LVwG-750307/2/MB/CH
Linz, 10.05.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde der A A, geb. x, vertreten durch RA Mag. Dr. H B, x gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz Land vom 8. Oktober 2015, GZ. Pol18-1792, betreffend Abweisung des Antrags auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz Land (in der Folge: belangte Behörde) vom 8. Oktober 2016, GZ: Pol18-1792, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ gemäß § 47 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 1 Z 4 und § 30 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG abgewiesen.
Begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:
2. Dagegen erhob die Bf mit Schreiben vom 5.11.2015 Beschwerde, in welcher sie die Anträge stellte,
„das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge a. eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen und durchführen; sowie b. die hier angefochtenen Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Linz Land vom 8.10.2015, Pol18-1792, Pol18-1793, dahingehend abändern, dass die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung-Angehöriger" positiv erledigt und die beantragten Aufenthaltstitel erteilt werden; oder c. die Bescheide der belangten Behörde aufheben und dieser die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen.“
Weitere Beweise im Zuge des Beschwerdeverfahrens behalten wir uns ausdrücklich vor.“
II.
1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da die mündliche Erörterung der Sache keine weitere Klärung der Rechtssache herbeizuführen vermag. Die entscheidungswesentlichen Elemente ergeben sich zweifellos aus den im Verwaltungsakt befindlichen Dokumenten, insbesondere den Protokollen über die Beschuldigtenvernehmungen der Adoptivmutter und deren Mann vom 9. Mai 2015, die als erste übereinstimmende Auskunft über die Motive der Adoption durch diese gegenüber den Behörden in besonderem Maß glaubwürdig sind und die auch von der Bf dem Grunde nach nicht bestritten werden. Darüber hinaus bestehen auch an den von der Bf vorgelegten Beweisen keine Zweifel. Sie zeichnen vielmehr ein mit dem übrigen Beweisergebnis stimmiges Bild.
2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht daher bei seiner Entscheidung im Wesentlichen von dem unter dem Punkt I. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.
III.
1. Gemäß § 47 Abs. 1 Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz -NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF sind Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.
Gemäß § 47 Abs. 3 NAG kann Angehörigen von Zusammenführenden auf Antrag eine „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
1. Verwandte des Zusammenführenden, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird,
2. Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird oder
3. sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,
a) die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben,
b) die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben oder
c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.
Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben.
Gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt.
Gemäß § 30 Abs. 2 NAG dürfen sich an Kindes statt angenommene Fremde bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war.
2. Voraussetzung für die Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ für Angehörige eines Zusammenzuführenden iSd § 47 Abs. 1 NAG ist gemäß § 47 Abs. 3 NAG, dass die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllt sind. Im 4. Hauptstück „Allgemeine Voraussetzungen“ des 1. Teiles enthält § 11 Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel. Gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG darf ein Aufenthaltstitel einem Fremden unter anderem dann nicht erteilt werden, wenn eine Aufenthaltsadoption vorliegt. Somit ist mit dem Vorliegen einer Aufenthaltsadoption ein absoluter Versagensgrund gegeben und es kann ein Aufenthaltstitel zwingend nicht erteilt werden (vgl VwGH, 3.3.2011, 2008/22/0454).
§ 11 Abs. 1 Z 4 NAG verweist dabei auf § 30 Abs. 2 leg cit, der unter dem Titel „Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft und Aufenthaltsadoption bestimmt, dass sich an Kindes statt angenommene Fremde bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen dürfen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war. In § 30 Abs 2 NAG wird damit der Begriff der Aufenthaltsadoption als Annahme an Kindes statt definiert, die ausschließlich oder vorwiegend aus dem Grund der Erlangung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels vorgenommen wird. Für die von der inländischen Behörde vorzunehmende Beurteilung, ob eine Aufenthaltsadoption iSd § 30 Abs. 2 NAG gegeben ist, kommt es auf die von ihr - allein unter dem Blickwinkel des österreichischen Fremdenrechts - zu prüfenden, der Adoption zugrundeliegenden Motive an (VwGH, 19.5.2011, 2008/21/0537). Für das Vorliegen einer Aufenthaltsadoption im Sinne der genannten Bestimmungen des NAG spielt es dabei anders als nach den Strafbestimmungen des § 118 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, keine Rolle, ob die an Kindes statt angenommene Person eigenberechtigt ist oder nicht.
Die von der Bf vorgebrachten zahlreichen und länger andauernden Besuche durch die Adoptiveltern im Kosovo und der Aufenthalt im selben Haushalt, die Telefongespräche mit den Adoptiveltern selbst und deren Kindern und die finanzielle Unterstützung zeugen zwar von einem guten verwandtschaftlichen Verhältnis der Adoptivmutter und ihrem Mann zur Bf. Dies wird insbesondere durch die dem Landesverwaltungsgericht vorgelegten Pässe, Telefonprotokolle und Fotos belegt. Daraus kann aber nicht auf eine Beziehung geschlossen werden, die über das üblicherweise zwischen nahen Verwandten bestehende Verhältnis hinausgeht und die das zumindest vorwiegende Motiv für die Adoption darstellt.
Die tragenden Gründe für die Adoption sind dagegen eindeutig den Beschuldigtenvernehmungen der Adoptivmutter der Bf R A und deren Ehemann B A, dem Onkel der Bf, durch die Polizeiinspektion Traun vom 9.5.2015 wegen des Verdachts einer Aufenthaltsadoption gemäß § 118 Abs. 1 FPG zu entnehmen. Die Adoptivmutter gibt darin an, sie wolle der Bf und ihrem Bruder ein besseres Leben und eine richtige Ausbildung ermöglichen. Die leiblichen Eltern seien arbeitslos und könnten sich keine richtige Ausbildung für die Kinder leisten, deshalb seien deren Eltern auch einverstanden gewesen mit der Adoption. Auch ihr Mann B A, gibt damit übereinstimmend eine bessere Ausbildung und die Ermöglichung einer besseren Zukunft als Motive für die Adoption an. Da sein Bruder und dessen Frau (die Eltern der Bf) arbeitslos seien und sich eine Ausbildung für die Kinder nicht leisten könnten, seien sie mit der Adoption einverstanden gewesen.
Aus den genannten Aussagen kann jedoch nicht darauf geschlossen werden, dass ein elterliches Verhältnis zwischen der Bf und ihrer Adoptivmutter und deren Mann, dem Onkel der Bf, bestehe und darin das Motiv für die Adoption zu sehen sei. Die Bf bestreitet diese Aussagen ihrer Adoptivmutter und deren Ehemann dem Grunde nach darüber hinaus nicht. Das Vorbringen, dass der Wunsch einer guten Ausbildung und eines besseren Lebens für die Kinder auch von Eltern gehegt wird, ist zwar zutreffend. Zwischen nahen Verwandten, etwa zwischen Tanten/Onkeln und Nichten/Neffen, kann dieser Wunsch aber ebenfalls bestehen.
Selbst wenn man davon ausginge, dass zwischen der Bf und der Adoptivmutter und deren Mann eine elterliche Beziehung besteht, so ergibt sich dennoch ohne Zweifel aus den oben wiedergegebenen Aussagen, dass der tragende Grund für die Adoption in der Ermöglichung einer Schulbildung und eines besseren Lebens für die Bf und ihren Bruder lag. Für die Verwirklichung der genannten Ziele ist für die Bf die Erlangung eines Aufenthaltstitels notwendige Voraussetzung, weshalb die Adoption vorwiegend aus dem Grund der Erlangung eines Aufenthaltstitels vorgenommen wurde. Bei der Adoption der Bf handelt es sich damit um eine Aufenthaltsadoption iSd § 30 Abs. 2 NAG, womit der absolute Ausschlussgrund für die Erteilung eines Aufenthaltstitels des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG gegeben ist.
3. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.
IV.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus Brandstetter