LVwG-411144/7/Gf/Mu
Linz, 24.05.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K !
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Grof über die Beschwerde der F GmbH, vertreten durch RA Dr. P R, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels (nunmehr: Landespolizeidirektion Oberösterreich) vom 23. Mai 2012, Zl. S-4192/12, wegen Anordnung einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz
z u R e c h t e r k a n n t :
I. Die Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Vorgängiges Behörden- und Verwaltungsgerichtsverfahren
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels (nunmehr: Landespolizeidirektion Oberösterreich) vom 23. Mai 2012, Zl. S-4192/12, wurde gemäß § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Glücksspielgesetzes, BGBl 620/1989 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 73/2010 (im Folgenden: GSpG), zur Verhinderung bzw. Fortsetzung der Begehung von weiteren Übertretungen des Glücksspielgesetzes die Beschlagnahme von 15 im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Eingriffsgegenständen – nämlich: Internet-Terminals und sog. „virtuelle Walzenspielgeräte“ – angeordnet.
Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass diese Geräte im Zuge einer am 10. März 2012 in einem Lokal in x durchgeführten Kontrolle von Organen der Finanzpolizei bespielt worden seien, wobei jeweils keine Einflussnahme auf das Spielergebnis möglich gewesen sei. Da die Rechtsmittelwerberin keine Konzession zum Betrieb derartiger Geräte hätte vorweisen können, sei sohin eine verbotene Ausspielung, mit der in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden sei, vorgelegen. Um solche Verstöße gegen § 52 Abs. 1 GSpG künftig wirksam hintanzuhalten, sei die Beschlagnahme dieser
Geräte anzuordnen gewesen.
2. Gegen diesen ihr am 29. Mai 2012 zugestellten Bescheid richtete sich die vorliegende, am 11. Juni 2012 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Beschwerde.
Darin wurde – auf das Wesentliche zusammengefasst – jeweils vorgebracht, dass dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden könne, inwiefern mit den beschlagnahmten Geräten tatsächlich Glücksspiele angeboten worden seien. Insbesondere handle es sich bei den sog. „Internet-Terminals“ bloß um Geräte, mit denen auf Internetseiten zugegriffen werden kann. Davon abgesehen sei angesichts des Umstandes, dass ein Einsatz von mehr als 10 Euro pro Spiel möglich gewesen sei, auch nicht ermittelt worden, ob eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte vorliege. Von all dem abgesehen verstoße aber die konkrete Ausgestaltung des Glücksspielmonopols gegen das Unionsrecht, sodass sich die angeordnete Beschlagnahme vornehmlich schon aus diesem Grund als rechtswidrig erweise.
3. Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 20. Juni 2012, VwSen-740097/2/Gf/Rt, wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
4. Dieses Erkenntnis wurde infolge einer dagegen erhobenen Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) mit Erkenntnis vom 18. November 2015, Zl. 2012/17/0285, aufgehoben, weil in der angefochtenen Entscheidung nicht auf die Frage der Verdrängung innerstaatlichen Rechts durch Unionsrecht eingegangen worden ist.
5. Hierauf hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich mit Beschluss vom 23. Dezember 2015, LVwG-410481/29/Gf/Mu u. LVwG-410482/24/Gf/Mu, das Beschwerdeverfahren gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zum Einlangen des Erkenntnisses oder Beschlusses des VwGH in einer dg. anhängigen gleichartigen, führenden Rechtssache ausgesetzt und dies dem VwGH mit Schreiben vom selben Tag mitgeteilt.
6. Mit Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, hat der VwGH (nicht bloß mit einer kassatorischen, sondern) im Wege einer Entscheidung in der Sache selbst ausgesprochen, dass eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG nicht zu erkennen ist (RN 123), weil die mit diesem Gesetz angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden und diese Ziele nicht bloß als Vorwand für die Beibehaltung der Monopolregelung bzw. einer Einnahmenmaximierung angesehen werden können. Dass vom Staat – bei Verfolgung gerechtfertigter Ziele im Sinne von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses – im Zusammenhang mit dem Glücksspiel hohe Einnahmen erzielt werden, macht die Regelungen des GSpG nicht unionsrechtwidrig, denn es ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Maßnahmen des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung und der Kriminalitätsbekämpfung sowie die Aufsicht über die Glücksspielkonzessionäre und Bewilligungsinhaber und auch die medizinischen Behandlungskosten von Spielsüchtigen sowie Fürsorgeunterstützungen für Spielsüchtige und deren Familien hohe finanzielle Kosten verursachen. Daher ist es auch unter diesen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn neben der Verfolgung von legitimen Zielen zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit auch entsprechende Einnahmen aus Abgaben im Zusammenhang mit Glücksspiel durch den Staat lukriert werden, wobei im Übrigen gerade die vom LVwG OÖ geforderte Vergabe von Konzessionen und Bewilligungen in unbeschränkter Anzahl eine Erhöhung der vom Staat lukrierten Abgaben ermöglichen würde (RN 122).
7. Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. Mai 2016, LVwG-410481/31/Gf/Mu u.a., dazu aufgefordert, bekanntzugeben, ob der von der belangten Behörde bescheidmäßig festgestellte Sachverhalt auch vom LVwG OÖ seiner im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu treffenden Entscheidung als unbestritten zu Grunde gelegt werden kann sowie bejahendenfalls, ob auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet wird.
8. Mit e-mail vom 19. Mai 2016 hat der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin dementsprechend mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet wird.
Unter einem wurden umfangreiche Beilagen zum Beleg der Unionsrechtswidrigkeit des im GSpG geregelten Monopolsystems nachgereicht. Hierbei handelt es sich um solche, die dieser Rechtsvertreter auch bereits im hg. Verfahren LVwG-410287/42/Gf/Mu vorgelegt hatte, das wiederum den Anlass für das zuvor angeführte Erkenntnis des VwGH vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, bildete.
II.
Fortgesetztes Verfahren – Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung
1. Zu den von der Beschwerdeführerin vorgelegten sowie vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich ergänzend erhobenen Beweisen wurde bereits im hg. Verfahren LVwG-410287/42/Gf/Mu ausführlich Stellung genommen (und zwar mit dem Ergebnis, dass sich das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol nach hg. Ansicht als unionsrechtswidrig erweist – siehe BEILAGE).
2. Davon ausgehend konnte auf Grund des von der Rechtsmittelwerberin abgegebenen Verzichts von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen und der von der belangten Behörde ermittelte und dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Sachverhalt als auch für diese Entscheidung zutreffend festgestellt werden.
III.
Fortgesetztes Verfahren – Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsgerichte verpflichtet, dann, wenn der VwGH einer Revision stattgegeben hat, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Eine vergleichbar ausdrückliche Anordnung enthält § 34 Abs. 3 VwGVG zwar nicht; allerdings ergibt sich aus der Zielrichtung dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 B‑VG, wonach das Abweichen von der Rechtsprechung des VwGH explizit einen Revisionsgrund bildet, im Ergebnis eine dem § 63 Abs. 1 vergleichbare quasi-Bindungswirkung.
2. Aus verfahrensökonomischen Gründen ist daher die vom VwGH in dessen Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, wonach das im GSpG normierte Monopolsystem nicht als unionsrechtswidrig anzusehen ist, dem fortgesetzten Verfahren zu Grunde zu legen.
3.1. Vor diesem Hintergrund konnte die Behörde nach § 53 Abs. 1. Z. 1 lit. a GSpG u.a. dann die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, von sonstigen Eingriffsgegenständen oder von technischen Hilfsmitteln anordnen, wenn der Verdacht bestand, dass mit solchen Gegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.
Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, der zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen veranstaltete, organisierte oder unternehmerisch zugänglich machte oder sich als Unternehmer daran beteiligte.
3.2. Im gegenständlichen Fall haben die einschreitenden Organe der Finanzpolizei im Zuge ihrer Kontrolle am 10. März 2012 festgestellt, dass die im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Eingriffsgeräte betriebsbereit waren, wobei auf diesen nach Eingabe von Geld entsprechende Testspiele – nämlich durchwegs solche, deren Ergebnisse vom Spieler nicht beeinflusst werden konnten – durchgeführt werden konnten; über die hierfür erforderliche Konzession verfügte die Rechtsmittelwerberin nicht.
Auf Grund dieser – auch von der Beschwerdeführerin selbst nicht in Zweifel gezogenen – Tatsachen steht sohin fest, dass die einschreitenden Beamten berechtigterweise vom Verdacht des Vorliegens einer gesetzwidrigen, nämlich das Glücksspielmonopol des Bundes beeinträchtigenden Ausspielung ausgehen konnten.
4. Daher erweist sich weder die vorläufige noch die nachfolgende bescheidmäßige Anordnung der Beschlagnahme dieser Eingriffsgeräte als rechtswidrig, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abzuweisen war.
IV.
Revision an den Verwaltungsgerichtshof
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren insbesondere im Hinblick auf das Erkenntnis des VwGH vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen weder fehlt noch uneinheitlich ist noch mit der gegenständlichen Entscheidung von dieser abgewichen wird.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.
Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich
Dr. G r o f
Beachte:
Die Behandlung der Beschwerden wurde abgelehnt.
VfGH vom 15. Oktober 2016, Zln.: E 907/2016-11 ua.