LVwG-650604/6/SCH/MSt
Linz, 23.06.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde des Herrn K I, vom 20. März 2016 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. März 2016, GZ: VerkR21-139-2016/LL, wegen der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung der Entscheidung am 15. Juni 2016
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.
1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Bescheid vom 10. März 2016, VerkR21-139-2016/LL, im Zusammenhang mit der Lenkberechtigung des Herrn K I Folgendes verfügt:
„Sie werden aufgefordert, sich innerhalb von 3 Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides hinsichtlich Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 amtsärztlich untersuchen zu lassen.
Rechtsgrundlage:
§ 24 Abs. 4 i.V.m. § 8 Führerscheingesetz 1997 – FSG, BGBl.Nr. 120/1997, idgF.“
2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben.
Diese ist von der belangten Behörde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt worden.
Diese war gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter zu treffen.
Am 15. Juni 2016 ist eine öffentliche mündliche Verhandlung abgeführt worden, an der der Beschwerdeführer und eine Vertreterin der belangten Behörde sowie der Meldungsleger als Zeuge teilgenommen haben.
3. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer am 22. Februar 2016 einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch Polizeiorgane unterzogen wurde. Dabei wurde festgestellt, dass an dem vom Beschwerdeführer verwendeten PKW insgesamt sieben funktionsfähige LED-Blaulichtbalken inkl. Folgetonhorn montiert waren. Im Fahrzeug vorgefunden wurden weiters eine blaue Rundumleuchte mit Magnethalter für die Dachbefestigung, eine originale Polizei-Mehrzweckjacke mit entsprechenden Abzeichen, ein mobiles Funkgerät zum Abhören des Polizeifunks und Dienstausweise einer Personenschutzfirma, welche optisch denen der Polizei zum Verwechseln ähnlich waren.
Einen Tag darauf wurde der Beschwerdeführer von anderen Beamten unabhängig von der vorangegangenen Amtshandlung neuerlich mit dem erwähnten Fahrzeug beamtshandelt, wobei festgestellt wurde, dass die Blaulichter nach wie vor eingebaut waren, auch die Uniformjacke wurde mitgeführt.
Wiederum einen Tag darauf sprach der Beschwerdeführer beim erstgenannten Meldungsleger vor, wobei dieser feststellen musste, dass sich der Zustand des Fahrzeuges nicht wesentlich geändert hatte.
Im Rahmen der oben angeführten Beschwerdeverhandlung schilderte der zeugenschaftlich befragte Meldungsleger seine Wahrnehmungen. Demnach kann kein Zweifel daran bestehen, dass hinter der Windschutzscheibe des Fahrzeuges des Beschwerdeführers LED-Leisten für Blaulicht angebracht waren. Des Weiteren waren eine Bedieneinheit für Blaulicht und Folgetonhorn vorhanden und ein Funkgerät in der Mittelkonsole abgelegt.
Die veranlasste Vorführung zur technischen Überprüfung beim Amt der Oö. Landesregierung erbrachte, dass sämtliche Einrichtungen im Fahrzeug des Beschwerdeführers völlig funktionstüchtig waren. Am Funkgerät konnte man die polizeilichen Funksprüche mithören.
Bei der zwei Tage daraufhin stattgefundenen Amtshandlung, die in einer Vorsprache des Beschwerdeführers selbst beim Meldungsleger ihren Beginn nahm und wiederum in eine technische Überprüfung mündete, wurde festgestellt, dass die Einbauten noch vorhanden waren, wenngleich nicht mehr angeschlossen. Nach Ansicht des Meldungslegers wäre der Zustand der Funktionstüchtigkeit allerdings leicht wieder herzustellen gewesen.
Vom Beschwerdeführer wurde bei der Verhandlung Folgendes angegeben:
„Ich möchte zur Erläuterung des Sachverhaltes etwas weiter zurückgreifen, und zwar in das Jahr 2009. Ich war damals 18 Jahre alt und habe wohl aus jugendlicher Blödheit insofern gehandelt, als ich mich damit brüstete, ein Polizist zu sein, wobei ich allerdings wusste, dass dies keinesfalls den Tatsachen entsprach. Diese Leidenschaft ist dann ausgeartet. Es ist zu einer Verurteilung gekommen, ich bin wegen Amtsanmaßung rechtskräftig verurteilt worden. Ich muss zugeben, dass ich das Blaulicht in mehreren Fällen eingeschaltet hatte, um etwa Mopedfahrerinnen zum Anhalten zu bewegen.
Am 21. Juni 2010, zu diesem Zeitpunkt hatte ich den vorübergehend abgenommen gewesenen Führerschein schon wieder erhalten gehabt, hatte ich eine Gehirnblutung. In diesem Zeitraum kam es auch zu epileptischen Anfällen. Grundsätzlich bin ich kein Epileptiker, mir wurde die Sache so erklärt, dass die Gehirnzellen durch den Blutabbau gereizt wären. Ich wurde entsprechend medizinisch behandelt und in der Folge hatte ich keine epileptischen Anfälle mehr. Ich habe das verschriebene Medikament allerdings unregelmäßig eingenommen, aufgrund dessen gab es noch einmal einen Anfall. Ich hielt mich im Großen und Ganzen an die behördlichen Anordnungen im Zusammenhang mit meinem Führerschein, bis auf einmal. Aufgrund dessen ist mir auch völlig zu Recht der Führerschein wieder entzogen worden.
Die heute vom Polizeibeamten geschilderten Gegenstände stammen alle aus dem Jahr 2009. Ich hatte vor, diese Gegenstände zur Sanierung meiner finanziellen Verhältnisse zu verkaufen.
Ich hatte in der Folge ein neues Fahrzeug erworben und habe die erwähnten Gegenstände dann wieder dort eingebaut.
Ich hatte nämlich vor, die Gegenstände entsprechend attraktiv für einen potentiellen Käufer darzustellen. Wären sie bloß in einem Behältnis, etwa in einem Sack gewesen, würde wohl kein Käufer hier Interesse gezeigt haben. Ich habe daher die Gegenstände wieder eingebaut und sie mussten auch mit Strom versorgt werden, um sie entsprechend präsentieren zu können. Ich hatte die Steuereinheit unterhalb des Beinbereiches des Beifahrers angebracht. Es müssen dort Manipulationen vorgenommen werden, um diese Einrichtungen erst in Betrieb zu setzen. Ich wollte auf jeden Fall vermeiden, dass unabsichtlich diese Anlagen in Betrieb gesetzt werden. Es sollte nur auf Privatgrund erfolgen, wenn ein potentieller Käufer sich dafür interessiert. Ich wollte also diese Einbauten keinesfalls auf Dauer mitführen, sondern bloß für einen Verkauf vorbereiten.
Die heute erwähnten Uniformen habe ich zur Schneiderei gebracht. Es handelte sich konkret um Uniformteile. Es handelte sich also um eine Mehrzweckjacke und auch um eine Regenjacke für Polizisten.
Ich habe zu Hause im Wohnzimmer 2 Schaufensterpuppen, die auch Uniform tragen.“
In der weiteren Folge schilderte der Beschwerdeführer, dass er die Uniformjacke bezüglich der Embleme habe übernähen lassen, um sie dann so zu verkaufen. Der Käufer hätte dann die Übernähungen wieder entfernen können. Das Funkgerät habe seine Begründung darin, dass der Beschwerdeführer Kranführer sei und es in diesem Zusammenhang benötige, wenngleich er konzedierte, dass auch der Polizeifunk auf dem Gerät abgehört werden konnte.
4. Der Beschwerdeführer weist nach der Aktenlage eine mehrjährige Führerscheinvorgeschichte auf, die hier nicht im Detail wiedergegeben werden soll. Faktum ist im Ergebnis jedenfalls, dass die Amtsärztin bei der letzten entsprechenden Untersuchung, diese war am 27. Juli 2015, festgestellt hat, dass beim Beschwerdeführer ein Zustand nach Gehirnblutung, symptomatischer Epilepsie und ADHS – Aufmerksamkeitsdefizit–Hyperaktivitätssyndrom vorliege. Es wäre die Einhaltung der Therapie geboten und mindestens alle sechs Monate eine Blutspiegelbestimmung des Medikamentes durchzuführen, einmal im Jahr wären diese vorzulegen.
Dem Beschwerdeführer wurde hierauf eine auf drei Jahre befristete Lenkberechtigung mit der Auflage einer amtsärztlichen Nachuntersuchung mit psychiatrischer Stellungnahme erteilt.
In einem vorangegangenen Gutachten wurde amtsärztlicherseits ausgeführt, dass damit zu rechnen sei, dass sich der Beschwerdeführer wiederum als Mitglied der Polizei oder Personenschutzfirma ausgeben werde, welcher Umstand als Zeichen einer Verschlechterung des psychischen Befundes zu werten sei, weshalb diesfalls wieder eine psychiatrische Beurteilung von Nöten sei.
5. Seitens des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich wird dazu festgestellt, dass grundsätzlich die Vorschriftswidrigkeit eines verwendeten Kraftfahrzeuges nicht die Annahme rechtfertigt, der Lenker wäre deshalb allenfalls gesundheitlich nicht mehr geeignet, Kraftfahrzeuge zu lenken.
Im vorliegenden Fall ist aber die Vorgeschichte derartig einschlägig, dass sie bei der Beurteilung der oben detailliert geschilderten Vorkommnisse unbedingt zu berücksichtigen ist. Nach seinen eigenen Angaben bei der Beschwerdeverhandlung hatte der Beschwerdeführer vor der Beanstandung die vorschriftswidrigen Einbauten im Fahrzeug durchgeführt und so dieses in einen Zustand versetzt, dass es einem Zivilpolizeifahrzeug faktisch gleich kam und es trotz mehrerer Amtshandlungen so belassen. Wenn die Behörde nun davon ausgeht, dass sich der psychische Befund beim Beschwerdeführer durch diese Vorkommnisse wieder verschlechtert haben könnte, so kann ihr, insbesondere auch im Lichte des Ergebnisses der Beschwerdeverhandlung, nicht entgegengetreten werden.
Dabei ist aber die Feststellung unbedingt geboten, dass die Bestimmung des § 24 Abs. 4 FSG, auf welche die Behörde die Aufforderung stützt, nicht schon von der Nichteignung des betreffenden Inhabers einer Lenkberechtigung ausgeht. Vielmehr findet diese Bestimmung dann Anwendung, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Diesfalls ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 FSG einzuholen.
Es geht also nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH 22.6.2010, 2010/11/0067 uva.).
Diese Bedenken müssen zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bzw. in der Folge zu jenem der Erlassung der Rechtsmittelentscheidung noch bestehen (VwGH 16.4.2009, 2009/11/0020 uva.).
Beim Beschwerdeführer muss konstatiert werden, dass er das von ihm verwendete Fahrzeug trotz dreier polizeilicher Beanstandungen und zweier technischer Überprüfungen weiterhin als polizeiähnliches Fahrzeug belassen hat. Dieser Umstand kann im Sinne von Bedenken dahingehend angesehen werden, dass beim Beschwerdeführer wiederum psychische Probleme aufgetreten sein könnten, die, wie schon in der Vergangenheit, ein eignungsausschließendes Ausmaß erreichen bzw. erreichen können.
Damit war die belangte Behörde gehalten, mit einer Aufforderung gemäß § 24 Abs. 4 FSG vorzugehen. Die Anwendung dieser Bestimmung liegt im Übrigen nicht im Belieben einer Führerscheinbehörde, sondern ist davon in entsprechend hinreichend begründeten Fällen im Interesse daran, dass nur gesundheitlich geeignete Personen als Lenker von führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen am Straßenverkehr teilnehmen, Gebrauch zu machen.
Zu II.:
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. S c h ö n