LVwG-550770/23/Wg

Linz, 01.06.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde der X P, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, x, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27. November 2015, GZ: Wa10-21-2009, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung (beteiligte Partei: Landeshauptmann von Oberösterreich als Wasserwirtschaftliches Planungsorgan) den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Bescheid der Bezirks­hauptmannschaft Vöcklabruck vom 27. November 2015,
GZ: Wa10-21-2009, wird aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zurück­ver­wiesen.

 

 

II.      Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.1.      Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (in der Folge: belangte Behörde) erteilte der Beschwerdeführerin (Bf) in einem vorangegangenen Verwaltungs­verfahren mit Bescheid vom 22. November 2010, GZ: Wa10-21-2009, die wasser­rechtliche Bewilligung für die Errichtung eines Wellblech-Bogendurchlasses in einem unbenannten Graben, und zwar im Bereich des Zufahrtsweges auf Grund­stück Nr. x, KG X. Abweichend von der ursprünglichen Bewilligung errichtete die Bf auf den Grundstücken Nr. x, x und x, alle KG X, anstelle eines Wellblech-Bogendurchlasses einen  Betonrohrdurchlass. Der Antrag auf Erteilung der nachträglichen Bewilligung des Betonrohrdurchlasses wurde von der belangten Behörde in Spruchabschnitt I. des bekämpften Bescheides als unbegründet abgewiesen, weil die beantragte Verrohrung nach Ansicht der Behörde aus ökologischen Gesichtspunkten nicht dem Stand der Technik entspricht. In Spruchabschnitt II. wurden Stempel­gebühren vorgeschrieben. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. 

 

1.2.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der Behörde sowie Einholung von Gutachten eines hydrologischen und eines biologischen Amtssachver­stän­digen (ASV). Die Verfahrensparteien (Bf, belangte Behörde, mP) erklärten einen Verhandlungsverzicht, nachdem sie das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über die beabsichtigte Entscheidung informiert hatte.

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1.      Zu den von der belangten Behörde geäußerten ökologischen Bedenken:

 

Das Vorhandensein einer ausreichend mächtigen und dauerhaften Sohlsubstrat­auflage im Betonrohr als Ersatzlebensraum ist aus biologischer Sicht absolut notwendig. Es muss gewährleistet sein, dass der Rohrdurchlass organismen­passierbar an das Ober- und Unterwasser des Betonrohres angeschlossen ist. Die am 10. Mai 2016 (Zeitpunkt des Lokalaugenscheines des ASV für Hydrologie) vorhandene Sohlauflage wirkte aus Sicht des ASV optisch stabil und massiv. Wie die Vorgaben zur dauerhaften Erhaltung der aus biologischer Sicht erforderlichen Sohlsubstratauflage genau zu lauten haben, ist von einem ASV für Wasserbau (Schutzwasserwirtschaft) zu begutachten. Es steht derzeit nicht fest, wie konkret die Auflage aus wasserbautechnischer Sicht zu lauten hat, um einen dauerhaften Erhalt der Sohlsubstratauflage sicherzustellen (Stellungnahme mP vom
1. März 2016, ON 4 und vom 30. Mai 2016, ON 22, Gutachten ASV
Mag. B vom 23. März 2016, ON 10, jeweils des verwaltungs­gericht­lichen Aktes).

 


 

2.2.      Zu den Auswirkungen der beantragten Änderung auf fremde Grundstücke:

 

Das eingereichte Änderungsprojekt sieht das Vorhandensein eines 30 cm mächtigen Sohlsubstrates vor. Aus hydrologischer Sicht ist auszuschließen, dass durch die beantragte - geänderte - Ausführung des Rohrdurchlasses das Abfluss­geschehen im Vorfluter, insbesondere bei Extremhochwässern, nachteilig für fremde Grundstücke verändert wird. Es steht nicht fest, dass die noch zu ermittelnde Auflage zum dauerhaften Erhalt der Sohlsubstratauflage die Abfluss­verhältnisse zum Nachteil für fremde Grundstücke verändern wird (Gutachten ASV Ing. E vom 12. Mai 2016, ON 15 des verwaltungsgerichtlichen Aktes).

 

Die belangte Behörde äußerte im Beschwerdeverfahren die Befürchtung, die Eigentümer des vom Rohrdurchlass betroffenen Grundstückes Nr. x (H) seien mit der geänderten Ausführung nicht einverstanden. Die Bf erwiderte, die Ehegatten H seien von Anfang an in die beabsichtigte Änderung des Durchlasses eingebunden gewesen. Dazu ist festzustellen: Im Behördenakt befindet sich ein Dienstbarkeitsvertrag, demzufolge die Einver­leibung der Dienstbarkeit der Verlegung, Wartung und Erhaltung von zwei Ablaufrohren zur Ableitung von Niederschlags- und Oberflächenwässern zu Lasten des erwähnten Grundstückes Nr. x erfolgte. Es steht derzeit jeden­falls nicht fest, dass die Ehegatten H mit der geänderten Ausführung, allenfalls erforderlichen Wartungsmaßnahmen u.ä., nicht einverstanden wären oder ein Widerspruch zum Dienstbarkeitsvertrag bestünde (Stellungnahmen der belangten Behörde vom 18. Mai 2016, ON 18 und der Bf vom 24. Mai 2016, ON 21 des verwaltungsgerichtlichen Aktes, Niederschrift über die wasserrecht­liche Überprüfungsverhandlung vom 16. Juli 2015, ON 16 und Dienstbar­keits­vertrag, Beilage zu ON 18 des behördlichen Aktes).

 

3.     Beweiswürdigung:

 

Einleitend (1.) wird der Beschwerdegegenstand und der Ablauf des verwaltungs­gerichtlichen Ermittlungsverfahrens wiedergegeben. In der Sache selbst (2.) stützt sich der festgestellte Sachverhalt auf die in Klammer angegebenen Beweismittel. Die schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der ASV werden den Feststellungen zugrunde gelegt. Es steht derzeit nicht fest, wie konkret die Auflage aus wasserbautechnischer Sicht zu lauten hat, um einen dauerhaften Erhalt der Sohlsubstratauflage sicherzustellen. Die mP führte in ihrer Stellung­nahme vom 30. Mai 2016 dazu aus: Aus Sicht des Wasserwirtschaftlichen Planungsorgans kann daher einer nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung nur dann zugestimmt werden, wenn durch wasserbautechnische Auflagen sicher­gestellt wird, dass ein natürliches und ausreichend mächtiges (mind. 25 cm) Sohlsubstrat auf der rd. 14 m langen Rohrsohle dauerhaft verbleibt. Dies kann aufgrund des hohen Sohlgefälles unseres Erachtens nur durch eine entsprechend sorgfältige Wartung und Instandhaltung, insbesondere nach Hochwasserereig­nissen, eingehalten werden. Der Sohlabsturz beim Rohrauslauf ist durch eine Sohlaufhöhung mit anschließender flacher Sohlrampe aufzulösen. Bei Einhaltung dieser Bedingungen und der noch vorzuschreibenden wasserbautechnischen Auflagen steht das Vorhaben voraussichtlich nicht im Widerspruch zur Ziel­erreichung nach WRRL bzw. ist keine wesentliche Beeinträchtigung wasserwirt­schaftlicher öffentlicher Interessen mehr zu besorgen. Das Einvernehmen mit den Eigentümern der von der Rohrleitung unmittelbar beanspruchten Grund­stücke (H am Verrohrungsende) ist - aufgrund der geänderten Ausfüh­rung des Durchlasses und des daher deutlich höheren Wartungs- und Instandhaltungsaufwandes - nach Ansicht des Wasserwirtschaftlichen Planungs­organs herzustellen.“  Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich stehen die vorgeschlagenen Auflagen nicht im Widerspruch zur hydrologischen Beurteilung des ASV für Hydrologie, ging dieser doch von einem 30 cm mäch­tigen Sohlsubstrat aus. Es steht jedenfalls nicht fest, dass die vorgeschlagene Auflage aus Sicht der Hydrologie - v.a. was den Abfluss betrifft - abzulehnen wäre. Es steht nicht fest, dass die noch zu ermittelnde Auflage zum dauerhaften Erhalt der Sohlsubstratauflage die Abflussverhältnisse zum Nachteil für fremde Grundstücke verändern wird. Es steht derzeit jedenfalls nicht fest, dass die Ehegatten H mit der geänderten Ausführung, allenfalls erforderlichen Wartungsmaßnahmen u.ä. nicht einverstanden wären oder ein Widerspruch zum Dienstbarkeitsvertrag bestünde.

 

4.           Rechtliche Beurteilung:

 

4.1.      Eine Verhandlung war infolge des Verhandlungsverzichtes nicht erfor­derlich (§ 24 VwGVG).

 

4.2.      Non liquet, Anwendung des § 28 Abs. 3 VwGVG:

 

Die Auswirkungen auf den ökologischen Zustand eines Gewässers - ebenso wie etwa die Auswirkungen auf den Tier- und Pflanzenbestand - können eine wasser­rechtliche Bewilligung bzw. Umsetzung eines eingereichten Projektes hindern (vgl. §§ 104f WRG, insbesondere § 105 Abs. 1 lit. l WRG, VwGH 28.02.2013, 2010/07/0026). Im gegenständlichen Fall ist das Vorhandensein einer aus­reichend mächtigen und dauerhaften Sohlsubstratauflage im Betonrohr als Ersatz­lebensraum aus biologischer Sicht absolut notwendig. Es steht aber noch nicht fest, wie konkret die Auflage aus wasserbautechnischer Sicht zu lauten hat, um einen dauerhaften Erhalt der Sohlsubstratauflage sicherzustellen. Für die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung wäre noch ein Gutachten eines ASV für Wasserbau einzuholen zur Frage, wie konkret die Auflage aus wasserbau­technischer Sicht zu lauten hat, um einen dauerhaften Erhalt der Sohlsubstrat­auflage sicherzustellen. Die Auflagen betreffend Sohlsubstrat könnten gege­benen­falls im Wege einer Auflage nach § 105 Abs. 1 WRG vorgeschrieben oder mit Projektsergänzung konkretisiert werden.

 

Berührt eine wasserrechtlich bewilligungspflichtige Anlage fremde Rechte, dann hat die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung - sofern nicht eine Zwangs­rechtsbegründung in Betracht kommt - eine Einigung des Bewilligungswerbers mit dem Inhaber der durch das Vorhaben berührten fremden Rechte zur Voraussetzung (§ 12 Abs. 1 WRG, VwGH 25.02.2016, 2013/07/0044). Das Abflussgeschehen wird durch die geänderte Ausführung zwar nicht zum Nachteil für fremde Grundstücke verändert. Für die geänderte Ausführung muss aber ein ausreichender Privatrechtstitel mit dem von der Anlage unmittelbar betroffenen Grundeigentümer vorliegen. Die Ehegatten H sind unter anderem Eigen­tümer des Grundstückes Nr. x, KG X, auf dem der Rohr­durchlass errichtet wurde. Es steht derzeit jedenfalls nicht fest, dass die Ehe­gatten H als Eigentümer des Grundstückes Nr. x, KG X, mit der geänderten Ausführung nicht einverstanden wären oder diese Ausführung im Widerspruch zum Dienstbarkeitsvertrag stünde.

 

Im fortgesetzten Verfahren wird festzustellen sein,

-    wie konkret die Auflage aus wasserbautechnischer Sicht zu lauten hat, um einen dauerhaften Erhalt der Sohlsubstratauflage sicherzustellen und

-    ob für den beantragten Betonrohrdurchlass ein ausreichender Privatrechtstitel vorhanden ist.

 

Es erscheint zweckmäßig,

-    den Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung im Wege einer doppelten - an der Verwaltungsformularverordnung BGBl. II Nr. 405/2015 orientierten - Kundmachung (vgl. VwGH 28.01.2016, Ro 2014/07/0017) gemein­sam mit einer wasserrechtlichen Überprüfungsverhandlung im Sinne des § 121 WRG zur Verhandlung auszuschreiben sowie

-    den allenfalls gemäß Oö. NSchG erforderlichen Rechtsakt gemeinsam zu verhandeln oder zumindest zu koordinieren.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist in der Sache auf den gegen­ständlichen Bescheid (Abweisung des Bewilligungsantrages) beschränkt, die Erlassung eines positiven wasserrechtlichen Überprüfungsbescheides und eines naturschutzrechtlichen Feststellungsbescheides kommt nicht in Betracht. Die abschließende Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwal­tungsgericht selbst ist weder im Sinne der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden (§ 28 Abs. 2 VwGVG), zumal im fortgesetzten Ermittlungsverfahren eine doppelte Kundmachung im Sinne des
§ 42 AVG erfolgen sollte und die wasserrechtliche Überprüfung ohnedies nur durch die Behörde erfolgen kann. Infolge der mittlerweile vorliegenden Gutachten hat sich eine Ermittlungslücke im behördlichen Verfahren ergeben, die eine Behebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nach sich zieht (vgl. VwGH 09.03.2016, Ra 2015/08/0025).

Anzumerken ist, dass Stempelgebühren von der Wasserrechtsbehörde nicht mit Bescheid vorgeschrieben werden können. Die Wasserrechtsbehörde hat diese Gebühren im Sinne des Gebührengesetzes formlos - ohne einen Bescheid zu erlassen - einzuheben. Die bescheidmäßige Vorschreibung von Gebühren im Sinne des Gebührengesetzes ist - sofern sie nicht fristgerecht einbezahlt
werden - den Finanzämtern vorbehalten.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

5.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurtei­len. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Rechtslage ist durch die angeführte Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl