, den ihm in finanzieller Hinsicht entstandenen Schaden nach Durchführung der beantragten Akteneinsicht noch näher zu präzisieren. Abgesehen von den ihm entstandenen finanziellen Nachteilen entgehe ihm jedenfalls auch der besondere Wert als Referenzprojekt für zukünftige Ausschreibungen.

 

Der Beschwerdeführer erachte sich dem entsprechend in seinem Recht darauf verletzt, dass a) das Vergabeverfahren entsprechend den bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens oder den dazu ergangenen Verordnungen und dem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht durchgeführt werde; b) das Vergabeverfahren mittels einem offenen Verfahren oder einem nicht offenem Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung durchgeführt werde.

 

Die Antragsgegnerin habe sich – wie sich aus der Bekanntmachung vom
20. Mai 2016 ergebe – unter Bezugnahme auf § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG auf den Schutz von Ausschließlichkeitsrechten für berechtigt erachtet, den Auftrag im Wege des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zu vergeben. Mit dieser Vorgangsweise verstoße die Antragsgegnerin in mehrfacher Hinsicht gegen die Bestimmungen des BVergG.

 

Die Auftraggeberin begründe in IV.1. die Wahl des Verfahrens damit, dass sie neue Räumlichkeiten benötigen würde. Das vorliegende Grundstück (Gst.-Nr. x, Katastralgemeinde x W) würde sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum bereits bestehenden Standort der Fachhochschule W befinden und wäre das einzige in Frage kommende Grundstück, das direkt an das bestehende
FH-Gebäude angrenze. Die Synergieeffekte von nebeneinander liegenden Gebäuden, würden vor allem eine direkte Verbindung zwischen Haupt- und Laborgebäude, die Verbindung der Tiefgaragen usw. betreffen. Das zu errichtende Laborgebäude solle maßgeschneidert nach den Vorgaben der Antragsgegnerin errichtet werden, wodurch es sich nicht mehr um einen schlichten Grundstückskauf iSd § 10 Z 8 BVergG handle. Der Grundstückseigentümer (Auftragnehmer) sei nur unter der Voraussetzung zum Verkauf des Grundstückes bereit, dass die Planungs- und Bauarbeiten des Laborgebäudes durch die mitbeteiligte Partei erfolgen würden, somit liege ein vergaberechtliches Ausschließlichkeitsrecht nach § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG vor und sei eine vergaberechtliche Stellungnahme dazu vorhanden. Die veranschlagte Summe sei nach ziviltechnischen Gutachten angemessen.

 

Aus der Begründung unter Punkt IV.1., die die einzige Information hinsichtlich des Vergabeverfahrens darstelle, ergebe sich weder, wie sich die Gesamtkosten in der Höhe von 8.060.000 EURO zusammensetzen würden bzw. welcher Teil der Kosten auf die Abbruchleistung und die Errichtung fallen würden, noch lasse sich ob der Angaben nachvollziehen, welches Grundstück tatsächlich gemeint sei. Das in der Bekanntgabe genannte Grundstück Nr. x der KG x W sei gemäß grundbücherlichen Abfragen nicht existent.

 

Bei den in § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG Ausschließlichkeitsrechten sei vor allem an Patent-, Urheber-, Marken- und Musterschutzrechte zu denken. Es handle sich somit um absolut wirkende Rechte. In den erläuternden Materialien werde ausgeführt, dass unter den Tatbestand „Schutz eines Ausschließlichkeitsrechtes“ (§§ 28 Abs. 2 Z 2, 29 Abs. 2 Z 2 und 30 Abs. 2 Z 2) jene Fälle zu subsumieren seien, in denen ein bestimmter Unternehmer das ausschließliche Verfügungs- oder Nutzungsrecht besitze.

 

In der Rs C-328/92 habe der EuGH jedoch betont, dass es nicht genüge, dass die in Rede stehenden Produkte (Arzneimittel und Arzneispezialitäten) durch Ausschließlichkeitsrechte geschützt seien. Es sei auch erforderlich, dass sie nur von einem bestimmten Unternehmer hergestellt oder geliefert werden könnten. Diese Voraussetzungen würden nach dem EuGH nur bei denjenigen Arzneimitteln und Arzneispezialitäten vorliegen, für die es auf dem Markt keinen Wettbewerb gebe. Diese Ausnahmebestimmung könne auch nicht in Anspruch genommen werden, wenn Dritte über Lizenzen zur Nutzung dieses ausschließlichen Rechtes verfügen würden oder in angemessener Weise erlangen könnten.

 

Laut der stRsp der Gerichtshöfe komme die Anwendung des Ausnahme-tatbestandes gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG nur dann in Betracht, wenn es das Ausschließlichkeitsrecht unbedingt erforderlich mache, den Auftrag an ein bestimmtes Unternehmen und nur an dieses zu vergeben, wobei die Beweislast die Auftraggeberin treffe (vgl. VwGH 9.9.2015, Ro 2015/04/0013).

 

Des Weiteren sei dieser Ausnahmetatbestand laut EuGH äußerst restriktiv auszulegen und sei die Anwendung nur bei jenen Produkten denkbar, für die es auf dem Markt keinen Wettbewerb gebe. Die Berufung auf Ausschließlichkeitsrechte könne und müsse sohin ultima ratio sein, wenn tatsächlich ansonsten keine andere Möglichkeit bestehen würde, ein bestimmtes Projekt anzusetzen. Dies sei aber im gegenständlichen Vergabeverfahren nicht der Fall.

 

Auch wenn man den Begriff des Ausschließlichkeitsrechtes – wie die Auftraggeberin – weit auslegen würde, sei doch die von der Auftraggeberin vertretene Ansicht, das Bestehen des Grundstückseigentümers auf ein bestimmtes Unternehmen, welches sodann die Planungs- und Bauarbeiten durchführen solle, sei ein Ausschließlichkeitsrecht (des beauftragenden Unternehmers) und sei daher unter § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG zu subsumieren, nicht nachvollziehbar.

 

Ein solches Verständnis des Begriffes „Ausschließlichkeitsrecht“ im vergaberechtlichen Sinn, würde auch zu dem Ergebnis führen, dass die vergaberechtlichen Bestimmungen – überspitzt formuliert – völlig außer Acht gelassen werden könnten, wenn ein Grundstückseigentümer, der entweder selbst als Bauträger oder Bauunternehmer tätig wäre oder von einem solchen finanziell dazu motiviert werden würde, auf die Beauftragung eines bestimmten Unternehmers bestehen könnte.

 

Aber auch wenn man im Eigentumsrecht des Liegenschaftseigentümers ein zu schützendes Ausschließlichkeitsrecht des Bauträgers, ersehen würde, würden die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen zur Anwendung des § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG nicht vorliegen.

 

Dass das geplante Laborgebäude unmittelbar am bestehenden Bauteil A der Antragsgegnerin angrenze, mache die dergestalt vorgenommene Vergabe nicht unbedingt erforderlich: Schon in Anbetracht der bestehenden Hochschul-strukturen in den Landeshauptstädten sei das Abstellen auf eventuell zu erreichende Synergieeffekte keinesfalls ausreichend, um in diesem Fall davon sprechen zu können, dass die Nutzung von Synergieeffekten wesentlich für die Gewährung einer Hochschulausbildung wäre. Beispielhaft werde eine Vielzahl der Kurse der technischen Studienrichtungen in L in Laboren und Werkstätten außerhalb des Campus der x-Universität abgehalten und sei die L  Kunstuniversität von jeher an vier Standorten in U und L situiert. Zudem bestehe der Standort Campus W der Antragstellerin schon jetzt aus insgesamt acht Bauteilen, die sich nicht in unmittelbarer Nähe zueinander befinden würden und schon gar nicht angrenzend erbaut seien.

 

Inwiefern nunmehr nicht mehr auf die angeführten Synergieeffekte verzichtet werden könne, sei ebenso wie das angebliche Ausschließlichkeitsrecht der Auftragnehmerin, welches sich auf Grund der Vorgaben des Liegen-schaftseigentümers ergebe, in Anbetracht der vergaberechtlichen Vorgaben nicht nachzuvollziehen. Im Gegenteil, durch das gewählte Vergabeverfahren würden die Grundsätze des Vergaberechtes, insbesondere der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes gänzlich ignoriert.

 

Aus den dargestellten Gründen sei die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG (Ausschließlichkeitsrecht) nicht vorliegen würden. Hätte die Antragsgegnerin ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren mit entsprechender vorheriger Bekanntmachung durchgeführt, hätte der Antragsteller die Möglichkeit gehabt, sich an diesem zu beteiligen und auch den Zuschlag zu erhalten.

 

Dementsprechend würden die Anträge gestellt, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge

a) das Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der gesondert anfechtbaren Entscheidung der Auftraggeberin, in concreto die Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren 2016/S 095-2016, einleiten,

b) die gesondert anfechtbare Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung für nichtig erklären, da die vorliegende Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss sei,

c)  eine mündliche Verhandlung anberaumen,

d) Akteneinsicht gewähren,

e) der Antragsgegnerin den Ersatz der vom Antragsteller entrichteten Pauschalgebühren auferlegen.

 

Sollte entgegen der gesetzlichen Vorschriften des Bundesvergabegesetzes die 10-tägige Stillhaltefrist nicht eingehalten worden und die Zuschlagsentscheidung schon erfolgt sein, was auf Grund der vorliegenden Informationen nicht beurteilt werden könne, begehre der Antragsteller unter anderem auch unter Verweis auf § 12 Abs. 4 Oö. VergRSG in eventu die Feststellung, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen bundesgesetzliche Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens oder der hiezu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbarem Unionsrecht rechtswidrig gewesen sei.

 

Die Antragsgegnerin habe in der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung hinsichtlich der Rechtsmittelfrist auf § 14 Abs. 6 Oö. VergRSG verwiesen und laute Punkt V.3. „Name und Anschrift des Wirtschaftsteilnehmers, zu dessen Gunsten der Zuschlag erteilt wurde“.

 

Zwar sei diesbezüglich von einem Übersetzungsfehler auszugehen, jedoch könne eine allfällig schon erfolgte Zuschlagserteilung nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Dies insbesondere auch nicht, da die Auftraggeberin keine Datumsangabe hinsichtlich des Tages der Zuschlags-entscheidung bekannt gegeben habe.

 

Hinsichtlich der verfahrensrelevanten Angaben (Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens; Bezeichnung des Auftraggebers und des Antragstellers einschließlich deren Telefaxnummer oder elektronische Adresse/Angaben zur Zuständigkeit; der Bezeichnung des allfälligen Zuschlagsempfängers; der Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss; den Angaben über den eingetretenen oder drohenden Schaden; der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt) werde auf die Ausführungen zum Nachprüfungsantrag verwiesen.

 

Der Antragsteller erachte sich dem entsprechend in seinem Recht darauf verletzt, dass

a) das Vergabeverfahren entsprechend den Bestimmungen des Bundes-vergabegesetzes 2006, den dazu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht mit vorheriger Bekanntmachung und/oder mit vorherigem Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt werde

b) der Zuschlag erst nach Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 BVergG 2006 erteilt werde.

 

Der Antragsteller stelle dementsprechend die Anträge,

a)       das Feststellungsverfahren einzuleiten

b)       gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 Oö. VergRSG festzustellen, dass das gegenständliche Vergabeverfahren (Errichtung eines Laborgebäudes bekannt gemacht zu 2016/X) ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hiezu ergangenen Verordnungen und/oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war;

c)       gemäß § 12 Abs. 1 Z 3 Oö. VergRSG festzustellen, dass der Zuschlag in dem in lit.b) genannten Vergabeverfahren rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 BVergG 2006 erteilt wurde;

d)       den zwischen der Antragsgegnerin und dem beauftragten Auftragnehmer in diesem Zusammenhang angeschlossenen Vertrag über die Erbringung von Bauleistungen (Errichtung eines Laborgebäudes bekannt gemacht zu 2016/X) für absolut nichtig zu erklären oder aufzuheben bzw. für den Fall, dass von der Nichtigerklärung des Vertrages abgesehen werde, eine Geldstrafe über die Antragsgegnerin zu verhängen;

e)       eine mündliche Verhandlung anzuberaumen;

f)       Akteneinsicht zu gewähren;

g)       der Antragsgegnerin den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren aufzuerlegen.

 

I.2.            Mit Stellungnahme vom 6. Juni 2016 hat sich die Antragsgegnerin an gegenständlichem Verfahren beteiligt.

 

Die FH X I GmbH sei 100%-Tochtergesellschaft der FH X M GmbH und öffentliche Auftraggeberin iSd § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG. Die FH X I GmbH unterstütze Forschung und Lehre, indem sie die erforderliche Infrastruktur bereitstelle, insbesondere auch den hier gegenständlichen FH x Campus W. Seit der Eröffnung des FH x Campus W im Jahr 2004 sei die Fachhochschule laufend um Studiengänge erweitert und in räumlicher Hinsicht ausgebaut worden.

 

Die Antragsgegnerin plane die Erweiterung des im Wesentlichen im Bereich Xstraße/Xstraße als Baurecht der Antragstellerin (Baurechts-einlage EZ x KG x W) auf dem GSt. x (EZ x KG x W) mit der Liegenschaftsadresse Xstraße 23 in W untergebracht in FH x Campus W, um ein Verwaltungsgebäude („Managementgebäude“) und ein Laborgebäude. Eine bauliche Erweiterung der bestehenden Gebäude (auf den bestehenden Flächen) sei technisch und rechtlich nicht möglich.

 

Da eine „dislozierte“ (Neu-)Errichtung der notwendigen Erweiterungsflächen für das gegenständliche Laborgebäude mit dem Fachhochschul- bzw. Lehrbetrieb nicht vereinbar sei und daher ausscheide, seien die Eignung und die Verfügbarkeit der benachbarten unbebauten Flächen sowie die Machbarkeit geprüft und in weiterer Folge positive Gespräche mit den Grundeigentümern – lokale Baufirmen/Bauträger – geführt worden. Das geplante Laborgebäude solle auf dem GSt. x/x und x/x je EZ x KG x W, im Eigentum der mitbeteiligten Partei und das Managementgebäude auf dem GSt. x, x, x, und x/x je EZ x KG x W im Eigentum der Bauunternehmung R G errichtet werden.

 

Die genannten Bauaufträge „Errichtung Laborgebäude samt Erwerb des Grundstückes“ einerseits und die „Errichtung Managementgebäude samt Grundstückserwerb“ andererseits, seien zwar zeitgleich verhandelt worden, seien aber jeweils gesonderte Vorhaben, die in keinem Zusammenhang stünden. Dementsprechend seien von der Antragsgegnerin auch zwei getrennte Vergabeverfahren durchgeführt und bekannt gemacht worden.

 

Die Antragsgegnerin habe (nach Einholung eines Bewertungsgutachtens und einer Kostenschätzung, etc.) auf Grundlage einer vergaberechtlichen Stellungnahme mit den o.a. Grundeigentümern/Baufirmen jeweils Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG durchgeführt. Gegenstand der Verhandlungen betreffend das Laborgebäude (fünf-geschossiges Gebäude, bestehend aus einem Untergeschoss, Erdgeschoss und drei Obergeschossen, in Stahlbetonbauweise) seien „Totalunternehmerleistungen“ auf Basis der Raumanforderungen der Auftraggeberin, der von der Auftraggeberin beauftragten „Studie Laborgebäude FH x“ und Ausstattungsbeschreibung der Architekten B R
ZT-Planungsgesellschaft m.b.H.

 

Die beabsichtigte Vergabe der Bauaufträge/Totalunternehmerleistungen an die – an den Liegenschaften ausschließlich berechtigten – Grundeigentümer/ Baufirmen, seien jeweils am 19. Mai 2016 auf der Homepage des Landes O und im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union mit der – anfechtungsgegenständlichen – freiwilligen Ex-ante-Transparenz-bekanntmachung unter Verwendung des Standardformulars 15 bekannt gemacht worden:

 

-    2016/X freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung (Bauauftrag/Errichtung Laborgebäude samt Erwerb des Grundstückes) = OOE-x (Abbruch des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Plänen des Auftraggebers, Erwerb des Grundstückes samt Gebäude)

-    2016/x freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung (Bauauftrag/Errichtung Managementgebäude samt Grundstückserwerb) = OOE-x (Neuerrichtung eines Verwaltungsgebäudes und Ankauf des Grundstückes samt Gebäude durch Auftraggeber)

 

Eine Zuschlagserteilung sei noch nicht erfolgt; auf den Eventualantrag auf Feststellung sei daher in weiterer Folge nicht näher einzugehen.

 

Vorweg sei darauf hinzuweisen, dass sich aus dem Vorbringen des Antragstellers nicht zweifelsfrei ergebe, auf welches Vergabeverfahren bzw. auf welche der o.a. freiwilligen Ex-ante-Bekanntmachungen sich die Anträge beziehen würden. Im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als auch in den Nachprüfungsanträgen würden das Verfahren bzw. die angefochtene Entscheidung nicht genau bezeichnet. Lediglich die Eventualanträge auf Feststellung würden sich explizit auf den Bauauftrag „Errichtung Laborgebäude samt Erwerb des Grundstückes“ beziehen. Aus dem Rubrum im verfahrenseinleitenden Schriftsatz des Antragsstellers, dem Eventualantrag auf Feststellung, der „Bezeichnung des für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieters“ durch den Antragsteller und aus der „genauen Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung“ sowie der „Bezeichnung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters“ durch den Antragsteller lasse sich aber entnehmen, dass sich das Vorbringen und die Anträge des Antragstellers nur auf den Bauauftrag „Errichtung Laborgebäude samt Erwerb des Grundstückes“ beziehen würden.

 

Der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sei daher auf dieses Verfahren beschränkt (was sich so auch aus der vom Oö. LVwG gewählten „Bezeichnung Vergabeverfahren: Abbruch des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach Plänen des Auftraggebers, Erwerb des Grundstückes samt Gebäude Xstraße, W“ bzw. „Errichtung Laborgebäude samt Erwerb des Grundstückes“ ergebe). Demgemäß beziehe sich auch die Stellungnahme der Auftraggeberin nur auf dieses Vergabeverfahren bzw. auf die freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung 2016/X = OOE x. Ungeachtet dessen würden die diesbezüglichen Ausführungen auch Gültigkeit für den Bauauftrag „Errichtung Managementgebäude samt Grundstückserwerb (= Neuerrichtung eines Verwaltungsgebäudes und Ankauf des Grundstückes samt Gebäude durch Auftraggeber)“ haben.

 

Der Antragsteller bekämpfe mit seinem Nachprüfungsantrag explizit einen „Bauauftrag“; nämlich den „Abbruch des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Plänen des Auftraggeber iVm Erwerb des Grundstückes samt Gebäude“.

 

Der Antragsteller sei laut Eintrag im offiziellen Mitgliederverzeichnis der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten nach ZTG befugter „Zivilingenieur für Bauwesen“. Eine darüber hinausgehende Befugnis bzw. (Gewerbe) Berechtigung als Bauträger, Baumeister, Bauunternehmung, odgl. für die Durchführung des ggst. Bauauftrages sei nicht nachvollziehbar und werde vom Antragsteller auch nicht behauptet.

 

Ziviltechniker seien in dem von ihrer Befugnis umfassten Fachgebiet (nur) berechtigt, zur Erbringung von planenden, prüfenden, überwachenden, beratenden, koordinierenden, mediativen und treuhänderischen Leistungen, insbesondere zur Vornahme von Messungen, zur Erstellung von Gutachten, zur berufsmäßigen Vertretung vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts, zur organisatorischen und kommerziellen Abwicklung von Projekten, ferner zur Übernahme von Gesamtplanungsaufträgen, sofern wichtige Teile der Arbeiten dem Fachgebiet des Ziviltechnikers zukommen (vgl. § 4 Abs. 1 ZTG). Die von den gegenständlichen Beschaffungsvorgängen umfassten Bauleistungen ieS (bzw. die gleichzeitige Ausführung und Planung der Bauvorhaben) seien vom Befugnisumfang des Antragstellers als „Zivilingenieur für Bauwesen“ nicht umfasst, sodass ein/e Bewerbung/Angebot des Antragstellers in einem Vergabeverfahren betreffend die Ausschreibungsgegenständlichen Bauleistungen von vornherein nicht zu berücksichtigen/auszuscheiden wäre.

 

Der Antragsteller hätte somit auch keine Möglichkeit gehabt, sich an dem Vergabeverfahren betreffend die gegenständlichen Bauleistungen zu beteiligen oder den Zuschlag zu erhalten. Insofern komme dem Antragsteller auch keine Antragslegitimation zu, der Antrag sei schon deshalb zurückzuweisen.

 

Selbst wenn der Antragsteller aktiv legitimiert sein sollte, entspreche das von der Auftraggeberin durchgeführte Vergabeverfahren den gesetzlichen Bestimmungen des BVergG und würden die vom Antragsteller vorgebrachten Gründe, auf die sich seine Behauptung der Rechtswidrigkeit stützen würden, im Ergebnis nicht vorliegen.

 

In rechtlicher Hinsicht sei zunächst vorauszuschicken, dass der Erwerb von Grundstücken gemäß § 10 Z 8 BVergG vom sachlichen Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen sei. Der Ankauf der oben angeführten Grundstücke alleine wäre somit zweifellos vergaberechtlich nicht relevant. Im vorliegenden Fall seien die Grundstücksgeschäfte mit der Erbringung von Bauleistungen (Abbruch des vorhandenen Bestandsgebäudes, Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Plänen des Auftraggebers) verknüpft. Auf Grund dieses „gemischten Vertragsgegenstandes“ sei die Auftraggeberin auch von der Anwendung des gesetzlichen Vergaberegimes ausgegangen.

 

Auf Grund der von der Auftraggeberin im Vorfeld zur Verfahrenswahl eingeholten rechtlichen Stellungnahme habe die Auftraggeberin davon ausgehen können, dass die Voraussetzungen für die zulässige Anwendung des Verhandlungs-verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung vorliegen würden. Die dies-bezügliche Begründung der sorgfältig handelnden Auftraggeberin für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens sei auch in der freiwilligen Ex-ante-Transparenzbekanntmachung 2016/X veröffentlicht.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG komme die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung (mit nur einem Bieter) dann in Betracht, wenn es ein „Ausschließlichkeitsrecht“ unbedingt erforderlich mache. Neben den vom Antragsteller zitierten Patent-, Urheber-, Marken- und Musterschutzrechten, stelle auch das dinglich wirkende Eigentumsrecht ein solches Ausschließlichkeits-recht dar. Schon auf Grund der o.a. gesetzlichen Ausnahme von Grundstücksgeschäften vom Anwendungsbereich des Vergaberechts sei klar, dass es für Grundstücke keinen Markt gebe. Ein Wettbewerb bei Grundstücks-käufen sei schon auf Grund der Natur der Sache nicht denkbar.

 

Das Eigentumsrecht der mitbeteiligten Partei sei daher als Ausschließlichkeitsrecht iSd § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG zu qualifizieren. Da die Auftraggeberin (oder ein Dritter) das Verfügungsrecht über die Grundstücke nicht in anderer Weise erlangen könne, als durch einen Liegenschaftskauf in Verbindung mit einem Bauauftrag, würden die Voraussetzungen für die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung vorliegen. Bei der vorliegenden – zweifellos nicht alltäglichen – Sonderkonstellation, wo der Grundstückseigentümer zugleich auch Bauunternehmer sei (und damit präsumtiver Grundstücksverkäufer und Auftragnehmer in Personalunion) komme nicht das wettbewerbsrechtlich Regulativ des Vergaberechts zur Anwendung, sondern das Beihilfenrecht.

 

Entscheidend sei, dass für die Realisierung des Vorhabens „Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach Plänen des Auftraggebers“ der Erwerb des Grundstückes samt Gebäude notwendig sei. Entgegen der Ansicht des Antragstellers komme es nicht darauf an, ob das Vorhaben als solches in der geplanten Art und Weise unbedingt erforderlich sei, sondern dass der Erwerb der GSt. x/x und x/x je EZ x KG x W unbedingt notwendig sei für die Neuerrichtung eines Laborgebäudes nach den Plänen des Auftraggebers.

 

Dem Vorbringen des Antragstellers in Bezug sei daher nur der Vollständigkeit halber entgegenzuhalten, dass die Situierung für das geplante Laborgebäude unmittelbar neben dem bestehenden Campus mit den schon bestehenden Laboren im Sinne des Hochschul- bzw. Lehrbetriebes gewählt worden sei. Eine „Auslagerung“ der Erweiterungsflächen und damit eine Trennung der Laborbereich scheidet insbesondere aus nachstehenden Gründen aus:

 

-    Der FH Campus W sei als – geschlossenes – technisches Institut zu sehen. Die Studiengänge würden eng mit der Forschung und Entwicklung und dem Lehrbetrieb (Studentenausbildung) zusammenarbeiten.

-    Die Nutzung der vorhandenen Labore sei nur in räumlichem Zusammenhang mit dem neuen Labor(-gebäude). Die Laborgeräte, etc. würden sowohl in den bestehenden Labors und Lehrveranstaltungsräumen als auch in den neuen Labors gemeinsam genutzt, was eine räumliche Verbindung bzw. Nähe voraussetze. Bei einer dislozierten Errichtung bzw. Auslagerung des neuen Labors müssten sowohl Laborgeräte als auch Labor-/Lehrpersonal doppelt angeschafft bzw. besetzt werden.

-    Nach dem bewährten praxisorientierten Studienkonzepts der Fachhochschulen seien Lehrveranstaltungen und Laborübungen idR kombiniert, was nur bei einer entsprechenden räumlichen Verbindung bzw. Nähe von Lehrveranstaltungsräumen und Labors möglich sei.

 

Die vom Antragsteller dagegen ins Treffen geführten Argumente würden nicht überzeugen können. Ein Vergleich mit der Universität sei insofern nicht zulässig, als Universitätsinstitute an sich auch lokal geschlossen seien. So sei z.B. das erste chemische Institut der Universität W in der W Straße konzentriert und nicht über das Stadtgebiet verteilt.

 

Auch die Behauptung des Antragstellers, wonach der FH Campus W bereits jetzt aus insgesamt acht Bauteilen bestehen würde, entspreche nicht den Tatsachen. Alle Räumlichkeiten würden sich – dem Wesen eines Campus entsprechend – im räumlichen Nahbereich befinden. Dies gelte auch für die angemieteten Räumlichkeiten im T-Center, das nur ca. 50 m vom Campus entfernt liege.

 

Aus den genannten Gründen ergehe daher der Antrag, auf Zurückweisung der Anträge als unzulässig; in eventu auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Abweisung des Nachprüfungsantrages gemäß § 3 Oö. VergRSG und Zurückweisung des Feststellungsantrages gemäß § 12 Oö. VergRSG.

 

I.3.            Mit Eingabe vom 8. Juni 2016 erhob die präsumtive Zuschlags-empfängerin, N Wohnungsbaugesellschaft m.b.H. (mitbeteiligte Partei) begründete Einwendungen.

 

Die Auftraggeberin beabsichtige am Campus W u.a. ein weiteres Laborgebäude zu erwerben. Ziel dabei sei es, eine optimale Verbindung zu den bestehenden Gebäuden herzustellen und diese in unmittelbarer Nähe zum Hauptgebäude zu errichten. In diesem Zusammenhang führe die Auftraggeberin ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG zur Vergabe eines entsprechenden Bauauftrages durch. Die Voraussetzungen für die Wahl dieser Verfahrensart würden vorliegen. Die Auftraggeberin habe diesbezüglich am 19. Mai 2016 eine entsprechende, freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung, wonach der Zuschlag der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erteilt werden solle, bekannt gemacht. Eine Zuschlagserteilung habe noch nicht stattgefunden.

 

Wie nunmehr dem der Zuschlagsempfängerin übermittelten Nachprüfungsantrag des Antragstellers vom 30. Mai 2016 zu entnehmen sei, bekämpfe dieser die zugunsten der Zuschlagsempfängerin ergangene Zuschlagsentscheidung vom
19. Mai 2016 „Laborgebäude“ und begehre offenbar die Nichtigerklärung dieser Zuschlagsentscheidung.

 

Der Antragsteller begründe seinen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung dabei im Wesentlichen damit, dass die Auftraggeberin unzulässiger Weise ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG gewählt habe, ohne dass die hiefür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen würden. Ein Ausschließlichkeitsrecht der präsumtiven Zuschlagsempfängerin liege nicht vor. Bei Durchführung eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung hätte sich der Antragsteller am Vergabeverfahren beteiligen und den Zuschlag erhalten können. Diese Möglichkeit sei ihm jedoch genommen worden.

 

An dieser Stelle sei anzumerken, dass der Antragsteller in seinem Nachprüfungsantrag vereinzelt auf ein anderes Vergabeverfahren der Antragsgegnerin (Errichtung eines Managementgebäudes samt Grundstückserwerb) Bezug nehme. Dieses Verfahren sei jedoch bereits rechtskräftig abgeschlossen, weshalb die diesbezüglichen Ausführungen des Antragstellers für die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht nachvollziehbar seien. Welche Absicht der Antragsgegner hiermit verfolge, sei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin deshalb nicht klar. Auch eine Anfechtung dieses Vergabeverfahrens sei eindeutig nicht erfolgt, da ein Antrag auf Nichtigerklärung der bei diesem Verfahren gesondert anfechtbaren Entscheidung (Zuschlags-entscheidung) unterblieben – und nunmehr auch verfristet – sei.

 

Den Ausführungen des Antragstellers zur angefochtenen Zuschlagsentscheidung betreffend das Vergabeverfahren „Errichtung Laborgebäude samt Erwerb des Grundstückes“ sei aus den nachstehenden Gründen nicht zu folgen. Vorweg sei aber festzuhalten, dass die Antragslegitimation des Antragstellers mit der Befugnis Zivilingenieur für Bauwesen nicht hinreichend sei.

 

Wie sich aus der Bekanntmachung im Amtsblatt der EU ergebe, umfasse der Leistungsgegenstand zentral den Ankauf der betreffenden Liegenschaft der Zuschlagsempfängerin inklusive der Planung und den Bau eines Laborgebäudes. Unabhängig von der ausschließlichen Verfügbarkeit der Liegenschaft nur durch die Zuschlagsempfängerin, sei der hier vergebene gemischte Auftrag insgesamt als Bauauftrag zu qualifizieren. Die berufliche Befugnis des Antragstellers umfasse aber gerade nicht die Erbringung von Bauleistungen (ausführende Tätigkeiten). Damit fehle es dem Antragsteller bereits an der Antragslegitimation sowie am unmittelbar drohenden Schaden. Lediglich ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die Auftraggeberin gemäß § 22 Abs. 1 BVergG nicht zur getrennten Vergabe von Planung und Bau verpflichtet sei. Die gestellten Anträge seien daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen.

 

Der Antragsteller stütze seinen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 19. Mai 2016 darauf, dass die Auftraggeberin ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG durchgeführt habe, obwohl die hiefür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Ausschließlichkeitsrecht zugunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht vorliege und es sich bei der ausschreibungsgegenständlichen Liegenschaft nicht um die einzige, für die Errichtung des Laborgebäudes in Frage kommende Liegenschaft handle. Die Behauptungen des Antragstellers seien jedoch schlicht falsch. Zunächst sei festzuhalten, dass das in der Ex-ante-Transparenz-bekanntmachung angeführte Grundstück – entgegen der Ansicht des Antragstellers – sehr wohl existiere. Bei der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft handle es sich um das einzig verfügbare, unmittelbar an die Liegenschaft der Auftraggeberin angrenzende Grundstück. Das Ausschließlichkeitsrecht zugunsten der Zuschlagsempfängerin bestehe jedenfalls zu Recht.

 

Dass es – wie vom Antragsteller vorgebracht – nicht erforderlich sei, das neu zu errichtende Laborgebäude unmittelbar angrenzend an die bisherige Infrastruktur zu errichten, sei unzutreffend. Da es sich bei der Auftraggeberin um eine stark frequentierte Ausbildungseinrichtung handle, sei eben das räumliche Konzept für die Gewährleistung eines effizienten Zeitmanagements und somit für eine effiziente Nutzung der dort verbrachten (Ausbildungs-)Zeit jedenfalls notwendig. Denn selbstverständlich müsse die Nutzung von Synergieeffekten für den Lehr- und generell den Betrieb der Auftraggeberin im Vordergrund stehen.

 

Die Schaffung einer unmittelbaren Verbindung zum Hauptgebäude sei daher von zentraler Bedeutung. Die ökonomisch gestaltete „Benutzung“ von Ausbildungseinrichtungen sei ein wesentliches Kriterium für die Gewährleistung der Effektivität der Ausbildung, da somit kein erheblicher Zeitverlust bei einem Wechsel von Lehrpersonal und Auszubildenden entstehe. Müssten doch die ansonsten erheblichen Wegzeiten in die Stundenpläne miteinberechnet werden, was unter Umständen zu einer Einschränkung der tatsächlichen Ausbildungszeit führen könne.

 

Um das Ziel eines effizienten Zeitmanagements gewährleisten zu können, sei ausschließlich die verfahrensgegenständliche Liegenschaft geeignet, da sie die einzig verfügbare, an die Liegenschaft der Auftraggeberin angrenzende, darstelle. Dass die angesprochenen Synergieeffekte einzig durch die Nutzung der betroffenen Liegenschaft erreicht werden könnten, liege auf der Hand. Eine Ausschließlichkeit iSd § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG sei daher jedenfalls gegeben.

 

In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück als einziges die erforderlichen Voraussetzungen der Auftraggeberin erfülle. Ein Bedarf für die Nutzung eines anderen Grundstückes existiere schlichtweg nicht. Somit gäbe es zu keinem Zeitpunkt einen Wettbewerb, der ein Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit mehreren Wettbewerbs-teilnehmern erfordern würde. Die Behauptung des Antragstellers, es handle sich bei der gegenständlichen Liegenschaft nicht um die einzige, für die Errichtung des Laborgebäudes in Frage kommende Liegenschaft, gehe daher ins Leere.

 

Ungeachtet der Tatsache, dass eine Ausschließlichkeit iSd § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG bereits durch die Eigenschaft der Liegenschaft selbst begründet würde, wäre die Zuschlagsentscheidung zugunsten der präsumtiven Zuschlags-empfängerin zwingende Voraussetzung des Eigentümers der einzigen in Frage kommenden Liegenschaft. Warum diese zwingende Voraussetzung eine Ausschließlichkeit gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG gerade nicht begründen solle, sei aus Sicht der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht nachvollziehbar. Sei doch die Natur des Begriffes „Ausschließlichkeit“ eben in der gegenständlichen Situation verankert: Zur Verwirklichung des Projektes der Auftraggeberin sei diese an die zwingenden Voraussetzungen des Eigentümers der gegenständlichen Liegenschaft gebunden. Dieser entscheide ohne Zutun der Auftraggeberin, von wem die betroffene Liegenschaft tatsächlich bebaut werden solle. Ob sich diese Ausschließlichkeit aus einer gesetzlichen Bestimmung oder einem Akt des Privatrechts ergebe, sei in diesem Zusammenhang unerheblich.

 

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die von der Auftraggeberin benötigte Leistung, auf Grund der erörterten Voraussetzungen ausschließlich von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angeboten werden könne. Dabei sei an dieser Stelle hervorzuheben, dass eben diese Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verfahrenswahl in der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung umfassend dargelegt und detailliert begründet worden seien. Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sei somit abzuweisen.

 

Der Antragsteller beantrage weiters – in eventu – die Feststellung, dass die Wahl des Verhandlungsverfahrens mangels vorliegender Voraussetzungen rechtswidrig gewesen sei und der Zuschlag rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt worden sei. Weiters werde die Nichtigerklärung eines allfälligen, zwischen der Antragsgegnerin und der Zuschlagsempfängerin bereits abgeschlossenen Vertrages über den verfahrensgegenständlichen Auftrag wie auch die Verhängung einer Geldstrafe beantragt.

 

Auch sämtliche Eventualanträge des Antragstellers auf Feststellung seien zurückzuweisen. Wie bereits ausführlich dargelegt, seien die Voraussetzungen für die Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung iSd
§ 28 Abs. 2 Z 2 BVerG entgegen der Behauptungen des Antragstellers gegeben. Diese seien im Zuge der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung vom
19. Mai 2016 auch entsprechend dargelegt worden. Folglich gehe auch das Vorbringen, wonach der Zuschlag ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt worden sei, ins Leere. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe bis zum heutigen Tag keinen Zuschlag erhalten. Mangels rechtswidriger Vorgehensweise durch die Auftraggeberin, komme somit auch die Verhängung einer Geldstrafe nicht in Betracht.

 

Die Eventualanträge des Antragstellers auf Feststellung, Nichtigerklärung und Verhängung einer Geldstrafe seien somit abzuweisen.

 

I.4.            Mit Eingabe vom 15. Juni 2016 ergänzte die mitbeteiligte Partei ihr Vorbringen.

 

Wie von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bereits vorgebracht, sei es ganz offensichtlich auch für die Auftraggeberin unklar, welches Vorhaben vom Antragsteller letztlich angefochten werde. Schließlich würden sich vereinzelt doch Angaben zu einem gänzlich anderen Beschaffungsvorhaben („Errichtung Managementgebäude samt Grundstückserwerb“) der Auftraggeberin finden. Es sei somit nicht klar ersichtlich, auf welches Vergabeverfahren bzw. auf welche Ex-ante-Transparenzbekanntmachung sich der Nachprüfungsantrag beziehe. Bereits vor diesem Hintergrund müsse der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen werden.

 

Weiters nehme die Auftraggeberin Bezug auf die mangelnde Befugnis des Antragstellers. Dieser habe als „Zivilingenieur für Bauwesen“ nicht die nötige Befugnis bzw. (Gewerbe-)Berechtigung, um die im bezeichneten Vergabeverfahren betroffenen Bauleistungen zu erbringen. Die Möglichkeit einer Beteiligung als Bieter bei Durchführung eines Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung und in weiterer Folge eines Zuschlages, sei somit ohnehin, mangels Eignung, ausgeschlossen. Folglich komme dem Antragsteller gar keine Antragslegitimation zu. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin schließe sich somit auch in diesem Punkt vollinhaltlich den Ausführungen der Auftraggeberin an und verweise darüber hinaus auf ihr Vorbringen in den Einwendungen vom
7. Juni 2016. Die vom Antragsteller gestellten Anträge seien somit bereits aus diesem Grund zurückzuweisen.

 

Aber auch hinsichtlich der Zulässigkeit der Verfahrenswahl selbst, schließe sich die präsumtive Zuschlagsempfängerin den Ausführungen der Auftraggeberin an. Auch der Ansicht der Auftraggeberin folgend, gebe es keine Zweifel daran, dass verfahrensgegenständliches Grundstück das einzig in Betracht kommende sei (schließlich könne eine effiziente Nutzung des Laborgebäudes nur dort garantiert werden) und auf Grund der eindeutigen Forderungen des Liegenschafts-eigentümers nur die präsumtive Zuschlagsempfängerin als Auftragnehmer in Betracht komme. Gerade hierin liege schließlich die auch in § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG geforderte Ausschließlichkeit. Wie der Stellungnahme der Auftraggeberin entnommen werden könne, habe diese gerade zur Beantwortung dieser Frage eigens ein Gutachten eingeholt, welches die Zulässigkeit der Verfahrenswahl bestätige.

 

Würde man dem Vorbringen des Antragstellers folgen, wonach die Bebauung des Grundstückes auch zwingend durch ein von der präsumtiven Zuschlags-empfängerin unterschiedliches Unternehmen zulässig sein müsste, so würde dies dem ausdrücklichen Willen des Eigentümers widersprechen. Diese Vorgehens-weise wäre jedoch einer Enteignung gleichzuhalten und könne somit keinesfalls zulässig sein, da sie eine Verletzung des Art. 5 StGG und des Art. 1 1. ZPEMRK bedeuten würde.

 

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG – insbesondere jene der Ausschließlichkeit – würden vorliegen. Die Verfahrenswahl sei daher zulässig. Auf Grundlage obiger Ausführungen schließe sich die präsumtive Zuschlags-empfängerin daher den Ausführungen der Auftraggeberin in ihrer Stellungnahme vom 6. Juni 2016 vollinhaltlich an. Die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung sei zu Recht erfolgt.

 

Darüber hinaus fehle es dem Antragsteller mangels Befugnis an Antragslegitimation. Der Antrag des Antragstellers sei zurück-, in eventu abzuweisen.

 

I.5.            In seiner Stellungnahme vom 17. Juni 2016 konkretisiert der Antragsteller zunächst, dass die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren 2016/x verfahrensgegenständlich sei, also jene betreffend das Vorhaben „Errichtung Laborgebäude samt Erwerb des Grundstückes Xstraße, W“.

 

Ferner weist er darauf hin, dass das in der freiwilligen Ex-ante-Transparenzbekanntmachung angeführte Grundstück Nr. x tatsächlich nicht existiere. Erst durch die Anführung in der Stellungnahme der Antragsgegnerin, sei die genaue Lage der verfahrensrechtlichen Grundstücke Nr. x/x und x/x bekannt gegeben worden. Grundstücke beginnend mit der Bezeichnung x/... KG x W, gebe es rund ein Dutzend.

 

Insbesondere beanstande die präsumtive Zuschlagsempfängerin in ihren Einwendungen den Eventualantrag des Antragstellers. Im Zeitpunkt der Antragstellung habe der Antragsteller nicht mit Sicherheit verifizieren könne, dass die 10-tägige Stillhaltefrist eingehalten worden sei und die Zuschlags-erteilung nicht doch schon erfolgt sei. Dies insbesondere auf Grund des Verweises der Auftraggeberin auf die Rechtsmittelfrist iSd § 14 Abs. 6 Oö. VergRSG in der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung und damit auf die Notwendigkeit der Einleitung eines Feststellungsverfahrens und des Fehlens einer Datumsangabe hinsichtlich des Tages der Zuschlagsentscheidung. Erst durch das Verfahren habe der Antragsteller das Vorliegen einer Zuschlagserteilung ausschließen können.

 

Die Antragsgegnerin und die präsumtive Zuschlagsempfängerin würden in ihren jeweiligen Stellungnahmen bzw. den Einwendungen ausführen, dass die vom zu vergebenden Auftrag umfassten Bauleistungen ieS, sohin die gleichzeitige Ausführung und Planung des Bauvorhabens, nicht vom Antragsteller als Zivilingenieur für Bauwesen erbracht hätte werden können. Der Antragsteller hätte somit auch keine Möglichkeit gehabt, sich an dem Vergabeverfahren, betreffend die gegenständlichen Bauleistungen zu beteiligen oder den Zuschlag zu erhalten, weshalb dem Antragsteller keine Antragslegitimation zukommen würde.

 

Diese Rechtsansicht treffe jedoch in concreto nicht zu. Ziviltechniker seien gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des Ziviltechnikergesetzes 1993 im Rahmen ihrer Fachgebiete grundsätzlich zu keiner ausführenden Tätigkeit berechtigt. Dies treffe jedoch nur auf die aktuell verliehenen Befugnisse der Architekten und Ingenieurekonsulenten zu; eine früher verliehene Befugnis eine Zivilingenieurs für Bauwesen werde durch das Ziviltechnikergesetz 1993 nicht eingeschränkt.

 

Gemäß § 40 Abs. 1 und 2 des ZTG 1993 (Übergangsbestimmungen), blieben die vor in Kraft treten dieses Bundesgesetzes verliehenen Befugnisse, in dem zum Zeitpunkt der Verleihung bestandenen Berechtigungsumfang aufrecht „und seien „insbesondere nach Maßgabe des Abs. 1 Zivilingenieure weiterhin zur Ausübung ihrer Befugnis während der Dauer ihres privaten Dienstverhältnisses und zu ausführenden Tätigkeiten unter der Bezeichnung „Zivilingenieur“ berechtigt“.

 

Der Antragsteller sei auf Grund dieser Übergangsbestimmungen jedenfalls und entgegen der Vorbringen der Antragsgegnerin und der präsumtiven Zuschlags-empfängerin zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistung, nämlich der gleichzeitigen Ausführung und Planung des Bauvorhabens, im Gegensatz zur präsumtiven Zuschlagsempfängerin, berechtigt und hätte daher die ausge-schriebenen Leistungen sowohl erbringen können.

 

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin verfüge im Gegensatz zum Antragsteller (lediglich) über die Berechtigung zur Führung eines Bauträgergewerbes iSd § 117 Abs. 4 GewO 1994 und nicht – wie der Antragsteller – über die Berechtigung eines Baumeistergewerbes. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin sei daher nicht zur Erbringung von ausführenden Leistungen berechtigt und sei daher auch nicht klar, wie die in den Ausführungen der Auftraggeberin angeführten „Totalunternehmerleistungen“ von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin – trotz der fehlenden Ausführungsberechtigung – erbracht werden sollten.

 

Zudem sei mit der Novelle des Jahres 2005 des Ziviltechnikergesetzes 1993 der Berechtigungsumfang der Ziviltechniker insofern erweitert worden, als Ziviltechniker seither auch zur „organisatorischen und kommerziellen Abwicklung von Projekten“ berechtigt seien. Unter der organisatorischen und kommerziellen Abwicklung von Projekten iSd § 4 Ziviltechnikergesetz 1993, werde für die Befugnisbereiche Architektur und Bauwesen, die Bauträgertätigkeit verstanden. Schon aus dem gleichlautendem Wortlaut des § 4 ZTG 1993 und § 117 Abs. 4 GewO 1994 gehe hervor, dass Ziviltechniker im Bereich Architektur/Bauwesen zur Tätigkeit als Bauträger berechtigt seien.

 

Zu den Ausführungen der Antragsgegnerin als auch der präsumtiven Zuschlagsempfängerin hinsichtlich des Vorliegens eines Ausschließlichkeits-rechtes, auf welches die Zulässigkeit der Durchführung eines Verhandlungs-verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung mit nur einem Bieter, gestützt werde, werde Folgendes vorgebracht:

 

Einerseits nicht für den Antragsteller ersichtlich sei die Relevanz des Vorbringens zur Einholung einer vergaberechtlichen Stellungnahme durch die Antragsgegnerin, auf Grund derer die Auftraggeberin im Vorfeld zur Verfahrenswahl angeblich davon ausgehen habe können, dass die Voraus-setzungen für die zulässige Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung vorliege.

 

Auch bei Vorliegen einer eventuell anders lautenden Stellungnahme, werde ein öffentlicher Auftraggeber nicht davon entbunden, die gesetzlichen Normen einzuhalten. Entgegen der geäußerten Rechtsansicht der Auftraggeberin stelle das Eigentumsrecht der präsumtiven Zuschlagsempfängerin kein „Ausschließlichkeitsrecht“ gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG dar und könne auch ob der Ausnahme von Grundstückserwerben vom vergaberechtlichen Regime nicht darauf geschlossen werden, dass die Voraussetzungen für die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung vorliegen würden. Die Auftraggeberin übersehe nämlich bzw. erstatte diesbezüglich nur der Vollständigkeit halber Vorbringen, dass für die Realisierung des Vorhabens – also die Erweiterung um ein Laborgebäude – der Erwerb eines Grundstückes notwendig sei. Laut der ständigen Rechtsprechung sei § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG äußerst restriktiv auszulegen und müsse die Berufung auf Ausschließlichkeits-rechte ultima ratio sein.

 

In den bisher dazu ergangenen Entscheidungen des EuGH seien Ausschließlichkeitsrechte im Zusammenhang mit Lieferaufträgen (Arzneimittel) beurteilt worden, wobei – nicht ausdrücklich in der Entscheidung angeführt, aber denklogisch mit der Prüfung der Anwendbarkeit des § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG vorgelagert – die Voraussetzungen nach der Notwendigkeit des konkreten Auftrages bestanden seien. Notwendig sei jedoch nur die bauliche Erweiterung des bestehenden Gebäudes durch Errichtung eines Neubaus und nicht der Erwerb eines konkreten Grundstückes. Sohin sei entgegen der Ansicht der Auftrag-geberin als Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG sehr wohl die Prüfung der Notwendigkeit eines unmittelbar an das bestehende Gebäude angrenzenden Zubaus entscheidend, wobei die hiezu vorgebrachten Argumente sowohl der Auftraggeberin als auch der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ins Leere gingen.

 

Mag auch der Campus „als geschlossenes technisches Institut“ zu sehen sein und die Studiengänge eng mit der Forschung und der Entwicklung und dem Lehrbetrieb (Studentenausbildung) zusammenarbeiten, ändere dies nichts am Umstand, dass der gemeinsame Gebrauch von Laborgeräten kaum denkbar sei. Insbesondere die präsumtive Zuschlagsempfängerin lege das Augenmerk ihrer Ausführungen vor allem auf die Wichtigkeit eines effizienten Zeitmanagements, da es sich bei der Auftraggeberin um eine stark frequentierte Ausbildungseinrichtung handle. In diesem Zusammenhang sei jedoch nicht nachvollziehbar, inwiefern eine gemeinsame Nutzung – welche im Sinne des Vorbringens nur als zeitgleiche Nutzung verstanden werden könne – zu einer zeiteffizienten Nutzung aller Ressourcen führen sollte. Andererseits sei es nicht lebensnah, sich vorzustellen, dass Studenten ihre Lehrobjekte tragend, von einem Laborgebäude ins nächste gingen, was auf Grund der Transport(un)möglichkeit und Gefährlichkeit (Studiengang Chemie) dieser Objekte auch nicht möglich erscheine. Wenn sohin die Auftraggeberin behaupte, dass Laborgeräte nunmehr doppelt angeschafft werden müssten, werde dies bestritten bzw. vorgebracht, dass dies auf jeden Fall hätte geschehen müssen und werde auf die diesbezüglich obliegende Beweispflicht der Auftraggeberin hingewiesen.

 

Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei es, inwiefern die räumliche und unmittelbare Nähe wesentlich für die Kombination einer Lehrveranstaltung mit einer Laborübung sein solle. Sei es im Rahmen einer Lehrveranstaltung vorgesehen, sogleich das Gelernte/Gehörte im Labor umzusetzen, so würde die Lehrveranstaltung nach Ansicht des Antragstellers sogleich in einem Labor stattfinden. Sei dies nicht vorgesehen, müssten die Studenten sowie das Lehrpersonal die Räumlichkeiten auf jeden Fall wechseln.

 

Auch die Argumentation dahingehend, dass durch die unmittelbare Verbindung vom Hauptgebäude ein erheblicher Zeitverlust bei einem Wechsel des Lehrpersonals oder Auszubildenden vermieden werden könnte, sei nicht substantiell. Nicht vorstellbar sei es schon auf Grund der aktuell gegebenen Baulichkeiten bzw. deren Anordnung und Verteilung im Stadtgebiet sowie der vielzähligen und unterschiedlichen Studiengänge, dass beispielsweise der Vortragende aus dem Bereich Mathematik eine Lehrveranstaltung im Gebäude A und unmittelbar im Anschluss im Gebäude G zu halten habe. Es sei daher davon auszugehen, dass schon jetzt oder zumindest zumutbar zukünftig die Lehrpläne derart gestaltet würden, dass der Wechsel zwischen den Gebäudeteilen so gut es ginge vermieden würden.

 

Am Beispiel der x-Universität zeige sich, dass Hochschüler durchaus in der Lage seien, trotz nicht vorliegender unmittelbarer räumlicher Nähe der Studienorte ihre Ausbildung effizient zu betreiben. So seien die Hochschüler der x L in den Studienbereichen Chemie, technische Chemie, Mechatronik, Physik und technische Mathematik, etc. gehalten, Lehrveranstaltungen und Übungen im x-Turm, S P, in den Laboren im ehemaligen xpark und den Werkstätten der V zu absolvieren.

 

Abschließend werde noch vorgebracht, dass zumindest gemäß dem im Internet aufrufbaren Campusplan der Campus aus acht Bauteilen bestehe (Bauteile A
bis H), wobei Bauteil H laut Routenplan rund 500 m vom Bauteil A entfernt sei.

 

Die Antragstellerin habe mit Stellungnahme vom 6. Juni 2016 Urkunden vorgelegt und gleichzeitig beantragt, einen Großteil dieser von der Akteneinsicht auszunehmen, da ansonsten die berechtigten Interessen der Auftraggeberin als auch der präsumtiven Zuschlagsempfängerin verletzt werden würden. Konkret wurde die Ausnahme der Stellungnahme der K W Rechtsanwälte GmbH des Bewertungsgutachtens T Z GmbH, Raumanforderungen zum BV Laborgebäude, Ausstattungsbeschreibung der Architekten B R ZT-Planungsgesellschaft m.b.H., Studie Laborgebäude FH x der Architekten B R ZT-Planungsgesellschaft m.b.H., beide Totalunternehmerangebote und die E-Mail-Korrespondenz bezüglich der
EU-Bekanntmachung beantragt.

 

Der Antragsteller spreche sich gegen die Ausnahme der oben genannten Urkunden ausdrücklich aus, da diese für das weitere Vorgehen des Antragstellers unabdingbar seien; würden ihm doch auf Grund der intransparenten Vorgehensweise der Auftraggeberin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin keine bzw. kaum Informationen vorliegen.

 

I.6. Die mitbeteiligte Partei führte daraufhin mit Replik vom 28. Juni 2016 zur Antragslegitimation/Berufsbefugnis des Antragstellers aus, selbst dann, wenn der Antragsteller - wie von ihm bloß behauptet - über eine frühere Befugnis als „Zivilingenieur für Bauwesen" nach dem Ziviltechnikgesetz (BGBl. Nr. 146/1957) verfügen sollte, wäre für den Antragsteller daraus nichts zu gewinnen.

 

Nach der mit Ablauf des 31.5.1994 außer Kraft getretenen Vorläufer-bestimmungen im Ziviltechnikgesetz BGBl. Nr. 146/1957 waren Zivilingenieure im Rahmen ihrer Fachgebiete zu einer ausführenden Tätigkeit berechtigt, beispielsweise „Zivilingenieure für Bauwesen" auch zur Ausführung von Hochbauten (vgl. § 5 Abs. 3 Ziviltechnikgesetz BGBl. 146/1957) gewesen.

 

Gegenstand des Vergabe-/Nachprüfungsverfahrens seien „Totalunternehmer-leistungen", die über die bloße Planung und Ausführung von Hochbauten hinausgehen würden. Selbst wenn sich der Antragsteller auf eine frühere und von ihm nachzuweisende - in das Regime des ZTG 1993 idgF übergeleitete - Befugnis zur Ausführung von Hochbauten berufen könnte, sei diese Befugnis nicht ausreichend für die Erbringung der gegenständlichen Leistungen durch den Antragsteller.

 

Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers verfüge dieser über keine aufrechte Berechtigung eines Baumeistergewerbes. Die Ausübung des Baumeistergewerbes wäre sowohl mit den Bestimmungen des Ziviltechnikergesetzes (BGBl.
Nr.
146/1957; siehe dort § 19 Abs. 7 leg cit) als auch mit den Bestimmungen des ZTG 1993 nicht vereinbar; gemäß § 14 Abs. 7 ZTG 1993 idgF sei nämlich die Ausübung eines Gewerbes, das eine Tätigkeit zum Gegenstand habe, die auch zum Befugnisumfang des Ziviltechnikers gehöre, mit der Ausübung der Befugnis des Ziviltechnikers unvereinbar und habe das unverzügliche Ruhen der Befugnis zur Folge.

 

Laut G (x) sei der Antragsteller geschäftsführender Gesellschafter der F Bauträger GmbH, die bis zum 21. Jänner 2015 unter anderem das „Baumeistergewerbe" mit dem Antragssteller als gewerberechtlichen Geschäftsführers ausgeübt habe. Die Gewerbeberechtigung ende mit dem 21. Jänner 2015, offenbar infolge Eröffnung des Konkursverfahrens über die F Bauträger GmbH, welche sich aktuell im Liquidationsstadium befinde (der Antragsteller hätte sich daher im Rahmen einer Angebotslegung auch nicht auf die nach § 68 BVergG ausgeschlossene F Bauträger GmbH berufen können). Auch aus dem mit der Novelle des ZTG im Jahr 2005 (BGBl. I 2005/137) eingefügten Wortlaut in § 4 Abs. 1 ZTG 1993 „[...] zur organisatorischen und kommerziellen Abwicklung von Projekten" sei für den Antragsteller nichts zu gewinnen. Diese Wortfolge sei nur auf den ersten Blick der Bestimmung für Bauträger in § 117 Abs. 4 GewO angelehnt („[...] zur organisatorischen und kommerziellen Abwicklung von Bauvorhaben''), unterscheidet sich aber im Detail aufgrund der abweichenden Formulierung. Die „kommerzielle Abwicklung" iSd ZTG 1993 idgF sei (nur) im Sinne einer „kaufmännischen Abwicklung" zu verstehen (zB. Rechnungsprüfung, Kostenkontrolle, etc.) und nicht als „Befugniserweiterung" in Richtung ausübender Tätigkeiten (zB. Bauträger, Baumeister, etc.). Aus dem Zusammenhalt der Vorschriften des ZTG 1993 erhelle zweifelsfrei, dass der Gesetzgeber nicht die Absicht gehabt habe, ausführende Tätigkeiten durch Ziviltechniker zuzulassen. Vielmehr sei im ZTG 1993 mehrfach klargesellt, dass insbesondere das Zusammentreffen der Ausübung der Ziviltechnikerbefugnis mit einer ausführenden Tätigkeit auf dem gleichen Fachgebiet unvereinbar sei. Daher dürfe ein Architekt z.B. nicht gleichzeitig das Baumeistergewerbe ausüben (vgl. § 14 Abs. 7 ZTG 1993 idgF). Dieses im ZTG 1993 mehrfach festgelegte Ziel, eine Trennung zwischen Planung und Ausführung zu schaffen, könne auch durch die Übergangsbestimmung des § 40 ZTG 1993 nicht durchbrochen werden. Die im ZTG 1993 festgelegte Trennung zwischen Planung und ausführenden Tätigkeiten gehe dem § 40 Abs. 1 ZTG 1993 vor; die Übergangsbestimmung sei daher (einschränkend) im Sinne der Trennung von Planung und ausführenden Tätigkeiten auszulegen.

 

Darüber hinaus dürften sich Ziviltechniker nicht mit Gewerbetreibenden, die zu ausführenden Tätigkeiten befugt seien, zu einer Bieter- oder Arbeitsgemeinschaft bzw. zu einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht zusammenschließen (vgl.
§ 21 Abs. 3 ZTG 1993 idgF). Daher dürfe ein Architekt z.B. nicht mit einem Baumeister, dessen Gewerbeberechtigung ausführende Tätigkeiten nicht ausgeschlossen habe, eine Bietergemeinschaft eingehen (vgl. z.B BVA 17.11.2011, N/0087-BVA/12/2011-24; VKS Wien U.8.2011,
VK:S-7081/11; 21.7.2011, VKS-6346/11; 16. 12. 2010, VKS-12598/10).

 

I.7.            Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beraumte daraufhin für den 4. Juli 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung an, an welcher sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin und die mitbeteiligte Partei teilgenommen haben.

 

 

II.            Folgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1.            Fachhochschule W:

 

Die FH x I GmbH (Auftraggeberin) ist eine 100%-Tochtergesellschaft der FH x M GmbH und öffentliche Auftraggeberin iSd § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006.

 

Die Fachhochschule W plant an ihrem Standort in W, X-straße/Xstraße, die Erweiterung ihrer Gebäude um ein Managementgebäude und ein Laborgebäude. Verfahrensgegenständlich ist die Erweiterung um ein Laborgebäude.

 

II.2.            Antragsteller:

 

Der Antragsteller ist Zivilingenieur für Bauwesen im Sinn des § 5 Abs. 3 ZTG 1957. Seine Befugnis wurde im Jahr 1990 erteilt. Dementsprechend ist er auch im Mitgliederregister der Ziviltechnikerkammer eingetragen. Der Antragsteller ist als Zivilingenieur für Bauwesen im Sinn des § 5 Abs. 3 ZTG 1957 sowohl zu planenden als auch ausführenden Tätigkeiten berechtigt.

 

Inwieweit der Antragsteller vormals Geschäftsführer der F B GmbH war, welche sich nunmehr in Liquidation befindet und ob diese Gesellschaft auch zu planenden und ausführenden Tätigkeiten befugt war, kann dahingestellt bleiben, zumal nicht diese Gesellschaft sondern der Antragsteller persönlich Nachprüfungswerber ist.

 

II.3.            N Wohnungsbaugesellschaft m.b.H.:

 

Die N Wohnungsbaugesellschaft m.b.H ist mitbeteiligte Partei und präsumtive Zuschlagsempfängerin bzw. präsumtive Vertragspartnerin der Auftraggeberin.

 

Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin des vertragsgegenständlichen Grundstückes. Sie wird dieses Grundstück nur dann an die Auftraggeberin verkaufen, wenn sie auch mit den planenden und ausführenden Tätigkeiten des zu errichtenden Laborgebäudes beauftragt wird.

 

II.4.            Grundstück:

 

Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücke in W, GSt. x/x und x/x je EZ x, KG x W. Auf diesen Grundstücken soll das geplante Laborgebäude errichtet werden.

 

Die Auftraggeberin selbst hat ihr Gebäude, welches derzeit in Betrieb ist, im Bereich Xstraße/Xstraße (Baurechtseinlage EZ x, KG x W und auf dem GSt. x EZ x, KG x W) mit der Liegenschaftsadresse Xstraße, W, untergebracht.

 

Der Campus-Complex der Auftraggeberin besteht derzeit aus acht Bauteilen, wobei sich die Bauteile A, B, C, E, F, und I im Nahebereich der Kreuzung Xstraße/Xstraße befinden. Die Bauteile G bzw. H befinden sich in geringer Entfernung in der xstraße und in der xstraße.

 

Teilweise handelt es sich bei diesem Gebäude-Komplex um im Eigentum der Auftraggeberin stehende Liegenschaften, zum Teil wurden Gebäude angemietet (z.B. Gebäudeteil H).

 

In der näheren Umgebung des Standortes Xstraße/Xstraße befinden sich keine Grundstücke die erworben werden könnten bzw. Gebäude die erworben und adaptiert oder gemietet und adaptiert werden könnten. Sämtliche im Umfeld liegenden Gebäude stehen entweder bereits im Eigentum der Auftraggeberin oder wurden von dieser gemietet. Die anderen in der Nähe befindlichen Gebäude stehen nicht zur Verfügung, weil dort zum Beispiel das X, die Handelsakademie oder das E-Werk W untergebracht sind bzw. weil es sich um einen Parkplatz, der zur E Kirche gehört, handelt. Diese Liegenschaften können also mit den zweckentsprechenden und wirtschaftlich vertretbaren Mitteln nicht erworben werden. Die in der X-Straße befindlichen Gebäude sind Villen, die im Privateigentum stehen. Insofern ist es kaum zweckmäßig, diese Eigentümer zum Verkauf ihrer Liegenschaften aufzufordern, die Villen abzureißen und dort Gebäude mit Laborfunktion zu errichten.

 

II.5.            Ex-ante-Transparenzbekanntmachungen:

 

In der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung betreffend das Laborgebäude führt die Auftraggeberin aus:

 

„Auftragsvergabe ohne vorherige Auftragsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union (für die Fälle, die in Abschnitt 2. der Anhänge D1, D2 oder D3 aufgeführt sind)

Begründung der Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Auftragsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union gemäß der Richtlinie 2004/18/EG

Die Bauleistungen/Lieferungen/Dienstleistungen können aus folgenden Gründen nur von einem bestimmten Bieter ausgeführt werden: Aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten

Die Fachhochschule O benötigt neue Räumlichkeiten. Das vorliegende Grundstück (Gst. Nr. x, KG x W) befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum bereits bestehenden Standort der Fachhochschule W und ist das einzige in Frage kommende Grundstück, das direkt an das bestehende FH-Gebäude grenzt. Die Synergieeffekte von nebeneinander liegenden Gebäuden betreffen v.a. eine direkte Verbindung zwischen Haupt- und Laborgebäude, die Verbindung der Tiefgaragen usw. Das zu errichtende Laborgebäude soll maßgeschneidert nach den Vorgaben der Fachhochschule O errichtet werden, somit handelt es sich nicht mehr um einen schlichten Grundstückskauf iSd § 10 Z 8 BVergG 2006. Der Grundstückseigentümer (Auftragnehmer) ist nur unter der Voraussetzung zum Verkauf des Grundstückes bereit, dass die Planungs- und Bauarbeiten des Laborgebäudes durch die N Wohnungsbaugesellschaft mbH erfolgen, somit liegt ein vergaberechtliches Ausschließlichkeitsrecht nach § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 (vergaberechtliche Stellungnahme dazu vorhanden) vor. Die veranschlagte Summe ist nach ziviltechnischem Gutachten angemessen.“

 

II.6.            Begründung des Ausschließlichkeitsrechtes:

 

Im Vorfeld der gegenständlichen Vergabeverfahren hat sich die Auftraggeberin mit den Gründen für die Zulässigkeiten eines derartigen Verfahrens auseinandergesetzt. Die Auftraggeberin hat dazu Sachverständigengutachten in vergaberechtlicher Hinsicht bzw. in ziviltechnischer und bautechnischer Hinsicht eingeholt, die auch die Kosten für die Errichtung dieses Gebäudes bzw. die planerische Ausführung festhalten.

 

Die Auftraggeberin hat sich auch mit der Frage befasst, in wie weit der Erwerb anderer Grundstücke bzw. der Miete von angrenzenden oder in der Nähe befindlichen Grundstücken auseinandergesetzt. Wie bereits zu II.4. festgestellt, befinden sich beinahe alle in der Umgebung befindlichen Grundstücke bereits im Eigentum der Auftraggeberin bzw. der Stadt W, (Baurechtseinlage). Auf allen diesen Grundstücken wurden bereits Gebäude der Fachhochschule W errichtet. Darüber hinaus wurden beinahe sämtliche in der näheren Umgebung befindlichen und technisch einsetzbaren Gebäude von der Auftraggeberin gemietet (z.B. Gebäudeteil H).

 

Im Hinblick auf den Erwerb von Grundstücke stehen außer diesem derzeit noch freien Grundstück keine weiteren in der Nähe befindlichen Grundstücke zur Verfügung. In den dort errichteten Gebäuden sind bereits Einrichtungen unter-gebracht, bei welchen nicht davon auszugehen ist, dass diese ihre Gebäude verkaufen und ihren Standort verlegen werden. Bei diesen Einrichtungen handelt es sich nämlich insbesondere um das X, die Handelsakademie und das E-Werk W. Dass diese ihren Standort anderswo hin verlegen würden, ist nicht wahrscheinlich. Vor allem müssten diese Einrichtungen dazu zunächst an anderen Orten Gebäude erwerben bzw. errichten und dann ihre Standorte verlegen. Eine derartige Standortverlegung, um damit die Neuerrichtung eines Laborgebäudes der Fachhochschule W zu erreichen, erscheint nicht lebensnahe bzw. zweckmäßig.

 

Darüber hinaus befinden sich in der angrenzenden X-Straße zahlreiche Villen privater Eigentümer. Dass derartige Gebäude mit einem derartigen Wert in einer solchen Lage verkauft würden, um diese abzureißen und dort ein Laborgebäude zu errichten, ist ebenso wenig plausibel.

 

Mit der Standortsuche hat sich die Auftraggeberin insofern ausreichend auseinandergesetzt.

 

Darüber hinaus ist für die Errichtung von Laborgebäuden auch besonderes technisches Knowhow bzw. eine besondere Infrastruktur erforderlich. Einerseits müssen Laborgebäude teilweise doppelstöckige Räumlichkeiten einrichten, welche für die technischen Versuche und Experimente erforderlich sind. Ein derartiges Gebäude zu finden, um dieses zu mieten, ist in der Umgebung der
FH W nicht möglich. Vielmehr kommt hier nur die Neuerrichtung eines solchen Gebäudes in Betracht.

 

Darüber hinaus ist auch aus sicherheitstechnischen Gründen, die Abwicklung von Arbeiten in einem Labor, die schlichte Miete eines beliebigen in der Nähe befindlichen Gebäudes technisch unmöglich.

 

Insbesondere sind für die Labore „Komposit und Bau“ und „Faser-verbundwerkstoffe“ mechanische Werkstätten notwendig. Im Bauteil A gibt es dazu bereits vorhandene Einrichtungen, welche nunmehr um das Erdgeschoß des Neubaus ergänzt werden sollen. Es hätte insofern keinen Sinn, zwei komplette Maschinenparks bzw. mechanische Werkstätten an unterschiedlichen Standorten zu errichten, sondern ist es zweckmäßig, die vorhandene Werkstätte mittels Neubau zu ergänzen.

 

Im Labor „Technikum für Verfahrenstechnik“ und „Lebensmitteltechnik“ sind zum Teil die zuvor genannten doppelstöckigen (5-6 Meter hohen) Räume erforderlich. Im Bauteil B des bestehenden Gebäudes sind bereits ein Grundlabor und eine Infrastruktur eingerichtet, welche nunmehr erweitert werden sollen. Das Technikum kann nicht isoliert errichtet werden, weil das Grundlabor und die Infrastruktur dafür benötigt werden. Die Errichtung eines neuen Gebäudes in einer gewissen Entfernung ist insofern untunlich.

 

Für die Labore „Antriebe und Leistungselektronik“ gibt es ebenfalls bereits vorhandene Einrichtungen im Bauteil A, welche nunmehr ergänzt werden sollen.

 

Bereits im Vorfeld des gegenständlichen Vergabeverfahrens wurden diese Gedanken von der Auftraggeberin überprüft und erörtert. Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen wurden dann die vorhandenen Pläne und Gutachten erstellt.

 

Darüber hinaus ergeben sich auch in Hinblick auf die IT-Infrastruktur wirtschaftliche Fragen zur Neuerrichtung eines Gebäudes und zur Begründung, dass dieses im Nahebereich des bestehenden Gebäudes liegen muss. Insbesondere sind für die erheblichen Datenmengen, die im Terabyte-Bereich liegen, und die übertragen werden müssen, teure Glasfaserleitungen erforderlich. Alleine der Betrieb derartiger Glasfaserleitungen an einem dislozierten Standort würden im Vergleich zu einem nachbarschaftlichen Standort Mehraufwendungen, nämlich Betriebskosten von 5.000 Euro monatlich, verursachen. Die Errichtungskosten sind in diesen Beträgen noch gar nicht umfasst. Insgesamt ergibt sich daher, dass sowohl die Errichtungskosten als auch die Betriebskosten an einem dislozierten Standort zu erheblichen Mehraufwendungen führen würden.

 

Darüber hinaus sind auch planerische Erwägungen in die Beurteilung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung eingeflossen. Insbesondere bei der Neuaufnahme von Studiengängen ist zu berücksichtigen, dass eine sogenannte Programmakkreditierung, die einmal erteilt wird, dann aber unbefristet ist, durchgeführt werden muss. Diese Akkreditierung betrifft jede neue Studienrichtung. Im Zuge der Akkreditierung wird aber nicht nur das Curriculum beurteilt, sondern werden auch die vorhanden Ressourcen überprüft, nämlich Personal, Infrastruktur, Räumlichkeiten, etc. Würde man hier also Räumlichkeiten trennen, stünde womöglich zu befürchten, dass bei zukünftigen Akkreditierungen die Empfehlung abgegeben wird, gewisse Studienrichtungen nicht zu akkreditieren, weil die erforderlichen Einrichtungen nicht vorhanden sind. Dies würde wohl insbesondere dann zu befürchten sein, wenn Hörsaalgebäude bzw. Seminarräumlichkeiten und Laborräumlichkeiten in weiterer Entfernung voneinander liegen. Auch aus diesen Überlegungen erachtete die Auftraggeberin ein Laborgebäude direkt am Standort für wichtig.

 

Ferner wäre für den Fall, dass kein Gebäudekomplex mit Seminarräumlichkeiten, Verwaltungsgebäude und Laborgebäude am ursprünglichen Standort errichtet werden könnten, womöglich sogar eine Standortverlegung anzudenken wobei dann aber fraglich wäre, ob derartige Kosten überhaupt aufgebracht werden könnten, die komplette Fachhochschule an einen anderen Standort zu verlegen.

 

Letztendlich konnte die Auftraggeberin derartige Erwägungen nicht bereits im Zeitpunkt der Gründung der Fachhochschule W im Jahr 1994 anstellen. Damals wurden die Kapazitäten mit zirka 1.200 Studierenden eingeschätzt und waren die Studienzahlen am Anfang bei 400-500 Studenten gelegen. Dass nunmehr ein Ausbau für bis zu 2.000 Studenten erforderlich werden wird, war damals nicht absehbar. Außerdem war im Jahr 1994 der Standort frei, weil es sich um den ehemaligen Wirtschaftshof der Stadt W handelte. Die Grundstücke befanden sich damals schon im Eigentum der Stadt W (Baurechtseinlage). Nur das angrenzende Grundstück befindet sich im Eigentum der mitbeteiligten Partei. Es ist nunmehr auch das einzige verbleibende Grundstück, auf welchem ein Laborgebäude errichtet werden könnte.

 

 

III.            Beweiswürdigung:

 

III.1.            Fachhochschule W:

 

Die Feststellungen zur Auftraggeberin ergeben sich aus dem Akteninhalt, ferner aus der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung und aus den entsprechenden Firmenbuchauszügen. Der Sachverhalt steht in diesem Punkt aber ohnehin außer Streit, sodass weitere Erhebungen unterbleiben konnten.

 

III.2.            Antragsteller:

 

Die Feststellungen zur Person des Antragstellers gehen auf dessen Angaben sowie auf das Mitgliederverzeichnis auf der Homepage der Ziviltechnikerkammer zurück. Der Antragsteller wurde außerdem in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht zu seinem Lebenslauf befragt und hat der Antragsteller seinen Werdegang nachvollziehbar geschildert.

 

Im Hinblick auf den diesbezüglichen Sachverhalt konnten die entscheidungsrelevanten Tatsachen insofern festgestellt werden. Inwiefern der Antragsteller für das gegenständliche Nachprüfungsverfahren antragslegitimiert ist, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

III.3.            N Wohnungsbaugesellschaft m.b.H.:

 

Die Feststellungen zur mitbeteiligten Partei ergeben sich wie jene zur Auftraggeberin aus dem Akteninhalt und aus dem bezughabenden Firmenbuchauszug. Aus dem Grundbuch geht hervor, dass die mitbeteiligte Partei Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstückes ist. Auch hier waren keine weiteren Erhebungen notwendig.

 

Inwiefern die mitbeteiligte Partei als Zuschlagsempfängerin im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung aufgrund des Vorliegens eines Ausschließlichkeitsrechtes gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG in Betracht kommt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

III.4.            Grundstück:

 

Die Feststellungen zum verfahrensgegenständlichen Grundstück ergeben sich aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin, der mitbeteiligten Partei und dem entsprechenden Grundbuchsauszug.

 

III.5.            Ex-ante-Transparenzbekanntmachungen:

 

Der Inhalt der verfahrensgegenständlichen Ex-ante-Transparenzbekanntmachung (Laborgebäude) und der zweiten, damit in Zusammenhang stehenden Ex-ante-Transparenzbekanntmachung (Managementgebäude) hat sich durch Einsichtnahme in dieselben ergeben.

 

III.6.            Begründung des Ausschließlichkeitsrechtes:

 

Die Begründung des Vorliegens eines Ausschließlichkeitsrechtes ergibt sich zunächst einerseits aus den von der Auftraggeberin vorgelegten Gutachten. Wenngleich aus diesen Gutachten auf den ersten Blick nur hervorgeht, warum abstrakt ein Ausschließlichkeitsrecht (Eigentum der mitbeteiligten Partei am Grundstück) vorliegt und in den technischen Gutachten die Umsetzung und die Kosten für das verfahrensgegenständliche konkrete Projekt ersichtlich sind, hat die Auftraggeberin in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht eine ausreichende und schlüssige Begründung für das Vorliegen des behaupteten Ausschließlichkeitsrechts und damit für die Zulässigkeit des Verhandlungs-verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung erbracht.

 

In der Verhandlung wurden zwei Auskunftspersonen, Dr. C S und Prof. Dr. B S, zu den Gründen für die Notwendigkeit eines unmittelbar angrenzenden Grundstückes bzw. zu den fehlenden Alternativen befragt. Beide Auskunftspersonen konnten diese Gründe solide und nachvollziehbar darstellen. Insbesondere wurden die Anforderungen an technische Labors geschildert und weshalb hiefür ein eigenes Gebäude notwendig ist bzw. Miete oder Adaptierung eines bestehenden Gebäudes ausgeschlossen sind. Auch wurden die Gründe für ein unmittelbar in der Nähe befindliches Gebäude plausibel aufgeklärt. Nicht nur technische sondern auch finanzielle Aspekte wurden aufgezeigt.

 

Im Ergebnis hat die Auftraggeberin somit eine nachvollziehbare Begründung für die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung aufgrund des Vorliegens von Ausschließlichkeitsrechten gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG erstattet.

 

Die Frage, ob die Begründung in der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung ausreichend war, bzw. ob diese Begründung im Nachprüfungserfahren ergänzt werden durfte, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

IV.            Rechtslage:

 

IV.1.            Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabeverfahren), die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 2 lit. c B-VG ist die Vollziehung Landessache hin-sichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 127 bzw. 127a B-VG.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs. 1 leg.cit.

 

Gemäß § 2 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht Ober-österreich bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z 16 lit. a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Oö VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbarer Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn

1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. von ihr nach § 5 Abs. 1 Z 5 geltend gemachten Recht verletzt, und

2. diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2006-BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 in der Fassung BGBl. I Nr. 513/2013, sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

 

IV.2.            § 320 BVergG regelt die Antragslegitimation von Nachprüfungswerbern. Gem. Abs. 1 leg.cit. kann ein Unternehmer bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern 1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungs-bereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und 2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Abs. 2 leg.cit. bestimmt, dass dann, wenn die zwischen dem Zugang der Verständigung über das Ausscheiden und der Bekanntgabe der Zuschlags-entscheidung bzw. der Widerrufsentscheidung liegende Zeitspanne kürzer ist als die in § 321 vorgesehene Frist, ein Bieter berechtigt ist, das Ausscheiden gemeinsam mit der Zuschlagsentscheidung oder der Widerrufsentscheidung in einem Antrag innerhalb der für die Anfechtung der Zuschlagsentscheidung bzw. der Widerrufsentscheidung eingeräumten Frist anzufechten. Gemäß Abs. 3 leg.cit. kommt dem Antrag auf Nachprüfung keine aufschiebende Wirkung für das betreffende Vergabeverfahren zu.

 

IV.3.            § 17 Abs. 3 AVG regelt für das Verwaltungsverfahren im allgemeinen, dass von der Akteneinsicht Aktenbestandteile ausgenommen sind, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.

 

Ferner normiert § 21 VwGVG die Akteneinsicht im Zusammenhang mit dem Rechtsschutzverfahren. Demnach sind Entwürfe von Erkenntnissen und Beschlüssen des Verwaltungsgerichtes und Niederschriften über etwaige Beratungen und Abstimmungen von der Akteneinsicht ausgenommen (Abs. 1). Die Behörden können bei der Vorlage von Akten an das Verwaltungsgericht verlangen, dass bestimmte Akten oder Aktenbestandteile im öffentlichen Inter­esse von der Akteneinsicht ausgenommen werden. In Aktenbestandteile, die im Verwaltungsverfahren von der Akteneinsicht ausgenommen waren, darf Akteneinsicht nicht gewährt werden. Die Behörde hat die in Betracht kommenden Aktenbestandteile bei Vorlage der Akten zu bezeichnen (Abs. 2).

 

Im Speziellen regelt das BVergG die Akteneinsicht im Vergabeverfahren. § 23 BVergG normiert dazu in Abs. 1, dass Auftraggeber, Bewerber und Bieter den vertraulichen Charakter aller den Auftraggeber als auch die Bewerber und Bieter und deren Unterlagen betreffenden Angaben zu wahren haben. Gemäß Abs. 2 leg.cit. dürfen, sofern in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Auftraggeber keine ihnen von Unternehmern übermittelten und von diesen als vertraulich bezeichneten Informationen weitergeben. Dies betrifft insbesondere technische Geheimnisse, Betriebsgeheimnisse sowie vertrauliche Aspekte der Angebote. Soweit Schutzrechte oder Geheimhaltungsinteressen verletzt würden, dürfen sowohl der Auftraggeber als auch die Bewerber oder Bieter Ausarbei­tungen des anderen sowie von ihm zur Verfügung gestellte Pläne, Zeichnungen, Entwürfe, Modelle, Proben, Muster, Computerprogramme und dergleichen nur mit dessen ausdrücklicher Zustimmung für sich verwenden oder an Dritte weitergeben (Abs. 3 leg.cit.). Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann sich der Auftraggeber vorbehalten, bestimmte von ihm zur Verfügung gestellte Pläne, Zeichnungen, Entwürfe, Modelle, Proben, Muster, Computerprogramme und dergleichen, für die keine Vergütung verlangt wurde, zurückzufordern. Insbesondere § 23 Abs. 5 BVergG regelt, dass sich die Bewerber oder Bieter vorbehalten können, für den Fall, dass ihnen der Zuschlag nicht erteilt wird, die Rückstellung jener besonde­ren Ausarbeitungen sowie von ihnen zur Verfügung gestellte Pläne, Zeichnungen, Entwürfe, Modelle, Proben, Muster, Computerprogramme und dergleichen zu verlangen, für die keine Vergütung vorgesehen ist. Dasselbe gilt für besondere Ausarbeitungen für Alternativangebote, von denen kein Gebrauch gemacht wird.

 

Ferner normiert die Bestimmung des § 314 BVergG die Akteneinsicht von Parteien und Beteiligten. Diese können bei der Vorlage von Unterlagen an das Bundesverwaltungsgericht verlangen, dass bestimmte Unter­lagen oder Bestandteile von Unterlagen aus zwingenden Gründen eines Allgemeininteresses oder zum Schutz von technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnissen von der Akteneinsicht ausgenommen werden. Die in Betracht kommenden Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen sind bei ihrer Vorlage zu bezeichnen.

 

IV.4.            Gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 können Bauaufträge im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden, wenn der Bauauftrag aus technischen oder künstlerischen Gründen oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmer ausgeführt werden kann.

 

IV.5.            § 49 Abs. 2 BVergG 2006 normiert, dass, sofern ein Auftraggeber der Ansicht ist, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zulässig ist, der Auftraggeber der Kommission unter Verwendung des einschlägigen Standardformulars für Bekanntmachungen, die Entscheidung bekannt geben kann, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll.

 

 

V.            Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1.            Zur Antragslegitimation:

 

V.1.1.            Vorbringen:

 

Nach dem oben wiedergegebenen Vorbringen der Auftraggeberin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin würde der Antragsteller nicht über die erforderlichen Befugnisse sowohl für planerische als auch ausführende Tätigkeiten verfügen, um den gegenständlichen „Totalunternehmerauftrag“ übernehmen zu können (Punkt I.2., I.4., I.6.).

 

Dem hält der Antragsteller entgegen, dass er nicht unter das Regime des Ziviltechnikergesetzes 1993, hier insbesondere des § 4 Abs. 4 ZTG fallen würde, sondern seine Befugnisse auf Grundlage des ZTG 1957 erhalten habe, sodass er nach § 5 Abs. 3 ZTG 1957 sehr wohl zu planerischen als auch ausführenden Tätigkeiten befugt sei (Punkt I.1. und I.5.).

 

Das jeweilige Vorbringen wird vom Antragsteller auf die gesetzlichen Bestimmungen bzw. Literatur (Verweis des Antragstellers auf RdW2014, 451; Heft 8 v 15.08.2014 Dr. D K) bzw. von der Antragsgegnerin auf vorangegangene Entscheidungen von Vergabekontrollbehörden (Verweis der Antragsgegnerin auf BVA 17.11.2011 N/0087-BVA/12/2011-24; VKS-Wien 11.08.2011, VKS-7081/11; 21.07.2011, VKS-6346/11; 16.12.2010, VKS-12598/10) gestützt.

 

V.1.2.            Zur Berechtigung von Zivilingenieuren:

 

V.1.2.1. § 4 Ziviltechnikergesetz 1993

 

V.1.2.1.1. Gesetzeslage:

 

§ 4 ZTG idF BGBL I Nr. 164/2005 regelt die Befugnisse von Ziviltechnikern:

§ 4 Abs. 1 ZTG bestimmt, dass Ziviltechniker, sofern bundesgesetzlich nicht eine besondere Berechtigung gefordert wird, auf dem gesamten, von ihrer Befugnis umfassten Fachgebiet zur Erbringung von planenden, prüfenden, überwachenden, beratenden, koordinierenden, mediativen und treuhänderischen Leistungen, insbesondere zur Vornahme von Messungen, zur Erstellung von Gutachten, zur berufsmäßigen Vertretung vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts, zur organisatorischen und kommerziellen Abwicklung von Projekten, ferner zur Übernahme von Gesamtplanungsaufträgen, sofern wichtige Teile der Arbeiten dem Fachgebiet des Ziviltechnikers zukommen, berechtigt sind. § 4 Abs. 4 ZTG normiert darüber hinaus, dass Ziviltechniker im Rahmen ihrer Fachgebiete zu keiner ausführenden Tätigkeit berechtigt sind.

 

Legt man den vorliegenden Verfahren nunmehr lediglich die Bestimmungen des ZTG 1993 idF BGBl. I Nr. 164/2005 zugrunde, so ist der Antragsteller tatsächlich im Rahmen seines Fachgebietes zu keiner ausführenden Tätigkeit berechtigt.

 

V.1.2.1.2. Rechtsprechung des VwGH:

 

Diese Auffassung steht dann auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. In seinem Erkenntnis vom 24.02.2006, 2004/04/0083 hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Vergabe eines Totalunternehmerauftrages (ein solcher liegt auch hier vor) zu befassen. Zunächst führte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis aus, dass eine gemeinsame Vergabe von Planung und Ausführung zulässig ist (dazu später). Ferner hielt er aber fest:

 

Weiters steht unbestritten fest, dass die beschwerdeführende Partei im Grunde des § 4 Abs. 4 Ziviltechnikergesetz zu keiner ausführenden Tätigkeit berechtigt ist; es fehlt ihr die Befugnis zur Ausführung von Bauleistungen. Da sie somit nicht – wie  gefordert – "wesentliche Teile" der sowohl Planungs- als auch Ausführungsleistungen umfassenden Ausschreibung selbst übernehmen kann, fehlt ihr zufolge der gewählten "Gesamtausschreibung" die Möglichkeit, sich mit Erfolg an diesem Vergabeverfahren zu beteiligen. Die beschwerdeführende Partei wendet sich daher gegen die Auffassung des angefochtenen Bescheides, die Gesamtausschreibung sei im vorliegenden Fall rechtens erfolgt.

 

Schon aus diesen Ausführungen des VwGH ergibt sich insofern, dass ein Ziviltechniker, im Grund der Bestimmungen des ZTG 1993 keine Befugnis zukäme, den Totalunternehmerauftrag auszuführen. In einen solchen Fall würde tatsächlich wie im oben zitierten von einer fehlenden Antragslegitimation des Beschwerdeführer auszugehen sei.

 

Darüber hinaus lässt sich aus der gegenständlichen Entscheidung auch ersehen, dass die Vergabe eines Totalunternehmerauftrages aber jedenfalls zulässig ist und eine getrennte Vergabe nach Gewerken nicht zwingend gefordert werden kann. Der Antragsgegnerin und der mitbeteiligten Partei ist insofern beizupflichten, dass die planenden und ausführenden Arbeiten des gegenständlichen Auftrages auch gemeinsam vergeben werden können. Der Antragsteller selbst stellt auch gar nicht die Behauptung auf, dass planende und ausführende Tätigkeiten getrennt vergeben werden müssten, ist er doch selbst der Auffassung, dazu befugt zu sein, sowohl die planenden als auch die ausführenden Tätigkeiten, insgesamt also den Totalunternehmerauftrag, erfüllen zu können.

 

V.1.2.1.3. Schlussfolgerung:

 

Bringt man nun lediglich das Regime des Ziviltechnikergesetzes 1993 zur Anwendung, fehlen dem Beschwerdeführer die Befugnisse zur ausführenden Tätigkeit. In diesem Fall ist der Beschwerdeführer nicht aktivlegitimiert den gegenständlichen Nachprüfungsantrag zu stellen.

 

V.1.2.2. § 5 Ziviltechnikergesetz 1957:

 

V.1.2.2.1. Vorbringen des Antragstellers:

 

Dem wendet der Antragsteller allerdings ein, dass auf ihn die Befugnisse im Sinne des Ziviltechnikergesetzes 1957 zutreffen würden. Nach der für ihn gemäß der Übergangsbestimmung des § 40 ZTG 1993 [Anm.: vormals § 32 ZTG 1993] geltenden Regelung habe er sehr wohl die Befugnisse zur Durchführung von planenden und ausführenden Tätigkeiten.

 

V.1.2.2.2. Ziviltechnikergesetz 1957 idF BGBl. Nr. 1957/146:

 

§ 5 ZTG 1957 regelte Inhalt und Umfang der Befugnisse der Zivilingenieure:

 

§ 5. (1) Die Architekten, Ingenieurkonsulenten und Zivilingenieure sind auf Grund ihrer Befugnisse in allen Zweigen ihres Fachgebietes berechtigt:

a) zur Verfassung von Projekten, Plänen, Leistungsverzeichnissen und Voranschlägen;

b) zur Überwachung und Leitung der Herstellung baulicher, technischer und betrieblicher Anlagen und Einrichtungen sowie deren Abrechnung und Abnahme (Kollaudierung);

c) zur laufenden Überprüfung und Überwachung von maschinellen Anlagen und Betriebseinrichtungen, Revisionen und Betriebskontrollen, sofern nicht durch gesetzliche Vorschriften eine besondere Befugnis gefordert wird;

d) zur Beratung und Durchführung von fachtechnischen Untersuchungen und Überprüfungen aller Art sowie Betriebsrationalisierungen;

e) zur Abgabe von Gutachten, Schätzungen und Berechnungen;

f) zur fachtechnischen Überprüfung der von anderer Seite verfassten schriftlichen oder planlichen Unterlagen;

g) zur berufsmäßigen Vertretung von Parteien vor Behörden sowie öffentlich-rechtlichen Körperschaften einschließlich der Verfassung von Eingaben in technischen Angelegenheiten und zur berufsmäßigen Beratung in allen in das Fachgebiet einschlägigen Angelegenheiten;

h) zur Durchführung der mit vorstehenden Tätigkeiten zusammenhängenden Messungen.

(2) Die Berechtigungen umfassen für:

A. Architekten und Zivilingenieure für Hochbau:

das gesamte Fachgebiet des Hochbaues, einschließlich der Gestaltung, insbesondere die Bauten

öffentlichen und kulturellen Interesses, ferner die mit diesen Bauten in Verbindung stehenden anderweitigen baulichen Herstellungen und unbeschadet der den Ingenieurkonsulenten und Zivilingenieuren für Bauwesen zustehenden weiteren Befugnisse auch die Industriehochbauten sowie einfache maschinelle und elektrotechnische Einrichtungen mit Ausnahme solcher, deren Spannungen 250 Volt gegen Erde überschreiten; für Architekten außerdem das Fachgebiet Architektur, die Aufgaben der Orts- und Landesplanung, des Siedlungs- und Städtebaues sowie die Planung sonstiger, das Orts- und Landschaftsbildwesentlich beeinflussender Bauwerke und Anlagen;

[B. Ingenieurkonsulenten für:

...]

C. Ingenieurkonsulenten und Zivilingenieure für:

a) Bauwesen:  das gesamte Fachgebiet, insbesondere Straßen-, Wasser-, Brücken-, Tunnel-, Eisenbahn-, Seilbahn- und Tiefbauten, konstruktiver Hochbau und Industriebauten, ferner die mit diesen Bauten in Verbindung stehenden anderweitigen baulichen Herstellungen sowie einfache maschinelle und elektrotechnische Einrichtungen, mit Ausnahme solcher, deren Spannungen 250 Volt gegen Erde überschreiten;

[b) ...]

(3) Zivilingenieure sind überdies im Rahmen ihrer Fachgebiete (Abs. 2) zu einer ausführenden Tätigkeit berechtigt. Die Zivilingenieure für Bauwesen sind auch zur Ausführung von Hochbauten berechtigt.

(4) Für alle Zivilingenieure gelten bei ihrer ausführenden Tätigkeit sinngemäß die Beschränkungen, die für Baumeister hinsichtlich der Verwendung von befugten Gewerbeinhabern, insbesondere nach den Bestimmungen des Baugewerbegesetzes, RGBl. Nr. 193/1893, bestehen.

 

Weitere Befugnisse.

§ 6. (1) Die von den Architekten, Ingenieurkonsulenten und Zivilingenieuren innerhalb ihres Berechtigungsumfanges in der vorgeschriebenen Form über die von ihnen vollzogenen Akte errichteten Urkunden, wie Gutachten, Berechnungen, Pläne, Zeugnisse, sind öffentliche Urkunden (§§ 292 und 293 Abs. 1 ZPO.) und werden von den Verwaltungsbehörden in derselben Weise angesehen, als wenn dieselben von behördlichen Organen ausgefertigt wären. Diese Urkunden ersetzen nicht amtliche Gutachten, die auf Grund bestehender gesetzlicher Vorschriften einzuholen sind. Insbesondere kann auf Grundlage der von den Ziviltechnikern im Rahmen ihres Fachgebietes unterfertigten Pläne die behördliche Baubewilligung erteilt werden.

(2) Unbeschadet der den Gewerbetreibenden zustehenden und der den im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehenden autorisierten Überwachungsstellen (BGBl. Nr. 277/1925, Art. 48, IV) satzungsgemäß eingeräumten Befugnisse sind zur freiberuflichen und entgeltlichen Ausführung der nachstehenden Aufgaben allein berechtigt:

a) die Architekten zum Entwurf, zur Oberleitung und Überwachung der Ausführung von Projekten ihres Fachgebietes, insbesondere von Monumentalbauten, Theatern, Festhallen, Ausstellungsgebäuden, Museenbauten, Kirchen, Schulen und Spitälern des Bundes, der Länder und der Gemeinden sofern sie vom künstlerischen, kulturellen oder vom sozialen Standpunkt von Bedeutung sind, ferner zur Verfassung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen;

b) die Ingenieurkonsulenten für Bauwesen, für Maschinenbau, für Schiff- und Schiffsmaschinenbau, für Elektrotechnik, für technische Chemie, für technische Physik, für Gas- und Feuerungstechnik, für Bergwesen, für Hüttenwesen und für Gärungstechnik zum Entwurf, zur Oberleitung und zur Überwachung der Ausführung von Projekten ihres Fachgebietes;

c) die Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen zur Verfassung von Teilungsplänen zur katastralen und grundbücherlichen Teilung von Grundstücken und von Lageplänen, zur grundbücherlichen Abschreibung ganzer Grundstücke, zu Grenzermittlungen nach dem Stande der Katastralmappe oder auf Grund von Urkunden, einschließlich Vermarkungen und Verfassung von Plänen zur Bekanntgabe von Fluchtlinien;

d) die Ingenieurkonsulenten für Markscheidewesen zur Vermarkung von Bergwerksmaßen, zur Erneuerung der Grenzzeichen

und der Grenzbestimmung in der Grube.

(3) Die in Abs. 2 lit. a und b angeführten weiteren Berechtigungen gelten auch für die Zivilingenieure hinsichtlich ihrer Fachgebiete.

 

V.1.2.2.3. Ziviltechnikergesetz 1957 idF BGBl. Nr. 1978/143:

 

Diesbezüglich normiert § 4 ZTG 1957 idF BGBl. Nr. 1978/143 (also in seiner letzten Fassung vor Kundmachung des Ziviltechnikergesetzes 1993) Nachfolgendes:

2. § 4 hat zu lauten:

Einteilung der Befugnisse

§ 4. Ziviltechnikerbefugnisse werden für folgende Fachgebiete verliehen:

[…]

C. für Zivilingenieure

a) Hochbau,

b) Bauwesen

[…]

 

3. § 5 Abs. 2 B und C hat zu lauten:

„[...]

C. Ingenieurkonsulenten und Zivilingenieure

für

a) Bauwesen:  das gesamte Fachgebiet, insbesondere Straßen-, Wasser-, Brücken-, Tunnel-, Eisenbahn-, Seilbahn- und Tief bauten, konstruktiver Hochbau und Industriebauten, ferner die mit diesen Bauten in Verbindung stehenden anderweitigen baulichen Herstellungen sowie einfache maschinelle und elektrotechnische Einrichtungen, mit Ausnahme solcher, deren Spannungen 250 Volt gegen Erde überschreiten;

[...]

 

4. § 5 Abs. 4 hat zu lauten:

„(4) Für alle Zivilingenieure gelten bei ihrer ausführenden Tätigkeit sinngemäß die Bestimmungen, die für Baumeister hinsichtlich der Heranziehung von befugten Gewerbetreibenden nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 gelten."

 

In der Regierungsvorlage, 763 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates XIV. GP wird dazu erläuternd ausgeführt, dass der § 4 den Katalog jener Fachrichtungen enthält, für die eine Ziviltechnikerbefugnis verliehen werden kann. Dabei sind sowie bisher, nur solche technische Fachgebiete berücksichtigt, für die eine Studienrichtung bzw. ein Studienzweig an einer inländischen Universität besteht oder bestanden hat. Darüber hinaus werden neu vorgesehene Fachgebiete näher dargestellt.

 

V.1.2.2.4. Zur Entwicklung des Ziviltechnikergesetzes:

 

Zusammengefasst ist zur generellen Entwicklung des Ziviltechnikergesetzes auszuführen, dass dieses zunächst auf das Ziviltechnikergesetz 1957, BGBl. Nr. 1957/43 gründet. In der darauffolgenden Novelle BGBl. Nr. 1958/155 wurden im Hinblick auf die Befugnisse der Zivilingenieure keine Änderungen vorgenommen. Die Kundmachung BGBl. Nr. 642/1974 war Folge der Aufhebung einer Bestimmung durch den VfGH, betraf aber ebenfalls nicht die Befugnisse. Mit anderen Worten blieben die Befugnisse des § 5 ZTG 1957 im Wesentlichen von Anbeginn an aufrecht bzw. erfuhren durch BGBl. 143/1978 eine Präzisierung.

 

Legt man nun diese gesetzlichen – vor dem Ziviltechnikergesetz 1993 – in Kraft gestandenen Bestimmungen zugrunde, so ist der Beschwerdeführer nicht nur zu planenden sondern auch zu ausführenden Tätigkeiten berechtigt bzw. befugt.

 

 

V.1.2.2.5. Rechtsprechung des VwGH:

 

Auch der Verwaltungsgerichtshof setzte sich mit der Abgrenzung zwischen den Bestimmungen zu den Befugnissen von Ziviltechnikern bzw. von Zivilingenieuren im Sinn des ZTG 1993 bzw. des ZTG 1957 auseinander. In seinem Erkenntnis vom 26.02.2004, 99/15/0127 führte der Verwaltungsgerichtshof zur Abgrenzung zwischen § 4 Abs. 4 ZTG 1993 und § 5 Abs. 3 ZTG 1957 aus:

 

„Unter einem Ziviltechniker ist nur derjenige zu verstehen, der diesen Beruf im Sinne des Ziviltechnikergesetzes ausübt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23.10.1990, 89/14/0020). Gemäß § 5
Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden Ziviltechnikergesetzes 1957, BGBl. Nr. 146/1957, sind Ziviltechniker (Architekten, Ingenieurkonsulenten und Zivilingenieure) u.a. zur Planung, Überwachung und Leitung der Herstellung baulicher Anlagen und Einrichtung sowie zu deren Abrechnung und Abnahme berechtigt. Anders als im § 4 Abs. 4 Ziviltechnikergesetz 1993, BGBL. Nr. 156/1994 (vgl. jedoch § 32 Abs. 2 1. Satz, wonach vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes verliehene Befugnisse in dem zum Zeitpunkt der Verleihung bestandenen Berechtigungsumfang aufrecht bleiben), sind gemäß  § 5 Abs. 3 Ziviltechnikergesetz 1957 Zivilingenieure überdies im Rahmen ihrer Fachgebiete zu einer ausführenden Tätigkeit berechtigt. Zivilingenieure für Bauwesen sind auch zur Ausführung von Hochbauten berechtigt, wobei sie gemäß § 5 Abs. 4 leg cit bei der Verwendung von befugten Gewerbeinhabern denselben Beschränkungen wie Baumeister unterliegen. Gemäß § 157
Abs. 1 GewO 1973 idF vor BGBl. Nr. 194/1994 ist der Baumeister berechtigt, Hochbauten und andere verwandte Bauten zu planen, zu berechnen, zu leiten und auch auszuführen. Er ist auch berechtigt, im geringen Umfang mit der Ausführung eigener Arbeiten in unmittelbaren Zusammenhang stehende Arbeiten anderer Gewerbe selbst auszuführen (§ 156 Abs. 4 GewO 1973 idF vor BGBl. Nr. 194/1994). Er hat sich zur Ausführung dieser Arbeiten der hierzu befugten Gewerbetreibenden zu bedienen, soweit es sich um Arbeiten von konzessionierten Gewerben, von Handwerken oder der gebundenen Gewerbe von Lüftungs-, Zentralheizungs- und Warmwasserbereitungsanlagen handelt (§ 157 Abs. 2 GewO 1973 idF vor BGBl. Nr. 194/1994).

Im Beschwerdefall durfte der Beschwerdeführer, der keine Konzession als Baumeister, aber eine Berechtigung als Zivilingenieur für Bauwesen besaß, nach der im Streitzeitraum anzuwendenden Rechtslage nicht nur die Planung von Bauwerken, sondern auch deren Errichtung zu einem Pauschalpreis übernehmen und im eigenen Namen Aufträge an Subunternehmer vergeben“.

 

Diese Rechtsansicht deckt sich auch mit den Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 498 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP:

 

Zu § 4:

Abs. 3 normiert, dass nunmehr Ziviltechniker – unbeschadet der in der Übergangsbestimmung enthaltenen Regelung betreffend die ausführende Tätigkeit von Zivilingenieuren – zu keiner ausführenden Tätigkeit berechtigt sind, womit dem Selbstverständnis der Ziviltechniker als von der Ausführung unabhängige Planer entsprochen wird. Die Trennung der Planung von der Ausführung ist zur Hintanhaltung von Interessenskonflikten unbedingt erforderlich.

 

Insofern ergibt sich auch daraus im Hinblick auf eine Abgrenzung zwischen § 5 Abs. 3 ZTG 1957 und § 4 Abs. 3 [nunmehr § 4 Abs. 4] ZTG 1993, dass Zivilingenieure im Sinne der Vorgängerbestimmung sowohl planende als auch ausführende Tätigkeiten verrichten durften und eine Trennung erst durch das ZTG 1993 eingeführt wurde.

Ferner führen die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 498 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP aus:

 

Zu § 32:

Durch die Übergangsbestimmung soll sichergestellt werden, dass Personen, denen bereits eine Befugnis verliehen wurde, diese in dem Umfang ausüben dürfen, wie Ihnen dies im Zeitpunkt der Verleihung  zustand […].

 

§ 32 ZTG 1993 [nunmehr § 40 ZTG 1993] lautet:

§ 32 (1) Die vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes verliehenen Befugnisse bleiben in dem zum Zeitpunkt der Verleihung bestandenen Berechtigungsumfang aufrecht.

(2) Insbesondere sind nach Maßgabe des Abs. 1 Zivilingenieure weiterhin zu ausführenden Tätigkeiten sowie  zur Ausführung ihrer Befugnisse während der Dauer eines privaten Dienstverhältnisses und zur weiteren Führung der Bezeichnung „Zivilingenieure“, nicht aber gleichzeitig mit der Bezeichnung „Ingenieurkonsulent“, berechtigt.

 

Aus der Genese des Ziviltechnikergesetzes 1957 bis zum Ziviltechnikergesetz 1993 sowie der Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnis 26.02.2004, 99/15/0127) ergibt sich insofern, dass bei Beurteilung, welche Befugnisse dem Antragsteller zukommen, gemäß der Übergangsbestimmung des § 32 ZTG 1993 (bzw. nunmehr § 40 ZTG 1993) der Maßstab des § 5 ZTG 1957 zugrunde zu legen ist. Eine dementsprechende Abgrenzung wurde schließlich auch vom VwGH (99/15/0127) vorgenommen.

 

Dem entgegen lässt sich aus dem vom Antragsteller zitierten Aufsatz, K, Der Architekt als Bauträger, RdW 2014, 451 für die Feststellung der dem Antragsteller zukommenden Befugnisse nichts entnehmen, zumal der dortige Autor nicht die Abgrenzung zwischen § 4 Abs. 4 ZTG 1993 und § 5 Abs. 3 ZTG 1957 diskutiert, sondern eine Darstellung der Tätigkeiten eines Ziviltechnikers bzw. Architekten als Bauträger (gesetzliche Grundlagen, Überschneidungen und Abgrenzungen) zwischen dem ZTG und den BTVG).

 

V.1.2.2.6. Zum Vorbringen der Antragsgegnerin:

 

Darüber hinaus lässt sich auch aus den von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidungen der Vergabekontrollbehörden für die Befugnisse des Antragstellers keine Rechtsfolge ableiten.

 

In der Entscheidung vom 17.11.2011, N/0087-BVA/12/2011-24 führt das Bundesvergabeamt im Wesentlichen aus, dass die Bildung von Gesellschaften bürgerlichen Rechtes zwischen Ziviltechnikern und Gewerbetreibenden nur zulässig ist, wenn letztere zu ausführenden Tätigkeiten nicht berechtigt sind, mit anderen Worten darf also keine Bietergemeinschaft dahingehend gebildet werden, dass planende Bieter sich mit ausführenden Bietern zu einer Gemeinschaft zusammenschließen. Daraus lässt sich aber für den verfahrensgegenständlichen Fall nicht gewinnen, weil nicht die Frage eines Zusammenschlusses eines Ziviltechnikers mit einer ausführenden Stelle zu beantworten ist, sondern die Frage ob der Antragsteller dazu berechtigt ist, selbst – also in Personalunion – planende und ausführende Tätigkeiten zu verrichten.

 

Auch in der Entscheidung des Vergabekontrollsenates Wien vom 11.08.2011, VKS-7081-11 galt es einen Verstoß gegen § 21 Abs. 3 ZTG, also die unrechtmäßige Bildung einer Bietergemeinschaft, zu überprüfen. Auch daraus ergibt sich wiederrum lediglich, dass sich Ziviltechniker gemäß § 21 Abs. 3 ZTG nicht mit ausführenden Stellen zusammenschließen dürfen. Wiederum lässt sich aber nicht aus dieser Entscheidung ableiten, in wie fern der Antragsteller selbst sämtliche Befugnisse erfüllt.

 

Ebenso führte der Vergabekontrollsenat Wien in seiner Entscheidung vom 21.07.2011, VKS-6346/11 aus, dass ein Verstoß gegen § 21 Abs. 3 ZTG vorliege, wonach eine unzulässige Bietergemeinschaft aus Ziviltechniker und Baumeister zur fehlenden Antragslegitimation im Vergabeverfahren führte. Wiederum kann hier auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, dass eine unzulässige Bietergemeinschaft aus Ziviltechnikern und Baumeistern gegenständlich nicht zu überprüfen ist. Vielmehr stellt sich die Frage, ob der Antragsteller sämtliche Befugnisse selbst erfüllt.

 

Selbiges gilt letztendlich auch für die Entscheidung des Vergabekontrollsenates W vom 16.12.2010, VKS-12598/10, wonach eine B oder A zwischen Architekt und Baumeister unzulässig ist, ein Verstoß gegen § 21 Abs. 3 ZTG vorliegt und das Angebot auszuschließen ist. Wiederum sei nur kurz gesagt, dass gegenständlich die Frage einer B oder A unerheblich ist, sondern die Frage welche Befugnisse der Antragsteller selbst hat.

 

Dass planende und ausführende Tätigkeiten im Sinne eines Totalunternehmerauftrages gemeinsam vergeben werden können, ist unbestritten. Ebenso muss auch unbestritten sein, dass es denkmöglich ist, dass einzelne Bieter sowohl über die Befugnis der planenden als auch der ausführenden Tätigkeit verfügen, ansonsten auch die mitbeteiligte Partei wohl nicht berechtigt wäre, sich am Vergabeverfahren zu beteiligen. Im Übrigen wäre dann wohl auch in letzter Konsequenz die gemeinsame Vergabe von planenden und ausführenden Tätigkeiten unzulässig.

 

V.1.3.            Generelles zur Antragslegitimation:

 

In seinen Erkenntnis vom 09.09.2015, 2013/04/0111 führte der Verwaltungsgerichtshof zur Antragslegitimation bei Wahl des Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung aus:

 

4.3. Die Beschwerde bringt vor, der angefochtene Bescheid verletze die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf meritorische Entscheidung und wendet sich gegen die Rechtsansicht der Behörde, der Beschwerdeführerin komme keine Antragslegitimation zu, weil diese als ausgeschlossene Bieterin im vorangegangenen offenen Vergabeverfahren nicht zu dem Folgeverfahren gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006 eingeladen hätte werden dürfen.

4.4. Angesichts des umfassenden Gebotes eines effektiven Rechtsschutzes muss auch die fehlerhafte Wahl eines Vergabeverfahrens ohne Bekanntmachung bekämpft werden können, und zwar gerade auch von jenen Unternehmen, die nicht eingeladen wurden an dem betreffenden Vergabeverfahren teilzunehmen (vgl. zur vergleichbaren Regelung der Antragslegitimation des § 320 BVergG 2006 Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann (Hrsg.), Bundesvergabegesetz 2006 Kommentar, § 320 Rz. 26; ebenso Walther/Hauck in Heid/Preslmayr (Hrsg.), Handbuch Vergaberecht3, Rz. 1776).

Indem die belangte Behörde davon ausgeht, der Beschwerdeführerin komme deshalb keine Antragslegitimation zu, weil sie keine Möglichkeit gehabt hätte, an dem Folgeverfahren teilzunehmen, verkennt diese, dass der drohende Schaden der antragstellenden Unternehmer in der vorliegenden Konstellation bereits darin liegt, dass sie in ihrer Möglichkeit beeinträchtigt werden, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2014, 2011/04/0003; zum Eintritt eines Schadens durch die Beeinträchtigung der Möglichkeit, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen, siehe die Erkenntnisse vom 24. Februar 2010, 2009/04/0209, und vom 22. Juni 2011, 2009/04/0128). Fallbezogen liegt der Schaden der Beschwerdeführerinnen in dem Verlust der Möglichkeit der Teilnahme an einem (weiteren) Vergabeverfahren betreffend den zu vergebenden Auftrag, sofern ihr Rechtsstandpunkt, die Auftraggeberin sei nicht berechtigt gewesen, ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 iVm § 28 Abs. 1 letzter Satz BVergG 2006 durchzuführen, zuträfe. Dass die Beschwerdeführerin in dem widerrufenen Vergabeverfahren bereits ausgeschieden worden war, schließt die Möglichkeit einer erfolgreichen Teilnahme der Beschwerdeführerin mit einem neuen Angebot an einem weiteren Vergabeverfahren betreffend denselben Verfahrensgegenstand (mit geänderten Bedingungen) nicht aus. Der die Antragslegitimation der Beschwerdeführerin begründende Tatbestand des drohenden Schadens liegt daher vor.

Zusammengefasst hat die belangte Behörde die Antragslegitimation der Beschwerdeführerin zu Unrecht verneint und den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.“

 

Auch aus diesem Grund ist der Antragsteller dazu legitimiert, im gegenständlichen Verfahren einen Nachprüfungsantrag zu stellen. Auf die Frage, in wie fern er überhaupt technisch bzw. wirtschaftlich in der Lage wäre (Leistungsfähigkeit), ein entsprechendes Angebot abzugeben, kann für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Der Schaden des Antragstellers liegt nämlich bereits darin, dass er aufgrund des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung nicht dazu in der Lage war, sich am gegen-ständlichen Verfahren zu beteiligen. Ob er in weiterer Folge ein Erfolg versprechendes oder erfolgloses Angebot unterbreitet hätte, ist für den vorliegenden Fall hypothetisch und liegt der drohende Schaden bereits in der entgangenen Beteiligung am Vergabeverfahren.

 

V.1.4.            Ergebnis zur Antragslegitimation:

 

Im Ergebnis liegen also unterschiedlich weitgehende Befugnisse vor, je nachdem ob es sich um einen Ziviltechniker im Sinne des § 4 ZTG 1993 oder einen Zivilingenieur im Sinne des § 5 ZTG 1957 handelt. Letzterer ist nämlich sehr wohl zu planenden und ausführenden Tätigkeiten legitimiert, während die Trennung erst durch die Bestimmung des ZTG 1993 erfolgt ist. Dies ergibt sich auch aus den erläuternden Bemerkungen (siehe oben). Darüber hinaus wurde eine derartige Abgrenzung auch vom VwGH (99/15/0127) vorgenommen.

 

Außerdem ist der Antragsteller auch im Hinblick auf die entgangene Teilnahme am gewählten Vergabeverfahren (dessen Zulässigkeit zu überprüfen ist) antragslegitimiert.

 

Im Ergebnis ist der Nachprüfungsantrag des Antragstellers daher zulässig.

 

V.2.            Zur Akteneinsicht:

 

V.2.1.            Allgemeines:

 

Der Akteneinsicht im Vergabeverfahren liegen zunächst mehrere rechtliche Bestimmungen zugrunde.

 

§ 17 Abs. 3 AVG regelt für das Verwaltungsverfahren im allgemeinen, dass von der Akteneinsicht Aktenbestandteile ausgenommen sind, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.

 

Ferner normiert § 21 VwGVG die Akteneinsicht im Zusammenhang mit dem Rechtsschutzverfahren. Demnach sind Entwürfe von Erkenntnissen und Beschlüssen des Verwaltungsgerichtes und Niederschriften über etwaige Beratungen und Abstimmungen von der Akteneinsicht ausgenommen (Abs. 1). Die Behörden können bei der Vorlage von Akten an das Verwaltungsgericht verlangen, dass bestimmte Akten oder Aktenbestandteile im öffentlichen Inter­esse von der Akteneinsicht ausgenommen werden. In Aktenbestandteile, die im Verwaltungsverfahren von der Akteneinsicht ausgenommen waren, darf Akteneinsicht nicht gewährt werden. Die Behörde hat die in Betracht kommenden Aktenbestandteile bei Vorlage der Akten zu bezeichnen (Abs. 2).

 

Im Speziellen regelt das BVergG die Akteneinsicht im Vergabeverfahren. § 23 BVergG normiert dazu in Abs. 1, dass Auftraggeber, Bewerber und Bieter den vertraulichen Charakter aller den Auftraggeber als auch die Bewerber und Bieter und deren Unterlagen betreffenden Angaben zu wahren haben. Gemäß Abs. 2 leg.cit. dürfen, sofern in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Auftraggeber keine ihnen von Unternehmern übermittelten und von diesen als vertraulich bezeichneten Informationen weitergeben. Dies betrifft insbesondere technische Geheimnisse, Betriebsgeheimnisse sowie vertrauliche Aspekte der Angebote. Soweit Schutzrechte oder Geheimhaltungsinteressen verletzt würden, dürfen sowohl der Auftraggeber als auch die Bewerber oder Bieter Ausarbei­tungen des anderen sowie von ihm zur Verfügung gestellte Pläne, Zeichnungen, Entwürfe, Modelle, Proben, Muster, Computerprogramme und dergleichen nur mit dessen ausdrücklicher Zustimmung für sich verwenden oder an Dritte weitergeben (Abs. 3 leg.cit.). Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann sich der Auftraggeber vorbehalten, bestimmte von ihm zur Verfügung gestellte Pläne, Zeichnungen, Entwürfe, Modelle, Proben, Muster, Computerprogramme und dergleichen, für die keine Vergütung verlangt wurde, zurückzufordern. Insbesondere § 23 Abs. 5 BVergG regelt, dass sich die Bewerber oder Bieter vorbehalten können, für den Fall, dass ihnen der Zuschlag nicht erteilt wird, die Rückstellung jener besonde­ren Ausarbeitungen sowie von ihnen zur Verfügung gestellte Pläne, Zeichnungen, Entwürfe, Modelle, Proben, Muster, Computerprogramme und dergleichen zu verlangen, für die keine Vergütung vorgesehen ist. Dasselbe gilt für besondere Ausarbeitungen für Alternativangebote, von denen kein Gebrauch gemacht wird.

 

Besonders deutlich normiert sodann die Bestimmung des § 314 BVergG die Akteneinsicht von Parteien und Beteiligten. Diese können bei der Vorlage von Unterlagen an das Bundesverwaltungsgericht verlangen, dass bestimmte Unter­lagen oder Bestandteile von Unterlagen aus zwingenden Gründen eines Allgemeininteresses oder zum Schutz von technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnissen von der Akteneinsicht ausgenommen werden. Die in Betracht kommenden Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen sind bei ihrer Vorlage zu bezeichnen.

 

Wenngleich sich nunmehr diese zuletzt genannte Regelung auf die Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bezieht und nicht auf jene vor den Landesver­waltungsgerichten, so ist zunächst festzuhalten, dass in das Oö. VergRSG eine derartige Sondernorm zur Akteneinsicht bislang nicht aufgenommen wurde. Dies kann aber nicht bedeuten, dass Akteneinsicht in den Verfahren nach dem
Oö. VergRSG uneingeschränkt zu gewähren ist. Vielmehr sind Vergabeverfahren auch nach dem Oö. VergRSG § 19 BVergG entsprechend zu führen bzw. ist das Oö. VergRSG gemeinschaftsrechtlich auszulegen. Die Bestimmung zur Akten-einsicht gemäß § 314 BVergG kann insofern auch zur Beurteilung der Akteneinsicht in den Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberöster­reich nach dem Oö. VergRSG herangezogen werden.

 

Aufschlüsse über die Bedeutung von § 314 BVergG im Zusammenhang mit
§ 21 VwGVG ergeben sich aus den Gesetzesmaterialien zu § 314 BVergG
(2170 der Beilagen XXIV. GP):

 

Da die Regelung des § 21 VwGVG im Zusammenhang mit Rechtsschutzverfahren im Bereich des öffentlichen Auftragswesens unzureichend ist (so wird etwa der Situation von schutzwürdigen Interessen von beteiligten Unternehmen nicht Rechnung getragen), soll eine entsprechende Bestimmung für die Akteneinsicht geschaffen werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch auf den Bereich der Rechtsschutzverfahren gemäß BVergGVS hinzuweisen. Wie der EuGH in der Rechtssache C-450/06, Varec, betonte, würde die praktische Wirksamkeit der Richtlinienbestimmungen betreffend den Schutz von vertraulichen Informationen (vgl. dazu etwa Art. 41 Abs. 3 der RL 2004/18/EG) ernsthaft gefährdet werden, „wenn im Rahmen der Klage gegen eine Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers über ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrages alle dieses Vergabeverfahren betreffenden Angaben dem Kläger, ja sogar anderen Personen, wie etwa Streithelfern, uneingeschränkt zur Verfügung gestellt werden müssten. In einem solchen Fall würde schon durch die Erhebung einer Klage der Zugang zu Informationen eröffnet, die dazu verwendet werden könnten, den Wettbewerb zu verfälschen oder den legitimen geschäftlichen Interessen von Wirtschaftsteilnehmern zu schaden, die sich an der betreffenden Ausschreibung beteiligt haben. Eine solche Möglichkeit könnte Wirtschafts­teilnehmer sogar dazu verleiten, Klagen allein mit dem Ziel zu erheben, Zugang zu den Geschäftsgeheimnissen ihrer Wettbewerber zu erhalten“ (Rz 39/40). Vor diesem Hintergrund hob der Gerichtshof hervor, dass „die Nachprüfungsinstanz über sämtliche Informationen verfügen können [muss], die erforderlich sind, um in voller Kenntnis der Umstände entscheiden zu können, also auch über vertrauliche Informationen und Geschäftsgeheimnisse“ (Rz 53). Der EuGH betonte, dass „die Nachprüfungsinstanz im Rahmen einer Klage im Bereich des öffentlichen Auftragswesens entscheiden können [muss], dass die in der ein Vergabeverfahren betreffenden Akte enthaltenen Angaben nicht an die Parteien und deren Anwälte weitergegeben werden, wenn dies erforderlich ist, um den vom Gemeinschaftsrecht vorgeschriebenen Schutz des lauteren Wettbewerbes und der legitimen Interessen der Wirtschaftsteilnehmer sicherzustellen“ (Rz 43).

 

Die Rechtsprechung des EuGH in der Entscheidung V veranlasste ferner Eisner/Schiffkorn zu einer diesbezüglichen Auseinandersetzung. In ihrem Beitrag werfen Eisner/Schiffkorn die Frage auf, wie sich eine Partei gegen die Verwendung geheimer Beweismittel wehren solle, wenn ihr womöglich nicht nur der Inhalt, sondern auch die Existenz dieser Beweismittel unbekannt seien (Eisner/Schiffkorn, Geheimhaltung von Beweisen zur Wahrung von Geschäfts­geheimnissen? ZVB 2010/43, 150).

 

Unter Abwägung der Rechtsprechung des VwGH und des EuGH ist daher die Akteneinsicht in Vergabeverfahren besonders genau abzuwägen [VwGH 22.5.2012, 2009/04/0187; VwGH 9.4.2013, 2011/04/0207; VwGH 25.2.2004, 2002/03/0273; VwGH 19.6.1996, 95/19/0778; VwGH 25.1.2011, 2006/04/0238; EuGH C-450/06 (Varec); EuGH C-438/04 (Mobistar); vgl. dazu LVwG Oö 7.9.2015, 840058, 840060)].

 

V.2.2.            Hier ausgenommene Aktenteile:

 

Dazu ist - bezogen auf den gegenständlichen Fall - auszuführen, dass die Existenz von Beweismitteln vor dem Antragsteller nicht geheim gehalten wurde. Vielmehr wurde dem Antragsteller die Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2016 vollständig zur Kenntnis gebracht; auch das am Ende dieser Stellungnahme befindliche Urkundenverzeichnis.

 

Aus diesem Urkundenverzeichnis konnte der Antragsteller nicht nur entnehmen, welche Urkunden vorgelegt wurden, sondern auch, welche eben von der Akteneinsicht ausgenommen sind. Aus dem Inhalt der Urkunden hätte der Antragsteller allerdings für seinen Rechtsstandpunkt keine weiteren Argumente gewinnen können, zumal für das gegenständliche Verfahren die Ex-ante-Transparenzbekanntmachung den Prüfungsgegenstand und den Prüfungsrahmen vorgibt.

 

V.2.3.            Ergebnis:

 

Unter Abwägung aller Umstände ergibt sich somit, dass Einsicht in die von der Antragsgegnerin vorgelegten Urkunden unter Hinweis auf die obige Rechtsprechung des EuGH und VwGH nicht zu gewähren war. Einerseits sind diese Unterlagen nicht Gegenstand des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich im Sinne von § 17 Abs. 3 AVG bzw. § 21 VwGVG, sondern des Vergabeaktes der privatwirtschaftlich agierenden Antragsgegnerin.

 

Darüber hinaus konnte der Antragsteller zu den vergaberechtlich relevanten Themen eines Ausschließlichkeitsrechtes, der restriktiven Auslegung eines solchen als auch die Beweislast der Antragsgegnerin auch ohne Einsicht in die von der Akteneinsicht ausgenommenen Urkunden – insbesondere unter Zugrundelegung der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung – ein umfassendes Vorbringen erstatten. Dieses konnte der Antragsteller aus der ihm zur Kenntnis gelangten Ex-ante-Transparenzbekanntmachung ableiten.

 

Akteneinsicht in die von der Akteneinsicht ausgenommenen Urkunden war daher – wie von der Antragsgegnerin beantragt – nicht zu gewähren.

 

V.3.            Zum Hauptantrag:

 

V.3.1.            Zur Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens:

 

V.3.1.1. Ausnahmebestimmung:

 

Das Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung ist – ebenso wie das nicht offene Verfahren ohne Bekanntmachung – eine Verfahrensart mit eingeschränkter Transparenz (Fink/Heid, Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, Rz 874). Demgemäß kann es nur der Verwirklichung von eng formulierten Ausnahmetatbeständen, die zu dem restriktiv auszulegen sind, gewählt werden. Die Gründe, welche die Wahl des Verhandlungsverfahrens rechtfertigen, sind in
§ 28 BVergG taxativ aufgezählt. Eine Erweiterung des Ausnahmekataloges für das Verhandlungsverfahren durch den nationalen Gesetzgeber ist unzulässig. Nach der Rechtsprechung des EuGH hat außerdem der Auftraggeber, der ein derartiges Verfahren in Anspruch nehmen will, das Vorliegen der rechtfertigenden Umstände darzulegen. Derjenige, der sich auf eine Ausnahme berufen will, hat die Beweislast dafür zu tragen, dass die eine Ausnahme rechtfertigenden außergewöhnlichen Umstände tatsächlich vorliegen (Fink/Heid, Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, Rz 874; J.Schramm/M.Öhler, Schramm/Aicher/ Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz2, §§ 28 bis 30, Rz 2ff).

V.3.1.2. Rechtsfertigungsgründe:

 

Auch die EBRV 2006 zu den §§ 28 bis 30 führen aus, dass das Verhandlungsverfahren ein Ausnahmeverfahren darstellt und die Rechtfertigungsgründe restriktiv auszulegen sind:

 

Das Verhandlungsverfahren stellt ein Ausnahmeverfahren dar. Die Rechtfertigungsgründe sind daher restriktiv auszulegen und der Auftraggeber, der dieses Verfahren in Anspruch nehmen will, hat das Vorliegen der Umstände, die die in Inanspruchnahme rechtfertigen, darzulegen (vgl. ua Rs C-199/85, C-57/94, C-24/91, C-107/92, C-385/02, C-394/02, C-84/03). Die Verhandlungsverfahrenstatbestände ohne vorherige Bekanntmachung sind taxativ in der RL festgelegt, die Mitgliedsstaaten können daher keine neuen Verhandlungsverfahrenstatbestände schaffen, noch die ausdrücklich vorgesehenen Tatbestände um neue Bestimmungen ergänzen (so EuGH Rs C-84/03 Kommission gegen Spanien,
Rz 48). […] Technische oder künstlerische Gründe im Sinne der §§ 28 Abs. 2 Z 2, 29 Abs. 2 Z 2 und 30 Abs. 2 Z 2 liegen etwa vor, wenn eine Einrichtung ein Kunstwerk in Auftrag gegeben hat, später jedoch ein zweites Kunstwerk in Auftrag geben will, um gewisser Maßen ein „Paar“ zu erhalten. In diesem Fall wäre darzulegen, aus welchen Gründen das zweite Kunstwerk nicht bei einem anderen Künstler in Auftrag gegeben werden kann. Die bloße Behauptung, dass eine Gesamtheit von Arbeiten, komplex und schwierig sei, genügt nicht für die Inanspruchnahme dieser Ausnahme (vgl. Rs
C-385/02). Es müssen vielmehr zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen müssen die Leistungen, die Gegenstand des Auftrages sind, eine technische Besonderheit aufweisen, und zum anderen muss es aufgrund dieser technischen Besonderheit unbedingt erforderlich sein, den Auftrag an ein bestimmtes Unternehmen zu vergeben, d.h. nur dieses Unternehmen ist in der Lage diese Leistungen zu erbringen (vgl. Rs C-57/94, C-385/02, C-394/02). Unter den Tatbestand „Schutz eines Ausschließlichkeitsrechtes“ (§§ 28 Abs. 2 Z 2, 29 Abs. 2 Z 2 und 30 Abs. 2 Z 2) sind auch jene Fälle zu subsumieren, in denen ein bestimmter Unternehmer das ausschließliche Verfügungs- oder Nutzungsrecht besitzt. In der Rs C-328/92 hat der EuGH betont, dass es nicht genügt, dass die in Rede stehenden Produkte (Arzneimittel und Arzneispezialitäten) durch Ausschließlichkeitsrechte geschützt sind. Es ist auch erforderlich, dass sie nur von einem bestimmten Unternehmer hergestellt oder geliefert werden können. Diese Voraussetzungen liegen nach dem EuGH nur bei demjenigen Arzneimitteln und Arzneispezialitäten vor, für die es auf dem Markt keinen Wettbewerb gibt. Diese Ausnahmebestimmung kann auch nicht in Anspruch genommen werden, wenn Dritte über Lizenzen zur Nutzung dieses ausschließlichen Rechtes verfügen oder in angemessener Weise erlangen können.

(EB1171 BlgNR 22. GP 45f).

 

Die maßgeblichen Gründe, die die Anwendung des Verhandlungsverfahrens rechtfertigen, sind überdies im Vergabevermerk anzuführen (§ 136 Abs. 1 Z 6) [J.Schramm/M. Öhler, Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabe-gesetz2, §§ 28 bis 30
Rz 5]
.

 

Bei den Ausschließlichkeitsrechten ist vor allem an Patent-, Urheber-, Marken- und Musterschutzrechte zu denken. Es handelt sich somit um absolute, d.h. gegen jedermann wirkende Rechte. Darüber hinaus können die Gesetzesmaterialien des BVergG auch dahingehend interpretiert werden, dass unter diese Ausnamebestimmung auch Fälle eines bloß obligatorischen Verfügungs- und Nutzungsrechtes zu subsumieren sind. Der EuGH hat hinsichtlich der Lieferung von Arzneimitteln des Weiteren festgehalten, dass der Schutz von Ausschließlichkeitsrechten alleine nicht ausreicht. Entsprechend den kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen dieser Ausnahmebestimmung, sei es auch erforderlich, dass die Arzneimittel nur von einem bestimmten Unternehmer hergestellt oder geliefert werden können. Dies sei nur bei jenen Produkten denkbar, für die es auf dem Markt keinen Wettbewerb gibt. Die Beweislast für das Vorliegen der außergewöhnlichen Umstände obliege (wiederum) demjenigen, der auf ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung zurückgreifen möchte. Die gegenständliche Ausnahmebestimmung kann jedenfalls dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn Dritte über Lizenzen zur Nutzung des ausschließlichen Rechtes verfügen oder derartige Lizenzen in angemessener Weise erlangen können. Wird etwa ein besonderer Konzertflügel von mehreren Unternehmern am (europäischen) Markt angeboten, so kann kein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung mit den jeweiligen (inländischen) Produzenten durchgeführt werden. Der Auftraggeber hat jedenfalls die Möglichkeit von Parallelimporten zu prüfen, bevor er den Schluss zieht, dass aufgrund eines Ausschließlichkeitsrechtes nur ein Unternehmer ein bestimmtes medizintechnisches Produkt liefern kann (Fink/Heid, Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, S.332; J. Schramm/M. Öhler, Schramm/Aicher/Fruhmann/ Thienel, Bundesvergabegesetz2, §§ 28 bis 30 Rz. 43).

 

V.3.2.            Zum Ausschließlichkeitsrecht gem. § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG:

 

V.3.2.1. Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden:

 

V.3.2.1.1. Bundesvergabeamt, 17.03.2009, N/0078-BVA/08/2008-347:

 

Das Bundesvergabeamt setzt sich in der Entscheidung vom 17.03.2009, N/0078-BVA/08/2008-347 mit den Voraussetzungen für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG auseinander. Nachdem es sich bei dieser Bestimmung um die Parallelbestimmung für Lieferaufträge zu den Bauaufträgen (§ 28 BVergG) handelt, können die diesbezüglichen Ausführungen auf § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG übertragen werden:

 

Die angefochtene Entscheidung leidet an nachstehenden Rechtswidrigkeiten:

Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 liegen nicht vor.

Die BBG darf erst dann ein Verfahren gemäß § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG einleiten, wenn sie die Voraussetzungen bereits nachgewiesen iS von bewiesen hat.

Der Gesetzgeber spricht insoweit in § 29 Abs. 2 Z  2 BVergG 2006 davon, dass ein Auftraggeber ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Vergabebekanntmachung wählen kann, wenn die in Z 2 dafür geforderten Umstände [objektiv] vorliegen.

Sind derartige ermächtigende Umstände zum Zeitpunkt der Einleitung nicht nachgewiesen, ist ein Verhandlungsverfahren ohne vorangehende Bekanntmachung unzulässig.

Aus dem Vergabeakt der BBG ist aber kein derartiger Nachweis der Zulässigkeit ersichtlich.

[…]

Ausschließlichkeitsrechte scheiden gleichfalls aus, da die BBG bislang die Frage der Parallelimporte noch nicht entsprechend geprüft hat.

[…]

Der § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 stellt dabei auf die ausschließliche Erfüllungsmöglichkeit durch einen einzigen Unternehmer ab, also nicht gerade auf die Alleinstellung irgendeines Herstellers, sodass der Wettbewerb betreffend die Produkte eines einzigen Herstellers durch verschiedene Lieferanten möglich erscheint.

Die BBG hat insoweit aber wie gesagt, die Frage der Parallelimportsmöglichkeiten nicht geprüft.

 

In dem soeben erwähnten Verfahren hat das Bundesvergabeamt einen Gesetzesprüfungsakt an den VfGH herangetragen, mit der Fragestellung, in wie fern die Bestimmung des § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG verfassungswidrig sein könnte. In seinen Erkenntnis vom 05.12.2008, G 113/08 =  VfSlg. 18.642 führte der VfGH dazu aus:

 

Der österreichische Gesetzgeber hat sich bei der Beschlussfassung über das BVergG 2006 ausdrücklich darauf berufen, dass er mit § 29 Abs. 2 Z 2 leg. cit. Gemeinschaftsrecht umgesetzt habe und die Bestimmung im Sinne der Rechtssprechung des EuGH zu verstehen sei. Die diesbezüglichen Stellen der Gesetzesmaterialien (RV 117 BlgNR 22. GP, zu den §§ 28 bis 30) lauten:

[…]

Ferner wiesen die Materialien (RV 117 BlgNR. 22. GP zu § 19) auch darauf hin, dass für die Auslegung der Bestimmungen des BVergG 2006 auch die in § 19 Abs. 1 BVergG 2006 enthaltenen Grundsätze heranzuziehen seien:

„Die allgemeinen Grundsätze finden auf sämtliche Verfahren, die im Anwendungsbereich des BVergG abgewickelt werden, Anwendung. Die Bestimmungen des § 19 Abs. 1 enthalten den Zweck des Vergabeverfahrens, damit das Schutzobjekt der Schutznorm „BVergG“: Es ist dies der freie, faire und lautere Wettbewerb unter Wahrung der Gleichbehandlung aller Bieter und Bewerber. Alle Handlungen und Unterlassungen von Auftraggebern, Bietern oder Bewerbern im Vergabeverfahren sind an diesem Maßstab zu messen.

Abs. 1 enthält eine Zusammenfassung allgemeiner Grundsätze für die Vergabe von Aufträgen. Diese Grundsätze sind zur Auslegung der Übrigen Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes heranzuziehen“.

[…]

Das BVA führt zunächst aus, dass die in § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 verwendeten Begriffe unbestimmt seien. Offenbar geht das antragstellende BVA davon aus, dass der österreichische Gesetzgeber sie noch weiter präzisieren hätte können. Wie die Rechtsprechung des EuGH zeigt, sind diese in der Vergabe-RL und im BVergG 2006 verwendeten gleichlautenden Begriffe durchaus auslegbar. Sie lassen - wie der EuGH aufzeigt - bei richtiger Auslegung gerade keinen weiten Beurteilungsspielraum zu. Nach der oben unter Pkt. III.1. dargestellten Judikatur des EuGH ist die angefochtene Bestimmung eng auszulegen; bei der Auslegung ist auch das Diskriminierungsverbot zu beachten. Die Anwendung der angefochtenen Bestimmung kommt nur in Betracht, wenn die technischen Besonderheiten, die mit den Auftrag verbunden sind, oder die Ausschließlichkeitsrechte es unbedingt erforderlich machen, den Auftrag an ein bestimmtes Unternehmen und nur an dieses zu vergeben. Die bloße Berufung auf einen Ausnahmetatbestand durch den öffentlichen Auftraggeber reicht nicht aus. Der öffentlichen Auftraggeber hat vielmehr das Vorliegen von Ausnahmetatbeständen zu beweisen.

[…]

Der VfGH hat in mehreren Entscheidungen ausgeführt, dass der Gesetzgeber auch bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht an die verfassungsrechtlichen Vorgaben gebunden ist (Grundsatz der doppelten Bindung, VfSlg. 14.863/1997 uva). Aufgrund des Vorranges des Gemeinschaftsrechtes auch vor dem Verfassungsrecht der Mitgliedsstaaten (vgl. VfSlg. 16.050/2000) wäre aber die Aufhebung einer Bestimmung, die Gemeinschaftsrecht umsetzt, unzulässig, wenn das Gemeinschaftsrecht dem innerstaatlichen Gesetzgeber keinen Spielraum für die innerstaatliche Gestaltung einräumt, sodass der Gesetzgeber keine Möglichkeit hätte, eine Ersatzregelung zu schaffen, die sowohl dem Gemeinschaftsrecht als auch dem innerstaatlichen Verfassungsrecht entspricht.“

V.3.2.1.2. Verwaltungsgerichtshof, 1.10.2010, 2009/04/0129:

 

Wenngleich die Entscheidung des Bundesvergabeamtes auch einer Überprüfung des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen wurde, entschied der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 01.10.2010, 2009/04/0129 = VwSlg. 17934 A/2010 doch nur im Hinblick darauf, dass das BVA in seiner Entscheidung auch über das Nachprüfungsverfahren einer mitbeteiligten Partei entschieden hatte, obwohl deren Verfahren ausgesetzt worden war. Mit anderen Worten hätte das BVA daher in ihrer Entscheidung nur über den Antrag der dortigen Antragstellerin und nicht auch über andere Anträge entscheiden dürfen.

 

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Frage von Ausschließlichkeitsrechten gemäß § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG [hier: § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG] ist nicht erfolgt.

 

V.3.2.1.3. Bundesvergabeamt zu § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG:

 

In seinen weiteren Entscheidungen vom 26.11.2010, N/0108-BVA/08/2008-130 und vom 30.11.2010, N/0086-BVA/08/2008-152; N/0087-BVA/08/2008-152; N/0088-BVA/08/2008-152; N/0089-BVA/08/2008-152; N/0090-BVA/08/2008-141; N/0081-BVA/08/2008-141; N/0093-BVA/08/2008/141; N/0094-BVA/08/2008-141; N/0095-BVA/08/2008-130; N/0096-BVA/08/2008-130; N/0097-BVA/08/2008-130; N/0098-BVA/08/2008-130; N/0099-BVA/08/2008-130 entschied das Bundesvergabeamt zum Vorliegen der Ausnahmetatbestände des § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG wie folgt:

 

Zur Frage der Vergaberechtswidrigkeit gemäß §§ 29 Abs. 2 Z 2 und § 325 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006 ist vorerst auf den EuGH in der Rs C-275/08 hinzuweisen, wonach (hier:) die BBG vor Vergabeverfahrenseinleitung durch gemeinschaftsweite und insb. sachverständige Nachforschungen nachzuweisen gehabt hätte, dass die Stent-Produkte der B*** GmbH in bestimmten medizinischen Verwendungsfällen die einzig einsetzbaren wären.

§ 29 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006, auf den sich die BBG hier gestützt hat, erlaubt nämlich nach seinem Wortlaut nur dann ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung, wenn technische Gründe, künstlerische Gründe oder aber der Schutz von Ausschließlichkeitsrechten es ausschließen, dass ein vergaberechtlicher Parallelwettbewerb nach vorheriger Vergabebekanntmachung überhaupt stattfinden kann.

Wenn das Gesetz nunmehr das Unterbleiben einer vorangehenden Vergabebekanntmachung nur dann zulässt, wenn bestimmte Tatsachen einen Vergabewettbewerb sinnlos erscheinen lassen, sind diese Tatsachen Voraussetzung für das Unterbleiben der Vergabebekanntmachung. Der VfGH hat zu
G 113/08 ausgeführt, dass es nicht hinreicht, dass sich die BBG auf die einschlägigen Tatbestände des § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG beruft, sondern dass die BBG beweispflichtig für diese Tatsachen ist, die die Unterlassung einer vorherigen Vergabebekanntmachung rechtfertigen.

Wenn daher das BVA gemäß der RL 89/665/EWG zur gerichtsäuquivaienten Überprüfung von Auftraggeberentscheidungen geschaffen ist, wie obiter Art 47 der Grundrechtscharta der EU über
Art 6 EUV aktuell immer eine gerichtlichen Rechtsschutz für unionsrechtliche Rechte verlangt, so ist § 29 Abs 2 Z 2 BVergG 2006 nach der hier vertretenen Auffassung dahin auszulegen, dass die BBG für eine Rechtfertigung ihres Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bereits in den Unterlagen des Vergabeverfahrens den sachverständigen Nachweis für ihre Position der tatsächlichen Alleinstellung der Produkte der B*** GmbH erbringen hätte müssen, da das Gesetz eben diesen Nachweis bereits dazu verlangt, um intransparent vergeben zu dürfen. Wollte man gegenteilig verlangen, dass das BVA quasi als Erfüllungsgehilfe der BBG Im Nachprüfungsverfahren die Rechtfertigung für die intransparente Vergabe - Vorgangsweise der BBG nachträglich, und insbesondere nach der angefochtenen Entscheidung, sucht, würde man zum einen wider das Gebot eines wirksamen Vergaberechtsschutzes nach Art 1 RL 89/6657EWG handeln; und zum anderen die Gerichtsäquivalenz des BVA iSv Art 2 der RL 89/665/EWG in Frage stellen, zumal Gerichtsqualität iSd letztgenannten Bestimmung ein Organ voraussetzt, dass streitentscheidend zwischen kontradiktorischen Positionen entscheidet, aber gerade kein Streitentscheidungsorgan, das nachträglich nach Gründen sucht, die den Standpunkt einer Partei erstmals rechtfertigen könnten. Da die BBG sohin im Vergabeverfahren keinen Nachweis erbracht hat, dass die von der
b*** GmbH vertriebenen (Stent-)Produkte tatsächlich wegen Ausschließlichkeitsrechten oder aber aus technischen oder aber künstlerischen Gründen einen Wettbewerb mit den (Stent-)Produkten der Antragstellerin ausschlössen, war die angefochtene Aufforderung zur Angebotsabgabe rechtswidrig iSv § 325 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006.

Diese Rechtswidrigkeit des unterlassenen Nachweises war aber auch von wesentlichem Einfluss iSv
§ 325 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006, da bei gehöriger Beweisführung durch die BBG bereits im Vergabeverfahren betreffend die fraglichen Alleinstellungsmerkmale in § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 ein andere vergaberechtliche Vorgangswelse der BBG in Bezug auf die B*** GmbH und insbesondere ein Vergabewettbewerb durch vorherige Vergabebekanntmachung nicht ausgeschlossen werden können.

Zum Beweisbestreben der B*** GmbH und der BBG, welche insbesondere noch weitere Sachverständigenbestellungen durch das BVA zB auch für Experten der Stentimplantation über die Kardiologie hinaus anstrebten, ist im Lichte des § 39 Abs. 3 AVG auszuführen, dass dies nicht mehr geboten war. Wie aufgezeigt, verlangt nämlich der auf einer Richtlinienbestimmung der
RL 2004/18/EG beruhende § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 bereits zum Zeitpunkt der Einleitung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung, dass (hier:) die BBG dargetan hat, dass insb. durch gemeinschaftsweite Erhebungen nachgewiesen ist, dass ein bestimmter Bedarf aus technischen Gründen, künstlerischen Gründen oder aus Gründen des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten gerade nur von einem einzigen Unternehmen und daher maW nur von einem einzigen Lieferanten gedeckt werden kann. Die BBG hat in ihren Vergabeunterlagen samt den von der BBG befragten Kardiologen aber auf Hersteller abgestellt, womit insoweit die Lieferantenfrage umso weniger sachverständig bzw sonst schlüssig aufbereitet erscheint. Dass gegenständlich eine Entscheidung zu Lasten der B*** GmbH aufgehoben wird, ohne dass zu deren Gunsten Beweise durch die Vergabekontrolle aufgenommen worden wären, erscheint auch verfassungsrechtlich unbedenklich, da der Gesetzgeber das Nachprüfungsverfahren dazu geschaffen hat, um Unternehmen für drohende Schäden durch potentiell für sie nachteilige Auftraggeberentscheidungen einen Rechtsschutz (aktuell nunmehr auch gemäß Art 47 Charta der Grundrechte der EU) bereitzustellen, und insoweit nach dieser gesetzlichen Wertentscheidung die Überprüfung des Vergabehandelns vergaberechtsunterworfener Auftraggeber sachgerecht und verhältnismäßig nicht ausschließt, dass seitens der Vergabekontrolle überprüft wird, ob (hier:) seitens der BBG die gemäß § 29 Abs 2 Z 2 BVergG 2006 (ISv EuGH C-275/08 bzw iSv VfGH zu G 113/08) erforderlichen Tatsachennachweise bereits vor Unterlassung der Vergabebekanntmachung und damit vor den intransparenten Vergabeverfahrensschritten erbracht wurden. Würde man dies anders und im Sinne weiterer Beweiserhebungsnotwendigkeiten des BVA sehen, würde dies dazu führen, dass ein potentiell rechtswidrig im Bereich des § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 um seine Auftragschance gebrachter Unternehmer vorerst idR durch Zufall vom intransparenten Vergabegeschehen erfahren muss, und danach, sofern überhaupt noch vor Rahmenvereinbarungsabschluss bzw vor Zuschlagserteilung allenfalls rechtzeitig, einen mit Aufwand verbundenen Vergabekontrollantrag stellen muss, wobei diesem rechtsschutzsuchenden Unternehmer dann auch noch das Beweisrisiko für Nachweise auferlegt würde, die nach dem Gesetzeswortlaut und der Rsp des EuGH bereits im Vergabeverfahren geschaffen worden sein müssen. Nicht umsonst beschränkt der EuGH In C-406/08 den Streitgegenstand des Nachprüfungsverfahrens aus Gründen des effektiven Vergaberechtsschutzes auf die Begründung, die der Auftraggeber für seine jeweilige Vergabeentscheidung liefert.

Gleichzubewertend erscheint es daher auch hier geboten, aus Gründen des effektiven Vergaberechtsschutzes iSd Art 1 der RL 89/665/EWG davon auszugehen, dass im Vergabekontrollverfahren nur die tatsachenmäßig in den Vergabeunterlagen geschaffenen Entscheidungsbegründungen des Auftraggebers dahin zu prüfen, ob diese zutreffend - hier einschlägig - eine Stützung auf §§ 29 Abs 2 Z 2 iVm 36 BVergG 2006 zulassen. Derartige Nachweise hat die BBG aber im Vergabeverfahren vor Ergehen der angefochtenen Entscheidung und auch bislang nicht erbracht, strebt sie doch selbst mit ihren Beweisanträgen insb auf Sachverständigenbestellung erst jetzt eine derartige Nachweisführung durch das BVA an.

 

V.3.2.1.4. Verwaltungsgerichtshof, 21.1.2014, 2011/04/003:

 

Im darauffolgenden Erkenntnis vom 21.1.2014, 2011/04/003 führte der Verwaltungs-gerichtshof aus:

 

„4. Ausnahmetatbestand des § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006:

4.1. Die belangte Behörde vertrat im Kern ihrer Argumentation die Auffassung, die Auftraggeberin hätte bereits in den Unterlagen des Vergabeverfahrens den Sachverständigennachweis für die Zulässigkeit der Heranziehung des Ausnahmetatbestandes des § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG zu erbringen gehabt. Aufgabe des Bundesvergabeamtes sei es nicht, nachträglich nach Gründen zu suchen, die den Standpunkt einer Partei erstmals rechtfertigen könnten, sondern nur „die tatsachenmäßig in den Vergabeunterlagen geschaffenen Entscheidungsbegründungen des Auftraggebers dahin zu prüfen“, ob diese ein Heranziehen des § 29 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 hätten rechtfertigen können. Ausgehend davon sei auch den Beweisanboten (etwa auf Bestellung eines Sachverständigen) nicht stattzugeben gewesen.

4.2. Dem gegenüber vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, dass zwar gemäß § 36 BVergG 2006 die für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens maßgeblichen Gründe festzuhalten sind, das Vorliegen der Rechtfertigungsgründe aber erst im Vergabekontrollverfahren bewiesen werden müsse. Darüber hinaus seien für das gegenständliche Vergabeverfahren ohnehin Sachverständigennachweise, nämlich die Expertisen von drei Kardiologen, eingeholt worden. Wenn die belangte Behörde diese Expertisen als nicht hinreichend ansehen sollte, hätte sie nach Auffassung der Beschwerdeführer deren Beweisanträge (insb. auf Einholung eines Sachverständigengutachtens) nachkommen müssen.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

4.3. Nach der Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) sind die Rechtfertigungsgründe für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung eng auszulegen (vgl. etwa das Urteil des EuGH vom 15. Oktober 2009, Rs
C-275/08, Kommission gegen Deutschland, Rz. 54 ff). Die Beweislast dafür, dass die eine Ausnahme rechtfertigenden, außergewöhnlichen Umstände tatsächlich vorliegen, trägt derjenige, der sich darauf berufen will (im vorliegenden Fall somit die Beschwerdeführerin).

Dies ändert aber nichts daran, dass demjenigen, dem die Beweislast obliegt (im vorliegenden Fall der Beschwerdeführerin), im Vergabekontrollverfahren die Gelegenheit gegeben werden muss, den ihm obliegenden Beweis zu erbringen.

4.4. Soweit sich die belangte Behörde für ihre Auffassung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 2008, G 113/08, stützt, ist dazu anzumerken, dass der Verfassungsgerichtshof darin - soweit fallbezogen von Relevanz - zum Ausdruck gebracht hat, dass der Auftraggeber das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes "zu beweisen" hat und die bloße Berufung auf einen solchen nicht ausreicht. Dass dieser Nachweis im Zuge eines Vergabekontrollverfahrens vor der belangten Behörde erbracht wird, steht dazu nicht im Widerspruch.

4.5. Die belangte Behörde ist somit unzutreffend davon ausgegangen, dass ihre Aufgabe bei der Beurteilung des Vorliegens des hier maßgeblichen Ausnahmetatbestandes darauf beschränkt ist, zu prüfen, ob der Nachweis der Zulässigkeit seiner Heranziehung bereits in den Vergabeunterlagen erbracht worden ist. Vielmehr ist demjenigen, dem die Beweislast obliegt, Gelegenheit zu geben, den ihm obliegenden Beweis zu erbringen.“

 

V.3.2.2. Rechtsprechung des EuGH zum Ausschließlichkeitsrecht:

 

V.3.2.2.1. Urteil vom 10.3.1987, 199/85:

 

In der Entscheidung vom 10.3.1987, Kommission/Italien, 199/85 hatte sich der Europäische Gerichtshof mit der Vergabe von Bautätigkeiten zur Errichtung einer Abfallverwertungsanlage auseinanderzusetzen und diesbezüglich insbesondere die Frage von Ausschließlichkeitsrechten zu beantworten.

 

Der Europäische Gerichtshof führte dazu aus:

Diese Bestimmungen, die Ausnahmen von den Vorschriften zulassen, die die Wirksamkeit der durch den EWG-Vertrag im Bereich der öffentlichen Bauaufträge eingeräumten Rechte gewährleisten sollen, sind eng auszulegen, und die Beweislast dafür, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die Ausnahme rechtsfertigen tatsächlich vorliegen, obliegt demjenigen, der sich darauf berufen will. [Rn14]

 

V.3.2.2.2. Urteil vom 3.5.1994, C-328/92:

 

In der Entscheidung vom 3.5.1994, Kommission/Spanien, C-328/92 hatte sich der Europäische Gerichtshof mit der freihändigen Vergabe ohne Bekanntmachung für die Lieferung von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten zu befassen.

 

Diesbezüglich. führte der EuGH Nachfolgendes aus:

Zweitens macht die spanische Regierung geltend, der Rückgriff auf das Verfahren der freihändigen Vergabe für öffentliche Aufträge über die Lieferung von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten sei durch Artikel 6 Abs. 1 Buchstaben b und d der Richtlinie 77/62 gerechtfertigt, nach denen die öffentlichen Auftraggeber ihre Lieferaufträge vergeben könnten, ohne die in Artikel 4 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Verfahren der offenen oder beschränkten Ausschreibung anzuwenden, also ohne Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zu veröffentlichen, „wenn der Gegenstand der Lieferung… auf Grund des Schutzes des Ausschließlichkeitsrechtes nur von einem bestimmten Unternehmen hergestellt oder geliefert werden kann“ und „soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Fristen einzuhalten, die nach den in Artikel 4 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Verfahren vorgeschrieben sind“ [Rn. 14].

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 6 der Richtlinie 77/62, der Ausnahmen von den Vorschriften zulässt, die die Wirksamkeit der durch den EWG-Vertrag im Bereich der öffentlichen Lieferaufträge eingeräumten Rechte gewährleisten sollen, eng auszulegen ist (vgl. Urteil Kommission/Spanien, a.a.O., Randnnr. 36) [Rn. 15].

Im Übrigen obliegt die Beweislast dafür, dass die Außergewöhnlichen Umstände, die die Ausnahme rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, demjenigen, der sich auf sie berufen will (vgl. für öffentliche Bauaufträge Urteil vom 10.3.1987 in der Rechtssache 199/85, Kommission/Italien, Slg. 1987, 1039, Randnnr. 14) [Rn. 16].

Für die Anwendbarkeit von Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe b genügt es nicht, dass die in Rede stehenden Arzneimittel und Arzneispezialitäten durch Ausschließlichkeitsrechte geschützt sind, sondern es ist auch erforderlich, dass sie nur von einem bestimmten Unternehmer hergestellt oder geliefert werden können. Da diese Voraussetzung nur bei denjenigen Arzneimitteln und Arzneispezialitäten vorliegt, führt die es auf den Markt keinen Wettbewerb gibt, kann es Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe b keinesfalls rechtfertigen, dass allgemein oder unterschiedslos  für alle Lieferungen sämtlicher Arzneimittel und Arzneispezialitäten auf das Verfahren der freihändigen Vergabe zurückgegriffen wird [Rn. 17].

 

V.3.2.2.3. Urteil vom 18.5.1995, C-57/94:

 

In seinem Urteil vom 18.5.1995, Kommission/Italien C-57/94 hatte sich der Europäische Gerichtshof mit der Vergabe von Bauaufträgen zur Errichtung einer Anschlussstelle – Schnellstraße auseinanderzusetzen, wobei geltend gemacht wurde, dass aus technischen Gründen nur ein Unternehmen mit diesen Bauauftrag beauftragt werden hätte können.

 

Der EuGH führte dazu aus:

 

Die Parteien sind sich darüber einig, dass im vorliegenden Fall nur die Anwendung von Artikel 9 Buchstabe b der Richtlinie 71/305 die freihändige Vergabe des streitigen Auftrages rechtfertigen konnte. Nach dieser Vorschrift können die öffentlichen Auftraggeber Bauaufträge, ohne die Vorschriften der Richtlinie – u.a. auch die über die Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft - anzuwenden, vergeben, „wenn die Arbeiten aus technischen oder künstlerischen Gründen oder aufgrund des Schutzes des Ausschließlichkeitsrechtes nur von einem bestimmten Unternehmer ausgeführt werden können“ [Rn. 19].

Die italienische Regierung macht zum einen geltend, selbst wenn der Begriff „technische Gründe“ in Artikel 9 Buchstabe b der Richtlinie 71/305 eng auszulegen sei, könne diese Auslegung doch nicht so weit gehen, dass dieser Ausnahmevorschrift jede praktische Bedeutung genommen werde. Daher wendet sie sich dagegen, dass die „technischen Gründe“, die es rechtfertigen könnten, dass die Ausführung von Arbeiten einem bestimmten Unternehmer übertragen würden, mit der technischen Fähigkeit eines bestimmten Unternehmens, als einziges bestimmte Arbeiten durchzuführen, gleichgesetzt würden, und meint, dass objektive Umstände und Bedingungen, die sich auf die Arbeitsausführung in einer ganz bestimmten Situation auswirkten, derartige Gründe darstellen könnten [Rn. 20].

Zum einen trägt die italienische Regierung vor, dass „technische Gründe“ im Sinne von Artikel 9 Buchstabe b der Richtlinie 71/305 es im vorliegenden Fall gerechtfertigt hätten, den streitigen Auftrag an einen bestimmten Unternehmer, nämlich an den, der bereits mit der Durchführung der laufenden Arbeiten beauftragt gewesen sei, zu vergeben. Sie verweist insoweit auf technische Interferenzen zwischen den laufenden Arbeiten und den Arbeiten im Rahmen des streitigen Auftrages. So sei unmöglich gewesen, die Arbeiten, die Gegenstand der zehnten zusätzlichen Studie gewesen seien, vor Herstellung eines bestimmten Teiles der Bauten, die Gegenstand der elften und der zwölften Studie gewesen seien, abzuschließen; ferner sei es wegen der Enge der Örtlichkeit nicht möglich gewesen, zwei verschiedene Baustellen gleichzeitig zu eröffnen, und wegen der engen Verbindung bei den Fundamenten der Bauten hätten die laufenden und die streitigen Arbeiten nicht getrennt durchgeführt werden können [Rn. 21].

Die Kommission bestreitet, dass diese Umstände „technische Gründe“ im Sinne von Artikel 9 Buchstabe b der Richtlinie 71/305 darstellen können. Sie bezieht sich hierfür auf ein technischen Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen, aus dem im Wesentlichen hervorgehe, dass die drei von der italienischen Regierung vorgebrachten Argumente nur Ausdruck eines und desselben technischen Erfordernisses seien, nämlich des der Beherrschung der Koordinierung und der Steuerung der Arbeiten, und dass eine zeitliche und räumliche Koordinierung zwischen den in der Ausführung befindlichen und den streitigen Arbeiten in jeden Fall habe erfolgen müssen, auch wenn alle diese Arbeiten einem und demselben Unternehmen übertragen worden seien [Rn. 22].

Aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 10. März 1987 in der Rechtssache 199/85 (Kommission/Italien, Slg. 1987, 1039, Randnnr. 14) ergibt sich, dass Artikel 9 der Richtlinie 71/305, der Ausnahmen von den Vorschriften zulässt, wie die Wirksamkeit der durch den EWG-Vertrag im Bereich der öffentlichen Bauaufträge eingeräumten Rechte gewährleisten sollen, eng auszulegen ist und das Beweislast dafür, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die Ausnahme rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, demjenigen obliegt, der sich auf sie berufen will [Rn. 23].

In Anbetracht des Wortlautes von Artikel 9 Buchstabe b der Richtlinie 71/305 war die italienische Regierung nicht nur verpflichtet, im vorliegenden Fall zur Rechtfertigung der Anwendung des Verfahrens der freihändigen Vergabe des streitigen Auftrages das Vorliegen „technischer Gründe“ im Sinne dieser Vorschrift darzutun, sondern sie musste auch beweisen, dass diese „technischen Gründe“ es unbedingt erforderlich machten, den streitigen Auftrag an das mit der Ausführung der laufenden Arbeiten beauftragte Unternehmen Rozzi  Costantino zu vergeben [Rn. 24].

Selbst wenn man annimmt, dass die von der italienischen Regierung angeführten Umstände „technische Gründe“ im Sinne des Artikel 9 Buchstabe b der Richtlinie 71/305 darstellen können, so ist doch festzustellen, dass die italienische Regierung nicht bewiesen hat, das diese Umstände die Vergabe der streitigen Arbeiten an das betreffende Unternehmen unbedingt erforderlich gemacht haben [Rn. 25].

Die italienische Regierung hat zwar Pläne zu den fraglichen Arbeiten sowie eine Reihe von Fotografien vorgelegt und unter Bezugnahme auf technische Erläuterungen des leitenden Ingenieurs der Provinzialverwaltung von Ascoli Piceno technische Interferenzen zwischen den laufenden und den streitigen Arbeiten erwähnt [Rn. 26].

Gegenüber den Feststellungen und Schlussfolgerungen in dem von der Kommission vorgelegten technischen Gutachten hat die italienische Regierung jedoch nicht – notfalls durch ein technisches Gegengutachten ebenfalls eines unabhängigen Sachverständigen – überzeugend dargetan, dass die sich aus diesen technischen Interferenzen ergebenden Schwierigkeiten nicht hätten überwunden werden können, wenn die streitigen Arbeiten an ein anderes Unternehmen als das jenige vergeben worden wären, dass bereits mit den laufenden Arbeiten beauftragt war, sodass ihre Ausführung nur diesem letztgenannten Unternehmen übertragen werden konnte [Rn. 27].

 

V.3.2.2.4. Urteil vom 14.9.2004, C-385/02:

 

In seinem Urteil vom 14.9.2004, Kommission/Italien, C-385/02 hatte sich der EuGH mit der Errichtung eines Hochwasserrückhaltebeckens und den Voraussetzungen für technische Gründe (technische Besonderheit Erforderlichkeit) auseinanderzusetzen.

 

Der Europäische Gerichtshof führte dazu aus:

 

Angesichts der Komplexität und Schwierigkeit der Arbeiten habe der Oberste Rat für öffentliche Arbeiten in einem technischen Gutachten erläutert, dass diese Arbeiten von einem einzigen geeigneten Auftragnehmer auszuführen seien und dass, wenn sie aufgrund von Losen ausgeführt würden, ihre Kontinuität sicherzustellen sei. Die Klausel, die in der Vergabebekanntmachung und in den Verträgen über die Erstellung des Entwurfes und über das erste Baulos enthalten sei, habe diesen technischen Vorschlag umgesetzt. Die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung einer Vergabebekanntmachung für die fraglichen Aufträge stelle die Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung dar [Rn. 16].

Nach dem Vortrag der italienischen Regierung wollte der öffentliche Auftraggeber technischen Erfordernissen bezüglich der Ausführung sämtlicher Arbeiten durch einen einzigen Auftragnehmer nachkommen. Die Ausführung aufgrund von Teillosen führe oft zu Problemen im Zusammenhang mit der Kompatibilität der Leistungen und damit zu Schwierigkeiten, im Fall der Vernichtung oder Verschlechterung der Bauwerke die jeweilige Haftung für die daraus folgenden Schäden festzustellen [Rn. 17].

Dieses erste Verteidigungsmittel ist dahin zu verstehen, dass es auf Artikel 7 Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie gestützt wird, soweit diese Bestimmung die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung einer Vergabebekanntmachung zulässt, wenn die Arbeiten aus technischen Gründen nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden können
[Rn. 18].

Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie, der Ausnahmen von den Vorschriften zulässt, die die Wirksamkeit der durch den EG-Vertrag im Bereich der öffentlichen Bauaufträge eingeräumten Rechte gewährleisten sollen, ist eng auszulegen; die Beweislast dafür, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die Ausnahme rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, obliegt demjenigen, der sich auf sie berufen will (in diesem Sinne Urteile vom 18.5.1995 in der Rechtssache C-57/94, Kommission/Italien, Slg. 1995, I-1249, Randnr. 23, und vom 28.3.1996 in der Rechtssache C-318/94, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I-1949, Randnnr. 13) [Rn. 19].

Demnach muss Italien beweisen, dass technische Gründe es erforderlich machten, die fraglichen Aufträge an das Unternehmen zu vergeben, mit dem der ursprüngliche Vertrag geschlossen worden war (in diesem Sinne Urteil Kommission/Italien, Randnr. 24) [Rn. 20].

Zwar beruht das Ziel, die Kontinuität von Arbeiten sicherzustellen, die zu komplexen Vorhaben gehören und dem wasserbaulichen Schutz einer Region dienen, auf einer technischen Überlegung von Belang. Die bloße Behauptung, dass eine Gesamtheit von Arbeiten komplex und schwierig sei, genügt jedoch nicht als Beweis dafür, dass sie nur ein und demselben Unternehmen anvertraut werden könnte, zumal wenn die Arbeiten in Lose aufgeteilt sind, deren Ausführung sich über viele Jahre erstrecken soll [Rn. 21].

Im vorliegenden Fall hat die italienische Regierung aber nur allgemein auf ein Gutachten des Obersten Rates für öffentliche Arbeiten verwiesen, ohne näher darzulegen, warum nur ein Unternehmen herangezogen werden könne [Rn. 22].

Die italienische Regierung bringt weiter vor, die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung einer Vergabe-bekanntmachung für die fraglichen Aufträge stelle die Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung dar. Ob dieses Vorbringen erheblich ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat die italienische Regierung nicht bewiesen, dass es eine solche Verpflichtung gab. Vielmehr war der Magistrato per il Po di Parma nach den vor dem Gerichtshof gemachten Angaben nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt, den Empfängern der ersten Baulose den Zuschlag für die späteren Lose zu erteilen [Rn. 23].

 

V.3.2.2.5. Urteil vom 8.4.2008, C-337/05:

 

Im Urteil vom 8.4.2008, Kommission/Italien C-337/05 hatte sich der EuGH mit dem Ankauf von Hubschraubern auseinanderzusetzen.

 

In diesem Urteil führte der EuGH aus:

 

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sind die Ausnahmen von den Vorschriften, die die Wirksamkeit der im Vertrag niedergelegten Rechte im Bereich der öffentlichen Aufträge gewährleisten sollen, eng auszulegen (vgl. Urteile vom 18. Mai 1995, Kommission/Italien, C-57/94, Slg. 1995, I-1249, Randnnr. 23, vom 28. März 1996, Kommission/Deutschland, C-318/94,
Slg. 1996, I-1949, Randnr. 13, und vom 2. Juni 2005, Kommission/Griechenland, C-394/02, Slg. 2005, I-4713, Randnr. 33). Die Mitgliedstaaten können daher weder in der Richtlinie 93/36 nicht geregelte Tatbestände für den Rückgriff auf das Verhandlungsverfahren vorsehen noch die dort ausdrücklich geregelten Tatbestände um neue Bestimmungen ergänzen, die den Rückgriff auf das Verhandlungsverfahren erleichtern, da sie sonst die praktische Wirksamkeit dieser Richtlinie beseitigen würden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Januar 2005, Kommission/Spanien, Randnr. 48) [Rn. 57].

Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass die Beweislast für das tatsächliche Vorliegen der eine Ausnahme rechtfertigenden außergewöhnlichen Umstände derjenige trägt, der sich auf diese Ausnahme berufen will (vgl. Urteile vom 10. März 1987, Kommission/Italien, 199/85, Slg. 1987, 1039, Randnr. 14, und Kommission/Griechenland, Randnr. 33) [Rn. 58].

 

V.3.2.2.6. Urteil vom 15.10.2009, C-275/08:

 

Im seinem Urteil vom 15.10.2009, Kommission/Deutschland, C-275/08 hatte sich der EuGH mit der Lieferung von Software zur Verwaltung der Kraftfahrzeugzulassung auseinanderzusetzen.

 

Der EuGH führte dazu aus:

 

Vorab ist festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht bestreitet, dass der fragliche Auftrag in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/36 fällt, sodass seine Vergabe grundsätzlich einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge gemäß dieser Richtlinie, insbesondere gemäß ihrem Art. 6 Abs. 2, unterlag [Rn. 52].

Sie ist jedoch der Ansicht, dass die Anwendung des Verhandlungsverfahrens möglich und nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. c und d der Richtlinie 93/36 keine öffentliche Vergabebekanntmachung geboten gewesen sei [Rn. 53].

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Verhandlungsverfahren Ausnahmecharakter hat, wobei Art. 6 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 93/36 abschließend und ausdrücklich die einzigen Ausnahmefälle aufführt, in denen der Rückgriff auf das Verhandlungsverfahren zulässig ist (Urteil vom 8. April 2008, Kommission/Italien, C-337/05, Slg. 2008, I-2173, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung) [Rn. 54].

Ferner ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung diese Bestimmungen als Ausnahme von den Vorschriften, die die Wirksamkeit der im Gemeinschaftsrecht anerkannten Rechte im Bereich des öffentlichen Auftragswesens gewährleisten sollen, eng auszulegen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. November 1993, Kommission/Spanien, C-71/92, Slg. 1993, I-5923, Randnr. 36, vom 18. Mai 1995, Kommission/Italien, C-57/94, Slg. 1995, I-1249, Randnr. 23, vom 10. April 2003, Kommission/Deutschland, Randnr. 58, vom 14. September 2004, Kommission/ Italien, C-385/02,
Slg. 2004, I-8121, Randnr. 19, und vom 2. Oktober 2008, Kommission/ Italien, C-157/06, Slg. 2008, I-7313, Randnr. 23) [Rn. 55].

Außerdem trägt die Beweislast dafür, dass die eine Ausnahme rechtfertigenden außergewöhnlichen Umstände tatsächlich vorliegen, wer sich auf diese Ausnahme berufen will (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Mai 1994, Kommission/Spanien, C-328/92, Slg. 1994, I-1569, Randnr. 15 und 16, vom 18. Mai 1995, Kommission/Italien, Randnr. 23, vom 10. April 2003, Kommission/Deutschland, Randnr. 58, vom 14. September 2004, Kommission/Italien, Randnr. 19, und vom 2. Oktober 2008, Kommission/Italien, Randnr. 23) [Rn. 56].

Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob die Bundesrepublik Deutschland den Nachweis erbracht hat, dass der in Rede stehende Auftrag nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. c und d der Richtlinie 93/36 im Wege des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung vergeben werden konnte [Rn. 57].

Hierzu ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 93/36 die öffentlichen Auftraggeber Lieferaufträge im Verhandlungs-verfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung vergeben können, wenn der Gegenstand der Lieferung wegen seiner technischen Besonderheiten nur von einem bestimmten Lieferanten hergestellt oder geliefert werden kann [Rn. 58].

Nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland konnte wegen der technischen Besonderheiten des in Rede stehenden Lieferauftrags, nämlich der Lieferung einer Software zur zentralen Verwaltung der Kraftfahrzeugzulassung, nur ein bestimmter Lieferant damit beauftragt werden [Rn. 59].

Diese Argumentation greift nicht durch [Rn. 60].

Ohne auch nur im Entferntesten darzutun, dass die DZBW nach ihrer Entscheidung, die fragliche Software zu ersetzen, ernsthafte Nachforschungen auf europäischer Ebene angestellt hätte, um Unternehmen zu ermitteln, die zur Lieferung einer geeigneten Software in der Lage gewesen wären, hat sich die Bundesrepublik Deutschland nämlich damit begnügt, die Funktionsfähigkeit des Erzeugnisses eines mit der AKDB auf nationaler Ebene im Wettbewerb stehenden Unternehmens zu verneinen [Rn. 61].

Die bloße Behauptung jedoch, mit der fraglichen Lieferung habe nur ein bestimmter Lieferant beauftragt werden können, weil der auf nationaler Ebene vorhandene Wettbewerber kein Erzeugnis angeboten habe, das den notwendigen technischen Anforderungen entsprochen habe, kann nicht für den Nachweis genügen, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die in Art. 6 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 93/36 vorgesehenen Ausnahmen rechtfertigen, tatsächlich vorlagen [Rn. 62].

Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass Unternehmen, die zur Lieferung einer geeigneten Software in der Lage gewesen wären, hätten ermittelt werden können, wenn ernsthafte Nachforschungen auf europäischer Ebene angestellt worden wäre [Rn. 63].

Die Bundesrepublik Deutschland kann sich daher nicht mit Erfolg auf Art. 6 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 93/36 berufen, um hinsichtlich des in Rede stehenden Auftrages die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung zu rechtfertigen [Rn. 64].

 

V.3.2.2.7. Sonstige:

 

Darüber hinaus hatte sich der EuGH auch noch in diversen anderen Angelegenheiten mit der Frage des Vorliegens von Ausnahmebestimmungen im Hinblick auf Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung auseinanderzusetzen. Diese betrafen allerdings das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes der Dringlichkeit (EuGH 2.8.1993, C-107/92, EuGH 28.3.1996, C-318/94, EuGH 2.6.2005, C-394/02).

 

Aus diesen Entscheidungen kann für das gegenständliche Verfahren insofern nichts gewonnen werden bzw führte der EuGH auch in diesen Verfahren an, dass die Beweislast für den Ausnahmetatbestand der Dringlichkeit der öffentliche Auftraggeber zu erfüllen hatte, der sich darauf berufen wollte.

 

V.3.2.3. Richtlinie 2014/24/EU:

 

In dieser Richtlinie erfährt die Regelung der Ausnahmebestimmungen eine gewisse Änderung.

 

In Artikel 32 wird die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung geregelt. Abs. 2 bestimmt, dass bei öffentlichen Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen in den folgenden Fällen auf das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung zurückgegriffen werden kann:

 

[a)…]

b) wenn die Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen aus einem der folgenden Gründe nur von einem bestimmten Wirtschaftsteilnehmer erbracht bzw. bereitgestellt werden können:

i) Erschaffung oder Erwerb eines einzigartigen Kunstwerkes oder einer einzigartigen künstlerischen Leistung als Ziel der Auftragsvergabe;

ii) nicht vorhandener Wettbewerb aus technischen Gründen;

iii) Schutz von ausschließlichen Rechten, einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums.

Die in den Ziffern i und ii festgelegten Ausnahmen gelten nur dann, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabe Parameter ist;

[c)…]

 

Im Erwägungsgrund (50) führt die Richtlinie dazu aus:

 

[…] Ist die Ausschließlichkeitssituation auf technische Gründe zurückzuführen, so sollten diese im Einzelfall genau beschrieben und nachgewiesen werden. Als solche könnten beispielsweise angeführt werden, dass es für einen anderen Wirtschaftsteilnehmer technisch nahezu unmöglich ist, die geforderte Leistung zu erbringen, oder dass es nötig ist, spezielles Wissen, spezielle Werkzeuge oder Hilfsmittel zu verwenden, die nur einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer zur Verfügung stehen. Technische Gründe können auch zurückzuführen sein aufgrund konkreter Anforderung an die Interoperabilität, die erfüllt sein müssen, um das Funktionieren der zu beschaffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen zu gewähren. […]

 

V.3.2.4. Rechtsprechung des EuGH zur Ex-ante-Transparenzbekanntmachung:

 

In seinem Urteil vom 11.9.2004, C-19/13 führte der EuGH aus:

 

Insbesondere betrifft die in diesem Art. 2d Abs. 4 erster Gedankenstrich vorgesehene Voraussetzung die Tatsache, dass der öffentliche Auftraggeber der Ansicht ist, dass die Auftragsvergabe ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union gemäß der Richtlinie 2004/18 zulässig ist. Außerdem sieht die im zweiten Gedankenstrich von Art. 2d Abs. 4 der Richtlinie 89/665 enthaltene Voraussetzung vor, dass der öffentliche Auftraggeber im Amtsblatt der Europäischen Union eine Bekanntmachung veröffentlicht hat, wie sie in Art. 3a dieser Richtlinie beschrieben ist und mit der er seine Absicht bekundet, den Vertrag abzuschließen. Gemäß diesem
Art. 3a Buchst. c muss diese Bekanntmachung die Begründung der Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers enthalten, den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung zu vergeben.
[Rz. 47]

Was diesen letzten Punkt betrifft, muss diese Begründung klar und unmissverständlich die Gründe erkennen lassen, die den öffentlichen Auftraggeber zu der Auffassung veranlasst haben, den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung vergeben zu können, damit die Beteiligten in voller Sachkenntnis entscheiden können, ob sie es für nützlich erachten, die für das Nachprüfungsverfahren zuständige Stelle anzurufen und damit diese eine wirksame Kontrolle vornehmen kann. [Rz. 48].

Im Rahmen ihrer Kontrolle ist die für das Nachprüfungsverfahren zuständige Stelle verpflichtet, zu würdigen, ob der öffentliche Auftraggeber, als er die Entscheidung gefällt hat, einen Auftrag unter Durchführung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung zu vergeben, sorgfältig gehandelt hat und ob er der Ansicht sein durfte, dass die in Art. 31 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 aufgestellten Voraussetzungen tatsächlich erfüllt waren. [Rz. 50]

Zu den Gesichtspunkten, die diese Stelle hierbei zu berücksichtigen hat, gehören die Umstände und Gründe, die in der in Art. 2d Abs.  4 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 89/665 vorgesehenen Bekanntmachung genannt werden und die den öffentlichen Auftraggeber dazu veranlasst haben, ein Verhandlungsverfahren nach Art. 31 der Richtlinie 2004/18 durchzuführen. [Rz. 51]

Wenn die für das Nachprüfungsverfahren zuständige Stelle am Ende ihrer Kontrolle feststellt, dass die in Art. 2d Abs. 4 der Richtlinie 89/665 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, dann muss sie gemäß der in Abs. 1 Buchst. a dieses Artikels aufgestellten Regel den Auftrag für unwirksam erklären. Sie bestimmt die Folgen der Unwirksamkeitserklärung des Auftrags nach Art. 2d Abs. 2 der Richtlinie 89/665 gemäß dem nationalen Recht. [Rz. 52]

Wenn diese Stelle hingegen feststellt, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist sie verpflichtet, die Wirkungen des Auftrags gemäß Art. 2d Abs. 4 der Richtlinie 89/665 aufrechtzuerhalten. [Rz. 53].

 

V.3.2.5. Rechtsprechung des VwGH zur Ex-ante-Transparenzbekanntmachung:

 

Unter Wiedergabe der oben zitierten Entscheidung des EuGH, C-19/13 vom 11.9.2014 führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntis vom 9.9.2015,
Ro 2015/04/0013
zum Vorliegen eines Ausnahmefalles gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 BVergG aus:

 

Die Nachprüfungsstelle muss daher auch würdigen, ob die Voraussetzung des ersten Spiegelstrichs des Art. 2d Abs. 4 der RL 89/665 gegeben war. Ausgehend davon hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken dagegen, dass das Verwaltungsgericht bei der Prüfung, in wie weit eine Bekanntmachung nach § 49 Abs. 2 BVergG 2006 der Zulässigkeit eines Feststellungsantrages entgegensteht, gestützt auf Art. 2d Abs. 4 der RL 89/665 beurteilt hat, ob der öffentliche Auftraggeber bei sorgfältigem Vorgehen der Ansicht sein durfte, dass die Durchführung eines Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zulässig ist (siehe auch Stalzer, Die Ex-ante-Transparenzbekanntmachung ist kein Persilschein für rechtswidrige Direktvergaben, RPA 2015, 12 (15)). Daran vermag der Umstand, dass § 332 Abs. 7 BVergG 2006 eine dem ersten Spiegelstrich des Art. 2d Abs. 4 der RL 89/665 entsprechende Voraussetzung nicht ausdrücklich enthält, nichts zu ändern, weil Art. 2d Abs. 4 der RL 89/665 insoweit inhaltlich unbedingt und hinreichend genau und somit einer unmittelbaren Anwendung zugänglich ist (vgl. zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Bestimmungen der RL 89/665 das Urteil des EuGH vom 2. Juni 2005 in der Rs C-15/04, Koppensteiner, Rn. 38).

[...]

2.2. Ansicht des Auftraggebers über die Zulässigkeit eines Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung:

2.2.1.            In den Revisionen wird vorgebracht, die Präklusionswirkung der Bekanntmachung nach § 49 Abs. 2 BVergG 2006 sei – wenn überhaupt – nur bei „Bösgläubigkeit“ bzw. bei einem missbräuchlichen Vorgehen des Auftraggebers ausgeschlossen. Auch der EuGH stelle im Urteil in der Rs C-19/13 letztlich darauf ab, ob der Auftraggeber bösgläubig gehandelt habe. Das Verwaltungsgericht habe eine derartige Bösgläubigkeit aber nicht festgestellt. Im vorliegenden Fall habe die Auftraggeberin zunächst einen offenen Wettbewerb durchgeführt und somit nicht das Ziel verfolgt, die Leistung dem Markt zu entziehen. Vielmehr habe die eingetretene ausweglose Situation – hervorgerufen durch das Scheitern des Wettbewerbs, das nicht der Auftraggeberin, sondern dem Preisgericht zuzurechnen gewesen sei – bestmöglich mittels Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit nur einem Unternehmer gelöst werden können. Die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung unter Heranziehung des § 30 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 sei somit jedenfalls plausibel bzw. vertretbar gewesen.

Zudem komme es für die erste Voraussetzung des Art. 2d Abs. 4 der Rl 89/665 auf die subjektive Sichtweise des Auftraggebers an. Diese subjektive Beurteilung habe die Auftraggeberin in der Begründung der Bekanntmachung nach § 49 Abs. 2 BVergG 2006 entsprechend offengelegt.

2.2.2. Weder aus der genannten Richtlinienbestimmung noch aus dem Urteil des EuGH in der Rs
C-19/13 ist abzuleiten, dass die – für ein Absehen von der Unwirksamkeit (umgelegt auf die innerstattliche Rechtslage: für eine Unzulässigkeit des zugrunde liegenden Feststellungsantrages) vorgesehene – Voraussetzung des Art. 2d Abs. 4 1. Spiegelstrich der RL 89/665 nur dann nicht vorliegt, wenn der Auftraggeber „bösgläubig“ bzw. missbräuchlich gehandelt hat. Gemäß der Richtlinienbestimmung muss der Auftraggeber der Ansicht sein, dass die Wahl eines Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zulässig ist. Nach dem zitierten EuGH-Urteil kommt es darauf an, ob der Auftraggeber sorgfältig gehandelt hat und der Ansicht sein durfte, dass ein Ausnahmetatbestand vorliegt (Rn.50). Dieser Ansicht hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung näher zu begründen (Rn.47 und 48). Missbrauchsabsicht oder „Bösgläubigkeit“ wird nicht gefordert. Im Urteil des EuGH in der Rs C-19/13 ist nicht davon die Rede, dass die Wahl des Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung lediglich vertretbar sein muss.

Der EuGH verpflichtet die Nachprüfungsstelle im genannten Urteil zu einer Prüfung dahingehend, ob der Auftraggeber der Ansicht (der Zulässigkeit der Wahl eines Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung) „sein durfte“, und ob er bei dieser Entscheidung sorgfältig gehandelt hat (Rn.50). Ausgehend davon kann es für die zu treffende Würdigung nicht allein auf die subjektive Sichtweise des Auftraggebers ankommen, sondern die Prüfung hat anhand eines objektiven Sorgfaltsmaßstabes zu erfolgen.

[...]

Im vorliegenden Fall ist somit zu prüfen, ob die Auftraggeberin bei sorgfältigem Vorgehen der Ansicht sein durfte, ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung nur mit der Erstrevisionswerberin (fallbezogen im Hinblick auf deren Urheberrecht und somit aufgrund des Schutzes eines Ausschließlichkeitsrechts gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006) durchführen zu können.

 

Nachdem die Bestimmung des § 30 Abs. 2 Z 2 BVergG wortgleich mit jener des
§ 28 Abs. 2 Z 2 BVergG ist, kann diese Rechtsprechung auch für die Beurteilung des vorliegenden Falles herangezogen werden.

 

V.3.3.            Schlussfolgerungen:

 

V.3.3.1. Zur Ausnahme / restriktiven Auslegung:

 

Nach der Rechtsprechung des EuGH und des VwGH hat das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung Ausnahmecharakter und darf nur in restriktiv handzuhabenden Fällen zur Anwendung gelangen. Diese Ausnahmefälle sind sodann in den §§ 28-30 BVergG taxativ aufgezählt, sodass es den Mitgliedstaaten nicht gestattet ist, weitere Ausnahmetatbestände zu schaffen.

 

Einer dieser Ausnahmetatbestände ist der Schutz von Ausschließlichkeitsrechten, wobei vor allem an Marken,- Urheber- und Patentrecht, nach den Erläuternden Bemerkungen aber auch an dingliche bzw. obligatorische Rechte zu denken ist, also auch an ein Eigentumsrecht Dritter. Im vorliegenden Fall ist die mitbeteiligte Partei Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft. Eigentum ist das wohl am stärksten wirkende Ausschließlichkeitsrecht einer dritten Person.

 

Fraglich ist aber, nachdem im Sinn der Judikatur die Ausnahmebestimmungen des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung eng auszulegen sind, ob für die Auftraggeberin überhaupt die Notwendigkeit bestand, gerade das Grundstück der mitbeteiligten Partei für die Errichtung des geplanten Laborgebäudes zu wählen, oder ob dafür auch ein anderes Grundstück oder allenfalls auch die Miete eines bestehenden Gebäudes in Frage käme. Die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung musste insofern ultima ratio sein.

 

Darüber hinaus trifft nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH die Beweislast für das Vorliegen der Ausnahmebestimmungen denjenigen, der sich darauf berufen will, also hier die Auftraggeberin. Diese hat insofern zu beweisen, dass die Errichtung des Laborgebäudes auf dem im Eigentum der mitbeteiligten Partei stehenden Nachbargrundstück die einzige Möglichkeit zur Umsetzung des geplanten Projektes ist.

 

Die Auftraggeberin hat dazu im Vorfeld des Vergabeverfahrens Sach-verständigengutachten zur Frage eingeholt, ob die Wahl des Verhandlungs-verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zulässig ist bzw. hat sie Sachverständigengutachten zur geplanten Ausführung des Laborgebäudes nach ihren Plänen eingeholt.

 

Insbesondere hat die Auftraggeberin auch erwogen inwiefern das in Rede stehende Nachbargrundstück erforderlich ist, um das geplante Laborgebäude zu errichten. Nach der oben zitierten Rechtsprechung zu VwGH 9.9.2015,
Ro 2015/04/0013
hat die Auftraggeberin darzulegen, dass sie bei Beurteilung der Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung sorgfältig vorgegangen ist.

 

Die Auftraggeberin hat im vorliegenden Fall Sachverständigengutachten eingeholt, nämlich insbesondere ein Rechtsgutachten zur Frage der Zulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung, in welchem diese Frage positiv beantwortet wurde. Außerdem hat die Auftraggeberin auch ein technisches Bewertungsgutachten des von ihr geplanten Projektes eingeholt.

 

Die Auftraggeberin hat sich außerdem über die Situation am bisherigen Standort – insbesondere die Frage der Verfügbarkeit anderer Liegenschaften und Gebäude – ein Bild gemacht. Die örtliche Situation ist der Auftraggeberin schon deshalb bekannt, weil in der Vergangenheit bereits Erweiterungen der ursprünglichen Räumlichkeiten erforderlich waren. Im Zuge dieser bereits erfolgten Erweiterungen wurden alle anderen in der Nähe befindlichen Grundstücke entweder bereits erworben oder angemietet.

 

Die in der noch näheren Umgebung befindlichen Grundstücke stehen für eine Erweiterung der Gebäude der Auftraggeberin nicht zur Verfügung, zumal es sich um solche Gebäude handelt, die von anderen Unternehmen betrieben werden. Es handelt sich dabei z.B. um ein noch relativ neues Gebäude des X, bzw. um das Schulgebäude der Handelsakademie und ein Gebäude des E-Werk W sowie um einen vor einer Kirche befindlichen Parkplatz. Dass diese Einrichtungen ihre Liegenschaften bzw. Gebäude an die Auftraggeberin verkaufen und ihren Standort an eine andere Stelle verlegen würden, erschien der Auftraggeberin nicht lebensnahe, sodass entsprechende Anfragen gar nicht gestellt wurden. In der nahe gelegenen X-Straße befinden sich im Privateigentum stehende Villen, sodass die Aufraggeberin nicht damit rechnete, dass die Eigentümer derartige Luxusgebäude verkaufen würden, die dann ohnehin abgerissen werden hätten müssen, um das geplante Laborgebäude zu errichten.

 

Aus diesem Vorbringen der Auftraggeberin ergibt sich insofern, dass diese die Situation am und um ihren Standort im Vorfeld des Vergabeverfahrens überprüft hat, der ihr schon aus den vorangegangen Erweiterungen auch bereits bekannt war.

 

Die Auftraggeberin hat diese Begründung bereits in der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung angeführt, sodass daraus bereits nachvollziehbar ist, dass in der näheren Umgebung des Standortes der Auftraggeberin keine Liegenschaften für die geplante Erweiterung zur Verfügung stehen.

 

Die vernommenen Auskunftspersonen haben in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht außerdem schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, weshalb ein Standort in unmittelbarer Nähe zum Hauptstandort aus technischen und wirtschaftlichen Gründen notwendig ist. Laborgebäude haben nach den Ausführungen der Auskunftspersonen spezifische Anforderungen zu erfüllen, insbesondere im Hinblick auf ihre Größe, z.B. doppelstöckige Errichtung. Damit begründete die Auftraggeberin auch, weshalb die Miete eines vorhandenen Gebäudes nicht in Betracht kommt. Die Auftraggeberin hat außerdem im Zuge vorangegangener Erweiterung in der Umgebung vorhandene Gebäude bereits gemietet. Außerdem stellt die geplante Erweiterung nicht die isolierte Neuerrichtung eines Laborgebäudes dar, sondern die Ergänzung bereits vorhandener Laboreinrichtungen, sodass diese nicht getrennt voneinander betrieben werden könnten, sondern die bereits jetzt in den bestehenden Laborräumlichkeiten bestehende Infrastruktur auch in den neu zu errichtenden Laborräumlichkeiten genutzt werden sollten.

 

Letztendlich spielen auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle für die Errichtung des neuen Gebäudes unmittelbar angrenzend am ursprünglichen Standort, wie z.B. die Betriebskosten für die Datenübertragung mittels Glasfaserleitungen.

 

Als Alternative zur Errichtung des Laborgebäudes auf dem Nachbargrundstück bliebe letztendlich nur die Verlegung des gesamten Standortes der Auftraggeberin an eine andere Stelle, welche aber aus wirtschaftlichen Erwägungen jedenfalls ausscheidet.

 

Die restriktiven Voraussetzungen an das Vorliegen der Ausnahmebestimmungen des § 28 Abs. 2 Z 2 BVergG sind insofern in diesem konkreten Fall erfüllt, nachdem die örtliche Situation am Standort der Auftraggeberin sicherlich einen Einzelfall darstellt, der sich in dieser konkreten Ausprägung nicht beliebig wiederholen wird.

 

V.3.3.2. Zur Beweislast:

 

Die Beweislast für das Vorliegen der Ausnahmebestimmungen des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung trifft die Auftraggeberin, die sich darauf berufen will. Nun stellt sich die Frage, ob er Beweis des Vorliegens eines Ausnahmefalles bereits bei der Wahl des Verhandlungsverfahrens erbracht werden muss, oder ob die Auftraggeberin diesen Beweis auch erst im Nachprüfungsverfahren erbringen kann.

 

Im vorliegenden Fall haben die Aussagen der vernommenen Auskunftspersonen vor dem erkennenden Gericht ergeben, dass die Erwägungen für die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bereits im Vorfeld der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung angestellt wurden und auch in die Begründung der Auftraggeberin eingeflossen sind.

 

Geht man davon aus, dass ein entsprechender Beweis von der Auftraggeberin doch nicht schon bei der Wahl des Vergabeverfahrens erbracht wurde, stellt sich letztendlich noch die Frage, ob es ausreicht einen derartigen Beweis erst im Nachprüfungsverfahren zu erbringen.

 

Diese Rechtfrage wurde vom Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 21.1.2014. 2011/04/0003 dahingehend beantwortet, dass demjenigen, dem die Beweislast obliegt, im Vergabekontrollverfahren die Gelegenheit gegeben werden muss, den ihm obliegenden Beweis zu erbringen.

 

Im vorliegenden Verfahren haben die Auskunftspersonen der Auftraggeberin vor dem erkennenden Gericht schlüssig das Vorliegen eines Ausnahmefalles und die Gründe für die Errichtung des Laborgebäudes am Nachbargrundstück geschildert und damit bewiesen.

 

Zu den Neuerungen der Ausnahmefälle in der Richtlinie 2014/24/EU, wonach eine Prüfung der Alternativen im Hinblick auf Ausschließlichkeitsrechte nicht mehr gefordert wird, ist anzuführen, dass diese Frage für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben kann. Der Nachweis des Vorliegens dieses Ausnahmefalles konnte von der Auftraggeberin (zumindest in Zusammenschau des durchgeführten Verfahrens mit den Beweisen im Nachprüfungsverfahren) erbracht werden.

 

V.3.4.            Endergebnis:

 

Zusammengefasst war die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung aufgrund des Vorliegens eines Ausnahmefalles (Ausschließlich-keitsrecht) zulässig und wurde der Beweis des Vorliegens dieses Ausnahmefalles von der Auftraggeberin letztendlich erbracht. Der Nachprüfungsantrag war daher abzuweisen.

 

V.4.            Zum Eventualantrag (Feststellungsantrag):

 

V.4.1.            Zunächst bringt der Antragsteller vor, dass aus der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung nicht ersichtlich sei, ob die 10-tägige Stillhaltefrist eingehalten wurde oder nicht bzw. ob die Zuschlagserteilung schon erfolgt sei oder noch nicht. In eventu hat der Antragsteller daher den oben zu Punkt I.1. zitierten Eventualantrag (Feststellungsverfahren) gestellt.

 

V.4.2.            Wie sich in der Folge aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin ergeben hat, wurde die 10-tägige Stillhaltefrist eingehalten und ist die Zuschlagsentscheidung noch nicht erfolgt. Insofern kommt daher nur ein Nachprüfungs- und kein Feststellungsverfahren in Betracht. Der Eventualantrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.

 

V.4.3.            Ferner hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über den Hauptantrag (Nachprüfungsantrag) in der Sache selbst entschieden, sodass auch aus diesem Grund der Eventualantrag (Feststellungsantrag) zurückzuweisen war.

 

V.5.            Zusammenfassung:

 

Zusammengefasst war der Nachprüfungsantrag somit zwar zulässig, im Ergebnis aber aufgrund der Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung aufgrund eines Ausschließlichkeitsrechtes gemäß § 28 Abs. 2
Z 2 BVergG letztendlich aber abzuweisen.

 

 

VI.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1.            Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

VI.2.            Mit der Abgrenzung zwischen § 5 Abs. 3 ZTG 1957 und § 4 Abs. 4 ZTG 1993 hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.2.2004, 99/15/0127 befasst und ausgeführt, dass ein Inhaber der Befugnisse nach § 5 Abs. 3 ZTG auch ausführende Tätigkeiten durchführen darf. Die vorliegende Entscheidung steht mit jener des Verwaltungsgerichtshofes im Einklang.

 

VI.3.            Außerdem hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9.9.2015, Ro 2015/04/0013 ausführlich mit der Zulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung (Ausnahmecharakter), mit der Frage einer freiwilligen Ex-ante-Transparenzbekanntmachung, mit dem Vorliegen von Ausschließlichkeitsrechten, deren restriktiver Auslegung und der den Auftraggeber, der sich auf das Vorliegen von Ausnahmetatbeständen berufen will, treffenden Beweislast auseinandergesetzt. Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt somit nicht.

 

VI.4.            In seinem Erkenntnis vom 21.4.2014, 2011/04/0003 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass demjenigen, dem die Beweislast für das Vorliegen von Ausnahmetatbeständen obliegt, die Gelegenheit gegeben werden muss, diese auch noch im Nachprüfungsverfahren zu beweisen.

 

VI.5.            Die vorliegende Entscheidung steht somit im Einklang mit der vorliegenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und weicht von dieser nicht ab.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer