LVwG-300959/3/Kü/TO

Linz, 12.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde, vom 8. Februar 2016, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Jänner 2016, GZ: SV96-129-2014, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Jänner 2016, GZ: SV96-129-2014, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 32a Abs. 2, 3 und 4 iVm § 28 Abs. 1 Z 5 Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. Nr. 72/2013, eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe von 336 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv 100 Euro vorge­schrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben als unbeschränkt haftender Gesellschafter, somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und gemäß § 9 VStG verwaltungs­strafrechtlich verantwortliche Person, der Firma B A KG mit Sitz in, x, zu verantworten, dass die genannte Firma den ausländischen Staatsbürger F K, geb. x, k Staatsangehöriger, seit 13.06.2014, zumindest aber am 01.09.2014, als Arbeiter beschäftigt hat, obwohl für diesen keine Bestätigung (Freizügigkeitsbestätigung) des Arbeitsmarktservices über das Recht auf unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt vorlag. Diese Bestätigung ist vor Beginn der Beschäftigung einzuholen. Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges zusammengefasst aus, dass die im Spruch beschriebene Verwaltungsübertretung aufgrund des angeführten Sachverhaltes – Anzeige der Finanzpolizei Team 40 – als erwiesen anzusehen sei.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Bf fristgerecht Beschwerde ein und führt darin an, dass der gegenständliche Ausländer Staatsangehöriger des Staates S und nicht wie angegeben kroatischer Staatsbürger sei. Herr K lebe seit über 23 Jahren in der S und sei noch immer EU-Staatsbürger des Staates S. Aus diesem Grund sei keine Verwaltungs­übertretung begangen worden.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 11. Februar 2016 dem Landesver­waltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

4. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Akteneinsicht und Einholung einer Auskunft beim AMS Oberösterreich. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Bei einer am 01.09.2014 durchgeführten Kontrolle durch Organe der Finanz­polizei Team 40 für das Finanzamt Linz bei der Firma des Bf wurde im, am Firmengelände befindlichen, Firmenfahrzeug der k Staatsbürger F K angetroffen. Dieser gab niederschriftlich befragt bekannt, dass er seit 13.06.2014 für die Firma des Bf als Fassadenarbeiter tätig ist, jedoch über keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen verfüge.

Mit Strafantrag vom 05.09.2014 beantragte die Finanzpolizei die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Bf wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 AuslBG iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit a AuslBG. 

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis der Recherche des Landesverwaltungsgerichtes beim zuständigen Arbeitsmarkt-service. Laut Auskunft der Ausländerfachabteilung beim AMS vom 23.02.2016 scheint kein Datensatz über den kroatischen Staatsbürger auf. Eine Abfrage beim Zentralen Melderegister hat ergeben, dass Herr F K bis 28.05.2015 die k Staatsbürgerschaft besaß und ab diesem Zeitpunkt s Staatsbürger ist.

 

 

II.            Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundes­gesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus”, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.

 

§ 32a Abs. 2 bis 4 AuslBG lauten wie folgt:

„(2) EU-Bürger gemäß Abs. 1 haben unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie

1.   am Tag des Beitritts oder nach dem Beitritt rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt sind und ununterbrochen mindestens zwölf Monate zum Arbeits­markt zugelassen waren oder

2.   die Voraussetzungen des § 15 sinngemäß erfüllen oder

3.   seit fünf Jahren im Bundesgebiet dauernd niedergelassen sind und über ein regelmäßiges Einkommen aus erlaubter Erwerbstätigkeit verfügen.

 

(3) Ehegatten und eingetragene Partner von EU-Bürgern gemäß Abs. 2 und deren Verwandte in gerader absteigender Linie, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und darüber hinaus, sofern ihnen von diesen Unterhalt gewährt wird, haben unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie mit diesen einen gemeinsamen rechtmäßigen Wohnsitz im Bundesgebiet haben.

 

(4) Das Recht auf unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß Abs. 2 und 3 ist von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu bestätigen. Die Bestätigung ist vor Beginn der Beschäftigung einzuholen. Der Arbeitgeber hat eine Ausfertigung der Bestätigung im Betrieb zur Einsichtnahme bereitzuhalten. Die Bestätigung erlischt bei Ausreise aus dem Bundesgebiet aus einem nicht nur vorübergehenden Grunde.“

 

Nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus”, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Nach § 28 Abs. 1 Z 5 AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis 1.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen § 32a Abs. 4 einen Ausländer, der gemäß § 32a Abs. 2 oder 3 unbeschränkten Arbeitsmarktzugang hat, ohne Freizügigkeitsbestätigung beschäftigt.

 

 

2. Im gegenständlichen Fall wird dem Bf vorgeworfen, den kroatischen Staatsbürger als Arbeiter beschäftigt zu haben, obwohl für diesen keine Freizügigkeitsbestätigung des Arbeitsmarktservice vorlag.

 

Dazu ist anzumerken, dass Österreich, wie schon beim Beitritt von B und R durch Ausdehnung der Übergangsbestimmungen in § 32a Abs. 1 bis 9 AuslBG auf k Staatsbürger und Arbeitgeber mit Betriebssitz in der Republik K von einer sofortigen Aufhebung der Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt abgesehen hat. Der Übergangszeitraum, in dem weiterhin zur Ausübung einer Beschäftigung im Inland grundsätzlich eine Bewilligung nach dem AuslBG einzuholen ist, reicht zumindest bis 30.06.2015. Verfügen k Staatsbürger jedoch über unbeschränkten Arbeitsmarktzugang, ist keine Bewilligung erforderlich. Dies trifft beispielsweise auf k Staats­angehörige, die bis zum EU-Beitritt (1.07.2013) über eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ oder einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EG“ verfügt haben bzw. deren Familienangehörige zu.

 

Sache des Beschwerdeverfahrens ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der belangten Behörde bildet.

 

Nach der Rechtsprechung zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann (VwGH vom 23. April 2013, Zl. 2010/09/0005). Der Beschwerdeführer hat das subjektive Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden (VwGH vom 18. Oktober 2007, Zl. 2005/09/0126).

 

Grundgedanke der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 VStG ist es, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift so präzise zu sein hat, dass in Verbindung mit der Tatumschreibung nach § 44a Z 1 VStG eine eindeutige Zuordnung der vorgeworfenen Tat zu einem bestimmten Strafbestand möglich ist (VwGH vom 29. Mai 2008, Zl. 2007/07/0063,  12. September 2005, Zl. 2004/10/0152, sowie vom 3. Oktober 2013, Zl. 2013/09/0042).

 

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von der Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Eine taugliche Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten hat das ihm zur Last gelegte Handeln unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z 1 VStG in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift näher zu konkretisieren und zu individualisieren.

 

Die Berichtigung von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen durch die Berufungs­behörde setzt voraus, dass innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG eine entsprechende Verfolgungshandlung hinsichtlich dieses Merk­mals erfolgt ist (VwGH 24.03.1993, Zl. 92/03/0033).

 

Im Straferkenntnis der belangten Behörde wird dem Bf angelastet, den namentlich angeführten Dienstnehmer beschäftigt zu haben, ohne dass für diesen eine Freizügigkeitsbestätigung des Arbeitsmarktservice über das Recht auf unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt vorgelegen sei. Auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14. November 2014 scheint dieser Tatvorwurf auf. Dieser Tatvorwurf ist jedoch nicht korrekt und stimmt mit der Sachverhaltsdarstellung im Strafantrag der Finanzbehörde vom 5. September 2014, FA-GZ: 046/10797/15/4014, nicht überein. In diesem wird ausgeführt, dass der Bf den Ausländer als Fassadenarbeiter ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen entgegen § 3 Abs. 1 AuslBG beschäftigt hat und somit der Tatbestand gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit a AuslBG erfüllt sei.

 

Festzuhalten ist, dass zwischenzeitig (Datum der finanzpolizeilichen Kontrolle: 01.09.2014) die gesetzliche Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr überschritten ist, weshalb dem Bf ein geänderter Tatvorwurf nicht angelastet werden kann. Aus diesem Grund war der Beschwerde stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

III.           Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzes­stelle begründet.

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger