LVwG-301009/3/GS/Gru
Linz, 08.06.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gabriele Saxinger über die Beschwerde des O D, S S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12.2.2016, Gz. SanRB96-63-2015-Bd, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf 750,-- Euro pro Arbeitnehmer (insgesamt 1.500,-- Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf jeweils 49,5 Stunden (insgesamt 99 Stunden) herabgesetzt wird.
II. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 150,‑‑ Euro. Für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oö. ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12.2.2016, Gz. SanRB96-63-2015-Bd, wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:
I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig am 30.3.2016 eingebrachte Beschwerde, in der vom Bf im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass seine Dienstnehmer M K und D K bei der Kontrolle am 19.5.2015 um 9.44 Uhr auf der Baustelle „N H O“, x, keine Lohnunterlagen in deutscher Sprache bei sich gehabt hätten. Weiters hätte der Bf nicht gewusst, dass er eine Woche vor Arbeitsantritt der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem AVRAG des Bundesministeriums für Finanzen eine Meldung machen müsse. Sein Dienstnehmer D K wäre bei ihm über das Studentenservice beschäftigt gewesen. Diese hätten ihm gesagt, dass sich der Dienstgeber um nichts kümmern müsse. Leider wäre der Bf nicht darüber informiert worden, welche Unterlagen seine Dienstnehmer auf der Baustelle bereit haben müssten bzw. welche Meldungen er machen müsse. Er entschuldige sich für sein Vergehen und bitte um eine Strafminderung. Er wäre auch aufgefordert worden, die Unterlagen der Finanzpolizei zu übermitteln. Sein Buchhalter habe sich darum gekümmert, aber wie er anhand der Strafen sehen könne, nicht ausreichend. Er habe sofort nach der Kontrolle alle seine Baustellen, die er hatte, bei der Finanzpolizei ordnungsgemäß gemeldet. Weiters hätten auch seine Dienstnehmer ab diesem Zeitpunkt immer alle Unterlagen bei sich.
I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt mit Schreiben vom 6.4.2016 dem Landesverwaltungsgericht Oö. zur Entscheidung vorgelegt. Gem. § 2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht durch Einzelrichter zu entscheiden.
I.4. Das LVwG Oö. hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Mit Schreiben vom 2. Mai 2016 erhielt die Finanzpolizei, Team 44, im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit, binnen einer Woche zur Beschwerde gegen die Strafhöhe Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit wurde nicht Gebrauch gemacht. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gem. § 44 Abs. 3 Z. 2 VwGVG abgesehen werden, da sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet.
II. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Oö.:
1. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen das mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung festgelegte Strafausmaß richtet. Der Schuldspruch ist daher in Rechtskraft erwachsen und das Landesverwaltungsgericht Oö. hat keine Feststellungen zur subjektiven und objektiven Tatseite zu treffen.
3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist. Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es nicht auf die Zahl der Milderungs- und Erschwernisgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung – somit dem Gewicht nach – im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts an und ist danach zu beurteilen (vgl. u.a. VwGH 92/02/0095 v. 27.2.1992).
Gem. § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.
Gem. § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG letzter Satz kann die Behörde, anstatt die Einstellung zu verfügen, den Beschuldigten im Fall der Z. 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Im ggst. Fall ist als mildernd die Unbescholtenheit und das geständige Verhalten des Bf zu werten.
Unter Zugrundelegung der vorgenannten Milderungsgründe vertritt die erkennende Richterin die Ansicht, dass ggst. eine Anwendung des Milderungsrechtes (§ 20 VStG) und eine Herabsetzung der Mindeststrafe um ein Viertel gerechtfertigt ist, zumal Erschwerungsgründe im Verfahren nicht hervorgekommen sind. Auch mit der nunmehr verhängten Strafe ist die erforderliche Sanktion gesetzt, um den Bf in Hinkunft nachhaltig von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.
Die ggst. Verwaltungsübertretung schädigt in nicht unerheblichem Ausmaß die gesetzlich geschützten Interessen an der Verhinderung von Lohn- und Sozialdumping, zumal Zweck der Regelung des AVRAG ist, Lohn- und Sozialdumping zu verhindern, da dadurch nicht nur Arbeitnehmer/innen das ihnen zustehende Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung vorenthalten, sondern auch ein fairer Wettbewerb zwischen den Unternehmen untergraben wird. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann daher nicht als geringfügig erachtet werden und es scheidet eine Einstellung bzw. eine bloße Ermahnung des Bf allein schon deswegen aus.
Aber auch das Ausmaß des Verschuldens des Bf kann im vorliegenden Fall in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der im ggst. Fall objektiv gebotenen und dem Bf zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Der Bf hätte sich als Arbeitgeber über die jeweils gültigen Verpflichtungen nach dem AVRAG zu informieren gehabt. Ein Vorgehen nach § 45 Abs. 1 letzter Satz iVm § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG kam im vorliegenden Fall somit nicht in Betracht, zumal einerseits die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Taten und andererseits das Verschulden des Beschuldigten nicht als gering angesehen werden konnten. Das tatbildmäßige Verhalten des Bf blieb nämlich keinesfalls erheblich hinter dem in der ggst. Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalts zurück.
III. Die Herabsetzung der Geldstrafe erfordert eine dementsprechende Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe und der erstinstanzlichen Verfahrenskosten. Aufgrund des Erfolges der Beschwerde fielen keine Kostenbeiträge für das Rechtsmittelverfahren an.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Gabriele Saxinger