LVwG-601049/5/EW

Linz, 21.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Wiesbauer über den Vorlageantrag der D N,  gegen die Beschwerdevorentscheidung der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 1.9.2015, GZ. VStV/915300303454/2015, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als die Geldstrafe auf 40,- Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt werden und der Beitrag zu den Kosten des Behördenverfahrens mit 10,- Euro festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.a) Die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) warf der Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) in der Berufungsvorentscheidung vom 01.09.2015, VStV/915300303454/2015, eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 1 iVm § 36 lit e KFG vor und verhängte gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Stunden. Weiters wurde der Bf von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

„Ihrer Beschwerde vom 13.08.2015 wird gem. § 14 Abs. 1 VwGVG insofern stattgegeben, als der Spruch des Straferkenntnisses vom 15.07.2015 von

 

‚Sie haben sich, wie

am um in

28.02.2015 15:52 Uhr L

 

festgestellt wurde, als Lenkerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da dieses Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet wurde, obwohl an diesem keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht war. Die Gültigkeit der Plakette ZEF38xx mit der Lochung 02/2014 war abgelaufen.“

 

auf

 

„Sie haben, wie

 

am um in

28.02.2015 15:52 Uhr L

 

festgestellt wurde, es als Zulassungsbesitzerin unterlassen, bei dem KfZ, x, für den vorschriftsmäßigen Zustand zu sorgen, da dieses Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet wurde, obwohl an diesem keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht war. Die Gültigkeit der Plakette ZEF38xx mit der Lochung 02/2014 war abgelaufen.“

 

abgeändert wird.

 

I.b) Gegen diese Beschwerdevorentscheidung richtet sich der mit Schriftsatz vom 16.9.2015 rechtzeitig eingebrachte Vorlageantrag im Sinne des § 15 VwGVG.

 

Begründend wurde von der Bf vorgebracht, dass sie im gesamten Verwaltungsstrafverfahren bis zur Erlassung des Straferkenntnisses vom 15.7.2015 als Lenkerin beschuldigt worden sei, was nicht richtig gewesen sei. Durch die Beschwerdevorentscheidung werde ihr nun eine völlig neue Tat nämlich ein Unterlassungsdelikt als Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen KFZ vorgeworfen, ohne ihr dazu die Möglichkeit einer Stellungnahme einzuräumen. Sie habe in allen bisherigen Schreiben darauf hingewiesen, dass es sich bei dem gegenständlichen Fahrzeug um ein nicht gelenktes, vielmehr zum Verkauf abgestelltes Fahrzeug handle.

 

I.c) Die belangte Behörde hat den Vorlageantrag dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Vorlageschreiben vom 23.11.2015 unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch der nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichterin.

 

 

II. a) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31.3.2016, an welcher ein Vertreter der Bf teilnahm. Die belangte Behörde hat ihr Fernbleiben entschuldigt.

 

b) Auf Grund der Aktenlage und der durchgeführten mündlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt fest:

 

Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen x ist am 28.2.2015 um 15:52 Uhr in L, auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr abgestellt gewesen. Die Gültigkeit der Plakette ZEF38xx mit der Lochung 02/2014 abgelaufen war. Die Bf ist Zulassungsbesitzerin dieses Fahrzeuges.

 

c) Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem Inhalt des behördlichen Verfahrensaktes und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, zumal die Bf immer auch selbst ausgeführt hat, dass sie Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Fahrzeugs mit abgelaufener Gültigkeit der Plakette ist und sie es zum Verkauf am Tatort abgestellt hat.

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht hierüber erwogen:

 

a) Die relevanten Bestimmungen aus dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) BGBl Nr. 267 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten auszugsweise:

 

§ 36. Allgemeines

Kraftfahrzeuge und Anhänger außer Anhängern, die mit Motorfahrrädern gezogen werden, dürfen unbeschadet der Bestimmungen der §§ 82, 83 und 104 Abs. 7 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen und von nicht zugelassenen Anhängern auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn

a)    [...]

e) bei den der wiederkehrenden Begutachtung (§ 57a) unterliegenden zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen, soweit sie nicht unter § 57a Abs. 1b fallen, eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57a Abs. 5 und 6) am Fahrzeug angebracht ist.

[...]

 

§ 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

 

(1) Der Zulassungsbesitzer

1. hat dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung – unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht;

[...]

 

§ 134. Strafbestimmungen

 

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.“

 

b) Nach § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 VStG) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Im gegenständlichen Fall wurden der Bf im gesamten Verwaltungsstrafverfahren vorgeworfen, am 28.2.2015, um 15:52 Uhr, in L das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet zu haben, obwohl die Gültigkeit der Plakette mit der Lochung 02/2014 abgelaufen war. Bis zur Erlassung des Straferkenntnisses wurde der Bf dieser Sachverhalt als Lenkerin vorgeworfen. Erst aufgrund ihrer Beschwerde wurde ihr die Tat in der bekämpften Berufungsvorentscheidung vom 1.9.2015 richtiger Weise als Zulassungsbesitzerin zur Last gelegt. Da die Beschwerdevorentscheidung der Bf aber innerhalb der Verjährungsfrist gem. § 31 Abs 1 VStG die Sphäre der Behörde verlassen hat (Zustellung an die Bf durch Hinterlegung am 4.9.2015), ist sie als fristgerechte verjährungsunterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG zu werten, da sich aus dieser alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente ergeben. Umstände, die eine Verfolgung ausschließen würden, liegen somit nicht vor.

 

Die von der Bf in ihrem Vorlageantrag behauptete Verletzung des Parteiengehörs, weil sie vor Erlassung der Beschwerdevorentscheidung mit dem neuen Tatvorwurf keine Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt habe, stellt einen Verfahrensmangel dar. Dieser wurde aber im beim Landesverwaltungsgericht durchgeführten Beschwerdeverfahren saniert, da die Bf nicht nur mit ihrem Rechtsmittel eine Stellungnahme abgeben sondern sich auch in der mündlichen Verhandlung rechtfertigen konnte (vgl. Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht [2014] Rz 834).

 

Da in casu keine Zweifel darüber besteht, dass das gegenständliche Fahrzeug von der Bf als Zulassungsbesitzerin am Tatort – einer Straße mit öffentlichem Verkehr – abgestellt war, obwohl die Gültigkeit der Plakette abgelaufen war, ist der objektive Tatbestand daher erfüllt.

 

c.) Die Bf behauptet vom Magistrat Linz, Verkehrsabteilung, die Auskunft bekommen zu haben, das Abstellen des gegenständlichen Fahrzeugs sei erlaubt, solange das behördliche Kennzeichen montiert sei. Diese Auskunft ist jedoch kein Umstand, welcher das Verschulden der Bf ausschließen würde. Es sind auch keine anderen verschuldensausschließenden Umstände im Verfahren hervorgekommen, weshalb gemäß § 38 VwGVG iVm § 5 Abs 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen und somit auch die subjektive Tatseite zu bejahen ist.

 

d.1) Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

d.2) Die belangte Behörde ging bei ihrer Strafbemessung davon aus, dass die Bf über kein hierfür relevantes Vermögen besitze, keine ins Gewicht fallenden Sorgfaltspflichten habe und ein Einkommen von 1.000,- monatlich beziehe. Bei der vom Landesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung gab die Bf jedoch bekannt, dass sie die Sorgepflicht für eine 8-jährige Tochter trägt. Da diese im verwaltungsbehördlichen Verfahren noch nicht bekannt war, wurde dieser Umstand bei der Strafbemessung noch nicht berücksichtigt. Aus diesem Grund war die verhängte Strafe bei Abwägung aller Umstände, auf das nunmehrige Ausmaß herabzusetzen.

 

e) Weil die Beschwerde Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

 

I.              Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Elisabeth Wiesbauer