LVwG-600087/4/Bi/CG
Linz, 21.02.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn F D, S, L, vom 31. Dezember 2013 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Dezember 2013, GZ:0047078/2013, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht e r k a n n t:
I.
Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch und im Ausspruch über den Verfahrenskostenbeitrag mit der Maßgabe bestätigt wird, dass die Wortfolge „Eigentümer bzw“ zu entfallen hat; die Geldstrafe wird jedoch auf 70 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden herabgesetzt.
II.
Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.
III.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine ordentliche Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.6 Z1 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 82 Abs.1 und 2 iVm 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.
Ihm wurde laut Schuldspruch zur Last gelegt, er habe als Eigentümer bzw Zulassungsbesitzer verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass er das Kraftfahrzeug Grand Cherokee, Kz. X, Begutachtungsplakette X, am 17. Oktober 2013 in L, S gegenüber X (Straße im Sinne der StVO) ohne amtliche Kennzeichentafeln abgestellt habe, ohne dass er im Besitz einer hiefür erforderlichen straßenpolizeilichen Bewilligung gewesen wäre.
2. Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht ein als „Einspruch“ bezeichnetes Rechtsmittel eingebracht, das seitens der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht OÖ vorgelegt wurde. Eine (nicht beantragte) mündliche Verhandlung konnte entfallen (§ 24 Abs.3 VwGVG).
3. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, er habe im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, dass das Fahrzeug gekoppelt mit einem Anhänger X abgestellt gewesen sei, was auch gesetzlich erlaubt sei. Er hoffe, es handle sich um einen Irrtum und er ersuche um nochmalige Prüfung der Sachlage und Absehen von einer Strafe, da er sich keinerlei Schuld bewusst sei.
4. Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.
Daraus geht hervor, dass das Wechselkennzeichen X auf den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer für zwei Pkw zugelassen ist, ua auf den Grand Cherokee.
Ein Mitarbeiter des Bezirksverwaltungsamtes, Abteilung Erhebungsdienst, habe am 17. Oktober 2013 – eine Uhrzeit wurde nicht festgehalten, daher umfasst der Tatvorwurf den ganzen Tag – festgestellt, dass dieser Pkw in L, gegenüber vom Haus S, abgestellt gewesen sei; der angekoppelte Anhänger war mit der Kennzeichentafel X versehen und der Pkw als „Fahrzeug mit Wechselkennzeichen“ gekennzeichnet; ein Foto sei nicht angefertigt worden.
Der Beschwerdeführer bestätigte im Einspruch von 22. Oktober 2013, der Pkw sei ohne Kennzeichentafeln, aber mit dem Hinweis auf die Zulassung mit einem solchen, am Fahrbahnrand abgestellt gewesen und am angekoppelten Anhänger habe sich die Kennzeichentafel X befunden. Er meine daher, dass der Tatvorwurf nicht gerechtfertigt sei.
In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht OÖ erwogen:
Gemäß § 82 Abs.1 StVO 1960 ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, zB zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, ist unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. … Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung ist eine solche Bewilligung auch für das Aufstellen von Kraftfahrzeugen oder Anhängern ohne Kennzeichentafeln erforderlich. Eine solche Bewilligung ist gemäß Abs.3 ua nicht erforderlich für das Wegschaffen eines betriebsunfähig gewordenen Fahrzeuges oder für dessen Instandsetzung, sofern dies einfacher als das Wegschaffen ist und der fließende Verkehr dadurch nicht behindert wird.
Diese Bestimmungen gelten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gemäß § 1 StVO, als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.
Der S ist, wie aus dem Digitalen Oberösterreichischen RechtsInformationsSystem („doris.ooe.gv.at“) eindeutig zu ersehen ist, eine Straße mit öffentlichem Verkehr, wobei der Beschwerdeführer selbst bestätigt hat, dass der Pkw an Fahrbahnrand abgestellt war. Selbst wenn es sich dabei um Privatgrund handeln würde, wäre diese Abstellfläche für jedermann zugänglich, wobei die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund für die Qualifikation als Straße mit öffentlichem Verkehr nicht von Bedeutung sind.
Unter „Benützung von Straßen“ ist nicht nur das Lenken des Fahrzeuges zu verstehen, sondern jede Benützung, dh auch das Abstellen auf einer solchen Verkehrsfläche – die Parkplätze befinden sich gegenüber vom Haus X am Fahrbahnrand des S parallel dazu. Eine solche Benützung der Straße läge nur dann nicht vor, dass der Pkw zB in einer hauseigenen (Tief-) Garage oder in einem für die Allgemeinheit nicht zugänglichen Innenhof abgestellt wäre. Wird er aber so, wie auch von Beschwerdeführer bestätigt, am Fahrbahnrand „geparkt“, muss der Zulassungsbesitzer dafür auf der Rechtsgrundlage des § 82 Abs.2 StVO eine Bewilligung besitzen – eine solche hat der Beschwerdeführer unbestritten nicht, sodass er ohne Zweifel mit dem Abstellen des Pkw dort in objektiver Hinsicht den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt hat. Allerdings ist das Eigentum am Kraftfahrzeug kein Tatbestandselement der Bestimmung des § 82 StVO, weshalb der Spruch gemäß § 44a Z1 VStG entsprechend abzuändern war.
Zum Verschulden ist zu sagen, dass sich der Inhaber eines Wechselkennzeichens selbstverständlich darüber informieren muss, welche Rechtsfolgen daran geknüpft sind. Dazu kann er Informationen einholen bei der Zulassungsstelle, bei der er die Kennzeichentafeln erhält oder auch im Internet – zB scheint bei der Eingabe „Wechselkennzeichen“ in Google der Hinweis auf „www.help.gv.at“ auf; auf dieser Seite des Bundeskanzleramtes steht ausdrücklich der Hinweis, dass Fahrzeuge ohne Kennzeichentafeln auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht abgestellt werden dürfen.
Eine diesbezügliche Erkundigungspflicht ist dem Inhaber eines Wechselkennzeichens zuzumuten. Dass ein auf ein anderes Kennzeichen zugelassener Anhänger nicht gleichzeitig auch für den Pkw, an dem er angekoppelt ist, liegt auf der Hand, zumal auch beide nicht denselben Zulassungsbesitzer haben müssen. Der im ggst Fall angekoppelte Kennzeichentafeln tragende Anhänger erspart daher nicht die Bewilligung nach § 82 Abs.2 StVO.
Die Bestimmung des § 82 Abs.2 StVO ist ein Ungehorsamsdelikt, dh gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Aufgrund der zweifellos anzunehmenden Erkundigungspflicht des Zulassungsbesitzers ist von einem unverschuldeten Nichtwissen des Beschwerdeführers nicht auszugehen, sodass ihm zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten ist. Als geringfügig kann sein Verschulden aber damit nicht eingestuft werden, dh die Voraussetzungen des § 45 Abs.1 Z4 VStG („ … die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.“) liegen nicht vor.
Trotzdem war aus diesen Überlegungen bei der Strafbemessung zugunsten des Beschwerdeführers (noch) von fahrlässiger Begehung auszugehen und darauf basierend die Strafe herabzusetzen. Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe. Der Beschwerdeführer ist unbescholten, was laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses – zutreffend – als Milderungsgrund gewertet wurde beim Fehlen von erschwerenden Umständen. Der Einkommensschätzung (1.500 Euro netto monatlich, weder Vermögen noch Sorgepflichten) hat der Beschwerdeführer nicht widersprochen, sodass diese auch im Beschwerdeverfahren heranzuziehen ist.
Die verhängte Strafe spiegelt die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat wieder, wobei die Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis zur Geldstrafe bemessen ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
zu II.:
Der Entfall eines Beitrages zum Beschwerdeverfahren gründet sich auf § 52 Abs.8 VwGVG.
Zu III.:
Die ordentliche Revision des Beschwerdeführers ist auf der Grundlage des § 25a Abs.4 VwGG nicht zulässig – gemäß dieser Bestimmung ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs.6 Z1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache 1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und 2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde.
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes-verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Bissenberger