LVwG-400156/5/FP
Linz, 06.06.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von M T, geb. x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. November 2015, GZ. VerkR96-26472-2015, wegen Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung wegen Verspätung,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Strafverfügung vom 2. Juli 2015 warf die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land der Beschwerdeführerin (Bf) zusammengefasst vor, mangels Anbringens einer gültigen Vignette die zeitabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Die belangte Behörde verhängte die gesetzliche Mindeststrafe von 300 Euro. Der Zustellnachweis wies eine Hinterlegung der ggst. Sendung am 7. Juli 2015 aus.
I.2. Mit E-Mail vom 29. Juli 2015, erhob die Bf Einspruch und brachte zusammengefasst vor, dass ihr Fahrzeug mit einer Vignette ausgestattet gewesen sei und ein Fehler vorliegen müsse.
I.3. Mit Schreiben vom 10. August 2015 hielt die belangte Behörde der Bf die Verspätung des Einspruches vor und droht die Zurückweisung an. Die Bf wurde zudem aufgefordert sich binnen 2 Wochen zu rechtfertigen bzw. ggf. diesbezügliche Nachweise vorzulegen.
I.4. Mit E-Mail vom 28. August 2015 äußerte sich die Bf dahingehend, dass der Einspruch nicht fristgerecht möglich gewesen sei, weil sie sich auf einer Schulung befunden habe. Danach sei sie auf Urlaub in Kroatien gewesen und erst am 27. August nach Hause zurückgekehrt.
I.5. Mit E-Mail vom 9. September 2015 forderte die belangte Behörde die Bf neuerlich auf, binnen 2 Wochen einen Nachweis über die Schulung vom 7. Juli bis zum 21. Juli 2015 zu erbringen.
I.6. Am 25. September 2015 teilte die Bf mit, sie habe den Nachweis angefordert und warte auf die Bestätigung ihrer Firma.
I.7. Am 11. November 2015 (Datum der Zustellung) erging der bekämpfte Bescheid.
I.8. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit E-Mail vom 24. November 2015 rechtzeitig Beschwerde in der sie zusammengefasst argumentierte, dass Grund für die verspätete Einspruchserhebung ein Seminar in der Nähe von Wien gewesen sei und die Bf keine Möglichkeit gehabt habe, den Brief abzuholen. Sie weise gerne die Seminarbestätigung aus. Ihr Fahrzeug sei mit einer Vignette versehen gewesen. Sie fordere den Erlass oder eine wesentliche Minderung der Strafe.
Eine Bestätigung lag der Beschwerde wiederum nicht bei.
I.9. Nach entsprechendem Hinweis durch die belangte Behörde übermittelte die Bf am 2. Dezember 2015 eine Seminarbestätigung vom 5. November 2015, mit welcher der Besuch zweier Bildungsveranstaltungen vom 6. Juli 2015 bis zum 17. Juli 2015 und vom 20. Juli 2015 bis zum 28. Juli 2015 nachgewiesen wurde.
I.10. Mit Schreiben vom 4. April 2016 legte die belangte Behörde dem Verwaltungsgericht den Verfahrensakt samt Beschwerde zur Entscheidung vor.
I.11. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich richtete am 10. Mai 2016 ein Schreiben an die Bf, welches wie folgt lautete:
„In obiger Angelegenheit haben Sie Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5.11.2015 erhoben, mit welchem Ihr Einspruch vom 29.7.2015 als verspätet zurückgewiesen wurde. Sie haben vorgebracht, dass Ihnen der Einspruch während der Frist nicht möglich gewesen sei, da Sie auf Schulung in Niederösterreich gewesen wären. Sie haben dazu eine Bestätigung vorgelegt nach welcher Sie von 6.7.2015 bis 17.7.2015 ein Seminar (01 U) besucht hätten.
Gemäß § 17 Abs. 1 ZustellG ist ein Dokument zu hinterlegen, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Bei Hinterlegung ist der Empfänger gemäß Abs. 2 schriftlich zu verständigen. Gemäß Abs. 3 gelten hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Frist, ab welcher sie zur Abholung bereitgehalten werden, als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
Sie haben mit Bestätigung vom 5.11.2015 nachgewiesen, dass Sie zwischen 6.7.2015 und 17.7.2015 das Seminar U im Ausmaß von 10 Tagen besucht haben. Mit der von Ihnen vorgelegten Bestätigung weisen Sie jedoch nicht nach, an welchem Ort Sie sich befunden haben und wann Sie an die Abgabestelle (Ihre Wohnung) zurückgekehrt sind (jeden Tag abends, zwischendurch am Wochenende, erst nach Ende des Seminars, etc.).
Sie werden daher aufgefordert binnen 14 Tagen mittels geeigneter Beweismittel (z.B. Bestätigung des ehem. Dienstgebers, Hotelrechnung, etc.) zu bescheinigen, dass Sie während der gesamten Dauer des gegenständlichen Seminares auswärts aufhältig waren und während der gesamten Zeit nicht an die Abgabestelle (Ihre Wohnung) zurückgekehrt sind. Sollten Sie die genannten Bescheinigungsmittel nicht binnen der Ihnen gesetzten Frist vorlegen, müsste das Gericht von einer Rechtmäßigkeit der Zustellung am 7.7.2015 ausgehen.“
I.12. Mit E-Mail vom 1. Juni 2016 äußerte sich die Bf, wie folgt:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
Bezugnehmend auf Ihr Schreiben mit der im Betreff genannten Geschäftszahl gebe ich Ihnen hiermit bekannt, dass ich jeweils in diesem Zeitraum am Montag bis einschließlich Freitag das für mich verpflichtende Seminar besucht habe.
In dieser Zeit war ich an den Wochentagen durchgehend im Hotel W, lediglich an den Wochenenden also Samstag und Sonntag war es mir möglich nach Hause zurück zu kehren, mehr wäre bei über 200km Distanz pro Strecke nicht zu bewältigen gewesen.
Um rechtzeitig das Seminar zu verlassen, musste ich somit an allen Montagen um 6:30 in Richtung P losfahren. An den Freitagen wiederum war eine Abreise vor 17:00 nicht gestattet, durch dies und die Öffnungszeiten der Poststelle A war es daher unmöglich für mich den eingeschrebenen Brief bei der Post abzuholen.
Im Sinne einer für beiden Parteien vorteilhafte Beschleunigung dieses Verfahrens ersuche ich Sie nun lediglich um Strafminderung.
Mit freundlichen Grüßen
T M“
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 44 Abs 3 Z4 VwGVG, weil die Bf lediglich einen verfahrensrechtlichen Bescheid bekämpft und keine der Parteien eine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt hat.
II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T steht fest:
Im Hinblick auf die ggst. Strafverfügung vom 2. Juli 2015 fand am 6. Juli 2015 ein Zustellversuch statt. Der Zusteller traf die Bf nicht an, hatte aber Grund zur Annahme, dass die Bf wieder an die Abgabestelle zurückkehren würde, sodass er eine Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung einlegte und das Poststück bei der Postdienststelle x hinterlegte. Die 14-tägige Abholfrist begann am 7. Juli 2015 zu laufen (Rückschein, öff. Urkunde)
Die Bf war zu diesem Zeitpunkt (6. Juli 2015) bereits auf einem Seminar im Hotel W in P. Das Seminar dauerte von 6. Juli 2015 bis 17. Juli 2015 (jew. Montag bis Freitag) und machte 10 Seminartage aus. (Vorbringen Bf; Seminarbestätigung)
Die Bf kehrte am Wochenende (Freitag 10. Juli 2015, abends) nach Hause (A) zurück. Die Abreise nach Hause fand nicht vor 17:00 Uhr statt. Samstag und Sonntag war die Bf jeweils zuhause. Am Montag (13. Juli 2015) brach sie um 6:30 Uhr wieder in Richtung P auf. (Vorbringen Bf)
Die Bf erhob am 29. Juli 2015, um 20:04 Uhr Einspruch. (E-Mail v. 29. Juli 2015).
Die Rechtsmittelbelehrung in der Strafverfügung wies unter Anderem folgenden Passus auf „Der Einspruch ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung [...] einzubringen“.
II.3. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, insbesondere den in Klammern angegebenen Beweismitteln. Die relevanten Termine im Hinblick auf die Rückkehr der Bf an die Abgabestelle (Wochenenden), ergeben sich aus dem Vorbringen der Bf vom 1. Juni 2016.
Die Umstände im Hinblick auf die erfolgte Hinterlegung, etwa, dass der Zusteller von einer regelmäßigen Anwesenheit der Bf an der Abgabestelle ausging und er einen Verständigung in die Abgabeeinrichtung eingelegt hat, ergeben sich, soweit nicht schon aus dem Vorbringen der Bf selbst, aus dem Rückschein, der als öffentliche Urkunde vollen Beweis macht und unwidersprochen blieb.
III. Rechtliche Beurteilung
III.1. Relevante rechtliche Bestimmungen:
§ 17 Zustellgesetz (BGBl. Nr. 200/1982 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008) lautet:
Hinterlegung
III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
III.2.1. Zu den Ausführungen der Bf im Hinblick auf das Anlassdelikt:
Die Bf begehrt in ihrer Beschwerde die Herabsetzung der Strafe. Hiezu ist Folgendes festzuhalten:
Am 16. November 2015 sprach der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung Ra 2015/12/0026 aus: "‚Sache‘ des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG 2014 vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat.“
Sache des ggst. Beschwerdeverfahrens ist sohin die Zurückweisung des Einspruches als verspätet, also die Frage, ob der Bescheid der belangten Behörde vom 5. November 2015, mit welchem der Einspruch der Bf als verspätet zurückgewiesen wurde, rechtmäßig ergangen ist.
Dem Gericht kommt gegenständlich keine Zuständigkeit im Hinblick auf das Anlassdelikt (Mautprellerei) zu, lediglich würde das diesbezügliche Verfahren, käme das Gericht zum Schluss, dass der Einspruch der Bf rechtzeitig eingebracht wurde, in den Verfahrensstand nach rechtzeitigem Einspruch zurücktreten und wäre diesfalls von der belangten Behörde ein ordentliches Verfahren im Hinblick auf die vorgeworfene Mautprellerei abzuführen.
Insofern ist es dem Verwaltungsgericht verwehrt, auf die Argumente der Bf in Zusammenhang mit der Verletzung des Bundesstraßenmautgesetzes einzugehen und kann es auch die dort verhängte Strafe nicht herabsetzen.
III.2.2. In der zu klärenden „Sache“ (Zurückweisung) ergibt sich Folgendes:
Die ggst. Strafverfügung konnte der Bf am 6. Juli 2015 an ihrem Wohnsitz (Abgabestelle) nicht zugestellt werden, sodass das Poststück bei der zuständigen Geschäftsstelle der Post (x) hinterlegt wurde. Die Abholfrist begann am Folgetag zu laufen. Dass der Zusteller davon ausging, dass die Bf sich regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, ergibt sich schon aus dem vorliegenden Rückschein, der diesen Umstand bezeugt. Es gibt keine Hinweise im Akt, und hat dies die Bf auch nicht vorgebracht, dass sie sich im relevanten Zeitraum nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hätte. Vielmehr hat die Bf die regelmäßige Rückkehr auch selbst vorgebracht. Der Rückschein ergibt zudem, dass der Zusteller einen Verständigungsnachweis in die Abgabeeinrichtung bei der Wohnung der Bf (Abgabestelle im Sinne des § 2 Z 4 ZustG) einlegte.
Auf den Verspätungsvorhalt der Behörde reagierte die Bf, indem sie darstellte, an einem Seminar teilgenommen und später auf Urlaub gewesen zu sein. Einen Nachweis erbrachte die Bf trotz ergänzender Aufforderung nicht fristgerecht. Erst nach neuerlicher Erinnerung durch die belangte Behörde, legte die Bf, nach Einbringung der Beschwerde, einen Nachweis vor, aus dem sich ergibt, dass sich die Bf zum Zeitpunkt des Zustellversuchs und der Hinterlegung bereits auf dem Seminar befand. Weder ergibt sich aus der Seminarbestätigung jedoch, wo sich die Bf aufhielt (Seminarort), noch, zu welchen Zeiten die Bf an die Abgabestelle zurückkehrte (Seminardauer: 10 Tage, von 6. Juli 2015 – 17. Juli 2015 = 12 Tage). Dem Gericht erschien es insofern wenig wahrscheinlich, dass die Bf bei Besuch eines „zweiwöchigen“ Seminars, das 10 Tage andauern sollte, nie nach Hause fuhr, sodass das Gericht die Bf neuerlich zur Aufklärung und der Vorlage entsprechender Beweismittel auffordert.
Die Pflicht der Bf, allfällige die Zustellung behindernde Abwesenheiten nachzuweisen, ergibt sich daraus, dass Rückscheine als öffentliche Urkunden vollen Beweis machen. Dies führt zu einer Umkehr der Beweislast im Hinblick auf den Nachweis der Unrichtigkeit des durch die Urkunde bezeugten Vorganges (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, § 47 AVG, S 553 ff; VwGH 21. Oktober 1994, 94/11/0132). Der vorliegende Rückschein wies die Zustellung am 7. Juli 2015 nach.
Die vorgelegte Seminarbestätigung wies dabei nur den Besuch eines Seminars, nicht jedoch die 12-tägige Ortsabwesenheit (von A) der Bf nach.
Der Aufforderung des Gerichts kam die Bf wiederum nicht vollumfänglich nach, zumal sie lediglich ein Vorbingen erstattete, jedoch keinerlei Beweismittel vorlegte.
Letztlich lässt sich aber schon aufgrund des Vorbringens der Bf zweifelsfrei erkennen, dass ihr Einspruch selbst unter den günstigsten zugunsten der Bf anzunehmenden Umständen, verspätet war.
Dies aus folgenden Gründen:
Ohne Zweifel steht fest, dass die Bf ab dem Tag des ersten Zustellversuchs am 6. Juli 2015 aufgrund eines Seminars von der Abgabestelle abwesend war.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (25. April 2014, 2012/10/0060), welche zur früheren Berufung, die wie der Einspruch eine Rechtsmittelfrist von 14 Tagen vorsah, erging, wird die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung aber nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte.
"Rechtzeitig" im Sinne dieser Bestimmung ist dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden (vgl. dazu ausführlich VwGH 9. Juli 1992, 91/16/0091; daran anknüpfend VwGH 9. November 2004, 2004/05/0078). In anderen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wurde darauf abgestellt, ob der Partei nach den Verhältnissen des Einzelfalles noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels verblieb (vgl. etwa VwGH 24. Februar 2000, 2000/02/0027, 18. März 2004, 2001/03/0284).
Es ist also zunächst zu klären, ob von einer rechtmäßigen Zustellung der Sendung am 7. Juli 2015 auszugehen war, weil die Bf noch rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, oder eine solche, mangels Rechtzeitigkeit, erst am 13. Juli, dem darauffolgenden Montag bewirkt war.
In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde (wiederum zur 14-tägigen Rechtsmittelfrist bei Berufungen) noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist (VwGH 15. Juli 1998, 97/13/0104, 0168, mwN, VwGH 19. April 2001, 99/06/0049) und bei einer Behebung 3 Tage nach der Hinterlegung (VwGH 27. September 1999, 99/17/0303) sowie bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung des Rechtsmittels von 10 Tagen angenommen (vgl. VwGH 24. Februar 2000, 2000/02/0027, 18. März 2004, 2001/03/0284).
Die Bf hat vorgebracht, am Freitag, 10. Juli 2015 an die Abgabestelle zurückgekehrt zu sein. Sie konnte also an diesem Tag von der Zustellung Kenntnis erlangen (Benachrichtigung). Geht man nun davon aus, dass eine Abholung des Poststücks am Montag, 13. Juli 2015 (durch entsprechende Disposition; siehe dazu weiter unten) möglich war und berücksichtigt man, dass es für einen Einspruch lediglich erforderlich ist, der Behörde mitzuteilen, dass Einspruch erhoben wird, ohne, dass, wie bei einer Berufung oder Beschwerde, eine Begründung erfolgen muss, reicht das Verbleiben von 9 Tagen (13. – 21. Juli) zur Erhebung des einfachen Einspruches aus, sodass von einer rechtmäßigen Zustellung der Strafverfügung am 7. Juli 2015 auszugehen ist. Insofern war eine Absendung des Einspruches am 29. Juli 2015, außerhalb der Amtsstunden (Einbringung am 30. Juli 2015), jedenfalls verspätet, weil die Einspruchsfrist mit Ablauf des 21. Juli 2015 geendet hat.
Selbst wenn man nun aber zugunsten der Bf davon ausgeht, dass Rechtzeitigkeit nicht mehr gegeben war, weil die Rechtsmittelfrist um 6 Tage (7. bis 12. Juli) gekürzt worden wäre und die noch verbleibenden 9 Tage (13. Juli bis 21. Juli) im Sinne der oa. Judikatur des VwGH als zu kurz (mangelnde „Rechtzeitigkeit“) anzusehen wären, wäre für die Bf nichts gewonnen.
Wäre die Zustellung am 7. Juli 2015 nicht bewirkt gewesen, würde nämlich § 17 Abs 3 letzter Satz ZustG eingreifen, nach welchem die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam wird, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
Nach dem Vorbringen der Bf kam sie jeweils am Freitagabend nach Hause. Vorliegend handelte es sich sohin um den 10. Juli 2015. Eine Abholung des Poststückes war am Freitag, Samstag und Sonntag nicht möglich, weil die Post geschlossen hatte, sodass die Zustellung spätestens am Montag, 13. Juli 2015 bewirkt war, weil es sich dabei um den der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist handelte, an dem das hinterlegte Dokument behoben hätte werden können.
Dass die Bf am Montag (13. Juli) bereits vor Öffnen der Postdienststelle nach P fahren musste, ändert an der Wirksamkeit der Zustellung nichts, als das das Gesetz mit dem Wort „könnte“ nur auf die grundsätzliche Abholbarkeit abstellt. Es ist dabei nach der Judikatur des VwGH unerheblich, ob der Empfänger, wie vorliegend die Bf, aufgrund beruflicher oder privater Aktivitäten keine Zeit für die Abholung einer Sendung findet. Entscheidend ist, ob er innerhalb der Abholfrist – wenn auch nur zu einem kurzen Aufenthalt – an die Abgabestelle zurückkehrte und die Abholung der Sendung dem Grunde nach möglich gewesen wäre (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, § 17 ZustG, E47a). Die Bf hatte am 13. Juli 2015 „jedenfalls Gelegenheit, entsprechende Dispositionen zu treffen, um in den Besitz der hinterlegten Sendung zu gelangen. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Empfänger auf Grund privater oder beruflicher Aktivitäten keine Zeit für die Abholung einer solchen Sendung findet (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2005/09/0017 - Dispositionen für den zweiten Zustellversuch, und im Übrigen auch das hg. Erkenntnis vom 25. April 2006, Zl. 2005/06/0377 - Erkrankung während der Abholfrist).“, so der VwGH in seiner Entscheidung vom 27. März 2007, 2007/06/0059.
Die Bf hätte bspw. eine Abholung durch von ihr bevollmächtigte Personen (Freunde, Anwalt, Verwandte, etc.) organisieren oder ihre Abreise verschieben müssen.
Es ergibt sich daher, dass die Zustellung der Strafverfügung unter der Annahme, dass eine solche nicht schon am 7. Juli 2015 zustande kam, gemäß § 17 Abs. 3 ZustG spätestens am 13. Juli 2015 bewirkt war und die nicht verlängerbare, gesetzliche Einspruchsfrist von 2 Wochen diesfalls mit Ablauf des 27. Juli 2015 geendet hätte.
Der am 29. Juli 2015 spät abends abgesendete Einspruch war sohin jedenfalls verspätet.
III.3. Im Ergebnis war die zurückweisende Entscheidung der belangten Behörde deshalb zu bestätigen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
P o h l