LVwG-410191/7/AL/MaS/VS

Linz, 26.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Astrid LUKAS über die Beschwerde der C AG, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W, W, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 11. Juni 2012, Pol96-26-2011, betreffend Einziehung von insgesamt 6 Geräten gemäß § 54 Abs 1 Glücksspielgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) vom 11. Juni 2012, Pol96-26-2011, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 07.03.2011 wurde über folgende, im Zuge einer Kontrolle vom 17.02.2011 in R , Wettlokal der Firma C AG, W, von Organen des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding, Finanzpolizei, vorläufig beschlagnahmten 6 Eingriffsgegenstände die Beschlagnahme angeordnet:

1.     Hundeterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 1163, Type Racing Dogs, FA-Nr. 10, Versiegelungsplaketten Nr. 06029-06032, 06046, 06047, 06051,

2.     Hundeterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 1115, FA-Nr. 11, Versiegelungsplaketten Nr. 06033-06039, 06050,

3.     Hundeterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 1117, FA-Nr. 12, Versiegelungsplaketten Nr. 06048-06049, 06040-06045,

4.     Star*TSP 100 Future (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 230090904143610C, Type Future PRNT-Hundewetten, FA-Nr. 15, Versiegelungsplaketten Nr. 06069,

5.     Model M129C (Gehäusebezeichnung), Seriennummer: TL-TM-T88 III, Type DJHG0354395, FA-Nr. 16, Versiegelungsplaketten Nr. 06070,

6.     Racing-Pogo P.O.S (Gehäusebezeichnung), Seriennummer: 20332, FA-Nr. 17, Versiegelungsplaketten Nr. 06071.

 

In diesem Zusammenhang ergeht von der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis als gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz zuständiger Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz folgender

 

Spruch:

 

Die Einziehung der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 07.03.2011, Zahl: Pol96-26-2011, gemäß § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a Glückspielgesetz beschlagnahmten Eingriffsgegenstände, und zwar der Glücksspielgeräte

 

1.     Hundeterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 1163, Type Racing Dogs, FA-Nr. 10, Versiegelungsplaketten Nr. 06029-06032, 06046, 06047, 06051,

2.     Hundeterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 1115, FA-Nr. 11, Versiegelungsplaketten Nr. 06033-06039, 06050,

3.     Hundeterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 1117, FA-Nr. 12, Versiegelungsplaketten Nr. 06048-06049, 06040-06045,

4.     Star*TSP 100 Future (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 230090904143610C, Type Future PRNT-Hundewetten, FA-Nr. 15, Versiegelungsplaketten Nr. 06069,

5.     Model M129C (Gehäusebezeichnung), Seriennummer: TL-TM-T88 III, Type DJHG0354395, FA-Nr. 16, Versiegelungsplaketten Nr. 06070,

6.     Racing-Pogo P.O.S (Gehäusebezeichnung), Seriennummer: 20332, FA-Nr. 17, Versiegelungsplaketten Nr. 06071.

 

mit denen vom 1.11.2007 bis zumindest 17.02.2011 im Wettlokal in R Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, veranstaltet wurden und an denen sich die C AG mit Sitz in W, als Eigentümerin der angeführten Eingriffsgegenstände unternehmerisch beteiligt hat, wird gemäß § 54 Abs. 1 GSpG angeordnet.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 52 Abs. 3, 54 Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 76/2011

 

 

Begründung:

 

A. SACHVERHALT:

Bei einer von Organen des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding, Finanzpolizei, am 17.02.2011 um ca. 10.45 Uhr durchgeführten Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz wurden im Wettlokal in R unter anderem sechs Glücksspielapparate mit den Gehäusebezeichnungen

1.     Hundeterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 1163, Type Racing Dogs, FA-Nr. 10, Versiegelungsplaketten Nr. 06029-06032, 06046, 06047, 06051,

2.     Hundeterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 1115, FA-Nr. 11, Versiegelungsplaketten Nr. 06033-06039, 06050,

3.     Hundeterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 1117, FA-Nr. 12, Versiegelungsplaketten Nr. 06048-06049, 06040-06045,

4.     Star*TSP 100 Future (Gehäusebezeichnung), Seriennummer 230090904143610C, Type Future PRNT-Hundewetten, FA-Nr. 15, Versiegelungsplaketten Nr. 06069,

5.     Model M129C (Gehäusebezeichnung), Seriennummer: TL-TM-T88 III, Type DJHG0354395, FA-Nr. 16, Versiegelungsplaketten Nr. 06070,

6.     Racing-Pogo P.O.S (Gehäusebezeichnung), Seriennummer: 20332, FA-Nr. 17, Versiegelungsplaketten Nr. 06071.

 

betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden, mit welchen seit 01.11.2007 wiederholt verschiedene Glücksspiele in Form von Hundewetten durchgeführt wurden, mit denen aufgrund der in Aussicht gestellten Gewinne und der möglichen Einsätze in der Höhe von mindestens 0,50 Euro der Verdacht bestand, dass mit den Geräten durch das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen deshalb in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil weder die dafür erforderliche Konzession des Bundesministers für Finanzen vorlag, noch die Geräte nach den Bestimmungen des § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Die Geräte wurden von Organen der öffentlichen Aufsicht im Zuge der Kontrolle mit den FA-Nummern 10, 11, 12, 15, 16 und 17 versehen und in der Folge gemäß § 53 Abs. 2 Glücksspielgesetz vorläufig beschlagnahmt.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 07.03.2011, Zl. Pol96-26-2011, wurde über die sechs gegenständlichen Eingriffsgegenstände, die Eigentum der C AG stehen, die Beschlagnahme angeordnet.

 

Gegen diesen Bescheid brachten Sie durch Ihren Rechtsvertreter mit Schreiben vom 04.04.2011 (eingelangt am 05.04.2011) Berufung ein.

 

Die Berufung wurde mit Erkenntnis des UVS Oberösterreich vom 12.10.2011, VwSen-301028/4/AB/Mu/Ba, als verspätet zurückgewiesen, da der Bescheid am 14.03.2011 durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt wurde und die Berufungsfrist somit mit Ablauf des 28.03.2011 endete.

 

Mit Schreiben vom 21.05.2012 setzte Sie die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis als Eigentümerin der Eingriffsgegenstände darüber in Kenntnis, dass die Behörde beabsichtigt, die sechs gegenständlichen Geräte gemäß § 54 GSpG einzuziehen. Sie wurden eingeladen, dazu binnen 3 Wochen Stellung zu nehmen.

 

Von dieser Möglichkeit machten Sie mit Schreiben ihres Vertreters vom 01.06.2012 wie folgt Gebrauch: 'Die beabsichtigte Einziehung der angeführten Hundeterminals ist nicht gerechtfertigt. Dies schon deshalb, da noch nicht in einem Strafverfahren geklärt wurde, ob mit der für das Strafverfahren notwendigen Sicherheit ein Verstoß gegen das Glücksspielgesetz vorliegt. Für die Einziehung ist im Gegensatz zur Beschlagnahme der Verdacht einer Übertretung nicht ausreichend. Es wird daher beantragt, von der Eröffnung eines Einziehungsverfahrens Abstand zu nehmen.'

 

[…]

 

C. RECHTLICHE BEURTEILUNG:

 

Eingangs ist festzustellen, dass ein Einziehungsverfahren ein eigenständiges Verfahren darstellt und nicht vom Abschluss eines Verwaltungsstrafverfahrens abhängig ist. Einzige Voraussetzung ist das Vorliegen eines rechtskräftigen Beschlagnahmebescheides, die erfüllt ist.

 

Anlässlich einer am 17.02.2011 durchgeführten Kontrolle durch Organe der Abgabenbehörde als Organe der öffentlichen Aufsicht iSd § 50 Abs. 2 GSpG im Lokal mit der Bezeichnung Wettlokal in R wurden die im Spruch angeführten elektronischen Glücksspielgeräte, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, deshalb vorläufig beschlagnahmt, weil der hinreichend begründete Verdacht vorlag, dass damit gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wurde.

 

Von den Kontrollorganen wurden nachweislich umfangreich dokumentierte Testspiele in Form von Hundewetten mit einem Einsatz in der Höhe von mindestens € 0,50, dem ein laut Quotenplan in Aussicht gestellter Gewinn gegenüber stand, durchgeführt. Das Spiel- bzw. Rennergebnis ist ausschließlich vom Zufall abhängig.

Die Spiele wurden also in Form von Glücksspielen im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG durchgeführt.

 

Die Glücksspiele konnten nur gegen Erbringung einer vermögenswerten Leistung durch den Spieler ausgelöst werden, für welche vom Veranstalter der Glücksspiele in Verbindung mit bestimmten Rennergebnissen und Quotenplänen Vermögenswerte Gewinne in Aussicht gesteilt wurden. Die Glücksspiele wurden von C AG mit Sitz in W als Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet. Die Gewinne wurden von einem Mitarbeiter der C AG in bar (gegen Vorlage des Gewinnbon) ausgezahlt.

Die Glücksspiele wurden also in Form von Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG durchgeführt.

 

Die festgestellten, von den Kontrollorganen dokumentierten Glücksspiele waren nachweislich weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen.

 

Bei den angeführten Geräten konnte die Möglichkeit wahrgenommen werden, Wetten auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunderennen abzuschließen. Jede Wette stellte ein Glücksspiel dar. Die Wiedergabe aufgezeichneter, virtueller Rennabläufe stellt eine Abfolge elektronischer Funktionen dar, nicht aber eine sportliche Veranstaltung. Die Wette auf das Ergebnis elektronischer Funktionsabläufe stellt somit nicht eine Wette aus Anlass sportlicher Veranstaltungen dar, sondern eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG.

Von der bescheiderlassenden Behörde konnte die C AG als Eigentümerin der gegenständlichen Eingriffsgegenstände ermittelt werden. Der anlässlich der vorläufigen Beschlagnahme gerechtfertigt bestehende Verdacht bezüglich eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG konnte bis heute nicht entkräftet werden.

 

Aufgrund des wegen der Versiegelung der Geräte nicht bloß unverändert vorliegenden Verdachtes, sondern durch die vorstehend dargelegte Dokumentation der Organe der öffentlichen Aufsicht zweifelsfrei nachgewiesenen Verstoßes gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, wurde die Beschlagnahme mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 07.03.2011, Zl. Pol96-26-2011, angeordnet und ist der Beschlagnahmebescheid mit Ablauf des 28.03.2011 in Rechtskraft erwachsen.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 Glückspielgesetz sind Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glückspielgesetz verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glückspielgesetz einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

 

Aufgrund der vorstehend dargelegten Tathandlung war der Verstoß nicht (bei keinem der angeführten Geräte) geringfügig, da in gegenständlichem Fall in geradezu typischer Art und Weise - nämlich durch öffentlich zugängliche Aufstellung einer Vielzahl von Glücksspielgeräten - in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde.

Für eine Geringfügigkeit iSd § 54 Abs 1 muss sich es sich entsprechend des Schutzzweckes des Glücksspielgesetzes um einen von der tatbestandstypischen Form abweichenden gelinderen Eingriff, ja einen geradezu marginalen Eingriff handeln. Die Aufstellung und der Betrieb von 6 Glücksspielgeräten stellt demnach jedenfalls keinen geringfügigen Eingriff in das Glücksspielmonopol dar.

 

Die Einziehung war somit anzuordnen.

 

Gemäß § 54 Abs. 2 Glückspielgesetz ist die Einziehung mit selbständigem Bescheid zu verfügen. Dieser ist all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenständen haben oder ein solches geltend machen und kann, soweit die Einziehung betroffen ist, von diesen mit Berufung angefochten werden. Deshalb war der Bescheid an den Eigentümer, die C AG, W, zu richten.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitige Berufung vom 25. Juni 2012. Darin wird beantragt, der Berufung stattzugeben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass es mit den gegenständlichen Geräten nicht möglich sei, gegen Bestimmungen des GSpG zu verstoßen, da Wetten aus Anlass einer sportlichen Veranstaltung oder eines Hunderennens vorliegen und eine Subsumtion unter das Glücksspielgesetz somit ausgeschlossen sei. Da somit kein verwaltungsstrafrechtlich relevanter Tatbestand erfüllt worden sei, sei der Einziehung damit der rechtliche Boden entzogen.

 

I.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 29. Juni 2012 die Berufung samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG iVm § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG idF BGBl I Nr 70/2013 ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz -VwGbk-ÜG, BGBl I 2013/33 idgF, gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG und kann das Verfahren gemäß § 3 Abs 7 Z 2 VwGbk-ÜG von der zuständigen Richterin des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, da das Verfahren vor dem 31. Dezember 2013 bereits zur Zuständigkeit dieses Einzelmitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates gehört hat.

 

I.4. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass mit Bescheid vom 07. März 2011, Pol96-26-2011, die gegenständlichen Geräte gemäß § 53 Abs 1 Z 1 GSpG beschlagnahmt wurden. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Beschluss des Oö. Verwaltungssenats vom 12. Oktober 2011, VwSen-301028/4/AB/Mu/Ba, als verspätet zurückgewiesen.

 

I.5. Im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Geräten erging gegen das zur Vertretung der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bfin) nach außen berufene Organ (Vorstand) am 20. August 2013 ein Straferkenntnis der belangten Behörde wegen Übertretung nach § 52 GSpG zu Pol96-26-2011. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 04. September 2013 die Berufung gegen das Straferkenntnis samt Bezug habenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat mit Schreiben vom 28. November 2013 der belangten Behörde im Strafverfahren gegen den Vorstand der Bfin einen ergänzenden Ermittlungsauftrag hinsichtlich der Möglichkeit von Einsätzen über 10,-- Euro bzw. von Serienspielen bei gegenständlichen Glücksspielgeräten erteilt. Seitens der Finanzpolizei wurde daraufhin folgender Schriftsatz vorgelegt (vgl die im ggst. Akt einliegende Kopie protokolliert unter ON 4):

 

"Zu dem Erhebungsersuchen bezüglich des Verwaltungsstrafverfahrens Pol96-26-2011 wird von der Finanzpolizei Team 42, als Organ der Abgabenbehörde Finanzamt Braunau Ried Schärding, nachfolgende

 

Stellungnahme

 

abgegeben:

 

Vorweg ist festzuhalten, dass der Finanzpolizei - nach abgeschlossener Kontrolle nach dem GSpG, also nach dem Verlassen eines kontrollierten Lokales - keinerlei Kompetenz mehr zukommt, weitere Ermittlungen im Zusammenhang mit Verfahren nach dem Glücksspielgesetz durchzuführen.

Die vom UVS gewünschten, nachträglichen Feststellungen können ausschließlich dadurch getroffen werden, dass die Behörde den Glücksspielveranstalter veranlasst, im Rahmen eines anzuberaumenden Lokalaugenscheins die Geräte erneut in Betrieb zu nehmen, und mit jeder der auf den Geräten angeboten Glücksspielgelegenheiten jeweils ein Testspiel mit dem maximal auswählbaren Spieleinsatz durchführen lässt.

Bei der Beobachtung der ordnungsgemäßen Wiederinbetriebnahme der Geräte sowie bei der Durchführung und Dokumentation der Testspiele wird die Finanzpolizei gerne mitwirken.

 

Festzuhalten ist ferner, dass - nach sämtlichen bisherigen dienstlichen Erfahrungen - die Glücksspielgeräte der 'Kajot' ausschließlich Glücksspiele mit maximal möglichen Einsätzen von weniger als 10,-- Euro zulassen. Selbst bei einem am Bildschirm gezeigten, und tatsächlich anwählbaren Einsatz von 10,50 Euro, lösten die Spielabläufe bereits bei 5,-- Euro aus.

Aus diesem Grunde müsste auch jede Spielgelegenheit einmal mit dem Maximaleinsatz tatsächlich ausgelöst werden, um den maximal möglichen Einsatz feststellen zu können.

 

Zum Ersuchen des UVS, die in Aussicht gestellten Maximalgewinne festzustellen, darf bemerkt werden, dass diese Beträge weder im Zusammenhang mit dem GSpG, noch mit dem StGB von Beurteilungsrelevanz sein können. Sollte der UVS jedoch aus dem Verhältnis von Einsatz zu Höchstgewinn auf Serienspiele schließen wollen, dann sei auf § 5 GSpG verwiesen, mit dem der Gesetzgeber das bei Glücksspielgeräten übliche Verhältnis von Einsatz zu Höchstgewinn, nämlich 1 : 1000, als Voraussetzung für eine landesrechtliche Glücksspielautomatenbewilligung normiert hat.

 

Zur Frage der Verfahrensrelevanz der Automatik-Start-Taste und der damit vermeintlich auslösbaren 'Serienspielen' im Zusammenhang mit dem Verwaltungsstrafverfahren ist grundsätzlich festzuhalten:

Serienspiele im Sinne der Judikatur liegen nicht bereits dann vor, wenn eine kontinuierliche Abfolge von Einsatzleistung und Spielablauf ermöglicht wird. 'Serienspiele' im Sinne der Judikatur des OGH liegen auch keinesfalls bereits dann vor, wenn mit Einsätzen von nicht mehr als 10,-- Euro mehrere Spiele hintereinander durchgeführt werden können. Die Spieldauer der mit elektronischen Glücksspielgeräten durchführbaren Glücksspiele beträgt grundsätzlich nicht wesentlich länger als etwa eine Sekunde. Werden die Spiele nun mit der Automatik-Starttaste ausgelöst, verkürzt sich die Spielablauffrequenz lediglich um die Reaktionszeit des Spielers. Im Zusammenhang mit einer Tat nach § 168 StGB kann also die bloße Existenz der Automatik-Starttaste zweifelsfrei nicht ein verfahrensrelevantes Beurteilungskriterium für 'Serienspiele' darstellen.

 

'Serienspiele' werden weder in einem Gesetz, noch in einer Verordnung definiert, bloß in der Judikatur in jeweils einem konkreten Urteil zu einem bestimmten Fall als Hilfsmittel für die Entscheidungsfindung konstruiert.

Die Annahme, dass 'Serienspiele' ermöglicht worden wären, weil eine funktionsfähige Automatik-Start-Taste am Gerät vorhanden ist, vernachlässigt zweifelsfrei die Mehrfachfunktion dieser Taste sowie jedenfalls die in der Judikatur definierten Voraussetzungen für die Qualifizierung von Spielabläufen als 'Serienspiele'. Die Taste ist jedenfalls dann unverzichtbar, wenn in Form von 'AG' oder 'SG' in Aussicht gestellte Gewinne tatsächlich erzielt werden. An Stelle jedes einzelne der erzielten 'AG' oder 'SG' durch Betätigung der Start-Taste auszulösen, um damit einen vom Spielprogramm unwiderrufbar und unverzichtbar zugeteilten Gewinn in Teilbeträgen von jeweils 10,-- Euro pro 'AG' oder 'SG' dem Spielguthaben zubuchen zu können, muss der Spieler bloß einmal die 'Automatik-Start-Taste' betätigen. Immerhin werden bei manchen Spielen 498 SG oder gar 998 SG in Aussicht gestellt. Die Zubuchung solcher Gewinne mittels der Start-Taste würde andernfalls also eine 498malige bzw. 998malige unmittelbar hintereinander erfolgende Betätigung dieser Taste erfordern.

Ferner ist die Automatik-Starttaste dann unverzichtbar, wenn Einsätze von mehr als 50 Cent verschlüsselt vorgewählt werden können, z.B. in Form des vorgeschalteten 'Würfelspieles' oder in Form von Risikostufen.

Die - trotz eines maximal möglichen Einsatzes von weniger als 10,-- Euro pro Spiel - allenfalls bis zu 15fach notwendige Betätigung der Starttaste, um das zur Durchführung aufgerufene Walzenspiel auszulösen, kann durch einmalige Betätigung der Automatik-Start-Taste ersetzt werden.

 

Die offenkundig immer noch herrschende Ansicht, dass die aus der Judikatur abgeleitete Bedingung für 'Serienspiele', nämlich '...die rasche Abfolge [von Spielen], auf die der Spieler auch keinen Einfluss nehmen kann...' bereits durch die Existenz dieser Taste erfüllt wäre, geht jedenfalls schon deshalb ins Leere, weil die mit dieser Taste ausgelöste. Spielabfolge durch erneutes Betätigen der Taste sofort wieder abgebrochen wird, der Spieler auf die Abfolge der Spiele also durchaus Einfluss nehmen kann.

Im Übrigen ergibt eine kontinuierliche Betätigung der Start-Taste eine ebenso rasche Spielabfolge, wie bei Auslösung der Spiele mit der Automatik-Start-Taste. Durch zweimalige, unmittelbar hintereinander ausgeführte Betätigungen der Automatik-Start-Taste können durchaus auch Einzelspiele durchgeführt werden, (diese Tasten-Funktion kann, insbesondere beim vorgeschalteten Würfelspiel in der höchsten Einsatzeinstellung (höchste Augenzahl) sinnvoll für die Durchführung von Einzelspielen angewendet werden, weil damit die für die Auslösung des gewählten Walzenspieles notwendige, bis zu 15mal hintereinander durchzuführende Betätigung der Start-Taste auf zwei Betätigungsvorgänge, nämlich Auslösen und Stoppen des Einzelspieles, reduziert werden kann), was im Falle einer Störung der Start-Taste jedenfalls zwingend zur Aufrechterhaltung der Funktionstauglichkeit des Gerätes erforderlich ist.

 

Die Ermöglichung von 'Serienspielen', also der Versuch eines Vergehens nach § 168 StGB, könnte durch verwaltungsbehördliche Ermittlungen zudem nur dann tatsächlich festgestellt werden, wenn für die Teilnahme an den mit einer Glücksspielgelegenheit ermöglichten Glücksspielen ausschließlich Einsätze von mehr als 10,-- Euro pro Spiel erbracht werden müssen, um daran teilnehmen zu können. In diesem Falle wäre nämlich bereits eine der beiden stets kumulativ notwendigen Voraussetzungen (arg.: 'bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge') für eine Ausnahme von der Strafbarkeit nach § 168 Abs.1 StGB weg gefallen, nämlich das Spielen um 'geringe Beträge'.

 

Zum Wegfall der übrigen Ausnahmetatbestände des § 168 Abs.1 StGB (arg.: .'es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird1') wäre die auf die Zukunft bezogene Aussage eines Spielers zwingend erforderlich, wonach er künftig das Glücksspiel nicht bloß zum Zeitvertreib durchführen wolle.

Um also eine allfällige Verletzung der übrigen Ausnahmetatbestände nach § 168 Abs.1 StGB gerichtstauglich feststellen zu können, hätte die Behörde einen Spieler, nach entsprechender Rechtsbelehrung nach der StPO, als Beschuldigten nach § 168 Abs.2 StGB jedenfalls zu der Frage vernehmen müssen, ob er bloß zum Zeitvertreib gespielt habe, oder eben nicht.

Der Vernehmung eines einer Tat nach dem StGB Beschuldigten durch die Verwaltungsbehörde steht aber Art. 94 B-VG klar entgegen.

 

Mit den Bestimmungen des § 52 Abs.2 GSpG hat der Gesetzgeber die Wertgrenze der 'geringen Beträge' im Sinne des § 168 Abs.1 StGB mit maximal 10,-- Euro pro Spiel normiert. Im Zuge der Kontrolle nach dem GSpG konnte ein maximal möglicher Einsatz von 10,-- Euro pro Spiel dokumentiert werden. Somit konnte bei der verfahrensgegenständlichen Veranstaltung verbotener Ausspielungen an jedem der Geräte zweifelsfrei bloß um geringe Beträge gespielt worden sein.

 

Die Behörde könnte also gar nicht davon ausgehen, dass eine der Ausnahmebestimmung nach § 168 Abs.1 StGB verletzt worden wäre, wonach eine Strafbarkeit nach § 168 Abs.1 GSpG dann nicht gegeben ist, wenn bloß zu gemeinnützigen Zecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird, weil eine entsprechende Aussage eines Spielers bezüglich seiner Intentionen bei der Spieldurchführung nicht vorliegt und die Wertgrenze für 'geringe Beträge' nicht überstiegen wurde.

 

Im Zusammenhang mit der nach § 52 Abs.1 Z1 GSpG angezeigten Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen kann also eine allfällige Gerichtszuständigkeit aufgrund des derzeit vorliegenden Akteninhaltes zweifelsfrei nicht erkannt werden.

 

Um mittels der Automatik-Starttaste 'Serienspiele' tatsächlich zu verwirklichen, müsste ein Spieler die Automatik-Starttaste für die Auslösung von Spielen benützt haben, welche nicht bloß zum Zeitvertreib und/oder nicht um geringe Beträge tatsächlich gespielt wurden (arg.: 'es sei denn, dass [...] gespielt wird', nicht aber 'werden könnte'). Diesbezügliche Feststellungen liegen mangels entsprechender Spieleraussagen jedoch zweifelsfrei nicht vor.

 

Ein versuchtes oder tatsächliches Vergehen nach § 168 Abs.1 StGB, und damit die gerichtliche Strafbarkeit einer Tat, hängt ausschließlich vom Verhalten der Spieler ab (arg.: 'es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird'). Es kann begründet davon, ausgegangen werden, dass sich ein Spieler mit seinen Aussagen als Beschuldigter (§ 168 Abs.2 VStG) bezüglich seiner Intentionen bei der Durchführung von Glücksspielen nicht selbst belasten wird.

Damit bleibt der Behörde - wie es der Gesetzgeber in den Bestimmungen des § 52 Abs.2 GSpG ohnehin vorgesehen hat - stets nur die Einsatzhöhe als Beurteilunggkriterium für die Zuständigkeit im Strafverfahren.

 

Die Möglichkeit eines Vergehens nach § 168 StGB, somit die Gerichtszuständigkeit im Strafverfahren, kann also nicht schlüssig mit der bloßen Existenz der Automatik-Starttaste begründet werden.

 

Sollte die Behörde einen Lokalaugenschein zur neuerlichen Inbetriebnahme der Eingriffsgegenstände in Aussicht nehmen, um die tatsächlich maximal möglichen Einsätze bei den übrigen, mit den verfahrensgegenständlichen Geräten angebotenen Glücksspielen festzustellen, wird um Terminkoordination ersucht."

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gab mit Erkenntnis vom 29. Jänner 2014, LVwG-410181/3/MK/Ka (vgl die im ggst. Akt einliegende Kopie unter ON 5), der Beschwerde des Vorstands der Bfin statt, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Strafverfahren gegen den Beschuldigten mit der ausführlichen – hier auf das Wesentlichste zusammengefassten – Begründung ein, dass im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts im Ergebnis keine strafbare Verwaltungsübertretung mehr vorliegen könne.

 

II.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde und durch Auswertung der ergänzend beigeschafften Fotodokumentation über die gegenständliche Kontrolle sowie ergänzend beigeschaffter wesentlicher Beweismittel aus Parallelakten. Aus diesen Unterlagen ließ sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG abgesehen werden.

 

Gemäß § 2 VwGVG hat das Oö. Landesverwaltungsgericht in der verfahrensgegenständlichen Sache durch eine Einzelrichterin zu entscheiden.

 

II.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht sohin von folgendem  S a c h v e r h a l t aus:

 

Anlässlich einer von Organen der Abgabenbehörde am 17. Februar 2011 im Wettlokal, R, durchgeführten Kontrolle wurden folgende Geräte betriebsbereit vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt:

 

FA-Nummer Gehäusebezeichnung Seriennummer

10 Hundeterminal, Type "Racing Dogs" Nr. 1163

11 Hundeterminal Nr. 1115

12 Hundeterminal Nr. 1117

15 Star* TPS 100 Future, Nr. 230090904143610C

Type Future PRNT-Hundewetten

16 Model M129C, Type DjHG0354395 Nr. TL-TM-T88

17 Racing-Pogo P.O.S. Nr. 20332

 

Die Bfin ist – wie sich aus dem Schreiben der Rechtsvertretung der Bfin vom 30. Jänner 2012 unzweifelhaft ergibt – Eigentümerin der in Rede stehenden Geräte. Diese Geräte wurden mit Bescheid vom 07. März 2011 rechtswirksam beschlagnahmt.

 

Bei den gegenständlichen Gerätschaften konnten "Wetten" auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen aufgezeichneten Hunderennen abgeschlossen werden. Die Kunden konnten lediglich einen Einsatzbetrag und einen oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und eine "Wette" darauf abschließen. Bei den Geräten mit den FA-Nummern 10, 11 und 12 konnte die Wette durch Einführung von Bargeld in das Gerät abgeschlossen werden; bei den Geräten mit den FA-Nummern 15, 16 und 17 kauften sich die Spieler bei einem Mitarbeiter an der Annahmestelle des Wettlokals einen Bon, auf dem ihre Wetten festgehalten wurden. Danach war bei allen Gerätschaften der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das etwa 30 Sekunden bis einige Minuten dauernde Rennereignis abzuwarten, wonach der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn feststand. Nach dem Zieleinlauf werden die ersten Drei in Zeitlupe oder mit Standbild noch einmal kurz gezeigt. Jedem Einlaufergebnis ist eine Quote zugeordnet, welche am Geräte- bzw Wandbildschirm in einem Quotenblatt dargestellt wird. Der in Aussicht gestellte Gewinn errechnet sich durch Multiplikation des Einsatzes mit der jeweiligen dem erwarteten Rennverlauf entsprechenden Quote. Die auf diesen Geräten angebotenen Spiele waren "Wetten" auf den Ausgang der Wiedergabe aufgezeichneter (virtueller) Hunderennen. Diese Rennen waren Aufzeichnungen von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen Rennveranstaltungen. Die Kunden hatten keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Spielergebnisse. Sie konnten nur einen Einsatz wählen und eine Wette auf den Sieger oder eine Kombinationswette auf den ersten und zweiten, allenfalls auch noch auf den dritten durch das Ziel laufenden Hund abschließen und anschließend den Rennausgang abwarten. Der Ausgang dieser Spiele konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

An allen in Rede stehenden Geräten wurden – wie auch durch die durchgeführten finanzpolizeilichen Probespiele bestätigt – für einen bestimmten Einsatzbetrag Gewinne in Aussicht gestellt. Zu den diesbezüglichen in Aussicht gestellten Gewinn-Quoten ist unter Bezugnahme auf die angeforderte Fotodokumentation der Finanzpolizei Folgendes festzuhalten:

 

FA-Nummer Gehäusebezeichnung höchstmögliche Gewinnquote

10 Hundeterminal 76,4 + Bonus von

                                                                                   2460,79 Euro

(vgl zB Bild 50 Fotodok)

11 Hundeterminal 63,3 + Bonus von

                                                                                   2460,79 Euro

(vgl Bild 58 Fotodok)

12 Hundeterminal 71,1

(vgl Bild 59 Fotodok)

15 Star* TPS 100 Future, 126,80 + Jackpot

Type Future PRNT-Hundewetten (vgl Bild 74 Fotodok)

16 Model M129C, Type DjHG0354395 71,3 + Jackpot

(vgl Bild 81 Fotodok)

17 Racing-Pogo P.O.S. 65,8 + Bonus von

                                                                                   1227,23 Euro

(vgl Bild 86 Fotodok)

 

Aus der finanzpolizeilichen Fotodokumentation ist ersichtlich, dass die Geräte mit den FA-Nr. 10, 11, 12 und 17 dem Gerätetyp "Racing-Dogs" zuzuordnen sind.

Wie die rechtsfreundliche Vertretung der Bfin in einem anderen Verfahren (protokolliert zu VwSen-360054; vgl die im ggst. Akt unter ON 6 einliegende Kopie) dem Oö. Verwaltungssenat per E-Mail vom 01. August 2013 mitgeteilt hat, sind sämtliche Geräte der Type "Racing-Dogs" baugleich. Weiters wird in diesem Schreiben ausgeführt, dass diese Geräte über eine sog. "Multi-Tipp-Funktion" verfügen. Die an diesen Geräten abrufbare Detailinformation zu dieser "Multitipp"-Funktion (dokumentiert in der Fotodokumentation auf Bild 47 zu VwSen-360054 und VwSen-360277 ua – vgl. die im ggst. Akt einliegenden Kopien) lautet wie folgt: "Multitipp – Minimumeinsatz pro Tipp: 0,50 €, Maximumeinsatz pro Tipp: 5,00 € - Der Multitipp ist auch mit einer Maximumquote von 750 begrenzt! Sobald diese Obergrenze erreicht ist, werden die Quoten nicht mehr multipliziert". Auch bei der gegenständlich vorliegenden Fotodokumentation ist bei allen "Racing-Dogs"-Geräten eine Multitipp-Taste ersichtlich (vgl Bild 50, 58 und 59 Fotodok) bzw findet sich ein Hinweis auf Multitipp-Quoten (vgl Bild 86 Fotodok).

 

Diese Multitipp-Funktion ermöglicht eine Kombinationswette, dh es kann innerhalb desselben Wettvorganges auf mehrere Ereignisse gesetzt werden und somit die Einsatzmöglichkeit deutlich über 10 Euro erhöht werden (vgl die Ausführungen der rechtsfreundlichen Vertretung in dem bezogenen E-Mail vom 01. August 2013 zur Kombinationswette). So liegt etwa bei Auswahl der Multitipp-Funktion für 3 Multitipps bei höchstmöglichem Maximaleinsatz pro Tipp von 10 Euro die Einsatzmöglichkeit pro Spiel deutlich über 10 Euro – ebenso wie bei geringerem Tipp-Einsatz bei gleichzeitig mehreren Multitipps. Durch die Auswahl der Multitipp-Funktion werden auch die entsprechenden Gewinn-Quoten bis zu einer Maximalquote von 750 [!] multipliziert. An den in Rede stehenden Geräten sind demnach Quoten von bis zu 1:750 [!] in Aussicht gestellt. Ein derartiger Hinweis auf diese Quote findet sich beispielsweise bei Gerät FA-Nr. 17 (vgl Bild 86 Fotodok). Zusätzlich erhielten die Spieler auf den "Racing-Dogs-Terminals" die Gelegenheit, um einen Bonus mitzuspielen. Aus der unter ON 6 einliegenden Detailinformation ist bezüglich des Bonus Folgendes zu lesen: Bonus – Um den Bonus spielt man mit jeder abgegebenen Einlaufwette mit. Mit etwas Glück gewinnen Sie den Dogbonus!" Daraus folgt jedoch, dass die Quote nochmals signifikant verbessert werden kann: So wiesen die Geräte mit der FA‑Nr 10 und 11 einen aktuellen Bonus von 2460,79 Euro und das Gerät mit der FA-Nr 17 einen Bonus von 1227,23 Euro auf.

 

Aber auch das Gerät mit der FA-Nr. 15 ist mit einer vergleichbaren Multitipp-Funktion ausgestattet, da sich auf Bild 72 der Fotodokumentation der Hinweis findet, dass die Quote auf dem gegenständlichen Gerät verdreifacht werden kann, wenn die "Triple"- Option in Anspruch genommen wird. Zudem ist durch die Fotodokumentation (Bild 73) belegt, dass auf diesem Gerät mit Einsätzen über 10 Euro gespielt werden konnte. Rechts unten am Bildschirm wurde beim Probespiel ein Einsatz von 1 Euro ausgewählt. Nach der Darstellung am Monitor sind jedoch auch Einsätze von "2, 4, 5, 10, 20, 50 und 100 Euro" möglich. Zudem erhielten die Spieler auf diesem Gerät die Möglichkeit, um den Jackpot mitzuspielen, der laufend anwuchs und zur Zeit der Kontrolle 2734,24 Euro betrug, sodass auch bei diesem Gerät durch die Möglichkeit des Jackpots die Quoten nochmals signifikant verbessert werden konnten.

 

Ein ähnliches Bild bietet sich für Gerät mit der FA-Nr. 16: Auch hier sind Einsätze über 10 Euro möglich, da am Gerät "1,0, 2,0, 5,0, 10, 20 oder 50 Euro" durch den Mitarbeiter des Lokals ausgewählt werden können. Zudem ist auf Bild 79 die Information erkennbar, dass der Jackpot-Minimum Einsatz 1,00 Euro beträgt, wobei der Jackpot im Zeitpunkt der Anfertigung der Fotodokumentation von 1210 Euro auf 1214,50 Euro anwuchs. Des weiteren ist am Bildschirm erkennbar, dass der letzte Jackpot bei 1265,09 Euro geknackt wurde.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass auf Grund der durch die beschriebene Funktionsweise der in Rede stehenden Hundewett-Terminals gegebenen Umstände erwerbsmäßig nicht nur Spieleinsätze von über 10 Euro pro Einzelspiel ermöglicht werden, sondern auch Serienspiele des "Wettkunden" iSd OGH-Judikatur veranlasst werden können.

 

Auch ändern die Hinweise der Finanzpolizei in ihrer Stellungnahme vom 09. Dezember 2013 (vgl. unter I.5.), an dem – auf den finanzpolizeilichen Erhebungen und Ausführungen gründenden – Vorliegen der Möglichkeit von Serienspielen an den in Rede stehenden Geräten nichts. Aus der – im Übrigen unrichtigen – Behauptung, dass der Finanzpolizei nach abgeschlossener Kontrolle nach dem GSpG keinerlei Kompetenz mehr zukomme, weitere Ermittlungen im Zusammenhang mit Verfahren nach dem GSpG durchzuführen, kann jedenfalls nicht geschlossen werden, dass aus diesem Grund die in der finanzpolizeilichen Kontrolle nachvollziehbar dokumentierten Gewinnquoten und konkret skizzierten Spielumstände unzutreffend wären. Im Übrigen reicht für die Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zufolge (VfGH 13.06.2013, B 422/2013) schon die Möglichkeit von entsprechenden Spieleinsätzen bzw. zu Serienspielen verleitenden Spielumständen an einem Glücksspielgerät aus; eine Zuständigkeitssplittung zwischen gerichtlicher und verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit im Sinne einer Zuständigkeitsaufteilung pro Spielgerät je nach möglichen Spieleinsätzen und/oder Serienspielmöglichkeiten ist nicht vorgesehen. Sobald an einem Glücksspielgerät daher die Möglichkeit besteht, Serienspiele und/oder Glücksspiele mit Spieleinsätzen über 10 Euro je Einzelspiel durchzuführen, liegt eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit vor (vgl. dazu näher unter III.4. und III.5.).

 

 

III. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

III.1. Gemäß § 54 Abs 2 Glücksspielgesetz - GSpG (BGBl 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 167/2013) ist der Einziehungsbescheid all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenstände haben oder ein solches geltend machen und kann von ihnen mit Beschwerde angefochten werden.

 

Der bekämpfte Bescheid wurde der Bfin gegenüber als Eigentümerin der gegenständlichen Glücksspielgeräte erlassen. Der Bfin kommt als Eigentümerin der in Rede stehenden Geräte unzweifelhaft "ein Recht" auf die in Rede stehenden Geräte iSd § 54 Abs 2 GSpG zu. Die Beschwerde gegen den Einziehungsbescheid ist daher zulässig.

 

III.2.1. Mit der GSpG-Novelle BGBl I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

III.2.2. Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 52 Abs 1 GSpG begeht derjenige Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

 

III.2.3. Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich gemäß § 52 Abs 2 GSpG nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs 2 GspG sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 53, 54 und 56a leg.cit. bleiben davon unberührt.

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

III.2.4. Gemäß § 52 Abs 3 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 4 durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

§ 54 GSpG regelt die Einziehung und lautet wie folgt:

 

"Einziehung

§ 54. (1) Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, sind zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

 

(2) Die Einziehung ist mit selbständigem Bescheid zu verfügen. Dieser ist all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenstände haben oder ein solches geltend machen und kann, soweit die Einziehung betroffen ist, von ihnen mit Berufung angefochten werden. Kann keine solche Person ermittelt werden, so hat die Zustellung solcher Bescheide durch öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen.

 

(3) Eingezogene Gegenstände sind nach Rechtskraft des Einziehungsbescheides binnen Jahresfrist von der Behörde nachweislich zu vernichten.

 

(4) § 54 Abs. 1 gilt auch für vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes beschlagnahmte Gegenstände."

 

Auch das Strafgesetzbuch sieht die Einziehung (idF BGBl Nr 762/1996) vor:

 

"Einziehung

§ 26. (1) Gegenstände, die der Täter zur Begehung der mit Strafe bedrohten Handlung verwendet hat, die von ihm dazu bestimmt worden waren, bei Begehung dieser Handlung verwendet zu werden, oder die durch diese Handlung hervorgebracht worden sind, sind einzuziehen, wenn dies nach der besonderen Beschaffenheit der Gegenstände geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken.

 

(2) Von der Einziehung ist abzusehen, wenn der Berechtigte die besondere Beschaffenheit der Gegenstände beseitigt, insbesondere indem er Vorrichtungen oder Kennzeichnungen entfernt oder unbrauchbar macht, die die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen erleichtern. Gegenstände, auf die eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person Rechtsansprüche hat, dürfen nur eingezogen werden, wenn die betreffende Person keine Gewähr dafür bietet, daß die Gegenstände nicht zur Begehung strafbarer Handlungen verwendet werden.

 

(3) Liegen die Voraussetzungen der Einziehung vor, so sind die Gegenstände auch dann einzuziehen, wenn keine bestimmte Person wegen der mit Strafe bedrohten Handlung verfolgt oder verurteilt werden kann."

 

III.3. Der Verwaltungsgerichtshof hält in seiner Entscheidung vom 24. Juni 1997, 97/17/0024, zur diesbezüglich vergleichbaren damaligen Rechtslage ausdrücklich fest, dass "der Gesetzgeber im Hinblick auf den Sicherungszweck von einer Prüfung der Voraussetzungen für den Ausspruch eines Verfalles, wie sie auch beim Verfallsausspruch gemäß § 52 Abs 2 GSpG [nunmehr § 52 Abs 3 GSpG] Glücksspielgesetz erforderlich sind (Verschulden bzw. im Falle der Zur-Verfügung-Stellung des Gegenstandes durch einen Dritten das Erkennen-Können, daß die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde), Abstand genommen und objektive Kriterien festgelegt hat, bei deren Vorliegen zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen die Gegenstände einzuziehen SIND".

 

Das objektive Kriterium, bei dessen Vorliegen eine Einziehung zwingend normiert ist, stellt nach § 54 Abs 1 GSpG abgesehen von dem Korrektiv eines nicht bloß "geringfügigen" Verstoßes der Umstand dar, dass mit dem einzuziehenden Gegenstand "gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird". So hält der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien ausdrücklich fest, dass die Einziehung "somit nach dem Wortlaut des Gesetzes doch die Verwirklichung eines der Tatbestände des § 52 Abs. 1 GSpG voraus[setzt]" (VwGH 22.08.2012, Zl. 2011/17/0323).

 

Mit anderen Worten: Eine Einziehung von Gegenständen nach § 54 GSpG erfordert jedenfalls das Vorliegen eines tatbestandsmäßigen Verhaltens; das Tatbild des § 52 Abs 1 GSpG muss objektiv verwirklicht sein. Vergleichbar dem selbständigen – objektiven – Verfall nach § 17 Abs 3 VStG setzt somit auch die Einziehung nach § 54 GSpG eine entsprechende "Anlasstat" in Form der "Begehung einer (bestimmten) Verwaltungsübertretung voraus" (vgl. zum selbständigen Verfall nach § 17 Abs 3 VStG mwN Wessely in N. Raschauer/Wessely [Hrsg], VStG-Kommentar [2010] § 17 Rz 7 sowie Thienel/Zeleny, Kommentar Verwaltungsverfahren18, § 17 VStG, Anm 8 f).

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 09. September 2013, 2013/17/0098, abschließend festhält, hat "die belangte Behörde ... zu beurteilen [...], ob die in § 54 Abs. 1 GSpG normierten Voraussetzungen ('Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird') für eine Einziehung nach dem Glücksspielgesetz vorliegen“. Der Verwaltungsgerichtshof stellt demnach auf die selbstständige Beurteilung des Vorliegens einer Anlasstat iSd § 54 Abs 1 GSpG ab. Gelangt die Verwaltungsbehörde bzw das Verwaltungsgericht dabei zur Auffassung, dass für das Strafverfahren die ausschließliche Zuständigkeit der ordentlichen Gericht besteht, ist nach jüngster Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 14.11.2013, 2013/17/0056) "die Einziehung zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG […] somit unzulässig."

 

III.4. Für das Erfordernis der verwaltungsstrafrechtlichen Anlasstat im § 54 GSpG ist somit die Frage der Subsidiarität der Verwaltungsstraftatbestände des § 52 Abs 1 GSpG im Verhältnis zu § 168 StGB entscheidungswesentlich. Im Einzelnen ist dazu Folgendes festzuhalten:

 

III.4.1. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und ‑verfolgungsverbotes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 08.09.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134).

 

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl. VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH 22.08.2012, Zl. 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233).

 

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit iSd § 168 StGB eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

 

Im (überholten) Erkenntnis vom 22. August 2012, 2012/17/0156, hatte der Verwaltungsgerichtshof noch zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des 'geringen Betrages' des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

In seiner Grundsatzentscheidung vom 13.06.2013, B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22.08.2012, 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

 

"Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.8.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.2.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.3.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

… Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

… Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B‑VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

 

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes schließt sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – an (VwGH 23.07.2013, 2012/17/0249).

III.4.2. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der (ordentlichen) Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Mit diesem am 01. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der (ordentlichen) Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden (bzw Verwaltungsgerichten) nebeneinander zu bestrafen sind.

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Delikten der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem (ordentlichen) Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise – den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der (ordentlichen) Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, 98/10/0040 (= VwSlg 14.890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der (ordentlichen) Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.3.1999, 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14.890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

 

Wie schon aus der stillschweigenden Subsidiarität folgt nunmehr erst recht aus der ausdrücklichen Subsidiarität iSd § 22 Abs 1 VStG der Verwaltungsstrafbestimmungen des Glücksspielgesetzes, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand kann nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

Ein "verdrängter" Tatbestand ist eben kein "verwirklichter" Tatbestand iSd § 54 GSpG – und dem diesbezüglichen höchstgerichtlichen Verständnis dieser Bestimmung als solcher des Verwaltungsstrafverfahrens (iSv VwGH 22.8.2012, Zl. 2011/17/0323). Ganz in diesem Sinne wird die Subsidiarität auch in der Lehre als "Scheinkonkurrenz … zwischen den endgültig verwirklichten Tatbeständen und den bloß vorläufig erfüllten, nach der Zusammenschau aber verdrängten Tatbeständen" (vgl. mwN Fuss, Scheinkonkurrenz im Verwaltungsstrafrecht, ZfV 1999, 345 [347 und 350] – Hervorhebungen nicht im Original) definiert.

 

III.5. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9, abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher bei einem Spielgerät die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor. Unter Zugrundelegung dieser Judikatur ergibt sich im gegenständlichen Verfahren Folgendes:

 

IV.5.1. Wie im vorliegenden Akt eindeutig belegt ist, ist bei den Spielen auf den "Racing-Dogs-Terminals" (FA-Nr. 10, 11, 12 und 17) eine sog. "Multitipp"-Funktion verfügbar (vgl. dazu oben unter Punkt II.2.).

 

Schon die damit eindeutig belegten Einsatzmöglichkeiten auf den gegenständlichen "Racing-Dogs-Terminals" von mehr als zehn Euro führen – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der diesbezüglich eindeutigen aktuellen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts – zur gerichtlichen Strafbarkeit des vorliegenden Sachverhaltes. Darüber hinaus besteht eine außergewöhnlich günstige, zu Serienspielen verleitende Relation zwischen Einsatz und möglichem Gewinn in Höhe eines Vielfachen entsprechend den jeweils gebotenen Quoten (bei gewählter Multitipp-Funktion: 1:750 [!]; aber auch bei den durch die finanzpolizeilichen Probespiele dokumentierten Gewinnquoten von 1:76,4, 1:63,3, 1:71,1 sowie 1:65,8). Zudem wurde bei den "Racing-Dogs-Terminals" mit jeder abgegebenen Einlaufwette um einen Bonus mitgespielt, sodass sich die Quoten bei einem Gewinn nochmals eklatant erhöhten. Im Hinblick auf die nur sehr kurze Einzelspieldauer (Wettabläufe) können ähnlich rasch wie auf Glücksspielgeräten mit Walzenspielen zahlreiche Glücksspiele in Form von "Wetten auf aufgezeichnete Rennergebnisse" innerhalb nur sehr kurzer Zeiträume ablaufen. Mit einer klassischen Situation von Wetten auf künftige sportliche Ereignisse hat dies nichts zu tun. Die aktenkundige Funktionsweise der in Rede stehenden "Racing-Dogs-Terminals" für aufgezeichnete Rennen ist offenkundig darauf angelegt, einen besonderen Anreiz für den gewinnsüchtigen "Wettkunden" zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur sein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Tipps oder auch nur einen gewonnenen Tipp mit günstiger Quote (insbesondere auch durch einen Multitipp und der damit verbundenen erhöhten Gewinn-Quote) wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Er muss dafür nur eine gewisse Ausdauer mitbringen und eine "glückliche Hand" bei den gesetzten Einsatzhöhen haben. Die Bereitschaft eines Spielers zu Serienspielen wird dabei im Normalfall umso größer sein, je geringer die gespielten Einsätze sind und damit das Verlustrisiko des Einzelspiels ins Gewicht fällt. Insbesondere wenn es bloß um geringe Einsätze unter 10 Euro geht, werden Spieler daher aus Gewinnsucht bei den in Rede stehenden Geräten ihr Glück durch Serienspiele versuchen und ihre Chancen dabei ausreizen.

 

Selbiges gilt für die Hundewett-Terminals mit der FA-Nr 15 und 16. Neben der Einsatzmöglichkeit von über 10 Euro (bei Gerät FA-Nr 15 bis 100 Euro, bei Gerät FA-Nr 16 bis 50 Euro) besteht auch bei diesen beiden Geräten eine außergewöhnlich günstige, zu Serienspielen verleitende Relation zwischen Einsatz und möglichem Gewinn in Höhe eines Vielfachen entsprechend den jeweils gebotenen Quoten (vgl die durch finanzpolizeiliche Probespiele dokumentierten Gewinnquoten von 1:126,80, sowie 1:71,3). Zudem konnte an diesen Geräten um den Jackpot mitgespielt werden, wodurch sich die Relation zwischen Einsatz und möglichen Gewinn nochmals spürbar erhöhte.

 

IV.5.2. Auf Grund der durch die beschriebene Funktionsweise aller in Rede stehenden Hundewett-Terminals gegebenen Umstände werden nach Auffassung der erkennenden Richterin erwerbsmäßig nicht nur Spieleinsätze von über 10 Euro pro Einzelspiel ermöglicht, sondern können auch Serienspiele des "Wettkunden" veranlasst werden und ist – auch iSd oa Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes sowie dem folgend auch der jüngeren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes – die oben zitierte Serienspieljudikatur des OGH weiterhin anzuwenden.

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegte Möglichkeit, mit den gegenständlichen Hundewett-Terminals um Höchsteinsätze von mehr als 10 Euro pro Einzelspiel zu spielen sowie darüber hinaus auch Serienspiele zu veranlassen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tabildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf derartig beschaffenen Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Glücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 § 168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des zur Verfügung Stellens derartiger Geräte durch den Geräteeigentümer stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung der in Rede stehenden "Hundewett-Terminals" wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung und die Förderung der Abhaltung von gerichtlich strafbaren Glücksspielen bzw. Serienglücksspielen beschritten.

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Beschuldigte des zitierten Verwaltungsstrafverfahrens im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

Schon die Tatsache, dass auf den in Rede stehenden "Hundewett-Terminals" Spieleinsätze pro Einzelspiel von über 10 Euro möglich sind, äußerst hohe Quoten in Aussicht gestellt werden (bis zu 1:750!) und die Glücksspiele nicht nur in zeitlich bemerkenswert rascher Abfolge ablaufen sondern die einzelnen "Rennabläufe" auch nur sehr kurz dauern, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK2 § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit möglicher Multitipp-Funktion bzw "Triple-Funktion" werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele (oder generell Glücksspiele iSd § 168 StGB) getroffen, sondern solche Serienspiele bzw. gerichtlich strafbaren Glücksspiele mit Spieleinsätzen von über 10 Euro geradezu provoziert.

 

IV.6. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist hinsichtlich der gegenständlichen Glücksspielgeräte nach der selbstständigen Beurteilung durch die erkennende Richterin grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 Abs 1 StGB zu unterstellen und nach dem § 168 Abs 1 iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar. Zu diesem Schluss führt auch die oben zitierte Entscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013, in der der Verfassungsgerichtshof unter Rz 14 festhält, dass § 168 StGB seit Erlassung des Strafgesetzbuches, BGBl. 60/1974, unverändert besteht. Der bisherigen Judikaturlinie des OGH zu § 168 StGB in Bezug auf Serienspiele ist daher weiterhin zu folgen, wonach bei einem Unterschreiten der Geringfügigkeitsgrenze beim Einzeleinsatz eine gerichtliche Strafbarkeit wegen Spielens nicht "bloß zum Zeitvertreib" vorliegt.

 

Im Hinblick auf die grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (siehe VfGH 13.06.2013, B 422/2013; sowie die diesbezügliche Folgejudikatur [ua VfGH 26.06.2013, B 63/2013] – der im Übrigen nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof in ausdrücklicher Abkehr von seiner bisherigen Judikaturlinie folgt [VwGH 23.07.2013, 2012/17/0249, sowie jüngst VwGH 14.11.2013, 2013/17/0056]) keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primären Straftatbestand des § 168 StGB (etwa durch den Strafaufhebungsgrund der Verjährung gemäß § 57 StGB, die bezüglich des bezogenen Verwaltungsstrafverfahrens bereits am 17. Februar 2012 eingetreten ist) kann nach der zutreffenden, eine verbotene Doppelverfolgung vermeidenden Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes des § 52 Abs 1 GSpG nicht neu begründen (vgl VwGH 22.03.1999, 98/17/0134 und VwGH 08.09.2009, 2009/17/0181).

 

Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Der festgestellte Verstoß gegen § 168 StGB kann aber nicht als "Anlasstat" gemäß § 54 GSpG gewertet werden. § 54 Abs 1 GSpG verlangt, dass mit den einzuziehenden Gegenständen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird. Im Falle der hier vorliegenden Subsidiarität muss aber im Ergebnis das Vorliegen eines solchen Verstoßes verneint werden (zum selben Ergebnis kommend auf Basis verfassungsrechtlicher Überlegungen zu Art 4 7. ZPEMRK siehe IV.8.).

 

IV.7. Der festgestellte Verstoß kann allenfalls eine Einziehung nach § 26 StGB nach sich ziehen. Eine – durch die bekämpfte Entscheidung hervorgerufene – Doppelgleisigkeit der Einziehung nach § 54 GSpG einerseits und der Einziehung nach § 26 StGB andererseits führt im Lichte der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu einem Verstoß gegen das in Art 94 B-VG verankerte Prinzip der Trennung der Justiz von der Verwaltung. So ergibt sich aus diesem Trennungsgrundsatz die Verpflichtung des Gesetzgebers, eine Angelegenheit – zur Gänze – zur Vollziehung entweder den Gerichten oder den Verwaltungsbehörden zuzuweisen; daraus folgt, dass über ein und dieselbe Frage nicht sowohl Gerichte als auch Verwaltungsbehörden entscheiden dürfen.

 

Der Verfassungsgerichtshof konstatierte in seiner Entscheidung vom 14. Juni 2012, G 4/12-10 ua., für das glücksspielrechtliche Beschlagnahmeverfahren, dass die eine Beschlagnahme anordnende Verwaltungsbehörde und ein allenfalls zur Verhängung einer Strafe zuständiges Gericht nicht über dieselbe Sache entscheiden. Für das verwaltungsrechtliche Einziehungsverfahren gilt dies aber nicht, weil es auch die Einziehung nach § 26 StGB als vergleichbare Sanktion im gerichtlichen Strafverfahren gibt, sofern eine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt. Anders als im Beschlagnahmeverfahren genügt für den Ausspruch der Einziehung nach § 54 GSpG eine bloße Verdachtslage nicht. Vielmehr muss – wie auch der Verwaltungsgerichtshof schon ausdrücklich feststellte (vgl VwGH 22.08.2012, Zl. 2011/17/0323) – für die Einziehung erwiesen sein, dass eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 GSpG begangen wurde. Es bedarf somit für ein verwaltungsbehördliches Einziehungsverfahren des Vorliegens eines objektiv verwirklichten Tatbestandes des § 52 Abs 1 GSpG.

 

Da die Einziehung nach § 54 GSpG nur bei Vorliegen einer entsprechenden Anlasstat nach § 52 Abs 1 GSpG zulässig ist, darf sie im Fall einer in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallenden Anlasstat aus verfassungsrechtlichen Überlegungen nicht von den Verwaltungsbehörden ausgesprochen werden.

 

Die Verwaltungsbehörde bzw das Verwaltungsgericht entscheidet im Rahmen der Anordnung einer Einziehung nach § 54 GSpG darüber, ob mit einem einziehungsbedrohten Gegenstand ein oder mehrere Straftatbestände des § 52 Abs 1 GSpG verwirklicht wurde/n. Das ordentliche Gericht entscheidet im Rahmen einer Einziehung nach § 26 StGB, ob ein solcher Gegenstand bei Begehung einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung verwendet wurde (vgl allgemein dazu Ratz in WK2 zum StGB, Rz 14 zu § 21 sowie Rz 11 zu § 26). Beide Einziehungsbestimmungen setzen die objektive Verwirklichung des jeweiligen Straftatbestandes voraus: Die verwaltungsbehördliche Einziehung nach § 54 GSpG setzt ein verwirklichtes Tatbild nach § 52 Abs 1 GSpG voraus, die gerichtliche Einziehung des § 26 StGB im gegebenen Zusammenhang ein verwirklichtes Tatbild nach § 168 StGB.

 

Allein bei einem solchen Verständnis der Einziehungsbestimmung nach § 54 GSpG sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung wegen des Trennungsgrundsatzes nach Art 94 B-VG ausgeschlossen, da nur auf dieser Grundlage von Verwaltungsbehörden und ordentlichen Gerichten "nicht über dieselbe Sache" entschieden wird. Eine ausdehnende Auslegung des § 54 GSpG dahingehend, dass eine Einziehung nach § 54 GSpG auch bei Vorliegen einer Gerichtszuständigkeit durch die Verwaltungsbehörden zulässig wäre, führte zu einer doppelten Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden bzw Verwaltungsgerichten (§ 54 GSpG) und ordentlichen Gerichten (§ 26 StGB). Zur Entscheidung über ein- und dieselbe Sache wären dann sowohl Verwaltungsbehörden bzw Verwaltungsgerichte als auch ordentliche Gerichte berufen. Eine derart extensive Auslegung des § 54 GSpG wäre im Lichte des Art 94 B-VG unzulässig. Eine Einziehung nach § 54 GSpG durch die Verwaltungsbehörden/Verwaltungsgerichte im Zusammenhang mit einem strafrechtlichen Verfahren nach § 168 StGB wäre daher jedenfalls verfassungswidrig und kann dem GSpG ein solcher verfassungswidriger Inhalt bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung nicht unterstellt werden.

 

IV.8. Darüber hinaus normiert Art 4 des 7. ZPEMRK das Verbot, wegen ein und derselben Handlung mehrmals vor Gericht gestellt oder bestraft zu werden. Voraussetzung für die "Sperrwirkung" des Art 4 7. ZPEMRK ist ein abgeschlossenes strafrechtliches Verfahren. Auf eine erste strafrechtliche Sanktion iSd EMRK darf demnach keine zweite Sanktion desselben Charakters folgen. Der Begriff "strafrechtlich" entspricht nach ganz hL dem Strafrechtsbegriff des Art 6 EMRK und erfasst damit nach EGMR-Rechtsprechung und Lehre insbesondere auch das österreichische Verwaltungsstrafrecht (vgl zum Ganzen mwN zu Rsp und Lehre Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 [2012] § 24, Rz 147 sowie zum Begriff des Strafrechts Rz 19).

 

Wenn der Verwaltungsgerichtshof in seiner eingangs zitierten Entscheidung vom 22. August 2012, 2011/17/0323, davon ausgeht, dass es sich bei der Einziehung nach § 54 GSpG um ein Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung handelt, so ordnet er dieses verwaltungsstrafrechtliche Verfahren notwendig auch dem Bereich des Strafrechts iSd Art 6 EMRK zu (dazu näher Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 [2012] § 24, Rz 19). Dies bedeutet in weiterer Konsequenz, dass die verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben des Art 4 7. ZPEMRK auf diesen Bereich vollinhaltlich anzuwenden sind.

 

Dieser strafrechtliche Sanktionscharakter der Einziehung nach § 54 GSpG setzt dem Verständnis dieses Einziehungsverfahrens somit gleichzeitig auch entsprechende verfassungsrechtliche Schranken. So scheidet eine Einziehung nach § 54 GSpG von Gegenständen, mit denen eine gerichtlich strafbare Handlung nach § 168 StGB gesetzt wurde, durch die Verwaltungsbehörden, bzw Verwaltungsgerichte auch im Lichte des Doppelverfolgungsverbotes iSd Art 4 7. ZPEMRK aus. Denn die Sanktionierung einer (ausschließlich) gerichtlich strafbaren Handlung mit einem zusätzlichen verwaltungsbehördlichen Übel in Form der Einziehung nach § 54 GSpG stellte ohne Zweifel einen eklatanten Grundrechtsverstoß dar.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seinem zum Doppelbestrafungsverbot ergangenen Erkenntnis vom 02. Juli 2009, Zl. B 559/08, mit der Rechtsprechung des EGMR zu Art 4 7. ZPEMRK, besonders mit dem Urteil der Großen Kammer vom 10. Februar 2009, Bsw. Nr. 14939/03, im Fall Zolotukhin, näher auseinandergesetzt und dabei weiterhin die "same essential-elements"-Doktrin vertreten. Maßgeblich war dabei für den Verfassungsgerichtshof die Prüfung, ob der Beschwerdeführer für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, neuerlich verfolgt oder bestraft wurde. So wie eine doppelte Verfolgung oder Bestrafung desselben Sachverhaltes durch Gericht und Verwaltungsbehörde unzulässig ist, erscheint auch eine solche Doppelsanktionierung durch eine zusätzliche verwaltungsbehördliche Einziehung unzulässig.

 

In diesem Sinn wird auch in der Kommentarliteratur für den Fall, dass "die Anlasstat in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fällt" die Auffassung vertreten, dass ein Verfallsausspruch nicht möglich ist und auch ein Rückgriff auf den selbständigen (objektiven) Verfall iSd § 17 Abs 3 VStG nicht in Betracht kommt (vgl Wessely in N. Raschauer/Wessely [Hrsg], VStG-Kommentar [2010] § 17 Rz 4). Nichts anderes kann auch für die glücksspielrechtliche Einziehung gelten.

 

 

V. Im Ergebnis war der Beschwerde – insbesondere auch vor dem Hintergrund der jüngsten höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.11.2013, 2013/17/0056) -  Folge zu geben und der Einziehungsbescheid ersatzlos aufzuheben, weil schon mangels eines nachweislich verwirklichten Verwaltungsstraftatbestands und damit mangels einer Anlasstat iSd § 54 GSpG eine Einziehung durch die belangte Behörde nicht zulässig war.

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (zum Erfordernis der selbstständigen Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 54 Abs 1 GSpG vorliegen vgl VwGH 09.09.2013, 2013/17/0098; zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hinsichtlich der glücksspielrechtlichen Zuständigkeitsabgrenzung unter Zugrundelegung der Entscheidung des Verfassungsgerichthofes vom 13.06.2013, B 422/2013 bei Einziehungen vgl VwGH 14.11.2013, 2013/17/0056). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. L u k a s