LVwG-650598/7/Zo/Bb

Linz, 25.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter         Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde der T L, geb. 1992, B, S, vom 14. März 2016 gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Steyr, vom 1. März 2016, GZ Fe 24/2016, NSCH 13/2016, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und weiterer führerscheinrechtlicher Anordnungen, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Mai 2016 und anschließender Verkündung der Entscheidung,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I.

 

1. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Steyr (im Folgenden: belangte Behörde) entzog T L (Beschwerdeführerin – im Folgenden kurz: Bf) mit Bescheid vom 1. März 2016, GZ Fe 24/2016, NSCH 16/2016, die Lenkberechtigung der Führerscheinklassen AM und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit in der Dauer von neun Monaten, gerechnet ab 7. Februar 2016 (= Abnahme des Führerscheines). Des Weiteren wurden begleitende Maßnahmen in Form einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme verfügt und eine allfällige ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung sowie ein ausländischer EWR-Führerschein,  gerechnet ab Verkündung des Bescheides, für die oben ausgesprochene Entzugsdauer, entzogen. Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 2, 3, 7, 24 Abs. 1 und 3, 26, 27 bis 29, 30 Abs. 1 und 2 FSG sowie § 2 FSG-NV angeführt.

Schließlich wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde unter Anwendung des § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

 

Ihren Bescheid begründend führte die belangte Behörde ua. aus, dass aufgrund des Inhaltes der Anzeige vom 7. Februar 2016 und des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens sowie der im Akt angeführten Beweise fest stehe, dass die Bf durch ihr Verhalten eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 1 und 3 FSG verwirklicht habe. Sie habe mit einem extrem hohen Alkoholisierungsgrad (0,92 mg/l Atemluftalkoholgehalt) als Lenkerin ein Kraftfahrzeug auf einer öffentlichen Verkehrsfläche gelenkt und dabei einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und anschließender Fahrerflucht verursacht. Ihr Gesamtverhalten sei in höchstem Maße verwerflich und gefährlich im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG. Aus den dargelegten Gründen müsse davon ausgegangen werden, dass sie ihre Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von neun Monaten wiedererlangen werde.

 

2. Gegen diesen Bescheid, mündlich verkündet am 1. März 2016, richtet sich die vorliegende, durch die Bf mit Schriftsatz vom 14. März 2016 rechtzeitig erhobene Beschwerde, in der die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf sechs Monate begehrt wird.

 

Begründend wird im Rechtsmittel von der Bf ausgeführt, dass dies ihr erstes Vergehen sei und sich solch eines nicht wiederholen werde. Die Wertung und Entscheidung der Behörde sei nicht nachvollziehbar, da von ihrer Seite nie Vergehen oder Verstöße begangen wurden, sie die Tat bereue und die Fahrerflucht nicht im Bewusstsein begangen habe. Die Darstellung, dass sie eine wandelnde Gefahr sei, sei unzulässig und nicht gerecht. Die Bf bat ihren Fall inständig zu bearbeiten und ihr ein persönliches Erscheinen zu ermöglichen.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Vorlageschreiben vom 15. März 2016 unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit der GZ Fe 24/2016, NSch 13/2016, zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.  

 

Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und das Beschwerdevorbringen.

 

Zusätzlich wurde am 10. Mai 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher die Bf und eine Vertreterin der belangten Behörde teilgenommen und zum Sachverhalt gehört und befragt wurden. Als Zeuge wurde der meldungslegende Polizeibeamte BI R von der Polizeiinspektion Münichholz vernommen. 

 

4.1. Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ergibt sich daraus folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

 

Die am x geborene Bf lenkte am 7. Februar 2016 um 05.50 Uhr den Pkw, VW Eos, mit dem behördlichen Kennzeichen x in der Gemeinde Steyr auf der unbenannten Verbindungsstraße in Richtung Haager Straße. Auf Höhe Auffahrt Haager Straße verursachte sie einen Verkehrsunfall mit Sachschaden, indem sie mit dem entgegenkommenden Pkw, VW Touran, Kennzeichen x, gelenkt von C M L, kollidierte, wodurch an beiden beteiligten Fahrzeugen Sachschaden entstand.

 

Die Bf setzte im Anschluss ihre Fahrt ohne anzuhalten auf der Haager Straße Richtung stadtauswärts fort. Der Unfallgegner hielt sein Fahrzeug an der Unfallörtlichkeit an und erstattete der Streifenbesatzung „M1“ der Polizeiinspektion Münichholz (KI H und GI S), welche den Unfallort zufällig passierte, Meldung über den Verkehrsunfall.

Anlässlich der Unfallerhebungen wurde schließlich die Bf als Zulassungsbesitzerin des am Unfall beteiligten Pkw, Kennzeichen x, ermittelt. Bei ihrer Einvernahme vor der Polizeiinspektion Münichholz am 7. Februar 2016 gab die Bf zu Protokoll und gestand ein, den Pkw selbst gelenkt und mit einem entgegenkommenden Pkw kollidiert zu sein und danach die Unfallstelle ohne anzuhalten verlassen zu haben.

 

Die Bf befand sich bei der gegenständlichen Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Eine bei ihr aufgrund des Vorliegens deutlicher Alkoholisierungssymptome auf der Polizeiinspektion Münichholz um 10.34 Uhr und um 10.36 Uhr mittels geeichtem Alkomat der Marke Dräger Alkomat 7110 MKIII A, Geräte Nr. ARDB-0063, vorgenommene Untersuchung ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt erbrachte ein Ergebnis von jeweils 0,48 mg/l Atemluftalkoholgehalt. Der Bf wurde in der Folge von GI R gemäß § 39 Abs. 1 FSG der Führerschein unter Block Nr. 150418, Blatt Nr. 9, vorläufig abgenommen.

 

Die Rückrechnung des im Zuge des Alkotestes ermittelten Alkoholgehaltes auf den Lenk- und Unfallzeitpunkt um 05.50 Uhr im behördlichen Verfahren nach der Atemluftalkoholformel nach Wermuth – Fous ergab letztlich eine Atemluftalkoholkonzentration der Bf von 0,92 mg/l zur Tatzeit. Dieser Wert wurde im Entziehungsverfahren zu Grunde gelegt. Die Bf hat in ihrem Beschwerdeschriftsatz als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung das Alkoholdelikt als auch das Verschulden eines Verkehrsunfalles und Verlassen der Unfallstelle nicht bestritten, sondern sich diesbezüglich geständig gezeigt, jedoch angegeben, sich an den Unfall nicht mehr erinnern zu können.

 

Laut Aktenlage handelt es sich konkret um das erste Alkoholdelikt der Bf im Straßenverkehr und um die erstmalige Entziehung ihrer Lenkberechtigung.

 

4.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig und widerspruchsfrei aus dem Inhalt des behördlichen Verfahrensaktes und ist in dieser Form unbestritten. Es bestehen daher keine Bedenken, die Sachverhaltsfeststellungen der Entscheidung zugrunde zu legen.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 FSG bildet die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. (...)

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 FSG gilt eine Person dann als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihres Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder durch einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

 

Gemäß des ersten Teilsatzes des § 7 Abs. 4 FSG zufolge sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in   Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 FSG hat der Antragsteller der Behörde vor der Erteilung einer Lenkberechtigung ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

§ 24 Abs. 3 FSG lautet:

„Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1.    wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2.    wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von  zwei Jahren oder

3.    wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.“ (...)

 

Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO begangen, so ist gemäß § 26 Abs. 2 Z 1 FSG die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz FSG hat die Behörde einem Besitzer einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines (§ 1 Abs. 4), der einen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen. Der eingezogene Führerschein ist der Ausstellungsbehörde zusammen mit einer Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln. (...)

 

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf gemäß § 5 Abs. 1 StVO ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung (...) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes  1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

5.2. Grundlage für die beschwerdegegenständliche Entziehung und die daran anknüpfenden weiteren Maßnahmen nach dem FSG bildet der Vorfall vom 7. Februar 2016 um 05.50 Uhr, anlässlich dessen die Bf unbestritten in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt hat, wobei der Alkoholgehalt ihrer Atemluft aufgrund der vorgenommenen Rückrechnung im Lenkzeitpunkt 0,92 mg/l betrug. Die Bf hat damit eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 StVO begangen, welche eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 1 FSG darstellt.

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss zählt zu den schwersten und gröbsten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit (VwGH 27. Februar 2004, 2002/11/0036 uva.) und ist als besonders verwerflich und gefährlich zu qualifizieren, zumal durch Alkohol beeinträchtige Lenker eine hohe potenzielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen.

 

Der Aktenlage zufolge hat die Bf erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO begangen und es handelt sich offensichtlich auch um die erstmalige Entziehung ihrer Lenkberechtigung.

 

Für die erstmalige Begehung eines Deliktes nach § 99 Abs. 1 StVO hat der Gesetzgeber in § 26 Abs. 2 Z 1 FSG eine Mindestentziehungszeit von sechs Monaten festgelegt.

 

Diese Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten darf dann überschritten werden, wenn Umstände vorliegen, die aufgrund der Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit der strafbaren Handlung (§ 7 Abs. 4 FSG) die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des VwGH z. B. die Erkenntnisse vom 19. August 2014, 2013/11/0038; 16. Oktober 2012, 2009/11/0245 uvm.).

 

In diesem Sinne muss der Bf im Lichte der Wertung nach § 7 Abs. 4 FSG nachteilig angelastet und berücksichtigt werden, dass ihre Alkoholbeeinträchtigung nicht „bloß“ im Rahmen einer Verkehrskontrolle zutage trat, sondern ihre Alkoholfahrt zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden geführt hat, indem sie als Fahrzeuglenkerin mit einem entgegenkommenden Pkw kollidierte, wodurch Sachschaden an beiden Fahrzeugen entstand. Daraus zeigt sich deutlich die Verwerflichkeit und Gefährlichkeit von Alkoholdelikten im Straßenverkehr. Die Bf hat damit nicht nur eine abstrakte, sondern durch den verursachten Verkehrsunfall jedenfalls eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit dargestellt. Ihr Verhalten deutet darauf hin, dass sie nicht mehr in der Lage war, ihr Fahrzeug halbwegs sicher zu beherrschen, was aufgrund der festgestellten Alkoholisierung auch nicht lebensfremd erscheint. Auch ihr Verhalten unmittelbar nach dem Unfall, nämlich die Fahrerflucht, wirkt sich für die Bf nachteilig aus. Offenbar war sie zum damaligen Zeitpunkt nicht bereit, ihr Fahrzeug an der Unfallstelle anzuhalten und die Konsequenzen ihres Fehlverhaltens zu tragen. Sie hat damit auch in Kauf genommen, dass der Geschädigte möglicherweise seine Ersatzansprüche nicht geltend machen kann. Ein solches Verhalten ist jedenfalls als verwerflich anzusehen.

 

Aufgrund der polizeilichen Anzeige sowie der Verantwortung des Unfallgegners und der Bf im Beschwerdeschriftsatz und bei der mündlichen Verhandlung muss davon ausgegangen werden, dass jedenfalls ein schuldhaftes (Fehl-)Verhalten der Bf, wohl auch auf ihre Alkoholbeeinträchtigung zurückführbar, zu dem geschilderten Verkehrsunfall geführt hat. Jedes Mitverschulden an einem Verkehrsunfall – gleichgültig in welchem Ausmaß – ist als "Verschulden eines Verkehrsunfalles" zu werten (VwGH 28. Juni 2001, 99/11/0265).

 

Das zusätzliche Mit-(Verschulden) eines Verkehrsunfalles und das Verlassen der Unfallstelle ohne anzuhalten rechtfertigt jedenfalls eine längere als die in § 26 Abs. 2 Z 1 FSG vorgesehene Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten, wobei es jedoch auf die Folgen des Unfalles nicht ankommt. Die Unfallfolgen haben bei der Wertung und damit auch bei der Bemessung der Entziehungsdauer außer Betracht zu bleiben (vgl. etwa VwGH 22. Oktober 1991, 91/11/0033; 20. Jänner 1998, 97/11/0217 uva.).

 

Seit der unternommenen Alkofahrt ist die Bf offensichtlich nicht weiter nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich zumindest seither wohl verhalten, wobei allerdings hervorzuheben ist, dass einem Wohlverhalten der Bf aufgrund der anhängigen Straf- und Entziehungsverfahren in diesem Zeitraum grundsätzlich nur geringe Bedeutung beigemessen werden kann. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kann in einer solchen Zeit vom Betroffenen nur erwartet werden, dass er nicht neuerlich negativ in Erscheinung tritt.

 

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände gelangt das Oö. Landesverwaltungsgericht im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs. 4 FSG zur Auffassung, dass es im konkreten Fall einer Entziehungsdauer von neun Monaten bedarf, bis die Bf ihre Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt. Diese von der belangten Behörde festgesetzte Dauer erscheint im Hinblick auf den verschuldeten Verkehrsunfall und die begangene Fahrerflucht angemessen und steht auch in Einklang mit der einschlägigen aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Nach dieser festgesetzten Entziehungsdauer kann erwartet werden, dass die Verkehrszuverlässigkeit der Bf wiederhergestellt ist. Dem Beschwerdebegehren auf Herabsetzung der Entziehungsdauer konnte damit kein Erfolg beschieden werden. Diese Überlegungen gelten auch für die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Entziehung einer ausländischen Lenkberechtigung.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um eine Schutzmaßnahme im (primären) Interesse anderer Personen vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern (VwGH 22. Oktober 2002, 2001/11/0108, 8. Juli 1983, 82/11/0014). Persönliche und berufliche Interessen am Besitz der Lenkberechtigung haben bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses außer Betracht zu bleiben (VwGH 24. August 1999, 99/11/0166).

 

Da der Führerschein am 7. Februar 2016 gemäß § 39 Abs. 1 FSG vorläufig abgenommen wurde, war der Beginn der Entziehung der Lenkberechtigung ab diesem Zeitpunkt zu berechnen.

 

Die Entziehung einer allfälligen ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung bzw. eines allfälligen ausländischen EWR-Führerscheines stützt sich auf § 30 Abs. 2 FSG und ist zu Recht erfolgt.

 

Die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens nach § 8 FSG wurde nicht ausdrücklich in Beschwerde gezogen, sodass sich ein weiteres Eingehen hierauf erübrigt (siehe VwGH 20. April 2004, 2004/11/0018). Anzumerken ist jedoch, dass die Anordnung dieser Maßnahmen wegen des Vorliegens einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 StVO gemäß § 24 Abs. 3 FSG gesetzlich zwingende Folgen sind.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist in § 13 Abs. 2 VwGVG begründet. Angesichts der Verkehrsunzuverlässigkeit der Bf ist es geboten, diese mit sofortiger Wirkung von der Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker von führerscheinpflichtigen Fahrzeugen auszuschließen (z. B. VwGH 20. Februar 1990, 89/11/0252).

 

 

 

 

 

 

Zu II.

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Mag.  Gottfried  Z ö b l