LVwG-850541/6/Re/BHu - 850542/2

Linz, 25.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde des Herrn A S und des Herrn A M, beide x, V, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R S, x, V, vom 11. Jänner 2016 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. Dezember 2015, GZ: Ge20-46-222-15-2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Im Grunde des § 28 VwGVG wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. Dezember 2015, GZ: Ge20-46-222-15-2015, bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem Bescheid vom 17. Dezember 2015, GZ: Ge20-46-222-15-2015, über Antrag der B M G x, x, V, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung (Erweite­rung) der bestehenden Betriebsanlage im Standort V, x, Grundstücke Nr. x und x der KG W, durch Errichtung und Betrieb eines Ersatzneubaues sowie zur schall­technischen Sanierung der Montagehalle 2 unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Dies unter Zitierung der dem Verfahren zugrunde liegenden Bestim­mungen der §§ 74, Abs. 2, 77 Abs. 1 und 81 GewO 1994 und im Wesentlichen mit der Begründung, das Ermittlungsverfahren, insbesondere die mündliche Augenscheinsverhandlung vom 14. Dezember 2015, das schlüssige Gutachten des technischen Amtssachverständigen sowie die Stellungnahme des Vertreters des Arbeitsinspektorates V, habe ergeben, dass durch die Errichtung und den Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage bei Einhaltung der vorgeschrie­benen Auflagen voraussehbare Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

In der Begründung wird weiters festgestellt, dass die Vorbringen der Nachbarn E und M S, A M, A S und E R in Bezug auf die Fassadengestaltung, die Errichtung eines blickdichten Zaunes sowie Vorplatzbepflanzung lediglich das baurechtliche Verfahren betreffen und im gewerbebehördlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden.

Zu Forderungen betreffend die Benutzung der P (lediglich fußläufig bzw. mit dem Fahrrad) wird festgehalten, dass eine Zufahrt über die P nicht Gegenstand des Projektes ist. Zur Forderung der Beschwerdeführer, die Fenster des Aufenthalts­raumes im Obergeschoß in Richtung Süden mit einer Brüstungshöhe von zumin­dest 1,5 m auszuführen, wird darauf hingewiesen, dass den Forderungen von der Konsenswerberin im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung zuge­stimmt wurde.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid haben die Nachbarn A S und A M, beide V, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R S, V, mit Schriftsatz vom 11. Jänner 2016, bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingelangt am 12. Jänner 2016, innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, im Rahmen des Lokalaugenscheines am 14. Dezember 2015 sei vom Verhandlungsleiter gegen 12:30 Uhr die Angelegenheit als für die Nachbarn erledigt bezeichnet worden. Die Beschwerdeführer seien daher vom Ende des Lokalaugenscheines ausgegangen und hätten sich gegen 12:30 Uhr entfernt. Die Verhandlungszeit sei aber von 13:30 Uhr bis 14:45 Uhr ohne Beschwerdeführer fortgesetzt worden. Wäre ihnen nicht das Ende der Verhandlung vermittelt worden, hätten sie weiter teilgenommen, um ihre Einwände zu artikulieren. Die Beschneidung des Parteiengehörs stelle einen den Bescheid belastenden Ver­fahrensmangel dar. Auch das Zitat auf Seite sechs, erster Absatz der Verhand­lungsschrift, wonach sich Nachbarn nach Durchführung des Lokalaugenscheines ohne Erhebung von Einwendungen von der Verhandlung entfernt hätten, sei nicht richtig. Die Beschwerdeführer hätten anlässlich ihrer Wortmeldungen auch ihre Bedenken gegen die Gebäudeart, die Gebäudehöhe und die zu befürch­tenden Immissionen geäußert und eingewandt, dass das Projekt mit der Wohn­bauwidmung auf dem Grundstück Nr. x und auch daran angrenzend nicht in Ein­klang zu bringen sei, Parteienrechte unzulässig beschnitten würden. Dieser Ein­wand fände sich nicht im Verhandlungsprotokoll. Weiters sei von einer unzu­mutbaren Ausdehnung eines Betriebsareals auszugehen, dies wegen der ge­planten heranrückenden Betriebshalle. Es sei auf Grund der geplanten hohen Halle und der verbundenen bedrohlich heranrückenden Bebauung von einer die Gesundheit gefährdenden Beeinträchtigung auszugehen. Weiters seien Auflagen zum Teil zu unbestimmt und sei auf Grund der Tatsache, dass das gesamte Grundstück Nr. x als Wohngebiet gewidmet und ausgewiesen sei, von einer massiven Ausweitung des Betriebsareals nach Süden und einer massiven immissionstechnischen Belastung zu Lasten der Beschwerdeführer auszugehen. Neben Lärm- und Geruchsimmissionen sei insbesondere die Beobachtungs­möglichkeit vom geplanten Sozialtrakt an der Südwestseite in die Richtung der angrenzenden Grundstücke der Nachbarn unzumutbar. Die diesbezüglich vorge­schriebene Auflage betreffend die Anbringung einer nicht durchsichtigen Folie sei nicht ausreichend definiert. Darüber hinaus sei auch Auflagepunkt 17. nicht aus­reichend konkretisiert, da Immissionswerte von der Entstaubungsanlage nicht bekannt seien. Eine Beschränkung auf ein zumutbares Maß könne mit der ge­troffenen Auflage nicht erzielt werden. Auch sei die Luftwärmepumpe am Dach lärmtechnisch nicht ausreichend beurteilt worden.

Insbesondere sei der Zusammenhang mit Gebäudehöhe, Lichteinfall, Lärm- und Geruchsimmission und Gefahr der Veränderung der Grundwasserströme bzw. des Grundwasserspiegels nicht ausreichend beurteilt worden und stelle dies eine Gefährdung des Lebens bzw. der Gesundheit, jedenfalls eine unzumutbare Belästigung der Beschwerdeführer dar.

Auch unter Berücksichtigung von § 77 Abs. 3 GewO sei das geplante Projekt ab­zuweisen. Auch auf Grund einer beabsichtigten Überbauung einer Grundstücks­grenze würde der Bescheid eine rechtswidrige Situation schaffen. Zu prüfen wäre auch die Notwendigkeit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Schließlich dürfe die Erweiterung mangels der dafür notwendigen Widmung als Betriebsbaugebiet nicht genehmigt werden. Ein Verweis auf die Oö. Grenzwert­verordnung helfe nicht. Das Grundstück der Beschwerdeführer verliere massiv an Wert und verstoße der Bescheid damit auch gegen den Gleichheitsgrundsatz.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Lan­desverwaltungsgericht Oberösterreich zur Rechtsmittelentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat im Vorlageschriftsatz darauf hingewiesen, dass die Forderungen der Nachbarn vor dem Ortsaugenschein diskutiert und, wie auf Seite 17 der Verhandlungsschrift dokumentiert, vom Antragsteller zur Kenntnis genommen worden seien. Bei Unterbrechungen der Verhandlung werde regel­mäßig darauf hingewiesen, dass Parteien nicht bis zum Ende der Verhandlung anwesend sein müssten. Gleichzeitig werde bekannt gegeben, wann im Falle einer Unterbrechung die Verhandlung fortgesetzt wird. In der Zeit zwischen 13:30 Uhr und 14:45 Uhr seien lediglich Befund und Gutachten ergänzt und ausgeführt worden. Das Projekt sei ab 9:00 Uhr erörtert und Fragen der Beteiligten sowie ihre Stellungnahmen entgegengenommen worden.

 

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich durch Einzel­richter ergibt sich aus §§ 2 und 3 VwGVG.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Ein­sichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu GZ: Ge20-46-222-15-2015.

 

Im Grunde des § 24 Abs. 1 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden. Aus den Verfahrensakten ist der Sachverhalt hinreichend für die gegenständliche Entscheidung vorliegend und daher eine weitere Klärung nicht absehbar. Eine Verletzung von Art. 6 MRK oder Art. 47 GRC ist auf Grund der letztlich vor­liegenden Unzulässigkeit der Beschwerden nicht zu sehen.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem, den vorliegenden Verfahrensakten zu entnehmenden Sachverhalt aus:

 

I.4.1. Die B M G x, V, hat mit Eingabe vom 19. August 2015 um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebs­anlage am Standort V, x, unter Vorlage von Projektsunterlagen angesucht. Nach Vorprüfung und Ergänzung der Projektsunterlagen hat die belangte Behörde mit Kundmachung vom 25. November 2015 eine mündliche Verhandlung für den 14. Dezember 2015 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Die nun­mehrigen Beschwerdeführer, Herr A M, x, V, und Herr A S, x, V, haben an dieser Verhandlung persönlich teilgenommen.

 

Der Verhandlungsschrift vom 14. Dezember 2015 ist zu entnehmen, dass nach Projektserläuterung der Lokalaugenschein vorgenommen wurde. Mehrere Anrai­ner, darunter auch die nunmehrigen Beschwerdeführer, haben eine Stellung­nahme schriftlich abgegeben, ihre Forderungen zum projektierten Vorhaben bzw. gerichtet an die Konsenswerberin gestellt und diese Stellungnahmen eigenhändig unterfertigt.

 

Vom Verhandlungsleiter wurde unter anderem festgestellt, dass sich zur Ver­handlung erschienene Nachbarn nach Projektsbesprechung und nach Durch­führung des Lokalaugenscheines, ohne Erhebung von Einwendungen, von der Verhandlung entfernt haben bzw. dass die weiteren zur Verhandlung ordnungs­gemäß geladenen Nachbarn zur Verhandlung nicht erschienen sind, schließlich die schriftlich abgegebenen Stellungnahmen der Verhandlungsschrift als Beilagen angeschlossen werden bzw. sich namentlich genannte Anrainer vor Beendigung der Verhandlung mit dem Bemerken entfernt haben, dass ihrerseits gegen die Erteilung der beantragten Genehmigung keine Einwände bestehen.

 

Die Verhandlungsschrift dokumentiert weiters, dass die der Verhandlung beige­zogenen Sachverständigen befundmäßige Feststellungen bzw. gutachtliche Äußerungen abgegeben haben. Dies insbesondere der bau- und gewerbetech­nische Amtssachverständige zu den Fragen der Raumordnung und Aufschließung, der grundsätzlichen Betriebsbeschreibung, der Situierung und Höhenentwicklung, der haustechnischen Anlagen, der Betriebsweise, der maschinellen Ausstattung und der Betriebszeiten.

Die abgegebenen Gutachten beziehen sich sowohl auf den bautechnischen Teil (im Zusammenhang mit der beantragten Baubewilligung) als auch auf den gewerbetechnischen Teil (im Zusammenhang mit der beantragten Betriebsanla­genänderungsgenehmigung) und schlagen jeweils vorzuschreibende Auflagen im Zusammenhang mit der bescheidmäßigen Erledigung vor. Diese Auflagen haben Eingang in den nunmehr bekämpften Genehmigungsbescheid gefunden.

Weiters hat auch der für die Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes beigezo­gene Arbeitsinspektor Stellung genommen.

 

I.4.2. Die Beschwerdeführer haben im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachstehende Stellungnahmen abgegeben:

 

-              Stellungnahme von Herrn A M:

 

„Ich schließe mich in den Punkten 1. und 3. der Stellungnahme der Nachbarn S vollinhaltlich an, weiters muss sichergestellt sein, dass die Mitarbeiter der Firma B die P ausschließlich fußläufig oder mit dem Fahrrad benützen.

Ich fordere auch, dass das Fensterband des Aufenthaltsraumes im OG, welcher Richtung Süden angeordnet ist, eine Brüstungshöhe von zumindest 1,50 m auf­weist.“

 

-              Stellungnahme von Herrn A S:

 

„Ich schließe mich der Stellungnahme des Nachbarn M vollinhaltlich an.“

 

-    Die Punkte 1. und 3. der Stellungnahme der Nachbarn S, auf die sich die Stellungnahmen der Beschwerdeführer beziehen, lauten:

 

„Wir fordern, dass

1)   die Fassaden in Material und Farbe nicht reflektierend, glänzend und grell gestaltet werden. Vorgeschlagen wird unsererseits ein beiger Farbton, ähnlich der Fassaden der Firma B.

2)   ...........

3)   der neu zu gestaltende Vorplatz mit einer Bepflanzung (z.B. zwei Bäume) versehen wird.

 

Hinsichtlich dieser drei Punkte ist vor Ausführung das Einvernehmen herzustel­len.“

 

Von den Vertretern der Antragstellerin wurde hierzu und abschließend fest­gestellt, dass Wünschen der Anrainer wie folgt entsprochen wird:

 

·         Errichtung eines 2 m hohen, blickdichten Zaunes zu den Grundstücken
x (M), x (S), P

·         Begrünung im südwestlichen Freibereich unter Berücksichtigung einer Notzu­fahrt

·         Fenster im Gefolgschaftsraum 1. OG mit Parapethöhe 1,50 m

·         Konsensherstellung mit den Anrainern hinsichtlich Farbgebung

 

I.5. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich:

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmi­gung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.    das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehöri­gen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes ge­mäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.    die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Wei­se zu belästigen,

 

3.    die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.    die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.    eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vor­geschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommen­den Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderli­chenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1994 i.d.F. BGBl. I Nr. 85/2012 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraus­setzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) in folgender Weise bekannt zu geben:

1.    Kundmachung an der Amtstafel der Gemeinde (§ 41 AVG),

2.    Verlautbarung auf der Internetseite der Behörde,

3.    Anschlag auf dem Betriebsgrundstück und

4.    Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern.

Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Anschlag im Sinne der Z 3 und 4 kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung erfol­gen.

 

Gemäß § 42 Abs. 1 AVG i.d.g.F. hat eine gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Ver­handlung Einwendungen erhebt.

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kund­machungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anbe­raumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

Nach der geltenden Rechtslage kommt somit Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer gewerb­lichen Betriebsanlage zu und zwar auf Grund des § 8 AVG iVm mit den den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs. 2 Z 1, 2, 3 oder 5 der Gewerbeordnung. Erfolgt jedoch eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Ver­handlung betreffend die Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage, so hat dies im Sinne der zit. Rechtsvorschriften die Folge, dass Nachbarn ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Be­hörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben. Durch die Erhe­bung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn in Verfahren zur Geneh­migung bzw. Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur in dem Rahmen und Umfang, soweit zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben wurden. Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben haben.

 

Eine zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn der Nachbar Verletzungen im subjektiven Recht geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist (VwGH 10.12.1991, 91/04/0229). Die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv-öffentlicher Rechte steht den Nachbarn nicht zu.

 

Gemäß § 14 Abs. 1 AVG sind mündliche Anbringen von Beteiligten erforderlichenfalls ihrem wesentlichen Inhalt nach in einer Niederschrift festzuhalten. Niederschriften über Verhandlungen (Verhandlungsschriften) sind derart abzufassen, dass bei Weglassung alles nicht zur Sache gehörigen der Verlauf und Inhalt der Verhandlung richtig und ver­ständlich wiedergegeben wird.

 

Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat jede Niederschrift außerdem zu enthalten:

1.    Ort, Zeit und Gegenstand der Amtshandlung und, wenn schon frühere darauf bezüg­liche Amtshandlungen vorliegen, erforderlichenfalls eine kurze Darstellung des Stan­des der Sache;

2.    Die Bezeichnung der Behörde und die Namen des Leiters der Amtshandlung und der sonst mitwirkenden amtlichen Organe, der anwesenden Beteiligten und ihrer Vertre­ter sowie der etwa vernommenen Zeugen und Sachverständigen.

 

Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesbestimmung ist die Niederschrift den Vernommenen oder sonst beigezogenen Personen, wenn sie nicht darauf verzichten, zur Durchsicht vorzu­legen oder vorzulesen; wenn ein Schallträger verwendet oder die Niederschrift elektro­nisch erstellt wird, kann ihr Inhalt auch auf andere Weise wiedergegeben werden. Der Leiter der Amtshandlung kann auch ohne Verzicht von einer Wiedergabe absehen; die beigezogenen Personen können diesfalls bis zum Schluss der Amtshandlung die Zustel­lung einer Ausfertigung verlangen und binnen zwei Wochen ab Zustellung Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Niederschrift erheben.

 

Gemäß § 15 AVG liefert eine, gemäß § 14 aufgenommene Niederschrift, soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorgan­ges bleibt zulässig.

 

Dem Verfahrensakt ist zu entnehmen, dass die B M G x, V, mit Eingabe vom 19. August 2015 um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage in V, x, angesucht hat. Die belangte Behörde hat nach Vorprüfung der Projektsunterlagen mit Kundmachung vom 25. November 2015 eine mündliche Verhandlung für Montag, 14. Dezember 2015 an Ort und Stelle in V, x, anberaumt.

In dieser Kundmachung wurden Beteiligte darauf hingewiesen, „dass Sie Ihre Parteistellung verlieren, soweit Sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Ver­handlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhand­lung Einwendungen erheben. Außerhalb der Verhandlung schriftlich erhobene Einwendungen müssen spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bis zum Ende der Amtsstunden bei uns eingelangt sein“.

Der Verhandlungsschrift sind Geschäftszahl, Behördenbezeichnung, Ort, Datum und Uhrzeit, teilnehmende Personen und deren Funktion (z.B. Nachbarn, Sach­verständiger etc.) sowie einleitend der Gegenstand der Amtshandlung und die Feststellung, dass nach Erläuterung des Projektes der Lokalaugenschein vor­genommen wird, zweifelsfrei und vollständig zu entnehmen. Unter A) - Stellung-nahmen der Nachbarn und sonstigen Beteiligten - haben unter anderem beide nunmehr als Beschwerdeführer auftretende Verfahrensparteien ausdrückliche Stellungnahmen zu Protokoll gegeben, Forderungen gegenüber der Konsens­werberin zum Ausdruck gebracht und diese eigenhändig unterfertigt.

Die Verhandlungsschrift enthält in der Folge Feststellungen des Verhandlungs­leiters, so auch über Nachbarn, die sich nach Projektsbesprechung und nach Durchführung des Lokalaugenscheines ohne Erhebung von Einwendungen von der Verhandlung entfernt haben bzw. trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen sind, weiters, dass schriftlich eingelangte Stellungnahmen der Ver­handlungsschrift als Beilagen angeschlossen werden sowie dass sich namentlich genannte Nachbarn vor Beendigung der Verhandlung mit dem Bemerken entfernt haben, dass ihrerseits gegen die Erteilung der beantragten Genehmigung bzw. Bewilligung keine Einwände bestehen.

Nach Protokollierung von Befund und Gutachten des beigezogenen Amtssachver­ständigen und des Vertreters des Arbeitsinspektorates nehmen die Vertreter der Konsenswerberin abschließend Stellung und wird in der Folge die Verhandlung vom Verhandlungsleiter um 14:45 Uhr geschlossen.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu §§ 14 und 15 AVG ent­spricht die vorliegende Verhandlungsschrift diesen Normen. Insbesondere wur­den im Rahmen der Niederschrift ausdrückliche Stellungnahmen der Beschwerde­führer protokolliert und diese von den Beschwerdeführern eigenhändig unter­fertigt. Nach § 15 AVG liefert eine gemäß § 14 AVG aufgenommene Niederschrift über eine mündliche Verhandlung über den Verlauf und den Gegenstand der be­treffenden Amtshandlung vollen Beweis, soweit nicht Einwendungen (gegen die Vollständigkeit oder Richtigkeit der Niederschrift) erhoben wurden. Solche Ein­wendungen wurden nicht erhoben. Den Beschwerdeführern wurde die Verhand­lungsschrift gemeinsam mit dem ergangenen Bescheid am 18. Dezember 2015 zugestellt. Eine Einwendung wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrich­tigkeit der Niederschrift, welche gemäß § 14 Abs. 3 AVG binnen zwei Wochen ab Zustellung zu erheben ist, ist innerhalb offener Frist nicht eingelangt. Das Lan­desverwaltungsgericht Oberösterreich hegt daher keine Zweifel, von der Beweis­kraft der vorliegenden Niederschrift auszugehen. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Beschwerdeführer die protokollierten Aussagen während der mündlichen Verhandlung tatsächlich erstattet haben, dies wird weder von den Beschwer­deführern, noch von der belangten Behörde bestritten. Dass im Rahmen des Lokalaugenscheines weitere Gespräche zwischen Verhandlungsleiter, Parteien und Sachverständigen stattfinden, ist üblich und letztlich auch Sinn des Lokal­augenscheines, es kann jedoch nicht Aufgabe des Verhandlungsleiters sein, alle während des Lokalaugenscheines stattgefundenen Gesprächsinhalte in die Ver­handlungsschrift aufzunehmen, wenn dies nicht von der Partei ausdrücklich ge­fordert wird. Dass eine solche Forderung von den Beschwerdeführern erhoben worden wäre, wird nicht einmal von diesen selbst in ihrer Beschwerde vorge­bracht. Vielmehr haben die Beschwerdeführer eine Stellungnahme in die Ver­handlungsschrift protokolliert und diese unterfertigt.

 

Inhaltlich beziehen sich die von den Beschwerdeführern im Rahmen der münd­lichen Verhandlung abgegebenen Stellungnahmen, teilweise Bezug nehmend auf eine Stellungnahme anderer Nachbarn (S), auf die Farbgebung und das Material der Fassaden, die Gestaltung bzw. Bepflanzung des Vorplatzes, wobei mit diesen Forderungen auf ein erforderliches herzustellendes Einvernehmen verwiesen wird, darüber hinaus auf eine Sicherstellung, dass Mitarbeiter die P ausschließlich fußläufig oder mit dem Fahrrad benutzen sowie die Ausführung des Fenster­bandes des Aufenthaltsraumes im Obergeschoß, welcher Richtung Süden ange­ordnet ist, mit einer Brüstungshöhe von zumindest 1,5 m.

 

Mit diesen Forderungen werden von den Beschwerdeführern keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte eingewendet und liegen somit zulässige Einwen­dungen nicht vor. Daraus folgt, dass den Nachbarn eine weitere volle Partei­stellung nicht mehr zukommt.

 

Unabhängig davon ist dem Verfahrensergebnis, insbesondere der abschließenden Stellungnahme der Vertreter der Konsenswerberin, zu entnehmen, dass die For­derungen der Anrainer erfüllt werden.

Ausdrücklich zugesagt wird darin eine Konsensherstellung mit den Anrainern hin­sichtlich der Farbgebung, in Bezug auf Fenster im Gefolgschaftsraum 1. Ober­geschoß, die geforderte Parapethöhe von 1,5 m sowie eine Begrünung im süd­westlichen Freibereich unter Berücksichtigung einer Notzufahrt.

In Bezug auf die Benützung der P durch Mitarbeiter der Konsenswerberin ist der Verhandlungsschrift zu entnehmen, dass dort nur ein Zugang bzw. eine Zufahrt mit Fahrrädern der Mitarbeiter stattfindet und eine betriebliche Nutzung in diesem Bereich nicht vorgesehen ist.

Sämtlichen Wünschen und Forderungen der Beschwerdeführer wurde daher nachgekommen.

 

Unabhängig von der sich aus der dargestellten Sach- und Rechtslage ergebenden Unzulässigkeit der Beschwerde, ist zu Kernpunkten derselben zur Information einerseits festzustellen, dass Vorbringen betreffend Flächenwidmung bzw. heran­rückender Verbauung (Ausdehnung des Betriebsareals) keine Angelegenheit der gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung, sondern dem Vollzugsbereich der Baubehörde zuzuzählen sind, somit im baubehördlichen Verfahren zu beur­teilen sind. Andererseits sind Bedenken wegen einer Wertminderung eines Grundstückes nach den Bestimmungen der GewO 1994 auf den Zivilrechtsweg zu verwiesen. Zu Vorbringen betreffend Lärmimmissionen ist zunächst festzustellen, dass einen wesentlichen Inhalt des eingereichten Projektes eine schalltechnische Sanierung der B M G darstellt, nicht jedoch die Schaffung zusätzlicher Lärm­quellen. Den Projektsunterlagen liegt hierzu auch ein schalltechnisches Projekt der T S für t A S x, L, vom 30. Juli 2015 zugrunde und handelt es sich dabei um eine akkreditierte Prüfstelle, allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sach­verständige. Ein Beschwerdevorbringen auf gleicher fachlicher Ebene liegt nicht vor. Schließlich liegen keine Hinweise auf die Emission wesentlicher zusätzlicher Luftschadstoffe durch das verfahrensgegenständliche Projekt vor und kann eine Vermutung der Beschwerdeführer nach einer Überschreitung gemäß § 77 Abs. 3 GewO ohne annähernd konkrete Angaben in Bezug auf Emissionsquellen daran nichts ändern.

Schließlich hat die belangte Behörde durch Anerkennung ihrer Zuständigkeit zur Durchführung des gegenständlichen Genehmigungsverfahrens und Durchführung desselben nachvollziehbar zum Ausdruck gebracht, dass nach der ihrerseits durchgeführten Vorprüfung eine Durchführung einer Umweltverträglichkeits-prüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere ist aus dem von den Beschwerde­führern angeführten angrenzenden M alleine eine solche nicht ableitbar. Ein zu­treffender konkreter Anknüpfungspunkt zu den Tatbeständen des UVP-G wird in der Beschwerde nicht dargestellt und ist auch für den erkennenden Richter des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht ersichtlich, dies weder in Bezug auf bestimmte normierte Schwellenwerte noch auf die Besonderheit der Anlage bzw. der Anlagentype, schon gar nicht der beabsichtigten Änderung derselben.

 

Insgesamt war daher auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtspre­chung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger