LVwG-700152/2/BP/SA
Linz, 20.04.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Bernhard Pree über den Vorlageantrag des D L, vertreten durch RA Mag. R S, x, betreffend die Beschwerdevorentscheidung der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 1. April 2016, GZ: VStV/916300177225/2016,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 44a VStG iVm. §§ 31 und 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 144/2013, wird aus Anlass der Beschwerde der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
4. März 2016, GZ: VStV/916300177225/2016, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 120 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, verhängt. Weiters wurde er von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 50 Euro verpflichtet.
Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:
Sie haben sich am 03.02.2016 um 13:00 Uhr in 4020 Linz, Nietzschestraße 33 festgestellt werden konnte, im Bundesgebiet aufgehalten, obwohl Sie keinen von der Behörde eines Vertragsstaates erteilten Aufenthaltstitel besitzen und Fremde sich ohne Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nicht länger als 90 Tage im Schengenraum aufhalten dürfen.
Aufenthalt im Schengenraum 4.9.2015-24.9.2015, 22.11.2015-19.12.2015, 20.12.2015-19.1.2016, 24.1.2016 3.2.2016.
2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der rechtsfreundlich vertretene Bf mit Schriftsatz vom 21. März 2016 rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, mit welchem die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Reduzierung der Strafe auf die Hälfte, in eventu die Zurückverweisung der Sache an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung, sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt wurde.
3. Mit Schreiben vom 1. April 2016 erging durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich eine Beschwerdevorentscheidung, worin gemäß § 14 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz 2013 – VwGVG das Straferkenntnis insofern abgeändert wurde, als anstatt der Geldstrafe eine Ermahnung ausgesprochen wurde.
4. In der Folge brachte der Bf bei der belangten Behörde mit Schreiben vom 7. April 2016 gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag ein, worin er folgende Anträge stellt:
Binnen offener Frist wird über die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde zu GZ: VStV7916300177225/2016 gemäß § 15 VwGVG beantragt, dass das Verwaltungsgericht entscheiden möge und die Beschwerde an dieses vorgelegt wird.
Ferner wird der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. § 24 Abs. 1 VwGVG gestellt.
5. Mit Schreiben vom 11. April 2016 legte die Landespolizeidirektion Oberösterreich den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungs-gericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Nachdem sich bereits aus der Aktenlage ergab, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu entfallen.
7. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt I.1. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus:
II.
Aufgrund der Aktenlage erübrigt sich eine weiterführende Beweiswürdigung.
III.
1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der im Tatzeitraum geltenden Fassung, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;
5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)
6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder
7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
2.1. Hinsichtlich der Tatanlastung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Bf stellt sich nun zunächst die Frage, ob der "Spruch" des in Rede stehenden Straferkenntnisses, der in der Beschwerdevorentscheidung lediglich hinsichtlichh der verhängten Strafe modifiziert wurde, den Anforderungen des § 44a VStG genügt.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall einer Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes – wie im vorliegenden Fall – die als erwiesen angenommene Tat durch Verneinung aller in § 31 Abs. 1 FrG bzw. FPG genannten Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 2007 (2007/21/03/03). Ein Spruch eines Straferkenntnisses, der diesen Anforderungen nicht genügt, entspricht nach diesem Erkenntnis nicht dem Maßstab des § 44a VStG.
2.2. Im vorliegenden Fall beschränkt sich die Tatanlastung des angefochtenen Bescheides jedoch nur auf die Feststellung der Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts des Bf im Bundesgebiet wegen Überschreitung des für 90 Tage innerhalb von 6 MOnaten zulässigen Aufenthalts im bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG, ohne dass auf die weiteren Alternativen des § 31 Abs. 1 FPG konkret eingegangen bzw. diese verneint werden. Es mangelt dem Spruch daher insgesamt an der erforderlichen Konkretisierung.
2.3. Unter Bedachtnahme auf die oa angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG wird die Tatanlastung den gesetzlichen Voraussetzungen nicht gerecht, zumal hier die Unverwechselbarkeit der Tat insbesondere hinsichtlich des Nicht-Vorliegens der in § 31 Abs. 1 FPG angeführten Alternativen nicht gegeben ist. Der Tatvorwurf wurde im bisherigen Verfahren nicht entsprechend formuliert.
3. Es war daher – ohne auf die Beschwerdevorbringen näher einzugehen – das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.
4.1. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird.
4.2. In diesem Sinn war dem Bf kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG aufzuerlegen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree