LVwG-600792/9/PY/HK
Linz, 30.07.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn E S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14. November 2014, GZ: VerkR96-2153-2014, wegen Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung (StVO), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2015
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG in Verbindung mit § 38 VwGVG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt von 14. November 2014, GZ: VerkR96-2153-2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 28 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
Sie haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 16 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.
Tatort: Gemeinde Unterweitersdorf, Ortsgebiet Loibersdorf B 310 bei km 22.320
Tatzeit: 25.6.2014, 14:15 Uhr
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 20 Abs.2 StVO
Fahrzeug: Kennzeichen x, Anhänger
In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass aus dem von der Verkehrsabteilung Oberösterreich der Behörde vorgelegten Radarfoto eindeutig hervorgeht, dass der Anhänger mit dem angeführten Kennzeichen an der Tatörtlichkeit zum angeführten Tatzeitpunkt verwendet wurde. Der Umstand, dass der Beschuldigte kein Erinnerungsvermögen mehr daran habe, wer diesen Anhänger an der Tatörtlichkeit verwendet hat, bedeute nicht, dass der Anhänger nicht an der Tatörtlichkeit verwendet wurde, was im laufenden Verfahren auch nicht bestritten wurde. Trotz der Möglichkeit zur Bekanntgabe eines Lenkers wurden der Behörde keine weiteren Angaben diesbezüglich gemacht. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung stehe somit für die Behörde schlüssig fest, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt der Lenker des angezeigten Anhängers gewesen ist.
Abschließend legte die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung herangezogenen Gründe dar.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der der Bf anführt, dass er am 25.6.2014 von 08:00 Uhr morgens bis 17:00 abends ohne Unterbrechung auf einer Baustelle ca. 500 km vom Tatort entfernt war und somit als Täter nicht infrage komme. Ergänzend machte der Bf zwei Zeugen für sein Beschwerdevorbingen namhaft.
3. Mit Schreiben vom 17. März 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor, das zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.
4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2015, zu der sich der Beschwerdeführer ebenso wie die belangte Behörde entschuldigte. Der Beschwerdeführer führte dazu in seinem Schreiben vom 28. Juni 2015 ergänzend zum Beschwerdevorbringen aus, dass er am 25. Juni 2014 bei Herrn K mit seinem Minibagger aufhältig war und die Abwasserleitung für dessen Pferdekoppel mit eingebaut habe, weshalb er 500 km vom Tatort entfernt war.
Der ebenfalls zur mündlichen Verhandlung geladene Zeuge J K teilte mit Schreiben vom 30. Juni 2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit, dass er der Ladung aufgrund eines unaufschiebbaren Termines keine Folge leisten könne. Zur Sachlage möchte er mitteilen, dass Herr E S einen Minibagger besitzt und am besagten 25. Juni 2014, einem Mittwoch, bei ihm war um die Entwässerungsrohre an seinem Padock zu legen. Er kam kurz vor 07:00 Uhr, die Arbeiten erstreckten sich über den ganzen Tag und waren um ca. 17:00 Uhr beendet. Herr S habe sich die ganze Zeit bei ihm befunden und die Baustelle niemals verlassen.
4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Am 25. Juni 2014, 14:15 Uhr, wurde in der Gemeinde Unterweitersdorf, OG Loibersdorf auf der B 310 bei km 22.320 der Anhänger mit dem Kennzeichen x mit dem mobilen Radarmessgerät MUVR 6F2 1643 mit einer Geschwindigkeit von 71 km/h gemessen. Unter Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz wurde somit bei der Verwendung des auf den Bf zugelassenen Anhägers die im dortigen Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 16 km/h überschritten.
Im Verfahren konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass der gegenständliche Anhänger dabei vom Bf verwendet wurde.
4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis des vor dem Landesverwaltungsgericht durchgeführten Ermittlungsverfahrens. Der Beschwerdeführer teilte bereits gegenüber der belangten Behörde mit, dass er zum Tatzeitpunkt nicht der Lenker des PKWs, der den angeführten Anhänger verwendet hat, gewesen ist. In seiner Beschwerde machte der Bf zwei Zeugen für dieses Vorbringen namhaft. Herr J K wurde daraufhin zur mündlichen Beschwerdeverhandlung als Zeuge geladen. Zwar entschuldigte sich Herr K für die mündliche Verhandlung und es war somit dem Landesverwaltungsgericht nicht möglich, sich persönlich einen Eindruck von der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu verschaffen, er machte jedoch gegenüber dem Landesverwaltungsgericht schriftlich nähere Angaben zum Tathergang, die zumindest Zweifel an der Täterschaft des Beschwerdeführers aufkommen lassen. In Hinblick auf diese Angaben, die im Übrigen mit der Verantwortung des Bf einhergehen, war es dem Landesverwaltungsgericht daher nicht möglich, mit der für eine Strafverfahren erforderlichen Sicherheit die Verwirklichung der dem Bf zur Last gelegten Tatbestandes zweifelsfrei festzustellen.
5. In der Sache hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:
5.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlassen oder eine Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.
5.2. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.
Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Anwendung findet, hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.
5.3. Nach Durchführung des Beweisverfahrens verbleiben somit Zweifel an der Täterschaft des Bf. In Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bf spruchgemäß zu entscheiden.
II. Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzungen subjektiven Rechten (Art.133 Abs.6 Z1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangtem Behörde (der revisionslegitimierten Formalpartei) die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Andrea Panny