LVwG-550048/2/SE/HK/Bu

Linz, 18.02.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Sigrid Ellmer über die Beschwerde von x, x, x, vertreten durch x, x, x,  gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 29. Mai 1991, Zl. N-4339-1986/Bre, den

 

 

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.              Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Bescheid des  Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck, vom 29. Mai 1991, Zl. N-4339-1986/Bre, wird aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG an den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zurückverwiesen.

  

 

II.            Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Schreiben vom 24. Juli 1986 stellte Frau x an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den Antrag auf naturschutzrechtliche Genehmigung einer Holzhütte, ca. 1,2 x 1,5 x 2 m, auf dem Grundstück Nr. x, KG x, sowie für einen Holzsteg 14 x 0,8 m und einer seeseitigen Plattform von 1,8 x 2,5 m auf dem Grundstück Nr. x, KG x. In der Folge fanden mehrere Lokalaugenscheine statt und wurden Gutachten vom Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz eingeholt. Der Rechtsnachfolger von Frau x, Herr x, stellte mit Schreiben vom 15. Juni 1989 einen weiteren Antrag auf naturschutzrechtliche Genehmigung für die Aufstellung einer Liegeplattform in der Größe von 2 x 1,5 m  auf dem Grundstück Nr. x, KG x, und führte noch aus, dass der Badesteg und die Holzhütte schon seit 1955/56 bestehe und bereits 1970 ein Antrag auf naturschutzrechtliche Bewilligung eingebracht wurde.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 29. Mai 1991, Zl. N-4339-1986/Bre, wurde im Spruchabschnitt C festgestellt, dass die Anträge hinsichtlich der Umkleidekabine aus Holz im Ausmaß von ca. 1 x 1,5 x 2 m und des Steges im Ausmaß von ca. 14 x 0,8 m inklusive einer seeseitigen Plattform im Ausmaß von ca. 2,5 x 1,8 m abgewiesen werden.

Im Spruchabschnitt D trägt der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck dem Antragsteller auf, die Umkleidekabine aus Holz und den Steg, die widerrechtliche Eingriffe in das Landschaftsbild darstellen, bis längstens 30. Juni 1991 zu entfernen.

 

Herr x, vertreten durch x, x, erhob mit Schreiben vom 18. Juni 1991 gegen diesen Bescheid fristgerecht Berufung. Er beantragte, der erhobenen Berufung Folge zu geben.

 

Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 27. Februar 1992, Zl. N-100772/Kü-1992, wurde der Berufung nicht Folge gegeben und bestätigt, dass die widerrechtlichen Eingriffe – Umkleidekabine aus Holz und Steg inklusive einer seeseitigen Plattform- bis 30. Juni 1992 zu entfernen sind.

Gegen diesen Bescheid erhob Herr x Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen „Verletzung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz in eventu: wegen § 42 VwGG“. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 22. Juni 1992, Zl. B563/92-4, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 9. Oktober 1992 dem Antrag von Herrn x auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben.  

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. Mai 1993, Zl. 92/10/0147, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dies wurde damit begründet, dass der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedurfte und es nicht feststeht, ob ein konsenslos vorgenommener Eingriff in das Landschaftsbild vorliegt.

 

I.2. Mit Schreiben vom 20. November 2000 teilte die Oö. Landesregierung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit, dass durch ein Versehen der Akt unerledigt geblieben ist und das Berufungsverfahren nunmehr fortgesetzt wird. Mit Schreiben vom 27. August 2001 der Oö. Landesregierung, Zl. N-100772/14-2001, wurde auch Herr x über die Fortsetzung des Berufungsverfahrens informiert. Nach Einholung von Gutachten eines Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz teilte Herr x mit, dass die betroffenen Grundstücke verkauft werden und noch nicht feststeht, ob der künftige Eigentümer den Steg und die Hütte weiterverwenden möchte. Dies wurde in einem Aktenvermerk vom 4. April 2002 und 10. Mai 2002 festgehalten.

 

I.3. Mit Schreiben der Oö. Landesregierung vom 11. Juli 2005, Zl. N-100772/20-2005-Bin/Gre, wurde Herr x ersucht, mitzuteilen, ob noch Interesse an der behördlichen Entscheidung bestehe oder ob der Antrag bzw. die Berufung zurückgezogen wird. Mit Schreiben vom 7. September 2005 teilte x mit, dass die gegenständlichen Grundstücke bereits verkauft sind. Eine Recherche ergab, dass es mehrere Eigentümerwechsel gab und mittlerweile neuer Eigentümer der gegenständlichen Grundstücke x ist. Dieser (nunmehr Beschwerdeführer) trat, vertreten durch x, x, als neuer Grundstückseigentümer in das Berufungsverfahren ein. Es ergingen weitere Gutachten und Stellungnahmen. Mit Schreiben vom 21. August 2006, Zl. N-100772/29-2006-Mö/Au, teilte die Oö. Landesregierung dem Beschwerdeführer mit, dass die anhängigen Verfahren im Seeuferschutzbereich des x (x) fortgeführt werden, weil ein seitens der Landesnaturschutzabteilung zu erarbeitendes Gesamtkonzept aus fachlichen Gründen nicht realisierbar ist. Dazu gab der Beschwerdeführer mit Schreiben  vom 14. September 2006 eine Stellungnahme ab und beantragte nochmals die Bewilligung der Steganlage.

 

I.4. Es liegt ein Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom 6. November 2013 vor, indem in der Einleitung festgehalten wird, dass für ein Hüttenobjekt in der beantragten Größe auf dem Grundstück Nr. x, KG x, eine zustimmende Feststellung in Aussicht gestellt werden könne. Jedoch die Steganlage auf dem Grundstück Nr. x, KG x, als gravierendste Eingriffsmaßnahme in diesem Uferbereich verbleibt. Der Landesbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz kommt in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass die gegenständliche Steganlage, nicht zuletzt aufgrund der größeren Länge und des weiteren Vorgriffs in die Seefläche des x, zu einer deutlichen Verstärkung der Eingriffe in das Landschaftsbild des Uferraums kommt. Der Befund enthält Auszüge aus dem digitalen Flächenwidmungsplan, ein Foto der Steganlage und Orthofotos des Uferabschnittes.

 

Der Berufungswerber führt in seiner Stellungnahme vom 11. Dezember 2013 zu diesem Gutachten aus, dass das dem Gutachten zu Grunde liegende Foto des Steges nicht aktuell und bereits mehrere Jahre alt sei. Es habe im April 2013 eine Besichtigung vor Ort stattgefunden, an der auch der Sachverständige teilgenommen habe. Dabei sei festgestellt worden, dass sich in der Zwischenzeit ein dichter Schilfgürtel im Bereich des gegenständlichen Badeplatzes gebildet habe. Dieser Schilfgürtel konnte sich nur aufgrund des Vorhandenseins des Badesteges entwickeln, weshalb der Steganlage eine hohe Bedeutung für den Schutz eines Schilfgürtels zukommt. Zudem wurde bei diesem Lokalaugenschein die Errichtung eines verkleinerten Steges diskutiert. Es wurde vereinbart, den Steg sowohl in seiner Länge als auch in seiner Breite deutlich zu verkleinern und einen neuerlichen Antrag an den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu richten. Der Badesteg sei umgehend wie besprochen verschmälert und verkürzt worden, sodass er vom See absolut nicht mehr sichtbar sei. Auch sei umgehend ein entsprechender Antrag bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebracht worden. Dieser Antrag des Beschwerdeführers vom 18. April 2013 samt drei Fotos des Badesteges sind der Stellungnahme des Beschwerdeführers angeschlossen.

 

I.5. Der Verwaltungsakt ist gemeinsam mit der Beschwerde am 2. Jänner 2014 beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt.

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­ein­sichtnahme. Gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die Beschwerde erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen bis zu diesem Datum erlassenen Bescheid als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG. Demnach sind auch die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG anzuwenden. Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

Gegenstand der Beschwerde ist der Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 29. Mai 1991. Dem wiederum liegen Anträge aus 1986 und 1989 zugrunde. Seit erstmaliger Antragstellung sind nunmehr fast 28 Jahre und seit Bescheiderlassung fast 23 Jahre vergangen.

 

Aufgrund der mittlerweile verstrichenen Zeitspanne seit Antragstellung bzw. Bescheiderlassung in erster Instanz, haben sich die zu beurteilenden Gegebenheiten wesentlich verändert. In dieser Zeit wurden zwar immer wieder Lokalaugenscheine durchgeführt und Gutachten eingeholt, jedoch liegt der maßgebliche Sachverhalt, um eine Entscheidung in der Sache selbst treffen zu können, nicht ausreichend vor. So deckt sich selbst die Beschreibung der -der Entscheidung zugrunde zu legenden- Uferlandschaft im zuletzt eingeholten Gutachten vom 16. November 2013 nicht mit der Darstellung und den vorgelegten Fotos des Beschwerdeführers in dessen Stellungnahme vom 11. Dezember 2013. Über den vom Beschwerdeführer erwähnten Lokalaugenschein mit einem Sachverständigen am 5. April 2013 finden sich keinerlei Vermerke oder Hinweise von Behördenseite im Verwaltungsakt. Darüber hinaus ist seit April 2013 bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aufgrund eines neuerlichen Antrages des Beschwerdeführers ein weiteres naturschutzrechtliches Verfahren hinsichtlich des Badesteges anhängig.  

 

Für die Entscheidungsfindung durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sind daher nach Art und Umfang noch erhebliche Ermittlungen des Sachverhalts notwendig.

 

Bei ungeklärter Sachlage muss sich das Verwaltungsgericht mit der Frage der Verwaltungsökonomie beschäftigen und klären, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Gericht „im Interesse der Raschheit gelegen“ oder „mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist“. Keine Verpflichtung zur Sachentscheidung besteht, wenn die Ermittlung und Entscheidung durch die Behörde gleich lange dauern würde und höchstens etwas höhere Kosten durch die Behördenentscheidung entstünden, als wenn das Verwaltungsgericht das (sein) Ermittlungsverfahren (selbst) durchführt und entscheidet. Ob sich das Verwaltungsgericht im Falle einer Zurückverweisungsmöglichkeit für diese entscheidet oder eine Sachentscheidung trifft, steht grundsätzlich in seinem Ermessen (arg „kann“ in § 28 Abs. 3 VwGVG). Dabei hat es sich jedoch von dem – nach § 17 VwGVG auch im gerichtlichen Verfahren geltenden- Grundsatz der möglichsten Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2 AVG) leiten zu lassen (vgl. dazu Fischer in „Justizstaat: Chance oder Risiko? Verwaltungsgerichtsbarkeit NEU“, S. 318).

 

Im konkreten Fall sind nunmehr seit Bescheiderlassung in I. Instanz fast 23 Jahre verstrichen, die zu beurteilende Uferlandschaft wird selbst zu einem aktuellen Zeitpunkt unterschiedlich dargestellt und bei der belangten Behörde ist ein neuerlicher  (modifizierter) Antrag in derselben Angelegenheit seit April 2013 anhängig. Sowohl die belangte Behörde als auch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich -würde es in der Sache selbst entscheiden- haben ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Landesverwaltungsgericht ist konkret aber weder im Interesse der Raschheit gelegen noch mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Im Sinne des Grundsatzes der möglichsten Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis und auch im Sinne des Beschwerdeführers, eine möglichst zeitnahe Entscheidung über seine gestellten Anträge zu erhalten, hat das Landesverwaltungsgericht beschlossen, nicht in der Sache selbst zu entschieden, sondern den bekämpften Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Sigrid Ellmer