LVwG-411248/5/Kof/MSt LVwG–411249/5/Kof/MSt

Linz, 30.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler (1) über die Beschwerde der G, vertreten
durch Herrn Rechtsanwalt Dr. F M gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Steyr vom 22.12.2015, GZ: VStV/915301918578/2015 sowie (2) über die Beschwerde der P GmbH, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. F M gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Steyr vom 22.12.2015, GZ: VStV/915301916997/2015,

jeweils wegen Einziehung von Glücksspielgeräten,

nach der am 18. Februar 2016 durchgeführten mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          

Gemäß § 50 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen und die angefochtenen Bescheide bestätigt.

 

 

II.       

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

Mit den in der Präambel zitierten Bescheiden der belangten Behörde wurde
die Einziehung der - mit näher bezeichneten Bescheide der belangten Behörde - gemäß § 53 Abs.1 Z1 lit.a GSpG beschlagnahmten Eingriffsgegenstände nämlich: Banknotenlesegeräte in den nachstehenden Gehäusen:

·                    FA-1 bis FA-3 und FA-5 bis FA-14 - beide Bf betreffend    sowie

·                    FA-4 – nur die (1) Bf, Fa.G. betreffend –

gemäß § 54 Abs.1 GSpG angeordnet.

 

„FA-1, Gehäusebezeichnung Kajot, SN; x

FA-2, Gehäusebezeichnung Kajot, SN: x

FA-3, Gehäusebezeichnung Kajot, SN: x

FA-5, Gehäusebezeichnung keine, SN: x

FA-6, Gehäusebezeichnung Kajot, SN: x

FA-7, Gehäusebezeichnung Kajot, SN: x

FA-8, Gehäusebezeichnung Kajot, SN: x

FA-9, Gehäusebezeichnung Kajot, SN: x

FA-10, Gehäusebezeichnung Kajot, SN: x

FA-11, Gehäusebezeichnung Kajot, SN: x

FA-12, Gehäusebezeichnung keine, SN: keine, luckydogs

FA-13, Gehäusebezeichnung www.racingdogs.eu, SN: keine

FA-14, Gehäusebezeichnung www.racingdorgs.eu, SN: keine

 

FA-4, Gehäusebezeichnung Kajot, SN: x“

 

·                    FA-1 bis FA-3 und FA-5 bis FA-14 betrifft beide Beschwerdeführer (Bf),

·                    FA-4 betrifft nur die (1) Bf – Fa.G., nicht jedoch die (2) Bf – Fa.P.

 

Gegen diese Bescheide haben die Bf innerhalb offener Frist

eine begründete Beschwerde erhoben.

 

II. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Die Bf haben in der jeweiligen Beschwerde insgesamt mehr als 80 Beweisanträge gestellt – dabei handelt es sich ausschließlich um sog. „Erkundungsbeweise“. Nach stRsp des VwGH sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren unzulässig; siehe die in Hengstschläger-Leeb, Kommentar zum AVG, Rz 16 zu § 46 AVG und in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E12 ff zu § 46 AVG (Seite 732 f) zitierte Judikatur sowie

VwGH vom 03.03.2015, Ra 2014/17/0028; vom 15.03.2013, 2012/17/0256 ua.

 

 

Die Bf haben in den Beschwerden mehr als 30 Bescheide Unabhängiger Verwaltungssenate zitiert, um ihre Rechtsansicht zu stützen.

In anderen Verfahren ergangene Bescheide haben keinen Einfluss auf

die Rechtmäßigkeit des gegenständlichen Verfahrens;

VwGH vom 17.11.1992, 92/11/0127.

 

Am 18. Februar 2016 wurde beim LVwG Oö. eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt.

 

Zu dieser sind die Bf sowie deren Rechtsvertreter – trotz rechtzeitiger

und ordnungsgemäßer Ladung – unentschuldigt nicht erschienen.

 

Sind die Bf - trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung - ohne triftigen Grund und damit unentschuldigt iSd § 45 Abs.2 VwGVG bzw. 19 Abs.3 AVG iVm § 17 VwGVG zur mVh nicht erschienen, erweisen sich sowohl die Durchführung der mVh, als auch die Verkündung (Fällung)  des  Erkenntnisses in deren Abwesenheit  als  zulässig;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E2, E5, E6, E22 zu § 51f VStG (Seite 1048 und 1051) zitierten Erkenntnisse des VwGH sowie VwGH vom 31.01.2005,  2004/03/0153; vom 20.04.2004, 2003/02/0291;  

                    vom 30.01.2004, 2003/02/0223; vom 03.09.2003, 2001/03/0178;

                    vom 18.11.2003, 2001/03/0151; vom 25.02.2010, 2009/09/0146;

                    vom 20.10.2010, 2009/02/0292; vom 29.06.2011, 2007/02/0334.

VwGH vom 18.06.2015,  Ra 2015/20/0110

  

Es fällt einzig und allein den Bf – und nicht dem LVwG – zur Last, wenn die Bf von der ihnen durch die ordnungsgemäße Ladung zur Verhandlung gebotenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Beweisergebnisse und Stellungnahme dazu, durch ihr Nichterscheinen keinen Gebrauch macht;

VwGH vom 16.10.2009, 2008/02/0391; vom 03.09.2003, 2001/03/0178 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 29.01.2003, 2001/03/0194;

vom 29.06.2011, 2007/02/0334; vom 25.06.2013, 2012/08/0031 und

vom 05.09.2013, 2012/09/0131 jeweils mit Vorjudikatur

 

Zeugenaussage der Frau NCE:

Ich war am 28. Juli 2015 und bin noch bis Ende Februar 2016 im Lokal S. in der F.Straße .., PLZ Steyr als Wettschalterangestellte beschäftigt.

Am 28. Juli 2015 habe ich das Lokal um 8.00 Uhr früh aufgesperrt.

An diesem Tag war eine finanzpolizeiliche Kontrolle, die Uhrzeit

wann diese begonnen hat kann ich heute nicht angeben.

In dieses Lokal gelangen nur jene Personen, welchen ich die Türe öffne.

Es existiert eine Kamera damit ich sehe, wer sich Zutritt verschaffen will.

 

Zu einer mir heute nicht mehr bekannten Uhrzeit hat es geläutet.

Ich habe jedoch durch die Kamera keine Person gesehen und dadurch auch

nicht geöffnet. Anschließend wurde an die Tür geklopft.

Ich habe jedoch weiterhin nicht gesehen, wer geklopft hat.

Den im Lokal anwesenden Gästen habe ich gesagt, sie mögen sich ruhig verhalten. Anschließend habe ich meinen Chef angerufen und ihn gefragt,

betreffend die weitere Vorgehensweise.

Mein Chef sagte mir, ich müsse nicht öffnen, dieser Chef ist Herr E. S.

 

Die beschriebenen Sicherheitsvorkehrungen wurden deswegen eingeführt,
da bereits zwei Überfälle stattgefunden haben. Ich habe auf einem Monitor nach wie vor versucht herauszubekommen, wer geläutet bzw. an die Tür geklopft hat.

 

Ich habe auch da niemanden gesehen, jedoch gehört, dass es wohl mehrere Personen sein müssen. Durch das Aufziehen der Jalousien hätte ich sehen können, welche Personen sich draußen befinden, ich hatte jedoch nicht den Mut dazu – bedingt durch zwei Überfälle welche ich bereits habe erleben müssen.

 

Anschließend gingen zwei Gäste hinaus und haben dadurch naturgemäß die Tür geöffnet. Draußen vor der Tür befanden sich Bedienstete der Finanzpolizei.

Die Finanzpolizisten kamen ins Lokal.

Mir wurde ziemlich übel, ich hatte einen Kreislaufzusammenbruch – offenkundig aufgrund der negativen Erfahrungen mit den zwei vorangegangenen Überfällen.

Ich habe wahrgenommen, dass die Geräte fotografiert worden sind.

Weitere Wahrnehmungen habe ich nicht gemacht.

 

Ich habe auch die Rettung angerufen, damit sie mich abholen und

ins Krankenhaus bringen.  Dies ist auch geschehen.

 

Ich habe betreffend die Amtshandlung – abgesehen davon, dass die Geräte fotografiert wurden – aufgrund meines Kreislaufzusammenbruches keine weiteren Wahrnehmungen gemacht.

 

Auf Befragen durch Mag. P. (= Richter in den „Parallelverfahren“, LVwG-410999 ua):

Auf Befragen, warum die Geräte ausgeschaltet waren:

Die Geräte sind ein- oder ausgeschaltet, wenn wir in der Früh in das Lokal kommen. Ich mache das nicht. Ich schalte meine Sportwettgeräte ein.

Die ganzen Mitarbeiter haben da hinten mit den Glücksspielgeräten nichts zu tun. Wir schalten diese nicht ein.

Ich war nicht da als die Stromkabel entfernt wurden, ich kann mir das nicht erklären. Auch mit den Hunderenngeräten haben wir nichts zu tun.

In meinem Dienst vorher sind noch alle Geräte gelaufen.

Ich weiß aber nicht, ob dies der Tag davor war. Ich habe maximal drei Tage frei.

 

 

Auf Befragen durch Mag. K. (= Richter in den gegenständlichen Verfahren):

Wenn wir in der Früh kommen, sind die Geräte entweder ein- oder ausgeschaltet. Wenn dann jemand spielen will und ein Gerät ist ausgeschaltet, kann er halt nicht spielen. Auf weiteres Befragen, wer die Geräte dann ein- und ausschaltet:

Wenn jemand zu uns kommt, sind das Herr A. oder Herr S.

Ich kann aber nicht sagen, ob diese die Geräte einschalten.

Es hat kein Gespräch mit jemandem gegeben zu dieser Zeugenaussage im Vorfeld. Ich habe auch nichts zu verlieren, weil ich schon gekündigt habe.

Befragt, welche Spiele auf den Geräten gelaufen sind, als sie gelaufen sind:

Ich kenne mich da nicht wirklich gut aus. Es ist das Spiel Ring of Fire.

Ich kann nicht sagen, ob dies auf allen Geräten drauf ist.

Wenn man dreimal Fire bekommt, gibt es einen Bonus. Da freuen sich die Leute. Die Leute drucken sich dann einen Gutschein aus und den zahle ich dann aus.

Der Zeugin wird sodann das Gerät afric2go in der Fotodokumentation gezeigt.

Wir nützen dieses Gerät als Mitarbeiter, wenn uns in der Kassa das Kleingeld ausgeht. Die Kunden und Nachbarn nutzen das Gerät zum Geld wechseln.

Es sitzt vor diesem Gerät niemals wer davor.

Es wird nur zum Geld wechseln genutzt und man kann irgendwo draufdrücken dann blinkt es und dann werden aus 1 Euro  2 Euro.

 

Befragt zu den Hundewettterminals:

Wie man darauf wettet, weiß ich nicht.

Ich zahle aber auch zu diesen Geräten Bons aus.

Es kommt vor, dass ich an einem Tag insgesamt nur 50 Euro auszahle,

es können aber auch 1.000 Euro sein.

Es waren sicher schon einmal bei einem Einzelbetrag 900 - 950 Euro dabei.

Dies ist aber schon länger aus.

Ich bin seit 6 Jahren dort beschäftigt.

Die gegenständlichen Geräte sind sicher über 2 Wochen vorhanden gewesen.

 

Auf Befragen des Vertreters der belangten Behörde:

Es hat einmal eine Anweisung gegeben, dass der Finanzpolizei kein Zutritt

zum Lokal zu gewähren ist.

Es kann dies im November oder Dezember 2015 gewesen sein.

Wir haben immer nur die Seite vom Chef gehört.

Wir brauchen nicht, wir müssen nicht, wir machen uns nicht strafbar.

Uns wurde das aber dann zu viel (..... und mir) und wir sagten: Wir machen auf. Der Chef hat darauf gesagt, das geht in Ordnung.

Wenn wir wollen können wir aufmachen. Seitdem machen wir das auch.

 

Festgehalten wird, dass die Zeugin vor der Einvernahme belehrt worden ist

über die Zeugenrechte und –pflichten.

 

Festgehalten wir, dass der Vertreter der belangten Behörde einer Verlesung des gesamten Aktes zustimmt.

Der Vertreter der belangten Behörde gibt bekannt, dass ihm der Glücksspielbericht 2013 und jener 2014 sowie die neue Studie Kalke 2015 vollinhaltlich bekannt ist, sodass diese Unterlagen als verlesen gelten.

Als verlesen gilt insbesondere das vom Beschwerdeführervertreter am
11. Februar 2016 eingebrachte ausführliche Vorbringen mit samt 20 Unterlagen. Auch dies ist dem Vertreter der belangten Behörde bekannt.

 

Sohin wird vernommen der Zeuge JS, geb. ....:

Der Zeuge wird über die Zeugenrechte und –pflichten belehrt.

Ich kann mich an die gegenständliche Kontrolle noch erinnern. Wir sind zu dem besagten Lokal gegangen, es ist uns zunächst der Eintritt verwehrt worden. Durch diverse Sichtschlitze haben wir gesehen, dass Gäste im Lokal sind.

Nach einiger Zeit hat uns dann ein Gast geöffnet.

Wir haben nicht in den Hinterraum, wo die Glücksspielgeräte stehen, gesehen. Wir konnten daher nicht sehen, ob diese in Betrieb waren.

Wie wir dann im Lokal drinnen waren, hat der Leiter der Amtshandlung

die Kontrolle vorgestellt und ich bin gleich zu den Geräten gegangen.

Ich wusste, wo diese stehen.

Es war so, dass sämtliche Stromkabel weg waren bei den Walzenspielgeräten. Wir haben dann kontrolliert im Hinblick auf die Betriebswärme und haben das

auf den GSp 26-Formularen notiert. Die Geräte waren warm.

Wir haben dann probiert, die Geräte wieder in Betrieb zu nehmen.

Bei Teilen ist das gelungen.

Das sieht man dann in der Fotodokumentation, da sieht man die Startbildschirme. Bei den anderen Geräten kam nur der kleine Balken Net Error. Das kennen wir auch von vielen Kontrollen.

Die Walzenspielgeräte waren vom Gerätetyp her alle gleich.

Bei manchen stand halt Kajot oben, bei anderen etwas anderes.

Dies ist auf der Fotodokumentation ersichtlich und auch am GSp 26-Formular. Die GSp 26-Formulare wurden der Wahrheit gemäß ausgefüllt.

Ich kenne das Gutachten M zum Prototyp des afric2go Gerätes.

Es war beim gegenständlichen Gerät keine Musik hörbar. Es war ein Stick angesteckt, das muss man sich auf der Fotodokumentation anschauen.

Ich habe alle Tasten gedrückt. Die Funktion die ich beobachtet habe, ist hinten am GSp 26-Formular dargestellt. Mir wäre beim gegenständlichen Gerät nicht aufgefallen, dass man einen Musiktitel auswählen kann.

Ich habe die Auswählen-Taste mehrfach gedrückt.

Ich kann nicht sagen, ob es geht oder nicht.

Ich konnte es aber nicht beobachten, als ich kürzer oder länger gedrückt habe. Ich bin mir sicher, dass bei dem gegenständlichen Gerät nicht für jeden Euro ein Musiktitel heruntergeladen wurde.

 

Als ich Geld einwarf, wurde kein Musiktitel heruntergeladen, sondern erst, wenn ein Gewinn erzielt wird. Ich schmeiße 15 Euro in das Gerät hinein, dann wähle ich mit einer Taste den Vervielfältigungsfaktor.

Wenn ich jetzt 2 wähle und die Starttaste drücke, dann drückt man auf Musik hören und kopieren und dann startet der Umlauf. Wenn der Umlauf nun stehenbleibt auf einer Note, dann ist der Einsatz von 2 Euro weg.

Ich habe in diesem Fall nicht beobachtet, dass dann etwas hinsichtlich

herunterladen auf dem Display stand.

Wenn der Umlauf jetzt auf einer Zahl stehenbleibt, wird der multiplizierte Betrag, also etwa bei 2 Euro wenn der Umlauf auf 2 stehenbleibt, 4 Euro gewonnen und auf das Guthaben aufgebucht. Dann steht am Display, dass ein Titel kopiert wird. Diesen Titel kann ich nicht auswählen, sondern das wird zufällig ausgewählt.

Das Guthaben wird dabei um den Titel nicht reduziert, sondern es wird mir der komplette Gewinn aufgebucht. Wenn ich 15 Euro einwerfe und um 2 Euro spiele, werden mir die 2 Euro abgezogen, dies ergibt 13. Wenn ich dann 8 Euro gewinne, wird dieser Betrag von 8 Euro auf diesen Rabatt gutgebucht.

Im vorliegenden Fall haben wir uns 4 Euro ausbezahlen lassen, das war das, was übrig blieb. Wir spielen bei afric2go immer bis wir einen Gewinn haben um dies dokumentieren zu können.

Zum Akt genommen wurde im Übrigen der gesamte Schriftverkehr zum Gerät afric2go samt Gutachten M und S sowie die Rechtsauskunft der IKD. Sämtliche Unterlagen sind dem Vertreter der belangten Behörde bekannt. Auf eine Verlesung wird ausdrücklich verzichtet.

Die Unterlagen gelten als verlesen.

 

Der Vertreter der belangten Behörde bringt ergänzend vor:

Verwiesen wird auf die Ausführungen im Bescheid. Der gegenständliche Betrieb ist seit 02.12. geschlossen. Am 07.12.2015 wurde festgestellt, dass bei den in Beschwerde gezogenen Geräten sämtliche Siegel entfernt wurden und sämtliche Geräte bespielt wurden. Gemeint mit Betriebsschließung ist, dass ein Betriebs-schließungsbescheid ergangen ist, der in Beschwerde gezogen worden ist.

Faktisch ist der Betrieb nicht geschlossen. Eine Anzeige wegen Siegelbruch hat die LPD bereits vorgenommen. Die Kontrolle am 07.12. fand statt durch Polizeibeamten der Polizeiinspektion E., ohne behördliche Beteiligung.

Bei einer neuerlichen Kontrolle am 28.12. unter Beiziehung der Behörde wurde festgestellt, dass die bereits am 28. Juli beschlagnahmten Geräte neuerlich betriebsbereit waren und bespielt wurden. Die bereits beschlagnahmten Geräte wurden damals abtransportiert von der Behörde. Der Abtransport fand am
28. Dezember 2015 statt. Wir sind mittlerweile bei Zwangsstrafen wegen Nichteinhaltung der Betriebsschließung im Ausmaß von 15.000 Euro.

 

Zur Frage, ob es sich bei den verfahrensgegenständlichen Geräten

um Glücksspielautomaten iSd §§ 1 und 2 GSpG handelt:

Alle Tatsachen, auf die eine behördliche Entscheidung gestützt werden soll, bedürfen eines Beweises.  Das LVwG hat alle beweisbedürftigen Tatsachen
von sich aus zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens zu machen.

Dabei muss der volle Beweis erbracht werden.

Dies bedeutet, dass sich das LVwG Gewissheit vom Vorliegen der für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente (zB eines tatsächlichen Vorgangs) verschaffen - somit also davon überzeugen - muss.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache
als erwiesen allerdings keine "absolute Sicherheit" bzw. "kein Nachweis im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich, sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt;

VwGH vom 06.07.2015, 2013/02/0263.

 

Das LVwG hat

- nach der Aufnahme von Beweisen zu prüfen, ob ihr diese die erforderliche Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen des maßgeblichen Sachverhalts vermitteln (= Beweiswürdigung)

- unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens    nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht  und

- den Wert der aufgenommenen Beweise nach deren innerem Wahrheitsgehalt
zu beurteilen;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage,

E 10 zu § 45 AVG (Seite 645) zitierte Judikatur des VwGH  sowie

Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, RZ 2 und RZ 8 zu § 45 AVG  (Seite 460ff);

Leeb - Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Verwaltungsverfahren in Holoubek-Lang: Allgemeine Grundsätze des Verwaltungs- und Abgabenverfahrens, Seite 343 - 348;  jeweils mit zahlreichen Literatur- und Judikaturhinweisen.   

 

Wesentlich ist, ob

-  der Sachverhalt genügend erhoben wurde  und

-  die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind;

VwGH vom 26.06.2009, 2008/02/0044;  vom 15.05.2009, 2008/09/0088;

vom 21.12.2010, 2007/05/0231; vom 03.10.1985, 85/02/0053 – VS

 

Die Beweiswürdigung ist ein "Denkprozess nach den Gesetzen der Logik" bzw. wird auf die "allgemeinen Denkgesetze der Logik" sowie die "Lebenserfahrung" verwiesen;

VwGH vom 27.04.1972, GZ: 0171/72;  vom 21.12.1994, 94/03/0256;

          vom 21.12.2010, 2007/05/0231 mit Vorjudikatur

 

 

Ein Vorgang tatsächlicher Art ist dann als bewiesen anzusehen, wenn die
Behörde aufgrund einer - aus den zur Verfügung stehenden Beweismitteln
(hier: Zeugenaussagen) nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen und den Gesetzen logischen Denkens - gezogenen Schlussfolgerung zur Überzeugung gelangt, dass er sich so abgespielt hat;

VwGH vom 26.05.1993, 90/13/0155; vom 06.12.1990, 90/16/0031.

 

Die Zeugin Frau N.C.E. war zur „Tatzeit“ im verfahrensgegenständlichen Lokal

als „Wettschalterangestellte“ beschäftigt.

Sie hat an diesem Tag das Lokal um 08:00 Uhr früh aufgesperrt.

 

Die Kontrolle durch Herrn J.S. - Bediensteter des Finanzamtes Steyr, Finanzpolizei Team 43, wurde – siehe die „Dokumentation der Überprüfung elektronischer Geräte anlässlich der Kontrolle gemäß GSpG“ – in der Zeit zwischen 10:43 Uhr und 12:17 Uhr durchgeführt.

Beim Betreten des Lokals durch Herrn J.S. waren die Geräte ausgeschaltet.

Die Betriebsbereitschaft wurde durch Feststellung von Betriebswärme festgestellt.

Weiters hat die Frau NCE zeugenschaftlich ausgesagt, dass an ihrem vorangegangenen Dienst noch alle Geräte gelaufen sind.

 

Es ist somit eine offenkundige Tatsache, dass die Stromkabel – von wem auch immer – entfernt wurden, um eine Bespielung der Geräte durch die Organe der Finanzpolizei gezielt zu verhindern!

 

Im vorliegenden Fall wurde im verfahrensgegenständlichen Lokal – von wem auch immer – das Bespielen der Geräte durch Finanzpolizisten gezielt verhindert und zwar dadurch, dass die Stromkabel ausgesteckt wurden.

Ein Einschalten dieser Geräte war dem Finanzbeamten – siehe dessen Zeugen-aussage bei der mVh – nicht möglich. – Dadurch wurde die in § 50 Abs.4 GSpG vorgesehene Mitwirkungspflicht „gezielt verletzt“.

 

Das LVwG OÖ. hat mit Erkenntnis vom 12. Mai 2016, LVwG-410999/12 ua.
die – von denselben Bf bzw. vom denselben Rechtsvertreter wie im vorliegenden Verfahren – gegen die Beschlagnahme der verfahrensgegenständlichen

Glücksspielgeräte erhobenen Beschwerden als unzulässig zurückgewiesen. –

Dieses Erkenntnis wurde dem Rechtsvertreter der Bf mittlerweile zugestellt.

 

Das LVwG Oö. gelangt daher im Rahmen der Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass es sich bei sämtliche vorgefundenen Geräte um Glücksspielgeräte im Sinne des § 1 Abs.2 Glücksspielgesetz handelt.

 

 

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat erwogen:

 

Rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 54 Abs.1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen
des § 52 Abs.1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungs­übertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs.1 leg.cit. einzuziehen,
es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs.1 Z1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen,

wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des
§ 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs.2 daran beteiligt.

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1.             die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht

              und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung

     in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz)  und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen

     eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs.4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

Bei „Vorliegen von Gegenständen, mit denen gegen § 52 Abs.1 GSpG verstoßen wird, ist die Einziehung derselben im GSpG vorgesehen“

VwGH 09.09.2013, 2013/17/0098.

 

IV.         Zur geltend gemachten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit, siehe vor allem VwGH vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, wobei zusätzlich ausgeführt wird:

 

IV.1. Im Jahr 2015 weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, die Zahl der Problemspieler beträgt daher entsprechend zwischen ca. 19.900 und ca. 35.800 Personen. Zudem sind 2015 in Österreich zwischen ca. 27.600 bis etwa 46.000 Personen aktuell spielsüchtig. Diese Werte sind im Vergleich zum Jahr 2009 annähernd konstant. Männer weisen zu höheren Anteilen ein problematisches und pathologisches Spielverhalten auf als Frauen.

Innerhalb der verschiedenen Altersgruppen stellt sich das Ausmaß vorhandener Spielprobleme sehr unterschiedlich dar, wobei die 14- bis 30-Jährigen sich diesbezüglich am stärksten betroffen zeigen.

 

Ausgehend vom Jahr 2015 haben 41% der Bevölkerung (14 bis 65 Jahre) in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt, dieser Wert ist seit 2009 kaum verändert (2009: 42%). Das klassische Lotto „6 aus 45“ ist das beliebteste Glücksspiel in Österreich. Jeder dritte Österreicher hat dieses Spiel im Jahr 2015 mindestens einmal in den letzten 12 Monaten gespielt (ca. 33%), der prozentuale Anteil für die 30-Tages-Prävalenz beträgt ca. 20%.

Seit 2009 haben sich diese Werte so gut wie nicht geändert (jeweils nur um
ca. ± 1 Prozentpunkt). Dagegen ist für diesen Zeitraum eine deutliche Zunahme bei der europäischen Lotterie, den Euromillionen, zu konstatieren:

 

Der Prozentwert für die monatliche Teilnahme hat sich von etwa 4% auf etwa 8% verdoppelt. Auch beim Joker gibt es seit 2009 einen prozentualen Anstieg. Inzwischen spielt jede siebte Person mindestens einmal im Jahr dieses Glücksspiel (ca. 14%). Damit ist es das zweitverbreitete Glücksspiel in Österreich. Bei den Rubbellosen – die auf dem vierten Platz liegen – sind nur geringe Veränderungen zwischen 2009 und 2015 vorhanden.

Alle anderen Glücksspiele besitzen bezogen auf die Spielteilnahme

in der Gesamtbevölkerung eine nachgeordnete Bedeutung:

Das gilt für die Sportwetten genauso wie für die klassischen Kasinospiele, bei denen 2015 jeweils etwa 4% in den letzten 12 Monaten gespielt wurden. Glücksspielautomaten in Kasinos und in Spielhallen werden von noch weniger Personen gespielt. In den letzten 12 Monaten haben am Automatenglücksspiel in Spielbanken ca. 0,5% teilgenommen, im Jahr 2009 waren dies ca. 0,6% bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz. Bezüglich der Teilnahme am Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken (Spielhallen, Einzelaufstellungen, illegale Glücksspiel-automaten) ist der Wert bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz von ca. 1,2%
im Jahr 2009 auf ca. 1% im Jahr 2015 zurückgegangen.

 

Der monatliche Geldeinsatz für Glücksspiele hat im Zeitraum von 2009 auf 2015 leicht zugenommen und zwar wurden von den Glücksspielenden 2015 im Durchschnitt etwa 57 € pro Monat für Glücksspiele ausgegeben im Vergleich
zu 53 € im Jahr 2009. Auf der Ebene der einzelnen Glücksspielarten bestehen hier jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen. Der Geldeinsatz ist 2015 am höchsten bei den Automatenspielen außerhalb der Kasinos.

Im Durchschnitt werden hierfür von den Spielern pro Monat ca. 203 € eingesetzt, vor sechs Jahren lag der entsprechende Wert sogar bei etwa 317 €.

Es folgen die klassischen Kasinospiele mit einem Mittelwert von ca. 194 €.

Auch für diese Glücksspielform wird im Jahr 2015 durchschnittlich weniger Geld aufgewendet als in 2009.

Stark angestiegen sind dagegen im betrachteten Zeitraum die Geldeinsätze für Sportwetten, diese haben sich von ca. 47 € auf ca. 110 € mehr als verdoppelt.

 

Die Anteile problematischen und pathologischen Spielens unterscheiden sich

je nach Glücksspielart erheblich.

Die zahlmäßig große Gruppe der Spieler von Lotterieprodukten beinhaltet anteilsbezogen nur wenige Personen, die ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten zeigen (jeweils etwa ein Prozent).

Während bei den Rubbellosen sich nur leicht höhere Werte zeigen, ist bei den klassischen Kasinospielen bereits mehr als jeder zwanzigste Spieler betroffen.

 

Auch Sportwetten beinhalten ein erhebliches Risiko, spielbedingte Probleme zu entwickeln. So erfüllen ca. 7,1% dieser Spielergruppe die Kriterien problematischen Spielens und weitere ca. 9,8% zeigen ein pathologisches Spielverhalten. Etwa jeder sechste Sportwetter ist daher von einer Spielproblematik betroffen. Noch höher sind diese Anteile bei Spielautomaten, welche in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen stehen. Etwa 21,2% dieser Spieler sind spielsüchtig. Die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der „Casino Austria“ nehmen sich im Vergleich dazu eher gering aus. So liegen die Anteile
für problematisches Spielen bei ca. 3,7% und für pathologisches Spielen bei
ca. 4,4%. Dennoch weist etwa jede zwölfte Person, die in den klassischen Spielbanken am Automaten spielt, glücksspielbedingte Probleme auf.

Bei der Prävalenz problematischen und pathologischen Spielens ging die Rate bei Automaten in Kasinos von ca. 13,5% im Jahr 2009 auf ca. 8,1% im Jahr 2015 und bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos von 33,2% im Jahr 2009 auf 27,2% im Jahr 2015 zurück.

 

Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungs-politischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“).

Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamts für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels.

So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014
(bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

Im Bereich der Spielbanken wurden gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe 6.920 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870, darunter 4.908 über österreichische Spielbankbesucher und 2.012 über Spielbankbesucher aus dem übrigen EU/EWR-Raum eingeholt. Zusätzlich erfolgten bei den Auskunfteien CRIF (vormals Deltavista) und BISNODE (vormals Wisur) 3.600 online-„Sofort-Checks“. 621.195 Spielbankbesucher aus dem EU/EWR (inklusive Österreich) wurden im Jahr 2013 den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen.

 

Bei 48.284 davon bestand die begründete Annahme im Sinne des § 25 Abs.3 GSpG, dass aufgrund der Häufigkeit und Intensität der Spielteilnahme das Existenzminimum gefährdet ist, was zu 1.359 Informationsgesprächen sowie 741 Beratungen bzw. Befragungen führte. Zum 31.12.2013 bestanden in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren.

In den VLT-Outlets wurden im Jahr 2013 aus begründetem Anlass 11.330
zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in 1.350 Fällen der Zutritt verwehrt wurde. Insgesamt wurden 343 protokollierte Spielerschutz-Informationsgespräche geführt.

 

Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet.

Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

Ferner ist durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden:

Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung
bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutz-bezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücks-spielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

IV.2. Die Feststellungen zum Glücksspielverhalten, inklusive des problematischen und pathologischen Spielverhaltens ergeben sich aus der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg. In dieser Studie ist die Erhebungs- und Auswertungsmethodik nachvollziehbar dargelegt, es sind aus Sicht des erkennenden Gerichts im Verfahren keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit dieser Studie hervorgekommen. Die Feststellungen zu den Tätigkeiten des BMF, der Finanzpolizei und der Konzessionäre sowie die Feststellungen zur Anbindung an das Bundesrechenzentrum gründen vor allem auf den Angaben des BMF im Glücksspielbericht 2010-2013 und im Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014.

Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen in der den Berichten keine Bedenken gegen die Richtigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass das BMF über den Inhalt und Umfang der Tätigkeiten der Behörden Kenntnis hat und aufgrund der Funktion als Aufsichts-behörde auch über bestimmte Tätigkeiten der Konzessionäre informiert ist.

Gründe dafür, dass vom BMF diesbezüglich auf Tatsachenebene falsche Auskünfte gegeben worden wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

IV.3.1. Nach der Rsp des EuGH kann ein Glücksspielmonopol geeignet sein, einerseits die Niederlassungsfreiheit, andererseits die Dienstleistungsfreiheit zu beschränken

(EuGH Rechtssache Gambelli, C-243/01; Rechtssache Pfleger ua, C-390/12).

 

IV.3.2. Hinsichtlich einer behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen GSpG ist zunächst festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten Sachverhalte mit Auslandsbezug voraussetzt (vgl etwa VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046). Es ist auch nach der Judikatur des OGH (siehe etwa OGH 21.10.2014, 4 Ob 145/14y) ein Inländer nicht unmittelbar durch die Dienstleistungsfreiheit geschützt. Auch die Entscheidung OGH 4 Ob 244/14g geht davon aus, dass „die Unvereinbarkeit von Bestimmungen des Glücksspiel­gesetzes mit der primärrechtlichen Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit in rein nationalen Fällen nicht zur Unanwendbarkeit dieser Bestimmungen“ führt. Im gegenständlichen Fall sind die Bf eine seit Jahren in Österreich wohnhafte natürliche Person bzw. eine österreichische GmbH. Auch sonst ist im Verfahren kein Auslandsbezug hervorgekommen und es wurde diesbezüglich auch kein (substantiiertes) Vorbringen erstattet, sodass eine (unmittelbare) Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten nicht in Betracht kommt.

 

IV.3.2. Hinzu kommt, dass der durch das österreichische GSpG geschaffene gesetzliche Rahmen nach Ansicht des erkennenden Landesverwaltungsgerichtes

 

 

nicht unionsrechtswidrig ist, was auch im Einklang mit der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung steht (siehe dazu ausführlich unten). Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist zwar entsprechend den Vorgaben des EuGH nicht nur der normative Rahmen von Bedeutung, sondern es ist die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopol auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig, sodass zu prüfen wäre, ob die Regelungen des Glücksspielgesetzes in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die vom GSpG bezweckten Wirkungen (etwa Verringerung der Gelegenheit zum Spiel und Bekämpfung der damit verbundenen Kriminalität) erzielt werden (so etwa jüngst VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w).

Wenn aber die gesetzlichen Bestimmungen als solche selbst grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar sind, so wären allfällige tatsächlich fehlende Wirkungen dieser Regelungen, die allenfalls zur Unionsrechtswidrigkeit führen könnten, auf die Vollziehung der gesetzlichen Bestimmungen (zB mangelnde Aufsicht) oder das sonstige Agieren des Staates (zB inkohärente Spielerschutzpolitik) zurückzuführen. Eine allfällige dem Anliegen des Spielerschutzes nicht gerecht werdende Beschränkung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten wäre dann aber nicht Folge der gesetzlichen Bestimmungen als solchen (vgl OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a), sondern es würde dies durch das sonstige Agieren des Staates, insbesondere bei Vollziehung der Regelungen des GSpG, verursacht. In einem solchen Fall wäre aber die Konsequenz wohl nicht die Aufhebung des an sich unionsrechtskonformen Gesetzes durch den VfGH wegen Inländerdiskriminierung, vielmehr wäre es Aufgabe der Vollziehung einen dem Gesetz (unter Beachtung der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Vorgaben) entsprechenden Zustand herzustellen. In diesem Sinne wird auch sonst vertreten, dass Gesetze verfassungskonform auszulegen und zu vollziehen sind und es führt eine nicht verfassungskonforme Auslegung durch die Behörden nicht zur Aufhebung des Gesetzes (vgl etwa VfGH 11.12.2012, V8/12 ua).

Im Ergebnis kann daher auch aus diesem Grund eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unterbleiben. Eine allfällige durch das faktische Agieren des Staates geschaffene Inländerdiskriminierung verhilft dem Bf im Übrigen auch sonst nicht zum Erfolg: Es kann grundsätzlich die Rechtmäßigkeit des Verhaltens einer Behörde

(im gegenständlichen Fall etwa nach dem GSpG) nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass staatliche Stellen in anderen Fällen (andere Personen betreffend) sich rechtswidrig verhalten.

Dem Bf erwächst durch eine allfällige zur Unionsrechtswidrigkeit führende Verwaltungspraxis bzw staatliches Agieren kein Rechtsanspruch darauf, dass sein dem GSpG widersprechendes Verhalten nicht geahndet wird, denn dieses Ergebnis wäre ein Anspruch auf die Nichtanwendung des Gesetzes trotz gegebener Tatbestandsmäßigkeit (vgl etwa VfGH 30.09.1991, B 1361/90).

 

 

Im Ergebnis führen aber die obigen Ausführungen dazu, dass weder die Anfechtung von Regelungen des GSpG (diese bewirken als solche keine Inländerdiskriminierung), noch die Nichtanwendbarkeit dieses Gesetzes bei reinen Inlandssachverhalten (keine Gleichheit bei einem allfälligen durch die Vollziehung bewirkten Unrecht) in Betracht kommt.

 

IV.3.3. Im Übrigen ist zur behaupteten Unionsrechtwidrigkeit noch Folgendes festzuhalten:

 

IV.3.3.1. Gemäß Art 52 iVm 62 AEUV können mitgliedstaatliche Eingriffe in die Freiheiten aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein.

Auch Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH (vgl. etwa Rechtssache Pfleger ua, C-390/12 mwN) durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben der vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Sowohl Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit als auch Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent, systematisch und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH Rechtssache Gambelli,

C-243/01; siehe weiters EuGH Rechtssache Dickinger und Ömer, C-347/09;

EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12; VwGH 29.05.2015, Ro 2014/17/0049;

VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

 

IV.3.3.2. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, und es sind (Stand 2015) zwischen ca. 27.600 bis ca. 46.000 Personen spielsüchtig. Die Spielsucht stellt daher in Österreich ein relevantes Problem dar. Durch das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol sollen unter anderem die Gelegenheiten zum Spiel vermindert, die Ausnutzung der Spielleidenschaft begrenzt und der Spielerschutz gewährleistet werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die §§ 5, 14, 16, 19, 21, 22, 25, 26, 31 und 56; so ausdrücklich auch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr 73/2010; in diesem Sinne auch bereits die Rsp der österreichischen Höchstgerichte siehe etwa VfGH 06.12.2012, B1337/11 ua; VfGH 12.3.2015, G 205/2014-15 ua; VwGH 7.03.2013, 2011/17/0304, VwGH 4.11.2009, 2009/17/0147; OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i; 17.02.2015, 4 Ob 229/14a: Aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen sei nicht abzuleiten, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente).

Diese Zielsetzungen vermögen daher eine Beschränkung

der Glücksspieltätigkeiten im Sinne der Rsp des EuGH zu rechtfertigen.

 

 

Dem evidenten Spielsuchtproblem in Österreich soll gerade auch durch das im GSpG geregelte Monopol entgegengetreten werden, wobei es sich bei der Normierung eines Monopolsystems um eine geeignete Maßnahme handeln kann, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken (vgl. EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12 RZ 41).

 

IV.3.3.3. Es ist daher zu prüfen, ob die im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit in ihren Wirkungen tatsächlich geeignet sind, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.

Hinsichtlich der Eignung der im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit zur Erreichung der genannten Ziele in kohärenter und systematischer Weise ist nicht nur zu prüfen, welche gesetzlichen Vorgaben geregelt sind, sondern auch wie diese ungesetzt werden.

 

Das GSpG regelt einerseits die Anforderungen an die Erteilung einer Konzession oder Bewilligung zur Durchführung von Ausspielungen sowie deren Einhaltungsvoraussetzungen, andererseits stellt es Ausspielungen, die ohne Konzession oder Bewilligung durchgeführt werden, unter Strafe und ordnet dazu konkrete Verfolgungsmaßnahmen an. Somit geht aus dem GSpG klar hervor, dass nur jene Glücksspielbetreiber legal Glücksspiele in Form von Ausspielungen anbieten können, die einerseits Inhaber einer Konzession oder Bewilligung sind und andererseits die damit verbundenen Anforderungen fortlaufend erfüllen.
Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern (vgl auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11) und somit das im GSpG normierte Konzessions- und Bewilligungssystem dem Spielerschutz dienlich ist. Auch der
OGH führte bereits aus, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen nicht abzuleiten sei, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente (OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a).

Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sahen in jüngeren Entscheidungen keine Veranlassung für eine unionsrechtsbedingte Nichtanwendung, amtswegige Gesetzesprüfung oder Anfechtung der Verbotsbestimmungen des Glücksspiel-gesetzes (siehe etwa VfGH G 82/12, VfSlg 19.749; B 615/2013;

VwGH Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123; Ro 2014/02/0026; Z 2012/17/0440).

Die österreichischen Höchstgerichte gehen demnach (bislang) davon aus,
dass die gesetzlichen Vorgaben des GSpG geeignet sind, die festgelegten Ziele
zu verfolgen.

 

Durch die zur Vollziehung berufenen Behörden erfolgt auch einerseits die Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen an die Konzessionäre und andererseits die tatsächliche Verfolgung und Ahndung von illegalem Glücksspiel.

 

Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungs-politischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels.

So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014
(bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr
2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

Bereits aufgrund dieser vorläufigen Beschlagnahmen wurden aber grundsätzlich weitere Glücksspiele mit betroffenen Glücksspielgeräten (zumindest für die Dauer der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme) verhindert und insoweit die Zugänglichkeit zu Ausspielungen beschränkt.

Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet.

Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich ferner, dass durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterie-terminals der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden ist.

Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden:

Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutz-bezogener Informationen während dieser Zeit,

elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm. Schon die oben angeführten Umstände, insbesondere der Kontrollen der Konzessionäre, der Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, der Festlegung der Anbindung der Glücksspielautomaten und VLT der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH, aber auch der Einrichtung der Spielerschutzstelle, zeigen nach Ansicht des Oö. LVwG, dass die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in kohärenter und systematischer Weise erfolgt.

 

IV.3.3.4. Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist die unionsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit auch von

der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (so etwa jüngst VwGH

Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w).

 

Als Folge der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben werden durch die konzessionierten Betreiber Maßnahmen zum Spielerschutz tatsächlich umgesetzt. So ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt etwa, dass im Bereich der Spielbanken gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe nahezu 7.000 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870 eingeholt wurden und ferner bei Auskunfteien online-„Sofort-Checks“ erfolgten. Auch wurden im Jahr 2013 über 621.000 Spielbankbesucher den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zudem, dass zum 31.12.2013 in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren bestanden. In den VLT-Outlets wurde bei begründetem Anlass in über 11.000 Fällen zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in mehr als 1.300 Fällen der Zutritt verwehrt wurde.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass es zu keiner Ausbreitung der Glücksspielsucht seit 2009 in Österreich gekommen ist. Gerade beim in Hinblick auf spielbedingte Probleme besonders risikoreichen Automatenglücksspiel ist die Prävalenz des problematischen und pathologischen Spielens (von ca. 13,5% [2009] auf ca. 8,1% [2015] bei Automaten in Kasinos und von ca. 33,2% [2009] auf ca. 27,2% [2015] bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos) seit 2009 zurückgegangen.

Auch ist der durchschnittliche Geldeinsatz im Automatenglücksspielbereich außerhalb von Spielbanken merklich gesunken.

 

 

 

Es zeigt sich auch, dass die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der konzessionierten „Casino Austria“ im Vergleich zu den  (häufig auch nicht bewilligten) Ausspielungen in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen eher gering ausfallen. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, insbesondere der oben dargestellten tatsächlich durchgeführten Spielerschutzmaßnahmen durch die konzessionierten Betreiber und dem dargestellten Spielverhalten in Österreich (bezogen auf den Vergleichszeitraum 2009 bis 2015), erachtet das erkennende LVwG auch hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Regelungen des GspG eine unionsrechtlichen Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit als gegeben.

 

Zum Vorbingen betreffend die Werbetätigkeit ist folgendes auszuführen:

Aus der Rsp des EuGH ergibt sich, dass Werbung für Glücksspiel nicht generell dem Unionsrecht widerspricht, aber die Werbetätigkeit maßvoll und eng darauf begrenzt werden muss, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken (vgl dazu etwa Rechtssachen Dickinger/Ömer, C-347/09; Placanica, C-338/04; HIT hoteli u.a., C-176/11). Gemäß § 56 Abs. 1 GSpG haben die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren, wobei die Einhaltung im Aufsichtswege überwacht wird. Bei Beurteilung der Werbetätigkeit kommt es nicht auf eine einzelne Werbung an, sondern es ist vielmehr die Gesamtheit der Werbemaßnahmen der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber heranzuziehen (vgl. auch OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t).

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass sich der Anteil der Personen, die in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt haben, im Zeitraum 2009 bis 2015 kaum verändert hat. Insgesamt hat sich der Geldeinsatz (in absoluten Zahlen) zwar von 53 € auf 57 € (also nur in etwa um die Inflationsrate) erhöht, bei den besonders problematischen Automatenspielen außerhalb der Kasinos ist er sogar deutlich zurückgegangen. Auch die Anzahl der Spielsüchtigen ist in diesem Zeitraum nicht gestiegen. Daraus ist abzuleiten, dass die Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber in ihrer Gesamtheit im Ergebnis jedenfalls kein Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele bewirkt hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob jede einzelne Werbemaßnahme jedes Konzessionärs und Bewilligungsinhabers den Vorgaben des EuGH entspricht, da die Werbetätigkeit in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht dem Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele dient.

Auch wenn einzelne Werbemaßnahmen für sich genommen geeignet sein sollten, die Spiellust zu wecken bzw. zu verstärken, so hat jedenfalls die Gesamtheit der Werbetätigkeiten nicht zu einer Ausweitung des Glücksspieles geführt.

Es haben daher die Gesamtwirkungen der Werbetätigkeit die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des GSpG nicht beeinträchtigt.

 

Nachdem es in Österreich (bezogen auf den Zeitraum 2009 bis 2015) zu keinem Wachstum des gesamten Glücksspielmarkts gekommen ist und (nach der Rsp des EuGH) eine Werbung der Konzessionäre für ihre Produkte zum Zweck, den vorhandenen Markt für sich zu gewinnen, jedenfalls zulässig ist

(vgl. EuGH Rechtssache Dickinger/Ömer C347/09, RN 69), geht das

Oö. Landesverwaltungsgericht im Ergebnis davon aus, dass die bisherige Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber nicht zur Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen betreffend die Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten führt.

 

IV.3.3.5. Zusammenfassend ergibt sich daher für das erkennende Landesverwaltungsgericht, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorgekommenen Umstände eine Unionsrechtswidrigkeit durch die österreichischen Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nicht vorliegt.

Die von der österreichischen Regelung vorgesehenen Beschränkungen verfolgen vom EuGH anerkannten Gründe des Allgemeininteresses und sind geeignet, diese in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.

Die Beschränkungen erscheinen auch nicht unverhältnismäßig.

 

IV.3.4. Zu den Beweisanträgen betreffend die Frage der Unionsrechtskonformität ist Folgendes auszuführen:

 

Der Bf hat die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis des Anstiegs der Anzahl an Spielsüchtigen und der Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz insbesondere innerhalb der Jahre 2010 bis 2015 beantragt. Soweit sich der Bf auf Aussagen von Fachleuten beruft, wonach die Zahl der spielsüchtigen Personen in den letzten Jahren gestiegen sei, sind diese nicht geeignet, die Untauglichkeit des GSpG und der behördlichen Maßnahmen zu beweisen. In der aktuellen Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre
Sucht- und Drogenforschung in Hamburg sind gerade diese Parameter in wissenschaftlicher Weise erhoben und ausgewertet worden.

Diese Studie ist schlüssig und nachvollziehbar.

Wahrnehmungen und Einschätzungen (auch einer größeren Zahl) von mit der Materie befassten Einzelpersonen können die Studie nicht widerlegen.

Dies wäre nur durch eine auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Studie möglich.

Eine neuerliche Verhandlung zur Erörterung dieser Studie ist nicht erforderlich.

Es wurde nicht dargelegt, in welchen Teilen und warum sie fehlerhaft sein soll.

Dass eine „Repräsentativerhebung“ – so wie jede auf der Befragung einer Stichprobe beruhende statistische Auswertung - lückenhaft ist, weil nicht die Gesamtbevölkerung befragt wurde, liegt in der Natur dieser Erhebungsmethode.

Die Studie könnte nur durch eine andere fundierte Studie widerlegt werden.

Die vom Bf dazu vorgelegten Unterlagen (insbesondere das „Gutachten“ Z) erfüllen diese Voraussetzung nicht. Die Beweisanträge waren daher abzuweisen.

 

Soweit Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür beantragt wurden, dass die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz ineffektiv seien, ist auszuführen, dass die Zeugen lediglich ihre persönliche Meinung

(ob eine „Ineffektivität“ vorliegt) darstellen könnten, die allenfalls auf Umständen gründet, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld abspielen.

Hingegen sind der genannten Studie auch Auswirkungen der gesetzlichen Vorgaben und behördlichen Maßnahmen zu entnehmen. Persönliche Meinungen von Einzelpersonen sind daher für die vom Oö. LVwG vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob angesichts bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen als (im rechtlichen Sinne ausreichend) effektiv angesehen werden können oder nicht, nicht von Relevanz. Auch die Beweisanträge zur Effektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz waren daher abzuweisen.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der Rsp des VwGH zu den Voraussetzungen der Einziehung nach § 54 GSpG ab. Auch die Prüfung der behaupteten Unionsrechswidrigkeit des GSpG wurde entsprechend den von der Rsp des VwGH bzw. EuGH vorgegebenen Kriterien vorgenommen.

Hinsichtlich der Beweisanträge ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich
der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, sodass dadurch regelmäßig keine Rechtsfrage (jedenfalls keine von grundsätzlicher Bedeutung) iSd Art 133 Abs.4 B-VG aufgeworfen wird (vgl. etwa VwGH 08.01.2015, Ra 2014/08/0064).

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Mag. Josef Kofler

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerden wurde abgelehnt.

VfGH vom 15. Oktober 2016, Zln. E 1634/2016-6, E 1417/2016-4, E 1484/2016-4, E 1633/2016-4, E 1635/2016-4