LVwG-750336/2/ER
Linz, 14.06.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des J S, geb. x, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 15. Jänner 2016, GZ: Sich51-1155-1997, mit dem die Vorstellung gegen einen Bescheid, mit dem ein Waffenverbot verhängt wurde, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Der Beschwerde wird insofern stattgegeben als der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau, vom 15. Jänner 2016, GZ: Sich51-1155-1997, aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG an die Bezirkshauptmannschaft Braunau zurückverwiesen wird.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Mandatsbescheid vom 29. Mai 2015, GZ: Sich51-1155-1997, verhängte die Bezirkshauptmannschaft Braunau (im Folgenden: belangte Behörde) über den nunmehrigen Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ein Waffenverbot, gegen das er rechtzeitig mit Schreiben vom 12. Juni 2015 Vorstellung erhob. Aufgrund dieser Vorstellung leitete die belangte Behörde am 15. Juni 2015 durch Ersuchen um Auskunft per E-Mail an die S Jägerschaft das ordentliche Ermittlungsverfahren ein.
Mit Bescheid vom 15. Jänner 2016, GZ: Sich51-1155-1997, gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge und bestätigte das verhängte Waffenverbot wie folgt:
„Mit Bescheid vom 29.05.2015, Sich-51-1155-1997 wurde Ihnen der Besitz von Waffen und Munition verboten. Über die gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachte Vorstellung ergeht von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung folgender
Spruch:
Der Vorstellung vom 10.06.2015, zugestellt am 16.06.2015 wird keine Folge gegeben. Der Besitz von Waffen und Munition wird Ihnen verboten.
Rechtsgrundlage:
§ 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 idgF
Begründung:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 29. Mai 2015 wurde Ihnen gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 iVm § 57 Abs 1 AVG 1991 der Besitz von Waffen und Munition verboten, weil Sie während des Vorbereitungskurses zur Jagdprüfung vor mehreren Kursteilnehmern die bedenkliche Aussage machten, dass Sie die Jagdprüfung nur deswegen ablegen, um Ihre Frau zu erschießen.
In Verbindung mit Ihrem Waffenbesitz war diese Aussage als besonders brisant anzusehen und es konnte nicht mehr ausgeschlossen werden, dass Sie durch missbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnten.
Mit Eingabe vom 10.06.2015 haben Sie durch Ihren Rechtsvertreter gegen den Bescheid vom 29.05.2015 das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht und gleichzeitig die Wiederausfolgung der sichergestellten Waffen beantragt.
Sie brachten darin unter anderem vor, dass Sie sich bisher nie etwas zu Schulden kommen ließen, sowie Ihre Ehefrau bereits 2008 verstorben sei und Sie seit Jänner 2015 eine glückliche Beziehung mit Fr. R S führen.
Im Zuge des ordentlichen Ermittlungsverfahrens wurde Ihnen von Amts wegen aufgetragen, sich zum Zwecke der Beurteilung des Vorliegens aggressiver Tendenzen oder von Anzeichen für Alkoholmissbrauch, einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
Im Zuge der am 05.08.2015 stattgefundenen amtsärztlichen Untersuchung wurde Ihnen das Erfordernis eines waffenpsychologischen Gutachtens sowie der Beibringung relevanter Laborwerte mitgeteilt.
Bis dato wurde das von Ihnen geforderte waffenpsychologische Gutachten sowie einer der geforderten Laborwerte (HbA1c) trotz Aufforderung nicht beigebracht.
Mangels Vorliegen des waffenpsychologischen Gutachtens bzw. des angeführten Laborwerts konnte daher kein abschließendes amtsärztliches Gutachten erstellt werden.
Der festgestellte Sachverhalt ist wie folgt rechtlich zu beurteilen:
Gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder Eigentum gefährden könnte.
Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 Waffengesetz bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es bereits zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Es genügt, wenn konkrete Umstände vorliegen, durch die die im Gesetz umschriebene Annahme für die Zukunft gerechtfertigt erscheint. Bei der Beurteilung dieser Frage ist nach dem Schutzzweck des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen.
Es ist bei der Entscheidung nach § 12 Abs 1 Waffengesetz eine Prognose aus dem bisherigen Verhalten des Betroffenen dahingehend zu fällen, dass dieser in Zukunft Waffen missbrauchen und dadurch geschützte Rechtsgüter gefährden werde. Tatbildlich ist also lediglich die künftige Missbrauchsmöglichkeit, ein bereits erfolgter Missbrauch ist nicht erforderlich.
Durch die Aussage, Sie würden die Jagdprüfung nur deswegen ablegen, um Ihre Frau zu erschießen, ergaben sich Umstände, die eine missbräuchliche Verwendung von Waffen durch Sie befürchten ließen und daher die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung rechtfertigten. Dabei kann auch die Bezeichnung ‘Frau’ statt beispielsweise ‘Freundin’ oder ‘Lebensgefährtin’ nicht schaden, da es nicht außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegt, dass umgangssprachlich mit der Bezeichnung einer Person als ‘meine Frau’ genauso eine ‘bloße’ Lebensgefährtin gemeint sein kann.
Das Nicht-Beibringen des im Zuge der amtsärztlichen Untersuchung angeordneten waffenpsychologischen Gutachtens bzw. des fehlenden HbA1c-Laborwerts ist als eine Verletzung Ihrer Mitwirkungspflicht im verwaltungsrechtlichen Ermittlungsverfahren zu werten.
Aus Sicht der Waffenbehörde kann daher - mangels Vorliegen eines entsprechenden amtsärztlichen Gutachtens - weiterhin die Befürchtung nicht ausgeschlossen werden, dass Sie durch missbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit und Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden.
Der Besitz von Waffen und Munition ist ihnen daher weiterhin zu verbieten, es war spruchgemäß zu entscheiden.“
I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf, in der er begründend Folgendes vorbrachte:
„Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Ausspruch eines Waffenverbotes gegenüber meiner Person liegen gegenständlich nicht vor. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat im gegenständlichen Bescheid die vorliegenden Beweisergebnisse nicht in einem entsprechenden Ausmaß gewürdigt, der vorhegende Bescheid leidet überdies an Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung.
Insbesondere wird auch auf das Vorbringen im Vorstellungsschriftsatzes vom 10.06.2015 verwiesen und die darin enthaltenen Ausführungen sowie dem Antrag auf Wiederausfolgung der beschlagnahmten Waffen.
In dem Mandatsbescheid sowie auch im Vorstellungsbescheid ist keinesfalls hinreichend begründet, warum eine künftige Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen zu befürchten sei, vor allem da die Anzeiger und auch die beantragte Zeugin von der Behörde noch nicht einmal einvernommen wurden.
Nach § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996 hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen das Leben, die Gesundheit und die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Wesentlich ist dabei, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (VwGH 26.2.2002, Zl.2000/20/0076). Ich habe gegenständlich zu keiner Zeit Anlass zu derartigen Vermutungen gegeben und habe insbesondere auch zu keiner Zeit aggressives Verhalten an den Tag gelegt. Selbst im Polizeibericht der Polizeiinspektion Mattighofen wurde angemerkt, dass ich im Zuge der Amtshandlung stets ein kooperatives und freundliches Auftreten an den Tag legte. Keinen ‘gefährlichen’ Eindruck machte. Betreffend der Verwahrung der Waffen formten auch keine Auffälligkeiten festgestellt werden.
Ich bin bereits seit 33 Jahren in Besitz einer Waffenbesitzkarte und habe mir niemals etwas zu Schulden kommen lassen, weshalb eine waffenrechtliche Verlässlichkeit jedenfalls zu bejahen ist. Seit dem Jahr 2003 bin ich im Besitz eines Waffenführerschei-nes, welcher im Zeitabstand von 5 Jahren regelmäßig erneuert worden ist und wurde in diesem Zusammenhang auch die Verwahrung der Waffen kontrolliert.
Es wurden regelmäßige Überprüfungen der sicheren Verwahrung der Waffen von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorgenommen und habe ich alle Anordnungen und gesetzlichen Vorgaben zur sicheren Verwahrung der Waffen erfüllt. Es gab zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel an der waffenrechtlichen Verlässlichkeit und habe ich den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes jederzeit den Zugang zum Verwahrungsort ermöglicht Die Waffen wurden von mir immer ordnungsgemäß und sicher dem Gesetz entsprechend verwahrt und steht das verhängte Waffenverbot zum Gewicht des Eingriffes außer Verhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH dient die Verhängung eines Waffen-verbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen, jedoch habe ich zu keinem Zeitpunkt eine Waffe missbräuchlich verwendet.
Die Waffenbehörde hat im Rahmen der Überprüfung der waffenrechtlichen Verläss-lichkeit eine Prognoseentscheidung anzustellen und aus bekannten und beweispflichtigen Tatsachen auch die Gefahr einer künftigen missbräuchlichen Waffenverwendung, die mit einer Gefährdung von Leben, Gesundheit, Freiheit oder Fremdeneigentum verbunden sein könnte, zu schließen (zum Vergleich VwGH vom 05.05.2014, Ro2014/03/0033). Die Verdachtsmomente der Behörde beruhen jedoch nur auf der anonymen Anzeige von namentlich nicht genannten Jagdkurskollegen und hat die Behörde es unterlassen diese Personen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens einzuvernehmen. Im Rahmen des Parteiengehörs wurde mir keine Möglichkeit gegeben zu den nicht näher verifizierten Angaben der Jagdkurskollegen Stellung zu nehmen und wurde mir ebenso die Anzeige nicht vorgezeigt. Im Vorstellungsschriftsatz wurde zum Beweis des Gegenteils meine Einvernahme beantragt, jedoch fand im gesamten Ermittlungsverfahren keine Einvernahme iSd § 51 AVG statt.
Hierzu ist weiter anzuführen, dass ich zu keinem Zeitpunkt eine Äußerung dahingehend gemacht habe, dass ich den Vorbereitungskurs zur Jagdprüfung mache um meine Frau zu erschießen. Eine derartige Äußerung habe ich nicht getätigt. Vor allem ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass meine Ehefrau bereits im Jahr 2008 krankheitsbedingt verstorben ist. Erst seit Jänner 2015 führe ich wieder eine glückliche Beziehung und kann meine Lebensgefährtin ebenso bestätigen, dass ich ihr zu keinem Zeitpunkt gedroht und schon gar nicht mit dem Erschießen gedroht habe. Jedoch wurde dem Antrag auf Einvernahme von meiner Lebensgefährtin Frau R S nicht entsprochen.
Darüber hinaus ist nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass ich völlig unbescholten bin und habe ich noch niemals jemanden bedroht oder verletzt, die im Gesetz genannten Rechtsgüter wurden und werden von mir nicht gefährdet, ein missbräuchlicher Waffengebrauch ist entgegen der Annahme der Bezirkshauptmannschaft daher nicht zu befürchten.
Entgegen der Ansicht der Bezirkshauptmannschaft liegen keine bestimmten Tatsachen im Sinne des Gesetzes (§ 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996) vor, welche die Annahme rechtfertigen, ich würde Waffen missbräuchlich verwenden.
Hätte die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn den Sachverhalt entsprechend im Rahmen der Amtswegigen Untersuchung aufgenommen und diese Beweisergebnisse gewürdigt, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verhängung eines Waffenverbotes nicht vorliegen und ein Zweifel an der waffenrechlichen Verlässlichkeit nicht gegeben ist.
Aus dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu entnehmen welchen konkreten Sachverhalt die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn ihrer Entscheidung zu Grunde legt, da zum genauen Sachverhalt noch nicht einmal die Anzeiger selbst einvernommen worden sind und keinerlei Ermittlungen zur Feststellung des Sachverhaltes durchgeführt wurden.
Gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 25 VStG gelten im Verwaltungsstrafverfahren vor den Verwaltungsgerichten der Amtswegigkeitsgrundsatz und der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit. Grundsätzlich ist es daher so, dass die Sachverhaltsklärung der Verwaltungsbehörde obliegt, was sich auch durch eine Mitwirkung des Beteiligten nicht ändert. Die Behörde erster Instanz hat jedoch weder die von mir beantragte Zeugin, noch die Anzeiger selbst, welche bislang auch namentlich nicht bekannt sind, einvernommen, noch wurde die schriftlich Anzeige übermittelt und konnte ich hierzu auch keine detaillierte Stellungnahme abgeben, da mir der genaue Inhalt der Anzeige nicht bekannt ist.
Der maßgebliche Sachverhalt ist aber von der Behörde nicht ausreichend ermittelt worden und sind die daraus resultierenden Erwägungen weder schlüssig, noch nach-vollziehbar. Entgegen der Ansicht der Bezirkshauptmannschaft ergeben sich aus den Angaben der Behörde jedoch keine bestimmten Tatsachen, welche die Annahme rechtfertigen, ich würde Waffen missbräuchlich verwenden. Es liegen auch keine ‘bestimmten Tatsachen’ vor und ist die Behörde ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen.
Trotz angezeigtem aufrechtem Vollmachtverhältnisses hat die zuständige Amtsärztin direkt mit mir Kontakt aufgenommen und sämtliche medizinischen Unterlagen einge-fordert und einen Gutachtensauftrag erteilt, dies ohne Vorliegen konkreter Tatsachen und ohne konkreten Angaben der Anzeiger.
Es liegen keine Gründe vor, die eine Gutachtensbeauftragung und -Vorlage eines um-fangreichen Bluttestes rechtfertigen würden, und muss nochmals daraufhin gewiesen werden, dass ich die erforderlichen Nachweise des GAMMA GT-Wertes und des MCV-Wertes, der Behörde übermittelte und diese Werte keine Auffälligkeiten zeigten. Ich habe auch der Behörde die Medikamentenangaben übermittelt. Die Forderung der Behörde der Einholung eines Gutachtens ist jedoch nicht notwendig und besteht hierfür überhaupt kein Anhaltspunkt.
Die Behörde hat keine rechtliche Grundlage für die Verhängung eines Waffenverbotes und gibt es auch keine Anhaltspunkte oder begründete Bedenken für die Verhängung des Waffenverbotes, weshalb auch eine Mitwirkungspflicht in dem geforderten Ausmaß nicht gerechtfertigt ist.
Die pauschale Rechtfertigung der Behörde zur amtsärztlichen Untersuchung zum Zwecke der Beurteilung des Vorliegens aggressiver Tendenzen bzw. von Anzeichen für Alkoholmissbrauch, ist jedenfalls nicht ausreichend begründet und entbehrt jeglicher gesetzlicher Grundlage.
Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. E 11. Juni 1968, 0189/68; E 26. Jänner 2012, 2009/09/0143; E 20. Februar 2014, 2013/09/0196; E VfGH, 22. Juni 2009, U 1137/08, VfSlg 18799; E VfGH 29. September 2010, U808/10, VfSlg 19181).
Der Untersuchungsgrundsatz verwirklicht das Prinzip der materiellen (objektiven) Wahrheit, welcher es verbietet, den Entscheidungen einen bloß formell (subjektiv) wahren Sachverhalt zu Grund zu legen. Der Auftrag zur Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichtet die Verwaltungsgerichte, alles in ihrer Macht stehende zu unter-nehmen, um der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 112 E 3 zu § 25 VStG). In diesem Sinne sind alle sich bietenden Erkenntnisquellen sorgfältig auszuschöpfen und insbesondere diejenigen Beweise zu erheben, die sich nach den Umständen des jeweiligen Falles anbieten oder als sachdienlich erweisen können (aaO E 14). Die Sachverhaltsermittlungen sind ohne Einschränkungen eigenständig vorzunehmen (aaO E 16). Auch eine den Beschuldigten allenfalls treffende Mitwirkungspflicht enthebt das Verwaltungsgericht nicht ihrer aus dem Grundsatz der Amtswegigkeit erfließenden Pflicht, zunächst selbst - soweit das möglich ist - für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen (aaO E 170). Die Mitwirkungspflicht der Partei hat insbesondere dort Bedeutung, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1999, ZI. 98/21/0137). (VwGH vom 15.12.2014, Ro 2014/17/0121)
Zusammenfassend ist auszuführen, dass die gesamten Vorwürfe auf Fehlannahmen der Behörde fußen. Einerseits wird fehlerhaft angenommen, dass ich geäußert hätte meine ‘Frau zu erschießen’ andererseits wird mir ohne Anhaltspunkte Alkoholmissbrauch und das Vorliegen aggressiver Tendenzen unterstellt.
Hätte die belangte Behörde ein dem Gesetz entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass ich keine Tatsache die mir zur Last gelegt wird gesetzt habe. Dazu trifft die Behörde keinerlei Feststellungen und begründet auch nicht, warum in meiner konkreten Situation von einer besonderen Gefahrenlage auszugehen ist, weswegen der Bescheid den Begründungserfordernissen der §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG nicht gerecht wird.
Meinen Beweisantrag in der Vorstellung vom 10.06.2015 auf Einvernahme der genannten Zeugin zum Beweis der Richtigkeit meiner Verantwortung halte ich explizit aufrecht und verweise auf meinen Antrag auf Ausfolgung der sichergestellten Waffen.
Abschließend ist festzuhalten, dass ich seit 33 Jahren im Besitz der Waffenbesitzkarte und seit 2003 im Besitz des Waffenführerscheines und strafrechtlich unbescholten bin. Das Waffenverbot ist nicht gerechtfertigt und ist eine waffenrechtliche Verlässlichkeit jedenfalls gegeben.“
I.3. Mit Schreiben vom 22. Februar 2016 (eingelangt am 3. März 2016) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.
Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und die Beschwerde.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfällt, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 24 Abs 2 VwGVG).
I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungsrelevanten S a c h v e r h a l t aus:
Der Bf ist seit mehr als 30 Jahren im Besitz einer Waffenbesitzkarte und seit 13. Februar 2003 zusätzlich im Besitz eines Waffenführerscheins, der 2008 und 2013 jeweils erneuert wurde.
Der Bf ist strafrechtlich unbescholten, gegen ihn liegen keine Anzeigen vor.
Der Bf ist seit 2008 verwitwet. Seit Anfang 2015 hat der Bf eine Lebensgefährtin, mit der er nicht im gemeinsamen Haushalt wohnt.
Am 11. Mai 2015 absolvierte der Bf erfolgreich die Jagdprüfung.
Am 13. Mai 2015 ging bei der belangten Behörde eine Mitteilung eines Funktionärs der S Jägerschaft ein, wonach der Bf während des Vorbereitungskurses zur Jagdprüfung „laut Auskunft von Kursteilnehmern“ die Aussage getätigt haben soll, dass er die Jagdprüfung nur ablege, um seine Frau zu erschießen.
Am 13. Mai 2015 wurde über den Bf ein vorläufiges Waffenverbot verhängt und wurden sämtliche laut Waffenregisterbescheinigung im Besitz des Bf befindlichen Waffen samt dazugehöriger Munition und der Waffenbesitzkarte vorläufig sichergestellt. Sämtliche Waffen waren ordnungsgemäß verwahrt.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2015 ersuchte die belangte Behörde die do Sanitätsabteilung, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob beim Bf aggressive Tendenzen oder Anzeichen für Alkoholmissbrauch feststellbar sind oder aus medizinischer Sicht sonstige Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bf durch die missbräuchliche Verwendung von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Mit Schreiben vom 30. September 2015 teilte der Bf der belangten Behörde mit, dass er der amtsärztlichen Untersuchung nachgekommen sei und sämtliche Befunde und Medikamente übermittelt habe und legte einen Befund bei.
Mit Schreiben vom 12. Oktober 2015 wurde die belangte Behörde von der Amtsärztin informiert, dass die alkoholrelevanten Laborwerte im Normalbereich lägen, es fehle aber der HbA1c-Wert als Marker für die Einschätzung der Stoffwechsellage bei berichtetem behandeltem Diabetes. Ferner hat die Amtsärztin dem Bf das Erfordernis eines waffenpsychologischen Gutachtens mitgeteilt. Da das waffenpsychologische Gutachten nicht beigebracht worden sei, könne ein amtsärztliches Gutachten nicht erstellt werden.
Ohne weitere Ermittlungsschritte zu setzen, erließ die belangte Behörde den nunmehr bekämpften Bescheid.
II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich völlig widerspruchsfrei und unbestritten aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
III. Gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz – WaffG, BGBl I Nr 12/1997 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 161/2013, hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Gemäß Abs 2 par.cit. sind die im Besitz des Menschen, gegen den ein Waffenverbot erlassen wurde, befindlichen
1. Waffen und Munition sowie
2. Urkunden (ausgenommen Jagdkarten), die nach diesem Bundesgesetz zum Erwerb, Besitz, Führen oder zur Einfuhr von Waffen oder Munition berechtigen,
unverzüglich sicherzustellen. (...)
Gemäß Abs 3 par.cit. hat eine Beschwerde gegen ein Waffenverbot keine aufschiebende Wirkung. (...)
Gemäß § 8 Abs 1 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er
1. Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
Gemäß Abs 2 par.cit ist ein Mensch keinesfalls verlässlich, wenn er
1. alkohol- oder suchtkrank ist oder
2. psychisch krank oder geistesschwach ist oder
3. durch ein körperliches Gebrechen nicht in der Lage ist, mit Waffen sachgemäß umzugehen.
Gemäß Abs 6 par.cit. gilt ein Mensch als nicht verlässlich, wenn aus Gründen, die in seiner Person liegen, die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich war. Als solcher Grund gilt jedenfalls, wenn der Betroffene sich anlässlich der Überprüfung seiner Verlässlichkeit weigert, der Behörde
1. Waffen, die er nur auf Grund der nach diesem Bundesgesetz ausgestellten Urkunde besitzen darf, samt den zugehörigen Urkunden vorzuweisen;
2. die sichere Verwahrung der in Z 1 genannten Waffen nachzuweisen, obwohl auf Grund bestimmter Tatsachen Zweifel daran bestehen, daß er die Waffen sicher verwahrt.
Gemäß Abs 7 par.cit. hat sich die Behörde bei erstmaliger Prüfung der Verlässlichkeit davon zu überzeugen, ob Tatsachen die Annahme mangelnder waffenrechtlicher Verlässlichkeit des Betroffenen aus einem der in Abs 2 genannten Gründe rechtfertigen. Antragsteller, die nicht Inhaber einer Jagdkarte sind, haben ein Gutachten darüber beizubringen, ob sie dazu neigen, insbesondere unter psychischer Belastung mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden. Der Bundesminister für Inneres hat durch Verordnung geeignete Personen oder Einrichtungen zu bezeichnen, die in der Lage sind, dem jeweiligen Stand der psychologischen Wissenschaft entsprechende Gutachten zu erstellen, sowie die anzuwendenden Testverfahren und die dabei einzuhaltende Vorgangsweise festzulegen.
Gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
IV.1. Die Entscheidung, ob ein Waffenverbot zu verhängen ist, ist keine Ermessensentscheidung (arg. „...hat...“, s auch VwGH vom 12. September 2002, 2000/20/0425). Um zu einer derartigen Entscheidung zu kommen, ist eine Prognoseentscheidung durchzuführen, wobei die Verhängung eines Waffenverbots voraussetzt, dass aus dem bisherigen Verhalten des Betroffenen die Prognose zulässig sein muss, er könnte in Zukunft Waffen missbrauchen und dadurch eines oder mehrere der in § 12 Abs 1 WaffG taxativ aufgezählten geschützten Rechtsgüter gefährden. Es genügt, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt somit voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine missbräuchliche Verwendung von Waffen zu befürchten ist (vgl VwGH 27. Februar 2013, 2012/03/0123).
Diese Prognose hat auf Tatsachen zu basieren. Ob Tatsachen iSd § 12 Abs 1 WaffG vorliegen, ist eine Rechtsfrage (vgl VwGH 27. November 2012, 2012/03/0134). Die angenommenen Tatsachen müssen wiederum die zukünftige Missbrauchsmöglichkeit (im Hinblick auf die geschützten Rechtsgüter: Leben, Gesundheit, Freiheit und fremdes Eigentum) begründen.
IV.2.1. Die belangte Behörde hat ihr Ermittlungsverfahren darauf beschränkt, die do Sanitätsabteilung aufzufordern, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob beim Bf aggressive Tendenzen oder Anzeichen für Alkoholmissbrauch feststellbar sind oder aus medizinischer Sicht sonstige Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bf durch die missbräuchliche Verwendung von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Die entscheidungsrelevante Rechtsfrage sollte somit von der Sanitätsabteilung mittels Gutachten (vgl oben VwGH 27. November 2012, 2012/03/0134) geklärt werden.
Um überhaupt in einem Verfahren gemäß § 12 WaffG eine ärztliche Untersuchung und Gutachtenserstellung anordnen (und die allfällige Weigerung, sich einer solchen zu unterziehen unter den unten dargestellten Voraussetzungen als Verletzung der Mitwirkungspflicht würdigen) zu können, bedarf es bestimmter Anhaltspunkte dafür, dass vom Betroffenen eine Gefährdung im Sinne des § 12 WaffG ausgehen könnte (vgl VwGH 3.9.2008, 2005/03/0110).
Die belangte Behörde hat die Notwendigkeit der Erstellung eines Gutachtens auf eine Mitteilung eines Funktionärs der S Jägerschaft gestützt, wonach diesem Funktionär von Teilnehmern am Jagdausbildungskurs zugetragen worden sei, dass der Bf diesen Teilnehmern gegenüber im Rahmen des Kurses gesagt habe, die Jagdprüfung bloß zu machen, um seine Frau zu erschießen. Diese angebliche Äußerung des Bf, die der belangten Behörde von einer nicht unmittelbar involvierten Person bloß vom Hörensagen mitgeteilt wurde, überprüfte die belangte Behörde in keiner Weise auf ihren Wahrheitsgehalt. Es wurde lediglich die Polizeiinspektion Mattighofen ersucht, ein vorläufiges Waffenverbot auszusprechen, die Waffen samt Munition und Urkunden sicherzustellen und den Bf mit „der Mitteilung der S Jägerschaft zu konfrontieren“. Weitere Ermittlungsschritte in diese Richtung wurden nicht gesetzt.
Konfrontiert mit der Aussage der Jagdkollegen gab der Bf gegenüber den Beamten der PI Mattighofen an, nicht sagen zu können, ob er im Rahmen des Vorbereitungskurses zur Jagdprüfung solch eine Äußerung getätigt habe. Sollte dies der Fall gewesen sein, habe er es nicht so gemeint, dann sei nur geblödelt worden. Die Beamten der PI Mattighofen merkten in ihrem Bericht ausdrücklich an, dass der Bf im Rahmen der Amtshandlung stets ein kooperatives und freundliches Verhalten an den Tag gelegt und keinen gefährlichen Eindruck gemacht habe, betreffend die Verwahrung der Waffen wurden keine Auffälligkeiten festgestellt.
In der Vorstellung gegen das mit Mandatsbescheid ausgesprochene Waffenverbot brachte der Bf vor, diese Äußerung nicht getätigt zu haben, seine Ehefrau sei ferner bereits 2008 verstorben, und seine Lebensgefährtin könne bestätigen, dass er ihr zu keinem Zeitpunkt mit dem Erschießen gedroht habe. Der Bf beantragte die Einvernahme seiner Lebensgefährtin.
Die belangte Behörde unterließ es aber, die Lebensgefährtin des Bf, den Bf selbst oder jene Personen, die die angeblichen Äußerungen des Bf unmittelbar wahrgenommen haben wollen, zu befragen. Stattdessen ging sie davon aus, dass durch die nicht überprüfte Äußerung des Bf Umstände vorliegen würden, die eine missbräuchliche Verwendung von Waffen durch den Bf befürchten ließen und daher die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung gerechtfertigt sei. Der Bf könnte im Rahmen der angeblichen Äußerung auch umgangssprachlich seine Lebensgefährtin gemeint haben. Anstatt erst Ermittlungsschritte zu setzen, um den Wahrheitsgehalt dieser angeblichen Äußerung zu überprüfen, um sie tatsächlich als Anhaltspunkt für eine ärztliche Untersuchung bzw ein Gutachten heranziehen zu können, hat die belangte Behörde diese Wahrnehmung Dritter, die der belangten Behörde durch eine weitere – nicht involvierte Person zugetragen wurde – ungeprüft dafür herangezogen, die Amtsärztin mit einer Untersuchung zu beauftragen.
Ohne Überprüfung der angeblichen Äußerung des Bf auf ihre Tauglichkeit als „Anhaltspunkt“ iSd zitierten Judikatur fehlt der Anordnung eines amtsärztlichen Gutachtens somit nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichts die Grundlage.
IV.2.2. Dennoch hat der Bf an der amtsärztlichen Untersuchung selbst mitgewirkt, indem er sich der Untersuchung unterzogen und sämtliche Befunde, Laborwerte über einen Bluttest und Medikamente übermittelte. Die Erstellung des abschließenden amtsärztlichen Gutachtens sei aber – entsprechend den Angaben der Amtsärztin – ausschließlich an der Nicht-Beibringung des waffenpsychologischen Gutachtens gescheitert.
Anzeichen für Alkoholmissbrauch konnten laut Auskunft der Amtsärztin nicht festgestellt werden. Es fehle aber der HbA1c-Wert als Marker für die Einschätzung der Stoffwechsellage bei berichtetem behandeltem Diabetes. Dieser Wert gibt Auskunft über die Blutzuckerwerte der letzten vier bis zwölf Wochen (vgl www.xxx.at), in welcher Weise dieser Wert jedoch in waffenrechtlicher Sicht relevant sein soll, wurde weder von der Amtsärztin noch von der belangten Behörde erläutert. Ebenso wurde nicht begründet, warum das Fehlen dieses Werts eine Tatsache iSd § 12 Abs 1 WaffG darstellen sollte.
IV.2.3. Die von der belangten Behörde mit der Erstellung des Gutachtens beauftragte Amtsärztin hat dem Bf die Beibringung von Laborbefunden aufgetragen und ihm das Erfordernis eines waffenpsychologischen Gutachtens mitgeteilt. Da das waffenpsychologische Gutachten nicht beigebracht worden sei, habe das amtsärztliche Gutachten – entsprechend dem Aktenvermerk der Amtsärztin vom 12. Oktober 2015 – nicht erstellt werden können.
Abgesehen davon, dass die Zuständigkeit zum Auftrag der Beibringung eines derartigen Gutachtens nicht bei der Amtsärztin, sondern bei der Behörde liegt (§ 8 Abs 7 WaffG), kann entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. November 2012, 2012/03/0134, im Fall des § 12 WaffG dem Betroffenen die Beibringung eines Gutachtens nicht mit einer dem für die Verlässlichkeitsprüfung maßgeblichen § 8 Abs 6 WaffG 1996 entsprechenden Wirkung aufgetragen werden. Vielmehr hat die Behörde entweder sogleich oder im Fall der Nichtvorlage eines Gutachtens durch den Betroffenen von Amts wegen einen entsprechenden Sachverständigen zu bestellen und selbst mit der Erstellung eines Gutachtens zu betrauen. Wirkt der Betroffene dann nicht entsprechend mit, kann die Behörde diesen Umstand im Verfahren nach § 12 WaffG 1996 zum Nachteil des Betroffenen würdigen (vgl auch VwGH 3.9.2008, 2005/03/0110).
Die belangte Behörde hat aber – der eben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs widersprechend – das Nicht-Beibringen des (von der dazu unzuständigen Amtsärztin) angeordneten waffenpsychologischen Gutachtens als Verletzung der Mitwirkungspflicht gewertet und im Ergebnis daher darauf geschlossen, dass der Bf durch missbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit und Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Darüber hinaus kann entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ein Gutachten, das dem Betroffenen (bloß) das Fehlen der waffenrechtlichen Verlässlichkeit bescheinigt, für sich allein keine Grundlage für die Verhängung eines Waffenverbots nach § 12 Abs 1 WaffG sein (vgl VwGH 21.12.2012, 2010/03/0098).
Zumal die Beibringung eines waffenpsychologischen Gutachtens dem Bf in einem Verfahren gemäß § 12 Abs 1 WaffG weder mit einer dem für die Verlässlichkeitsprüfung maßgeblichen § 8 Abs 6 WaffG 1996 entsprechenden Wirkung aufgetragen werden kann und die belangte Behörde von Amts wegen auch keinen entsprechenden Sachverständigen bestellt und mit der Erstellung eines Gutachtens betraut hat, noch das allfällige Fehlen der waffenrechtlichen Verlässlichkeit alleine Grundlage für die Verhängung eines Waffenverbots sein kann, kann dem Bf die vorgeworfene mangelnde Mitwirkung am – von der unzuständigen Amtsärztin aufgetragenen – waffenpsychologischen Gutachten im Zuge der Prognoseentscheidung nicht zum Nachteil geraten, bzw war auch dieser Ermittlungsschritt ungeeignet, eine Tatsache festzustellen, die die Verhängung eines Waffenverbots rechtfertigen würde.
IV.3.1. Die belangte Behörde hat im Ergebnis die Verhängung des Waffenverbots ausschließlich darauf gestützt, dass der Bf die Mitwirkungspflicht verletzt habe, indem er kein waffenpsychologisches Gutachten beigebracht hat und ein Laborwert betreffend die Stoffwechsellage bei behandeltem Diabetes ausständig ist. Aus Sicht der belangten Behörde könne daher die Befürchtung nicht ausgeschlossen werden, dass er durch missbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit und Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Die fehlende Mitwirkung an der Gutachtenserstellung kann jedoch nur unter den IV.2.3. dargestellten Voraussetzungen in einem Verfahren gemäß § 12 Abs 1 WaffG dazu führen, dass dem Betroffenen die Verlässlichkeit abgesprochen werden kann. Im vorliegenden Fall sind jedoch einerseits die zitierten Voraussetzungen nicht gegeben, andererseits könnte aus einer allfälligen mangelnden Verlässlichkeit für sich alleine kein Waffenverbot gerechtfertigt werden.
Ob der Bf jedoch tatsächlich jene Äußerung getätigt hat, die die belangte Behörde dazu veranlasst hat, die Amtsärztin heranzuziehen, blieb gänzlich unbeachtet. Sollte diese Äußerung – sofern sie tatsächlich getätigt wurde – ernst zu nehmen gewesen sein und die Lebensgefährtin des Bf in Unruhe versetzt haben, könnte daraus – auch ohne ärztliches Gutachten – durchaus auf das Vorliegen einer Tatsache iSd § 12 Abs 1 WaffG geschlossen werden. Die belangte Behörde hat aber weder – wie vom Bf bereits in der Vorstellung beantragt – die Lebensgefährtin des Bf dazu einvernommen, ob sie sich durch ihn bedroht fühlt, noch Anstrengungen unternommen, jene angebliche, von einem Vertreter der S Jägerschaft mitgeteilte Äußerung des Bf, die diesem von Dritten zugetragen wurde, auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Die belangte Behörde hat somit keinerlei Ermittlungsschritte zur Feststellung von Tatsachen gesetzt, die iSd § 12 Abs 1 WaffG die Annahme rechtfertigen könnten, dass der Bf durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
IV.3.2. Für das gegenständliche Verfahren bedeutet dies, dass im Rahmen des Ermittlungsverfahrens einerseits zu überprüfen gewesen wäre, ob sich die Lebensgefährtin des Bf durch diesen bedroht fühlt, andererseits wäre der Wahrheitsgehalt der angeblichen Äußerung des Bf gegenüber seinen Jagdkollegen zu überprüfen gewesen, wobei auch zu berücksichtigen ist, in welchem Kontext diese angebliche Äußerung gefallen sein soll und ob es sich dabei ggf um eine – wenn auch geschmacklose – Scherzäußerung gehandelt haben könnte.
Nach gefestigter Rsp des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH vom 26.6.2014, Ro 2014/03/0063; 10.09.2014, Ra 2014/08/0005; 26.3.2015, Ra 2014/07/0077) kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat.
Die Zurückverweisung der Beschwerdesache an die zuständige Behörde liegt darin begründet, dass diese die erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat. Im gegenständlichen Fall ist für das Oö. Landesverwaltungsgericht außerdem nicht ersichtlich, dass die eigene Sachverhaltsermittlung eine Kostenersparnis in welche Richtung auch immer (konkrete Amtshandlung/Gesamtverfahren) bewirken könnte. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die belangte Behörde ihr Ermittlungsverfahren erst zu einem späteren Zeitpunkt abschließen wird können als das Landesverwaltungsgericht ein von ihm geführtes abschließen könnte. Im Hinblick auf die Vorgeschichte des gegenständlichen Falles und die örtliche Nähe wird die belangte Behörde die erforderlichen Ermittlungsschritte und damit die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts zumindest mit der gleichen Raschheit und mit nicht höheren Kosten als das Landesverwaltungsgericht bewerkstelligen können.
V. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Die belangte Behörde hat über die Vorstellung des Bf – der ex lege keine aufschiebende Wirkung zukommt – nach Durchführung des ordentlichen Ermittlungsverfahrens neuerlich zu entscheiden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe dazu die in dieser Entscheidung zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. R e i t t e r