LVwG-350228/2/KLi/PP
Linz, 12.04.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 13.2.2016 des B M A T, geb. x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 9.2.2016, GZ: BHWL2016-2815/7-MR, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs (Bedarfsorientierte Mindestsicherung),
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 9.2.2016, GZ: BHWL2016-2815/7-MR, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 23.12.2015 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer würde die Voraussetzungen für die Gewährung der bedarfsorientierten Mindestsicherung gemäß § 4 Oö. BMSG nicht erfüllen. Erforderlich sei ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt“, welchen der Beschwerdeführer nicht nachweisen könne. Nach persönlicher Vorsprache am 7.1.2016 habe er mitgeteilt, über keinen Daueraufenthalt zu verfügen. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.
I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 13.2.2016. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass offensichtlich sein sozialer und finanzieller Ausnahmefall kein Grund sei, ihm Hilfeleistungen zukommen zu lassen. Er bedauere dies sehr, dass EU-Bürger so behandelt würden, wie es nicht einmal Asylbewerber erdulden würden. Jeder Mensch habe ein Recht auf Arbeit und eine Krankenversicherung. In Übergangssituationen sei der Staat dazu verpflichtet, Hilfe zu gewähren. § 7 Oö. BMSG müsse zu seinen Gunsten ausgelegt werden. Er sei ab März voraussichtlich geringfügig beschäftigt, was jedoch noch keine Krankenversicherung gewährleiste. Er bitte darum, unterstützt zu werden. Er befinde sich laut § 6 Oö. BMSG in einer sozialen Notlage.
II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:
II.1. Der Beschwerdeführer ist am x geboren und d Staatsangehöriger. Er wohnt derzeit in x. Der Beschwerdeführer hat eine Ausbildung als Germanist und war zuletzt als Bibliothekar tätig. Seit 1.11.2015 ist er arbeitslos. Voraussichtlich wird er ab März 2016 eine Beschäftigung in geringfügigem Ausmaß antreten.
Im Zeitpunkt der Antragstellung verfügte der Beschwerdeführer über ein Kontoguthaben in Höhe von 263 Euro und sonstige Vermögenswerte im Ausmaß von 15.000 Euro. An Miete für seine Unterkunft bezahlt er monatlich 300 Euro.
II.2. Der Beschwerdeführer verfügt über keinen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt“ iSd Oö. BMSG. Im Zuge einer Vernehmung des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde zu GZ: Pol18-411-2014 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass ihm momentan das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht zukommt.
III. Beweiswürdigung:
III.1. Die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers in seinem Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung. Weitere diesbezügliche Erhebungen konnten insofern unterbleiben.
III.2. Dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt“ verfügt, ergibt sich aus der im Akt befindlichen Niederschrift vom 7.1.2016 der belangten Behörde zu GZ: Pol18-411-2015. In dieser Niederschrift wird festgehalten:
„Herrn T kommt momentan das unionsrechte Aufenthaltsrecht nicht zu. Sollte Herr T binnen zwei Monaten keine Erwerbstätigkeit ausüben, wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst.“
Der fehlende Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt“ des Beschwerdeführers ergibt sich somit ebenfalls aus dem Akteninhalt.
III.3. Insofern ist gegenständlich der relevante Sachverhalt vollständig erhoben. Offen bleibt die Rechtsfrage dazu, ob der Beschwerdeführer die persönlichen Voraussetzungen für die bedarfsorientierte Mindestsicherung erfüllt. Diesbezüglich würde auch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu keiner weiteren Klärung mehr führen, weshalb von einer solchen Abstand genommen werden konnte.
IV. Rechtslage:
§ 4 Oö. BMSG regelt die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfs-orientierter Mindestsicherung:
(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die
1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19 a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, idF des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. 135/2009 erfüllen und
2. a) österreichische Staatsbürgerinnen und –bürger oder deren Familienangehörige,
b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,
c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder –bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,
d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder „Daueraufenthalt-Familienangehörige“ oder mit einem Niederlas-sungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,
e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Auf-enthaltsrecht verlieren würden, sind.
(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend von Abs. 1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, so-weit
1. der Lebensunterhalt nicht anderwärtig gesichert ist oder gesichert werden kann und
dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.
V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hierzu erwogen:
V.1. Der Beschwerdeführer geht in seiner Beschwerde auf seine persönlichen Verhältnisse (soziale Notlage) insofern ein, als er vorbringt, sich in einer Notlage zu befinden. Ferner weist er darauf hin, dass ihm Mindestsicherung aufgrund dieser Notlage gewährt werden müsste.
Allerdings ist – bevor auf die persönlichen Verhältnisse (soziale Notlage) eingegangen werden kann – zu untersuchen, ob der Beschwerdeführer überhaupt die persönlichen Voraussetzungen des § 4 Oö. BMSG erfüllt, um bedarfsorientierte Mindestsicherung erhalten zu können. Erst im Anschluss sind die Voraussetzungen des § 6 Oö. BMSG (soziale Notlage) zu überprüfen.
V.2. Nach den Bestimmungen des § 4 Oö. BMSG muss – um bedarfsorientierte Mindestsicherung gewähren zu können – ein dauernder Aufenthalt in Österreich gewährt sein. § 4 Abs. 1 Z 2 lit.d Oö. BMSG sieht vor, dass Personen mit einem unbefristeten Aufenthaltstitel Mindestsicherung gewährt werden kann; ebenso regelt § 4 Abs. 1 Z 2 lit.e Oö. BMSG, dass ein sonstiger dauernder Aufenthaltstitel im Inland bestehend muss.
V.3. Bereits aus dem Akteninhalt und aus den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde am 7.1.2016 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt“ verfügt.
V.4. Aus der Beilage 434/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags XXVII. Gesetzgebungsperiode ergibt sich dazu Folgendes:
Für EU-/EWR-Bürgerinnen oder -bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige räumt § 4 – in Übereinstimmung mit den Vorgaben des
Art. 4 Abs. 3 Z 3 der Vereinbarung gemäß Art. 15 a B-VG über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung – dem gegenüber im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts keine absolute, sondern eine durch fremdenrechtliche Bestimmungen (vgl. insbesondere §§ 51 bis 57 NAG sowie
Art. 7 und 24 Richtlinie 2004/38/EG) bedingte Position ein, die bisher erforderlichenfalls im Sinn des § 38 AVG zu beurteilen ist. Dabei handelt es sich insbesondere um Personen, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben. Bei den Familienangehörigen von EU/EWR- und Schweizer-Bürgern ist das Vorhandensein eines abgeleiteten Freizügigkeitsrecht erforderlich (lit. c).
Eine derartige Vorfragenbeurteilung entfällt hinsichtlich der Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“, „Daueraufenthalt – EG“ eines anderen Mitgliedstaates oder „Daueraufenthalt – Familienangehörige“ (§§ 45, 48 und 49 NAG) sowie bei Personen mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung (im Sinn der Rechtslage vor dem NAG, vgl. § 81 NAG). Bei diesen Tatbestandsalternativen ist lediglich entscheidend, ob ein entsprechender Aufenthaltstitel vorliegt – oder eben nicht.
V.5. Nachdem für den Beschwerdeführer ein derartiger Aufenthaltstitel eben nicht vorliegt, waren weitergehende Prüfungen durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich – insbesondere im Hinblick darauf, ob aufgrund der finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers bedarfsorientierte Mindestsicherung zu gewähren ist (soziale Notlage; § 6 Oö. BMSG) – nicht vorzunehmen.
V.6. Zusammengefasst war insofern spruchgemäß zu entscheiden, der Beschwerde keine Folge zu geben und der Bescheid der belangten Behörde zu bestätigen.
Der Beschwerdeführer wird allerdings darauf hingewiesen, dass es möglich ist, neuerlich einen Antrag auf Gewährung bedarfsorientierter Mindestsicherung zu stellen, falls sich seine persönlichen Verhältnisse (insbesondere im Hinblick auf einen Daueraufenthalt) ändern.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Lidauer