LVwG-600750/2/Wim

Linz, 18.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde von Herrn Mag. Dr. A W R, F, G, vom 27. Februar 2015 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27. Jänner 2015, GZ VerkR96-11548-2014, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als gemäß § 45 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.  

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 8 u. 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens noch einen Kostenbeitrag zum behördlichen Verfahren zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichts­hofgesetz - VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) warf dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit. a Z 11a StVO 1960 vor und verhängte gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Stunden. Weiters wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Euro auferlegt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben am 10.12.2013 um 07:53 Uhr mit dem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen x im Ortsgebiet der Stadtgemeinde Traun auf der Kremstalstraße - Höhe Schloss Traun - in Fahrtrichtung stadteinwärts die durch Zonenbeschränkung in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 13 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.“

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, mit welchem die Aufhebung des Straferkenntnisses begehrt und angeregt wurde, die Verkehrsregelung in diesem Bereich der Stadtgemeinde Traun zu ändern.

 

Der Beschwerdeführer behauptet im Wesentlichen zusammengefasst  im Hauptvorbringen das Vorliegen einer nicht gehörig kundgemachten Verordnung.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und das Beschwerdevorbringen. Zusätzlich wurde Einsicht genommen in das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. November 2015, GZ V 54/2015.

 

Mit diesem Erkenntnis hob der Verfassungsgerichtshof die Verordnung des Gemeinderats der Stadt Traun vom 26. Mai 2008, GZ PA 1114/482/08, zur Gänze wegen untrennbaren Zusammenhanges als gesetzwidrig auf und sprach aus, dass die Aufhebung mit 30. Juni 2016 in Kraft tritt.

 

Begründend hielt das Höchstgericht im Wesentlichen fest, dass aus dem Verordnungsakt nicht ersichtlich sei, dass die Erforderlichkeit der angefochtenen Verordnung in einem Ermittlungsverfahren festgestellt wurde. So habe sich der straßenverkehrstechnische Sachverständige in einem Gutachten ausdrücklich gegen die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Kremstalstraße im Bereich zwischen der Kreuzung mit der Heinrich-Gruber-Straße im Norden und der Fabrikstraße im Süden ausgesprochen.

Das Ermittlungsverfahren diene dem Zweck, eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrsverhältnisse sowie eine sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll, zu ermöglichen, damit die Behörde auf dieser Grundlage die gemäß § 43 StVO 1960 vor Verordnungserlassung gebotene Interessenabwägung zwischen den Interessen an der Verkehrsbeschränkung und dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße vornehmen kann.

Daher könne das versäumte Ermittlungsverfahren nicht nach Verordnungserlassung nachgeholt werden (VfSlg 15.643/1999, 16.805/2003, 17.573/2005). Auch wenn der Gemeinderat der Stadt Traun in der Äußerung Gründe nennt, die eine Interessenabwägung zugunsten der Geschwindigkeits­beschränkung trotz negativen Sachverständigengutachtens nachvollziehbar machen könnten, so finden sich die Aufzeichnungen zu diesen Überlegungen nicht im Verordnungsakt (vgl. z. B. VfSlg 17.572/2005). Die nachträglich von der Stadt Traun vorgenommene Rechtfertigung vermag die Gesetzwidrigkeit der Verordnung nicht zu beseitigen, zumal die für die Beschränkung sprechenden Gründe auch nicht evident gewesen seien (vgl. bereits VfSlg 15.643/1999, 16.805/2003, 17.573/2005 und 18.401/2008).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

4.1. Gemäß § 52 lit. a Z 11a Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960 zeigt das Verkehrszeichen „Zonenbeschränkung“ den Beginn einer Zone an, innerhalb der die durch das eingefügte Zeichen zum Ausdruck gebrachte Verkehrs­beschränkung gilt, wobei in einem Zeichen auch zwei Beschränkungen dargestellt werden können.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 19. November 2015, GZ      V 54/2015, diese Verordnung des Gemeinderats der Stadt Traun als gesetzwidrig aufgehoben allerdings ausgesprochen, dass die Aufhebung erst mit 30. Juni 2016 in Kraft tritt. Die Verordnung ist daher (derzeit) noch in Geltung und auf den hier zu beurteilenden Tatzeitpunkt (10.12.2013) auch anzuwenden (vgl. Art. 139 Abs. 6 B-VG).

 

Eine durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Verordnung ist für den Normunterworfenen nach Maßgabe ihres Inhaltes so lange rechtswirksam, bis sie aufgehoben wird (z. B. VwGH 30. Juni 2000, 98/02/0335).

 

4.2. In Anbetracht der dargestellten Gesamtumstände, insbesondere auch im Hinblick auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 19. November 2015, ist im Ergebnis im konkreten Einzelfall ein Vorgehen nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG in Verbindung mit dem Absehen von der Strafe gerechtfertigt und vertretbar, da die betreffende Verordnung zwar formal noch in Geltung stand allerdings sachlich nicht gerechtfertigt war und der Beschwerdeführer die allgemein zulässige Geschwindigkeit im Ortsgebiet von 50 km/h mit den vorgeworfenen 43 km/h sogar maßgeblich unterschritten hat. Aus Sicht des erkennenden Richters wäre es extrem unbillig den Beschwerdeführer aus rein formalen Gründen noch zu bestrafen, zumal auch eine gesonderte Anfechtung der Verordnung nicht mehr möglich ist. Auch die Erteilung einer Ermahnung erscheint aus den oben genannten Gründen nicht geboten. Durch die nunmehrige Entscheidung kommt es auch zu keinem Eintrag ins Verwaltungsvorstrafen­register.

 

Der belangten Behörde war die bereits erfolgte Aufhebung der Verordnung offensichtlich nicht bekannt, zumal im Behördenverfahren eine Rechtswidrigkeit der Verordnung gar nicht behauptet wurde. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes wäre die angefochtene Entscheidung aber durchaus sachgerecht gewesen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt für den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 8 u. 9 VwGVG die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren als auch zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des behördlichen Verfahrens.

 

 


 

 

Zu III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Für die Beschwerdeführer ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ex lege ausgeschlossen.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Leopold Wimmer