LVwG-410947/7/FP/BZ
Linz, 28.04.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde der Frau S H, geb. x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5. August 2015, GZ Pol96-146-2015, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 5 Glücksspielgesetz
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG hat die Beschwerdeführerin weder ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, noch einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, (im Folgenden: belangte Behörde) vom 5. August 2015, GZ Pol96-146-2015, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) eine Geldstrafe von 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) wegen einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 5 iVm § 50 Abs. 4 GSpG, in der Fassung BGBl I Nr. 105/2014 verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von insgesamt 40 Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
„Sie haben am 30.04.2015 um 12:15 Uhr (Tatzeit) anlässlich einer Glücksspielkontrolle durch die Organe der öffentlichen Aufsicht im Gastlokal bei der Tankstelle G, x (Tatort), als auskunftspflichtige Person Ihre Mitwirkungspflicht verletzt, indem Sie gegenüber den Kontrollorganen die geforderten Auskünfte verweigert haben.
Anlässlich der Kontrolle konnte festgestellt werden, dass in dem genannten Lokal verbotene Ausspielungen in Form von elektronischen Glücksspielen zugänglich gemacht wurden.
Sie waren zum Tatzeitpunkt die lokalverantwortliche Kellnerin. Sie sorgten zu Dienstbeginn durch das Einschalten der Stromversorgung für die Aktivierung der Glücksspielgeräte und waren Ansprechpartnerin für die Spieler. Somit waren Sie als Person, die Glücksspieleinrichtungen bereit hielt, verpflichtet, den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskunft zu erteilen. Auf diese Verpflichtung wurden Sie auch hingewiesen.
Dennoch verweigerten Sie jegliche Auskünfte zu den Glücksspielgeräten und den Modalitäten der damit veranstalteten Ausspielungen und erklärten, dass Sie gemäß einer Dienstanweisung keine Angaben machen würden.
Sie verweigerten auf diese Weise Auskunft darüber, ob die Geräte bei Dienstbeginn beim Einschalten des Stroms in Betrieb gingen, ob die Geräte bei Ihren Diensten eingeschaltet wurden und zu den Auszahlungsmodalitäten.“
Begründend wurde im Zuge der Sachverhaltsdarstellung unter anderem ausgeführt:
„Am 30.04.2015 fand um 12:15 Uhr im Gastlokal bei der Tankstelle G in x, eine Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen-Wels nach dem Glücksspielgesetz statt.
Dabei wurden zwei elektronische Glücksspielgeräte in Form von virtuellen Walzenspielgeräten sowie ein Wettterminal betriebswarm und an Steckdose und Internet angeschlossen, jedoch offensichtlich kurzfristig von der Versorgung getrennt, vorgefunden.
[...]“
Im Übrigen wurde begründend zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf eigenen Auskünften zufolge im Tatzeitpunkt lokalverantwortlich gewesen sei. Damit hätte sie auch die im Lokal vorgefundenen Glücksspieleinrichtungen für die spielwillige Kundschaft bereitgehalten. Sie hätte damit den Organen der Finanzpolizei anlässlich der gegenständlichen Kontrolle umfassend Auskunft auch zu den glücksspielrelevanten Themen zu erteilen gehabt. Die Bf hätte als Person, die im Tatzeitpunkt Glücksspieleinrichtungen bereithielt, den Organen der öffentlichen Aufsicht nicht umfassend Auskunft erteilt damit gegen ihre gesetzliche Duldungs- und Mitwirkungspflicht verstoßen.
I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige, umfassend begründete, Beschwerde vom 25. August 2015, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt werden.
I.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 31. August 2015 die Beschwerde dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt, insbesondere die im Akt einliegende Dokumentation, in eine Stellungnahme des BMF vom September 2014 samt Glücksspielbericht 2010 - 2013 und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. November 2015. Zu dieser Verhandlung sind der Rechtsvertreter der Bf und ein Vertreter des Finanzamtes erschienen. Zeugenschaftlich einvernommen wurden H L und J M von der Finanzpolizei. Vom Vertreter der Bf wurde mit Schriftsatz vom 2. November 2015 ein ausführliches ergänzendes Vorbringen dahingehend erstattet, dass das österreichische Glücksspielmonopol dem Unionsrecht widerspreche. Der Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010 – 2014 sowie die Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ des ISD wurden in der Verhandlung zur Kenntnis gebracht.
II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:
Bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht am 30. April 2015 um 11:58 Uhr im Lokal mit der Bezeichnung „Tankstelle G“ in x, durchgeführten Kontrolle wurden folgende Geräte vorgefunden, mit Versiegelungsplaketten versehen und vorläufig beschlagnahmt:
FA-Nr. Gehäusebezeichnung Serien-Nr. Versiegelungs-
plaketten-Nr.
1 Auftragsterminal x A055601 - A055605
2 Auftragsterminal x A055606 – A055610
Zum Kontrollzeitpunkt befand sich die Bf als Lokalverantwortliche (Kellnerin und Inkasso für die Tankstelle) im Lokal. Bezugnehmend auf eine von ihr am 06.09.2014 unterfertigte Dienstanweisung des Herrn G als Betreiber der Tankstelle, verweigerte sie die Beantwortung der Fragen der Organe der Finanzpolizei. Weitere Beschuldigte waren zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht im Lokal anwesend.
Die verfahrensgegenständliche Dienstanweisung, mit der der Bf jegliche Auskunftserteilung untersagt wurde, wurde von der Finanzpolizei fotografiert und das Foto dem Akt beigegeben.
Die verfahrensgegenständlichen Geräte standen zumindest am Tag der finanzbehördlichen Kontrolle am 30. April 2015 in einem öffentlich zugänglichen Bereich im oa. Lokal.
Von den Organen der Finanzpolizei wurden keine Probespiele durchgeführt, da bereits beim Betreten des Lokals durch sie die Bildschirme dunkel waren und die Geräte nicht eingeschaltet waren. Der Zeuge M gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er versucht hat, die Geräte durch den Schalter auf der Rückseite der Geräte einzuschalten, jedoch diese trotzdem nicht hochgefahren sind. Die Geräte waren sowohl am Strom als auch an ein LAN-Kabel angeschlossen. Der Zeuge hat in der Folge mittels eines Verlängerungskabels die Geräte an eine andere Steckdose angesteckt und sind nach nochmaligem Betätigen des Schalters auf der Rückseite die Geräte sodann hochgefahren. Auf den Bildschirmen sind dann die üblichen Spiele (wie Ring of Fire etc.) aufgeschienen. Eine Probebespielung war jedoch nicht möglich, weil auf den Bildschirmen „Net error“ aufschien. Der Zeuge gab weiters an, dass er bei Berühren der Geräte festgestellt hat, dass beide Geräte gegenüber der Umgebungstemperatur wesentlich wärmer waren. Der Zeuge L hat in seiner Vernehmung den gleichen Ablauf der Kontrolle beschrieben. Zudem führte er auf die Frage, ob Leute gespielt haben als die Kontrolle begonnen hat, aus, dass die Geräte schon im schwarzen Zustand dagestanden seien. Er gab auch an, dass er nicht ausschließen könne, dass die verfahrensgegenständlichen Geräte bzw. die sich darauf befindlichen Spiele anders waren als die ihnen bisher bekannten Geräte bzw. Spiele.
Es kann somit nicht festgestellt werden, ob es sich bei den verfahrensgegenständlichen Geräten um Glücksspielgeräte handelt. Auch konnte die Funktionsweise der Geräte und der sich darauf befindlichen Spielen nicht festgestellt werden.
Auf einem Tisch, welcher sich zwischen den beiden Glücksspielgeräten befand, konnte im Zuge der Kontrolle ein Aschenbecher mit Zigarettenstummeln wahrgenommen werden.
Die Bf verfügt über ein monatliches Einkommen von 1.500 Euro netto, hat keine Sorgepflichten und kein relevantes Vermögen. Es scheint keine rechtskräftige Verwaltungsvorstrafe hinsichtlich der Bf auf.
II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem durchgeführten Beweisverfahren. Die Feststellungen betreffend die durchgeführte Kontrolle sowie die dabei vorgefundenen Geräte, gründen vor allem auf der Anzeige der Finanzpolizei, der Fotodokumentation sowie auf den Aussagen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung am 3. November 2015. Die Zeugen der Finanzpolizei waren bei der verfahrensgegenständlichen Kontrolle anwesend und gaben unter anderem an, dass beide Geräte nicht funktionsfähig und nicht betriebsbereit waren. Die Feststellung, dass bei beiden Geräten keine Probespiele möglich waren, ergibt sich aus dem jeweiligen GSp-26 Dokument sowie den Zeugenaussagen. Aus den Zeugenaussagen ergibt sich auch, dass keine Spielerbeobachtungen stattfanden sowie, dass die Geräte betriebswarm waren.
Die Feststellungen zu den sich auf den Gerätschaften befindlichen Spielen gründen auf der GSp26-Dokumentation sowie der Fotodokumentation. Aus der Fotodokumentation sowie der Anzeige der Finanzpolizei ergibt sich auch, dass sich ein Aschenbecher mit Zigarettenstummeln auf dem Tisch zwischen den Geräten befand. Der Zeuge L führte auf die Frage, ob Leute gespielt haben als die Kontrolle begonnen hat, aus, dass die Geräte schon im schwarzen Zustand dagestanden seien. Er gab auch an, dass er nicht ausschließen könne, dass die verfahrensgegenständlichen Geräte bzw. die sich darauf befindlichen Spiele anders waren als die ihnen bisher bekannten Geräte bzw. Spiele.
Dass keine der genannten Personen im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG für die gegenständlichen Geräte war und keine Konzession oder Bewilligung für damit in Oberösterreich stattfindende Ausspielungen vorlag, folgt für das erkennende Gericht daraus, dass weder bei der finanzpolizeilichen Kontrolle, noch im behördlichen bzw. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Bewilligung oder Konzession vorgelegt wurde und das Vorhandensein einer Bewilligung oder Konzession für in Oberösterreich stattfindende Ausspielungen auch nicht behauptet wurde.
Die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen bzw. Sorgepflichten gründen auf den Annahmen der belangten Behörde, denen nicht entgegengetreten wurde und es sind auch keine Umstände im Verfahren hervorgekommen, die gegen die Richtigkeit dieser Angaben sprechen. Die Feststellung, dass keine rechtskräftige einschlägige Verwaltungsübertretung hinsichtlich der Bf aufscheint, gründet auf den Angaben der belangten Behörde.
Zu den getroffenen Negativfeststellungen:
Aufgrund des abgeführten Beweisverfahrens konnte der Bf ein sie belastender Sachverhalt nicht mit der für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden. Wesentliches Tatbestandselement des ggst. Tatbildes ist, dass ein Bereithalter von Glücksspielgeräten seinen Mitwirkungspflichten nachkommt. Um die Bf bestrafen zu können ist insofern die positive Feststellung erforderlich, dass die Geräte, die sie bereitgehalten hat auch tatsächlich Glücksspielgeräte waren. Diese Feststellung war ggst. nicht möglich.
Zwar machen die ggst. Geräte den Eindruck, Glücksspielgeräte zu sein und lässt der Umstand, dass die Geräte warm waren den Schluss zu, dass sie vor Kurzem noch in Betrieb waren, jedoch ist ungeklärt, ob die Geräte betriebsbereit waren (also in eingeschaltetem Zustand auch funktionierten), ob eine Eingabe von Geld möglich war oder ob mit ihnen – um Geld – Glücksspiele gespielt werden konnte (Einsatz, Gewinn).
Es besteht insofern ein Verdacht, der wohl für die Beschlagnahme der Geräte ausreichen würde, jedoch kann der Bf die ihr vorgeworfene Tat letztlich nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden. Die vorliegenden Indizien reichen nach Ansicht des Gerichtes für einen Nachweis nicht aus.
Beweismittel (zB Spieler, die als Zeugen vernommen werden könnten), die zu einem anderen Ergebnis führen könnten, sind nicht vorhanden.
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
III.1. Gemäß § 50 Abs. 4 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung sind die Behörde nach § 50 Abs. 1 GSpG und die im § 50 Abs. 2 und 3 leg.cit. genannten Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach § 50 Abs. 1 GSpG, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3 GSpG) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.
Gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs. 3 GSpG. § 12a Abs. 4 und § 21 Abs. 10 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs. 6 GSpG oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG verstößt.
III.2. § 50 Abs. 4 GSpG normiert eine "umfassende" Mitwirkungs- und Duldungspflicht, welche sich an Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, richtet. Diese Mitwirkungspflicht umfasst im Wesentlichen die Erteilung von Auskünften, die Ermöglichungen von umfassenden Überprüfungen und Testspielen unter Bereithaltung von Geld oder Spieleinsätzen, die Gewährung von Einblick in die geführten Aufzeichnungen und in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen.
Schon dem Wortlaut dieser Bestimmung ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass die normierte Mitwirkungspflicht nur beim Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen besteht, sodass die Mitwirkungspflicht nur dann besteht, wenn tatsächlich Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten werden. Wie bereits in der Beweiswürdigung dargestellt, bedarf es also der positiven Feststellung, dass Glücksspieleinrichtungen vorhanden waren, auf die sich das Bereithalten bezieht. Ein Verdacht, mag er auch noch so begründet sein, reicht nach dem zweifelsfrei formulierten Wortlaut des Gesetzes, anders als bei der bloßen Beschlagnahme, nicht aus. Das Gesetz ist insofern auch konsequent, als es, wäre der Ansicht zu folgen, dass ein bloßer Verdacht ausreicht, der Kellner bzw. der Angestellte eines Glücksspielbetreibers oder –veranstalters ungleich leichter in die Gefahr einer Bestrafung kommen würde, als der Betreiber oder Veranstalter selbst, dessen Bestrafung jedenfalls immer die Feststellung, dass Glücksspielgeräte vorlagen, erfordert. Es würde dies zu einer aus verfassungsrechtlicher Sicht kaum vertretbaren Schieflage führen, zumal der „Bereithalter“ quasi immer bestraft werden könnte, wenn er keine Auskünfte erteilt (etwa auch, wenn gar keine Geräte vorhanden sind und lediglich Erkundigungen erfolgen sollen).
Auch der Verwaltungsgerichtshof scheint diese Ansicht zu teilen, wenn er etwa in seiner Entscheidung vom 20. Juni 2012, 2012/17/0114 ausspricht: „Das GSpG definiert den Begriff des "Bereithaltens" einer Glücksspieleinrichtung bzw. der "Person, die Glücksspieleinrichtungen bereit hält", zwar nicht näher und auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Novelle des GSpG mit BGBl. I Nr. 54/2010, mit welcher § 50 Abs. 4 GSpG in das GSpG eingefügt wurde (658 Blg NR, 24. GP, 8), enthalten keine Ausführungen zu § 50 Abs. 4 GSpG. Unter einer "Person, die Glücksspieleinrichtungen bereit hält", kann jedoch schon nach dem Wortsinn und dem Gesetzeszweck jemand verstanden werden, der de facto für die Bereithaltung einer "Einrichtung", mit der Glücksspiele von Dritten gespielt werden können, sorgt.“
Dies bedeutet im Ergebnis nicht, dass eine Bestrafung des Mitwirkungspflichtigen im Falle deaktivierter Geräte niemals möglich wäre, es ist jedoch jedenfalls ein ausreichendes Ermittlungssubstrat zu schaffen, das eine Feststellung, dass es sich tatsächlich um Glücksspielgeräte gehandelt hat, ermöglicht. Ein solches kann etwa durch die Einvernahme von Zeugen (Spieler, Gäste, usw.) erfolgen.
Hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Geräte waren keine Feststellungen dazu, ob es sich um Glücksspielgeräte handelt, möglich. Auf diesen Gerätschaften wurden weder Probespiele durchgeführt, noch konnte eine Spielerbeobachtung vorgenommen werden. Auch ermittelte die Finanzpolizei keine Personen, welche als Zeugen zum Spielablauf befragt werden hätten können. Alleine aus den Umständen, dass die vorgefundenen Geräte betriebswarm waren und sich auf dem Tisch zwischen den Geräten ein benützter Aschenbecher befand, kann nicht mit der für eine Strafverfahren erforderlichen Sicherheit geschlossen werden, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Geräten um Glücksspielgeräte handelt. Auch bei dem Umstand, dass die Geräte wieder an den Standplätzen, wo bei Vorkontrollen bereits Glücksspielgeräte vorgefunden wurden, platziert waren, handelt es sich um kein ausreichendes Beweisergebnis dafür, dass es sich um Glücksspielgeräte handelt und mit diesen Ausspielungen durchgeführt wurden.
Der Bf konnte daher nicht nachgewiesen werden, dass sie Auskünfte zu Glücksspieleinrichtungen verweigert hat.
Eine Bestrafung kann iSd § 45 Abs. 1 Z 1 VStG aber nur dann erfolgen, wenn die der Beschuldigten zur Last gelegte Tat erwiesen ist. Im Verwaltungsstrafverfahren gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“ (Fister in Lewisch/Fister/ Weilguni, VStG § 25 Rz 10).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, darf der Grundsatz „in dubio pro reo" nur angewendet werden, wenn nach Durchführung des Beweisverfahrens Zweifel an der Verwirklichung des Tatbildes durch die Beschuldigte bleiben (statt vieler: VwGH 15.11.2000, 2000/03/0237). Wie oben ausführlich dargestellt, war im vorliegenden Fall die Klärung der Frage, ob es sich bei den verfahrensgegenständlichen Geräten um Glücksspielgeräte handelt, nicht annähernd möglich. Weder aufgrund der im Verwaltungsakt einliegenden Beweismittel noch aufgrund der Aussagen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte die im bekämpften Straferkenntnis vorgeworfene Tat erwiesen werden.
Der von der belangten Behörde in ihrer Begründung gezogen Schluss, es müsse sich um Glücksspielgeräte handeln und seien offensichtlich kurz vor Beginn der Kontrolle Strom- und Internetverbindung getrennt worden, ist in dieser Form nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes unzulässig, zumal in diesem besonderen Fall, die Ermittlungsbehörde zu keiner Zeit Feststellungen dazu treffen konnte, ob ein Spielen mit den Geräten überhaupt und wenn ja, um Geld möglich war, zumal die Geräte bei Beginn der Kontrolle vollkommen funktionsunfähig waren. Der Fall unterscheidet sich sohin wesentlich von anderen Fällen, bei welchen eine Kontrolle und Bespielung noch bei funktionierenden Geräten begonnen wird und dann, während dieser Kontrolle die Internet- oder Stromverbindung getrennt wird, sodass augenscheinlich ist, dass Glücksspielgeräte vorhanden sind und die Amtshandlung durch aktives Handeln behindert wird.
Vorliegend ist kein ausreichendes Beweissubstrat vorhanden. Lediglich die Erfahrung der handelnden Personen, lässt die Vermutung (Verdacht) zu, dass es sich um Glücksspielgeräte handelte. Diese Vermutung ist jedoch kein Nachweis.
Dem Gesetz zu unterstellen ein Verdacht reiche hin, ist ebenso unzulässig, zumal im Strafrecht ein generelles Analogieverbot, also einer extensiven Auslegung zulasten des Beschuldigten, herrscht. Es ergibt sich dies aus dem Grundsatz „Nullum crimen sine lege“ (Art. 7 EMRK). Das Ausfüllen einer Gesetzeslücke durch Analogie ist im Verwaltungsstrafrecht also unzulässig (vgl. VfGH v. 11. Oktober 1962 Slg. 4280 uva.).
IV. Im Ergebnis war der Beschwerde daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45
Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen. Bei diesem Ergebnis war auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr einzugehen.
Bei diesem Ergebnis war der Bf gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht, noch ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.
V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist zulässig, da, soweit ersichtlich, Judikatur des VwGH zur Frage fehlt, ob in Zusammenhang mit der Bestrafung Mitwirkungspflichtiger die positive Feststellung erforderlich ist, dass vorgefundene, nicht betriebsbereite Geräte, Glücksspielgeräte iSd des GSpG sind.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Pohl